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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Sa Jun 29, 2024 10:29 am

Die Männer meines Volkes, die das Himmelswesen in ihre Mitte genommen haben, zeigen eine farbenprächtige Haut. Sie wollen mit ihrem Gefangenen imponieren.

Ich trete vor und begrüße meinen Vater mit dem Respekt, der einem Häuptling gebührt und in brauner Hautfarbe:

„Vater, ich habe dieses Himmelswesen im lebenden Wald getroffen. Ich wollte es töten, denn es gehört nicht hierher. Ischl hat nun die Saat der heiligen Liane auf ihn geblasen. Ich sehe das als ein Zeichen. Deshalb haben wir ihn hierhergebracht. Die ehrenwerte Mutter soll als Schamanin über ihn entscheiden.“

Meine Mutter tritt vor und macht eine abwehrende Handbewegung mit beiden Händen zu den Seiten, als will sie die Menge teilen. Auch sie zeigt mit ihrer braunen Haut ihre Zurückhaltung.

„Lasst es los! Ich werde mir dieses Himmelswesen genau ansehen,“ sagt sie zu den Männern um ihn herum.

Während die Schamanin noch näher an das Himmelswesen herantritt, stellt der Häuptling fest:
„Dies ist das erste Himmelswesen, das sich zu uns gewagt hat.“

Der Anführer der Jagdgruppe schlägt vor:
„Ich könnte es ganz einfach töten!“

Darauf antwortet der Häuptling streng:
„Nein! Wir müssen mehr über sein Volk und ihn erfahren.“

Die Schamanin hat ihre Betrachtung abgeschlossen und erklärt dem Himmelswesen:
„Meine Tochter wird dir unsere Bräuche lehren. Sie wird dir beibringen wie wir sprechen und uns im Weltenwald bewegen!“

Da das Himmelswesen unsere Sprache nicht spricht, steht es nur erwartungsvoll da. Mir geht auf, was die Entscheidung bedeutet und ich begehre weinerlich auf, während meine Haut beinahe grau wird:

„Nei-ei-ei-ein-!“

Die Hautfärbung meines Vaters, des Häuptlings, wechselt nach gelb. Sein Wort lässt also keinen Widerspruch zu. Laut sagt er:

„Es ist entschieden!“

Also füge ich mich in mein Schicksal. Die Versammlung zerstreut sich und ich ziehe das Himmelswesen tiefer unter den Heimatbaum. Im Bereich der Luftwurzeln lasse ich mich nieder und ich bedeute ihm, sich so zu mir zu setzen, dass wir uns gegenseitig anschauen. Dann zeige ich auf verschiedene Mitglieder des Volkes in unserer Nähe und sage:

„Ngachi.“

Danach tippe ich auf seine Lippen und wiederhole:
„Ngachi.“

Wieder weise ich, während ich das Wort ausspreche auf verschiede denkende Wesen in unserer Nähe hin. Es hat anscheinend erkannt, dass ich ihm unsere Sprache beibringen will. Nun versucht es, mich nachzuahmen:

„Gaschi.“

Ich habe eben beim Hinsetzen eine grüne, entspannte Hautfärbung angenommen. Nun wird meine Haut dunkler und ich fühle leichten Ärger in mir aufsteigen. Ich spreche ihm das Wort ganz langsam vor. Nach dem zweiten Versuch hat es es mir richtig vorgesprochen.

Nun versuche ich ihm unsere Bezeichnung für Seinesgleichen beizubringen. Das ist insofern schwieriger, da es alleine hier ist. Ich zeige also auf mein Gegenüber und mache eine ungefähr kreisförmige Bewegung Richtung Himmel. Dazu sage ich das Wort:

„Vchhtep.“

Dieses Wort hat es schnell nachsprechen können. Nun übernimmt das Himmelswesen plötzlich die Initiative, deutet mit dem Zeigefinger auf seine Brust und sagt:

„Jim!“

Danach legt er eine Hand hinter ein Ohr, vergrößert so die Ohrmuschel und zeigt auf mich.

„Schimm,“ mache ich ihn nach.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1So Jun 30, 2024 10:26 am

Nun verzieht er seine Kopfhaut, öffnet seinen Mund einen Spalt und nickt mit seinem Kopf. Er zeigt wieder auf sich, wiederholt „Schimm“ und drückt seinen Finger danach ganz leicht auf meine Brust. Ich antworte ihm ehrlich:

„Ngachischi.“

Er macht seinen Mund ganz breit und fast so rund, wie eine Sonnenfinsternis. Dann wiederholt er:
„Gachischi.“

Ich werde wieder dunkler, zeige mit beiden Zeigefingern auf meinen Mund und wiederhole meinen Namen:

„Ngachischi.“

Es schaut mich aufmerksam an und wiederholt langsam:
„Ngachischi.“

Diese Himmelswesen haben anscheinend ein Problem mit dem Laut ‚Ng‘. So geht das den ganzen Rest des Tages. Ich weise auf die Pflanzen und Gegenstände um uns herum, spreche ihm unsere Bezeichnung dafür vor und lasse es mich nachsprechen.

Am Abend bringt uns eine Nachbarin zwei Schalen mit Essen. Das ist für mich wieder eine willkommene Gelegenheit, ihm die einzelnen Bezeichnungen vorzusprechen und es wiederholen zu lassen, was ich gesagt habe. Die großen Käferlarven -Cherru- drückt er in eine weiße längliche Frucht -Uchumochi-, damit er sie essen kann. Dadurch laufen über meinen Körper bunte Muster und ich muss lachen. Danach gibt es weichgekochte und zerstoßene Wurzel -Ngorr- mit gebratenem Fisch -Piong-. Alle diese Begriffe lasse ich es nachsprechen.

Danach überprüfe ich, an was es sich noch erinnern kann und frage sämtlich Begriffe von heute noch einmal ab. Inzwischen hat die Abenddämmerung eingesetzt und ich fordere ‚Schimm‘ auf, mit mir in den Baum zu klettern. Bald erreichen wir die großen Blätter des Heimatbaumes, in die wir uns zum Schlafen hineinwickeln. Es dauert heute etwas, bis ich mich soweit beruhigt habe, dass ich einschlafen kann.

*

Nachdem im Baum alles ruhig scheint, schalte ich meinen Kommunikator wieder ein und spreche ins Mikro:

„Hallo, wer hört mich?“

Keine Antwort.

„Schlaft ihr alle?“

Immer noch keine Antwort. Also entscheide ich mich für eine Textnachricht nach Eseís:
„Hier spricht Jim Albright. Ich befinde mich bei den Ngachi, wie sie sich selbst nennen. Zur Kontaktaufnahme abkommandiert. Heute hat man damit begonnen, mir ihre Sprache beizubringen. Sie besteht in der Hauptsache aus Klick-, Zisch- und Fauchlauten, mit ein paar Vokalen durchsetzt.
Daneben können sie ihre Haut wie Chamäleons farblich verändern, zwischen Schwarz, über braun, grau, grün, gelb bis Orange. Manchmal sind auch regelrechte Farborgien möglich. Ich denke, damit drücken sie ihre Gefühle aus. Die Bedeutung meiner Mimik und vieler Gesten, mit denen wir unsere Gefühle ausdrücken, bleibt ihnen aber verborgen.
Möglicherweise hat es hier kein Artensterben gegeben, sondern die Echsen haben sich zu Säugetieren weiterentwickelt und sind intelligent geworden, wenn auch Jahrtausende unter unserem Entwicklungsstand.
Morgen geht mein Sprachunterricht weiter.“

Danach schlafe ich ein.

Die Tage im Regenwald beginnen mit dem Sonnenaufgang. Meine Lehrerin befördert mich heute, an meinem zweiten Tag bei ihnen, energisch aus dem riesigen Blatt des Baumes, das sich in der Nacht zusammendreht und den Indigenen als Hängematte dient. Wahrscheinlich hätte sich das Blatt wenig später, wenn die Sonne wärmer strahlt, von selbst entfaltet und mich zu Boden gleiten lassen. Möglicherweise wäre das schmerzhaft geworden, denn der Abstand zum Waldboden beträgt sicher etwa fünf Meter.

Sie bringt mir einen Bogen und einige Pfeile. In vielleicht zwanzig Metern Entfernung hat sie die biegsamen Triebe des Unterholzes zusammengeflochten. Nun erklärt sie mir durch Vormachen den Gebrauch des Bogens, wie man die Sehne spannt und einen Pfeil auflegt. Sie zeigt mir, wie man zielt und danach soll ich auf das improvisierte Ziel schießen. Der Anführer des Jagdtrupps schaut zu und kommentiert meine Versuche.

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Di Jul 02, 2024 9:53 am

Ich, die Tochter des Häuptlings der Ngachi, muss mich um diesen tölpelhaften Vchhtep kümmern, ihm beibringen zu sprechen und sich zu verteidigen. Als Tschecki -die Sonne- aufgeregt ihre Arme über den Horizont streckt, um höher klettern zu können, wecke ich ‚Schimm‘, das Himmelswesen.

Nachdem es sich im nahen Cklugga -Wasserlauf- frisch gemacht hat, zeige ich ihm unser Frühstück. Wieder dauert es etwas, bis es mit dem Frühstück fertig ist. In der Zwischenzeit habe ich aus biegsamen Trieben ein Ziel geflochten. So habe auch ich früher den Gebrauch des Tchhe -Bogens- gelernt. Ich habe einen zweiten Bogen genommen und vier Chißou -Pfeile-. Danach habe ich auf das Ende des Frühstücks des Vchhtep gewartet, um ihn an der Hand zu nehmen und zu seinem Übungsplatz zu führen.

Dort zeige ich ihm zuerst, wie man den Bogen spannt. ‚Schimm‘ schaut zu und probiert es danach auch. Meine Haut wird dunkler, während ich mich danach hinter ihm platziere und seine Hände führe.

Als ich einigermaßen zufrieden bin, gebe ich ihm einen Pfeil und nehme mir auch einen. Ich zeige ihm, wie man einen Pfeil auf die Sehne legt und zielt. Dann schieße ich den Pfeil auf mein Ziel ab und schaue ‚Schimm‘ erwartungsvoll an. Es probiert es nun auch und trifft knapp neben das Ziel. Ich laufe nach vorne, hebe den Pfeil auf und bringe ihn zu ihm zurück. Nun reiche ich ihm den Pfeil mit einer ruckartigen Bewegung und zeige wieder auf das Ziel. Bevor ‚Schimm‘ fertig ist, mischt sich der Mann ein, der den Jagdtrupp geleitet und das Himmelswesen zum Heimatbaum gebracht hat. Verächtlich sagt er:

„Dieses Vchhtep wird nichts lernen! Es sieht nichts.“

Meine Haut färbt sich schwarz. Genervt antworte ich ihm:
„Tckumm -Geh weg-!“

Nachdem er den Bogen richtig hält und die Sehne kräftig durchziehen kann, trifft sein Pfeil auch das Ziel. Jetzt entferne ich mich vielleicht dreißig Laufschritte seitlich von ihm. Dann drehe ich mich um, komme auf ihn zugelaufen, spanne den Bogen im Lauf und schieße den Pfeil ab. Drei Schritte danach stoppe ich meinen Lauf, drehe mich zum Ziel und meine Haut zeigt ein prächtiges Muster. Nun wende ich mich ‚Schimm‘ zu und frage:

„Ze a -Hast du gesehen-?“

Sogleich erinnere ich mich, dass er mich noch nicht versteht. Ich gehe zu den Trieben und entflechte sie wieder. Anschließend ziehe ich ihn zu dem Platz, an dem wir uns gestern schon niedergelassen haben. Dort nehme ich den Bogen in die Hand und spreche ihm vor:

„Tchhe.“

Als er das Wort nachsprechen kann, kommt das Wort für Pfeil an die Reihe:
„Chißou.“

Dieses Wort scheint ihm Probleme zu bereiten. Es beginnt mit einen Fauchlaut und in der Mitte befindet sich ein Zischlaut. Auch diesmal verlange ich, es mir solange vorzusprechen bis ich zufrieden bin.

„Ckem.“

Dieses Wort bedeutet ‚schießen‘, einen Pfeil von der Sehne schicken. Der erste Laut ist ein Knacklaut. Auch diesen Laut scheint es in ihrer Muttersprache nicht zu geben. Aber ‚Schimm‘ gibt sich Mühe.

Anschließend erhebe ich mich und fordere auch ‚Schimm‘ dazu auf aufzustehen. Danach streifen wir unter der Krone des Ckelchichi -Heimatbaumes- umher. Ich erkläre ihm den Unterschied zwischen den Jonga -jagdbaren Wesen- und den ßijonga -Doppelwesen-, deren Leben immer mit einem unserer Leben verknüpft ist. Stirbt ein Doppelwesen, stirbt gleichzeitig auch ein ßiche -denkendes Wesen-, oder umgekehrt.

Außerdem gibt es noch die Ssoche -Geistwesen- im Wald. Sie helfen den Wesen im Wald, wenn sie in Bedrängnis sind. So zeigt sich der Ckiffenga -Weltenwald- als sehr komplex. Über den Ssoche -Geistwesen- stehen unsere fecki -Götter-. Der Höchste ist Oschacha, der Schöpfer. Direkt unter ihm steht an zweiter Stelle Jachi, der Geist der Toten.

Die vielen Geistwesen im Wald, sind wahrscheinlich verstorbene Wesen, die noch kein neues Wesen gefunden haben, das im Bauch seiner Mutter heranwächst.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Mi Jul 03, 2024 8:58 am

In der Abenddämmerung wage ich mich mit ‚Schimm‘ probeweise ein Stück vom Heimatbaum weg. ‚Schimm‘ trägt ein langes Messer und ich bin mit Pfeil und Bogen bewaffnet. In der Nähe des Heimatbaumes treiben sich manchmal ungefährliche Tiere herum, die sich in unserer Nähe sicherer fühlen. Ich spüre ein solches Tier und pirsche mich näher heran. Dabei gilt es lautlos vorzugehen. ‚Schimm‘ bleibt zurück und achtet darauf, was und wie ich handele. Bald bin ich nahe genug heran für einen sicheren Pfeilschuss. Mein Pfeil verlässt die Sehne und betäubt durch das Pfeilgift das Tier auf der Stelle.

‚Schimm‘ huscht fast lautlos vor. Es schneidet dem Tier die Gurgel durch. Dabei sagt er:

„Mein Bruder, ich danke dir. Dein Geist verbindet sich mit dem Schöpfer und dein Körper wird Teil der denkenden Wesen.“

Ich freue mich. Meine Bemühungen tragen langsam Früchte. Wir tragen das tote Tier zu dem Chef der Jagdgruppe. Bei uns ist es Brauch, dass wir unsere Ssmah -Jagdbeute- mit der Gemeinschaft teilen. Er nimmt die Gabe gerne an und gibt sie an die Frauen weiter, die das Tier zerlegen und aufteilen.

*

Am Abend, nachdem ich meine Textnachricht abgesendet habe, schaue ich wieder auf meinen Kommunikator. Ich kann auf dem Display die Antwort des Kommandanten lesen. Er hat geschrieben:

„Hallo, Mister Albright. Ngachi nennen sich die Indigenen also, okay. Leider war die wissenschaftliche Abteilung, die unser Projekt auf der Erde betreut hat, so gedankenlos oder so überheblich, zu denken, wir wären auf einem erdähnlichen Planeten die einzige Spezies. Hätte man uns Etymologen mitgegeben, wären wir jetzt in einer besseren Position.
Stellen Sie Fragen! Lernen Sie alles, was man über Sprache, Bräuche und Mythologie in Erfahrung bringen kann! Assimilieren Sie sich, werden Sie im günstigsten Fall zu einem Ngachi. Das befähigt uns später, mögliche Fettnäpfchen zu umgehen und zu einem friedlichen Zusammenleben zu kommen. Wir müssen uns diesen Planeten schließlich irgendwie teilen.
P.S. Wenn möglich, lehren Sie ihrem Lehrer, ihre Mimik und Gestik zu lesen. Vielleicht können Sie auch unsere Sprache weitergeben. Dann sind Sie und ihr Lehrer Mittler zwischen den Kulturen. Wichtig sind immer die Achtung und der Respekt vor dem Anderen!“

‚Hm,‘ denke ich mir. ‚Das wird mich viel Arbeit kosten. Aber es stimmt! Im Ergebnis entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den Menschen und den Ngachi.‘

*

Monde sind vergangen, ich habe Vertrauen zu dem Himmelswesen gefasst und ihm von unseren Göttersagen erzählt:

„Wir befinden uns hier im Ckiffenga -Weltenwald-. Für uns er ist nicht bloß zur Nutzung bestimmt. Er lebt und steht im ständigen Austausch mit den Ngachi denkenden Wesen-. Der Wald ist sehr komplex. Mit uns im Austausch sind die jagdbaren Tiere-, die Doppeltiere und die Geister. Über allen stehen die Götter. Darunter ist Oschacha -der Schöpfer- der Höchste. Ohne ihn gäbe es das alles nicht. Das Reich der Toten verwaltet Jachi. Dass wir atmen können und der Wind die Pflanzen bestäubt, dafür sorgt Ischl.
Jedes Tier und jede Pflanze besitzen einen Geist, der von innen wirkt. Beim Tod verlässt der Geist den Körper und wandert durch den Wald auf der Suche nach einem ungeborenen Wesen, in das er fahren kann. Ist das nach einer gewissen Zeit noch nicht geschehen, geht der Geist zu Jachi.
Wir Ngachi möchten, dass der Weltenwald so bleibt, wie er schon immer war – und das für immer! Wir möchten in ihm leben können, in guter Gesundheit, und mit uns die Geister, die jagdbaren Tiere und alle Fische. Wir kultivieren nur die Pflanzen, die uns ernähren! Wir möchten, dass der Wald ein ruhiger Ort bleibt, dass der Himmel klar über uns steht, dass sich die Dunkelheit der Nacht weiterhin und mit aller Regelmäßigkeit über die denkenden Wesen und Tierwesen senkt, und dass man die Sterne sehen kann, ‚Schimm‘!“

„Wenn du damit die Vchhtep ansprichst, liebe Ngachischi. Ich kann nur für mich sprechen. Ich akzeptiere deinen Wunsch rückhaltlos! Die Vchhtep, die ich kenne, schätze ich genauso ein. Aber ob das für alle Zeiten gilt, weiß heute niemand zu sagen. Man könnte versuchen, einen Vertrag zu schließen, der euch deinen Wunsch garantiert. Vielleicht kann auch jemand von den Ngachi dauerhaft bei den Vchhtep leben und auf deren Entscheidungen im Sinne der Ngachi einwirken?“

„Das sollten wir im nächsten Rat thematisieren, ‚Schimm‘!“

Im Laufe der Zeit ist in mir neben Vertrauen auch Zuneigung zu dem Vchhtep gewachsen. Es hat sich bei einer Mutprobe als großer Tschangßu -Mann- erwiesen. Das ist folgendermaßen geschehen:

Ich habe ihm von dem ‚Geist der Lüfte‘ erzählt, der damals sein Flugwesen besiegt hat. Das Himmelswesen hat nun wissen wollen, wo die ‚Geister der Lüfte‘ leben. Die Luftgeister sind Einzelgänger. Sie dulden nur zur Paarung einen anderen Luftgeist in ihrer Nähe. Darum ist es damals auch zu dem Luftkampf gekommen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Mi Jul 03, 2024 9:01 am

Trotzdem lässt sich ‚Schimm‘ nicht davon abbringen, ein Nest in einem Baumwipfel zu suchen und getarnt hinter Blattwerk den Luftgeist zu beobachten. Ich halte es für ein tollkühnes Unternehmen. Es kommt zum Streit. ‚Schimm‘ verlässt daraufhin den Heimatbaum und läuft in Richtung des Sees. Ich folge ihm mit Abstand, auch um ihn gegen Angriffe der Waldtiere zu schützen.

Beim See angekommen, klettert das Himmelswesen auf einen besonders hohen Baum, um sich aus dessen Laub heraus zu orientieren. Ich bin ihm hinterher geklettert und so schauen wir gemeinsam, ob sich etwas tut. Es dauert einige Stunden bis der Luftgeist kommt und sich auf einem der benachbarten Bäume niederlässt. Er hat ein Tier im Maul und man kann sehen, dass es hinter einem Flechtwerk nun munter wird.

‚Schimm‘ will in das Flechtwerk hineinschauen. Das Himmelswesen klettert von dem Baum herunter und auf den Baum hoch, auf dem der Luftgeist wohnt. Der Stamm des Baumes bietet Deckung. Wir sehen in dem Flechtwerk einen jungen Luftgeist. Es handelt sich also um ein Chock -Nest-. Der junge Luftgeist dürfte bald ausfliegen. Er ist zwar längst noch nicht so groß wie das Elterntier, aber ich glaube, ich habe manchmal schon ‚Geister der Lüfte‘ in der Größe des Jungtieres am Himmel gesehen.

An den folgenden Tagen klettern wir regelmäßig auf den Baum. Nachdem fast zwei Hände voll Tage vergangen sind, klettert der junge Luftgeist auf den Rand des Chock -Nestes-, breitet seine Flughaut aus und stürzt sich aus dem Nest. Das Elterntier beobachtet alles von über den Baumwipfeln. Das Jungtier schlägt ein paar Male mit den Flughäuten und landet auf einem benachbarten Baum. Dort lässt es sich nieder und faltet seine Flughäute an seinen Körper.

Das Elterntier hat noch eine letzte Schleife gezogen und segelt davon. Es wird erst zur nächsten Brutsaison wiederkommen. Plötzlich hebt ‚Schimm‘ seinen Bogen und ein Betäubungspfeil verlässt die Sehne. Der junge Luftgeist kippt von dem Ast, während seine riesigen Krallen ihn noch halten. Der Körper rutscht jetzt aber an das Ende des Astes, der sich nach unten biegt. Nun stürzt der junge Luftgeist ab.

Wir klettern geschwinde auf den Waldboden hinunter. ‚Schimm‘ nähert sich dem betäubten Luftgeist und prüft, ob die Flügel nicht verletzt sind. Ein Raubtier will uns anspringen, um sich den jungen Luftgeist als Beute zu sichern. Aber wir erlegen das Tier und zerlegen es. Die Haut des Raubtieres ergibt ein primitives Sattel- und Zaumzeug.

Der junge Luftgeist ist inzwischen wieder erwacht und ‚Schimm‘ füttert ihn. Dabei spricht er mit ihm in weichen Tönen. Er gewinnt Vertrauen zu ‚Schimm‘ und lässt sich nach einer Weile Sattel- und Zaumzeug anlegen. Bis dahin müssen wir zwei Nächte neben den gefährlichen Krallen und dem zahnbewerten Maul auf dem Waldboden verbringen, und ihn immer wieder füttern.

Am Morgen des darauffolgenden Tages lässt ‚Schimm‘ den jungen Luftgeist zum Ufer des Sees hüpfen. Als er dort seine Hautflügel ausbreitet, um zu starten, schwingt ‚Schimm‘ sich auf seinen Rücken und steckt seine Beine in vorbereitete Schlaufen.

Der Luftgeist ist zuerst irritiert, führt dann aber flatternd seinen Start durch und hebt ab mit ‚Schimm‘ auf dem Rücken. In der Luft rollt der Luftgeist zwar, um die Last auf seinem Rücken loszuwerden. ‚Schimm‘ bleibt aber sitzen. Er klopft dem Luftgeist auf den Hals und streichelt ihn. Dann kann ich beide nicht mehr beobachten. Ich warte noch bis in den Nachmittag hinein. Schließlich gehe ich zum Heimatbaum zurück.

Ich erzähle meiner Mutter, der Schamanin, von den Erlebnissen der letzten Tage. Sie sagt anerkennend:

„Dein ‚Schimm‘ ist ein großer Tschangßu -Mann-. Er hat ein großes Herz und ist risikofreudig, wenn er ein Ziel verfolgt. Er wird zurückkommen, meine Tochter! Sei nicht traurig.“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Do Jul 04, 2024 9:30 am

Am Morgen des nächsten Tages ist große Aufregung beim Ngachi -Volk-. Man hat einen Luftgeist gesichtet. Minuten später klettert ‚Schimm‘ aus dem Heimatbaum zum Boden herab. Ich laufe auf ihn zu und umarme ihn.

Die Schamanin tritt näher, gefolgt vom Häuptling. Der Anführer der Jagdgruppe und seine Männer bleiben etwas auf Abstand. Ich weiß, der Anführer der Jagdgruppe hat sich Hoffnungen gemacht mich zur Frau zu nehmen, bevor ‚Schimm‘ bei uns aufgetaucht ist. Nun sieht er mich in inniger Umarmung mit dem Vchhtep -Himmelswesen-…

Der Häuptling schaut in die Runde. Nachdem das Volk nahe genug ist, um ihn verstehen zu können, legt er ‚Schimm‘ seine Hand auf die Schulter und sagt laut:

„Du bist nun ein Angck -Sohn- der Ngachi! Damit bist du ein Teil des Volkes.“

Die Menge beginnt zu jauchzen und zu singen. Fast geht es unter, dass er ‚Schimm‘ an meine Seite stellt. Ich soll ‚Schimms‘ Frau sein. Außerdem erhebt er den Vchhtep -Himmelswesen- auf eine Stufe mit dem Anführer der Jagdgruppe, und damit in den Rat unseres Volkes. Darüber wird dieser ganz schwarz auf der Haut, was seine Anspannung verrät. Die Schamanin schaut dem Anführer der Jagdgruppe ernst in die Augen und prophezeit ihm, dass er alsbald die Frau eines anderen Volkes im Wald finden wird und sich in sie verliebt.

Dazu muss ich sagen, dass junge Frauen manchmal ihr Volk verlassen, um alleine durch den Wald zu streifen, in der Hoffnung bald ein anderes Volk und dort einen Mann zu finden.

Während meine Mutter mit unserem besten Mann spricht, legt mein Vater meine Hand in die Hand vom Vchhtep und sagt zu ‚Schimm‘:

„Sie ist deine Ssucke -Ehefrau-!“

Zu mir gewandt, sagt er dann:
„Er ist dein Ssuckan -Ehemann-!“

Sicher würden sich meine Eltern über Enkelkinder freuen.

‚Schimm‘ hält sich allerdings zurück. Ich weiß nicht, wovor er Angst hat. Also habe ich mich eines Abends zu ihm gelegt und begonnen, ihn zu streicheln.

Ich verstehe, dass ich sensibel vorgehen muss, um zum Ziel zu kommen. ‚Schimm‘ erwidert meine Zärtlichkeiten, sagt aber:

„Ngachischi, wir gehören zwei unterschiedlichen Spezies an. Ich glaube daher nicht, dass wir Kinder miteinander haben werden. Es sei denn unsere Schamanen finden einen Weg.“

*

Ich, Jim Albright, habe mir eine einfache Panflöte aus drei nebeneinander gebundenen Halmen gebaut und bin damit zum See gewandert. Tatsächlich finde ich den jungen Luftgeist dort wieder. Neugierig reagiert er auf die Töne der Flöte. Ich füttere ihn und er lässt es zu, dass ich mich auf seinen Rücken schwinge. Ich übe auf diese Art mit ihm, dass er auf die einfache Melodie aus der improvisierten Flöte zu mir kommt und sich reiten lässt. Wieder fliege ich bis zum Abend mit ihm über den Regenwald und lasse mich von ihm auf dem Heimatbaum absetzen.

Der Rat des Volkes hat mich zum Mittler zwischen den Kulturen ernannt, obwohl der Anführer der Jagdgruppe zuerst dagegengesprochen hat. Der Häuptling hat daraufhin Ngachischi an meine Seite gestellt. Sie kann schon viele Wörter unserer Sprache, die für sie ebenso schwer auszusprechen sind, wie für mich ihre. Nach der Entscheidung des Häuptlings habe ich das Lehren unserer Sprache für sie intensiviert.

Der ‚Geist der Lüfte‘ ist immer größer geworden und hat bald die Größe seines Muttertieres erreicht. Ich habe aus der Haut eines erjagten Tieres einen größeren Sattel mit zwei Sitzen hintereinander hergestellt. Er hat Beinschlaufen für ebenfalls zwei Personen und eine Schlaufe zum Festhalten zwischen den beiden Sitzen.

Danach üben wir das Fliegen mit zwei Personen auf seinem Rücken. Ngachischi ist anfangs sehr zurückhaltend, bald überwiegt aber die Aufregung. Das kann man an ihrer Hautfarbe ablesen: Anfangs hat sich Ngachischi dem Luftgeist vorsichtig mit dunkelbrauner Haut genähert. Nach ein paar Flügen in meinem Rücken ist ihre Hautfarbe hin zu gelb gewechselt.

Ich habe ihr gezeigt, mit welchen Bewegungen ich den Luftgeist steuere. Danach haben wir die Plätze getauscht und ich habe Ngachischi überlassen den Luftgeist zu fliegen. Darüber ist ihre Hautfarbe bald zu grün gewechselt, was Entspannung signalisiert. Zwar ist es eher ein dunkelgrün. Das zeigt, dass eine gewisse Anspannung trotzdem noch vorherrscht.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Fr Jul 05, 2024 9:30 am

Nun bin ich schon über ein Jahr bei den Ngachi. Immer wieder habe ich den Kommandanten mit meinem Kommunikator über die Vorgänge im Volk informiert. Gleichzeitig habe ich mitbekommen, dass der Kommandant vieles delegiert. Mit der Zeit sind dadurch Verwaltungsposten entstanden. Gleichzeitig hat er angeregt, dass eine Art gewählter Rat entsteht, der der Gemeinschaft Regeln gibt. Daneben hat er nach Personen gesucht, die die Regeln gerichtlich durchsetzen sollen. So ist neben dem architektonischen Aufbau unserer Siedlung auch der Beginn einer menschlichen Gesellschaft auf Angeon entstanden.

Nun bekommt die unsere Gesellschaft zum ersten Mal Außenkontakte. Ich habe mit dem Kommandanten einen Termin für ein Treffen ausgemacht und beschrieben, wie wir nach Eseís kommen wollen. An dem vereinbarten Termin fliegen wir beide also auf dem Luftgeist am Ckelchichi -Heimatbaum- los.

*

Mein Name ist Mark Collins. Ich bin der Kommandant der Mission in das System des Sterns L98-59, einem ‚roten Zwerg‘ im Sternbild ‚Fliegender Fisch‘. Rote Zwerge sind kälter als die heimatliche Sonne, daher liegt die sogenannte habitable Zone näher beim Stern. Der Planet L98-59 b ist für die Wissenschaft so interessant, weil man dort, von der Erde aus, flüssiges Wasser auf der Oberfläche vermutet hat.

Aus diesem Grund ist die Mission gestartet worden, an der über 200 Besatzungsmitglieder teilnehmen. Außerdem hat man uns 5000 Embryonen mitgegeben und genug Gerät, um damit eine kleine Stadt zu bauen.

Man hat uns genauso wie die Embryonen in einen Kälteschlaf gelegt. Die Spezial-Schlafkammern sind gegen die harte Weltraumstrahlung abgeschottet, denn der Flug zu L98-59 soll 50 Jahre dauern. Allerdings sollen wir davon nur 30 Jahre verschlafen. Während der restlichen 20 Jahre, in der Bremsphase, sollen die Mediziner an Bord den weiblichen Besatzungsmitgliedern in einem Rhythmus von vier Jahren je zwei Embryonen in die Gebärmütter einsetzen, die nach neun Monaten geboren werden und an Bord heranwachsen.

Sie sollen von Lehrern an Bord unterrichtet werden und eine Berufsausbildung erfahren, die es uns erlaubt, uns auf dem Planeten einzurichten. Wir sind also mit 200 Personen gestartet und werden mit 1000 Personen am Ziel ankommen.

Dort schlage ich vor, dass wir den lebensfreundlichen Planeten ‚Angeon‘ nennen. Das ergibt sich aus dem Namen des Astronomen, der den Stern vor 1000 Jahren entdeckt hat. Da dieser Name eine griechische Entsprechung hat, habe ich weiter vorgeschlagen, dass wir den roten Stern ‚Ilios‘ -Sonne- nennen. Damit bleibe ich bei der griechischen Sprache. Spätere Namen für die anderen Planeten um L98-59 können ebenfalls der griechischen Sprache entlehnt werden, damit Kontinuität herrscht.

Wir parken unser Raumschiff in der Umlaufbahn und nehmen den Lander, nachdem wir einen Platz für unsere erste Siedlung auf dem Planeten gefunden haben, die wir sinnigerweise wieder in griechischer Sprache Eseís getauft haben. Das bedeutet einfach ‚Sie‘. Damit ist klar, ‚Sie‘ ist es, die erste Siedlung von Menschen außerhalb des Sonnensystems. ‚Sie‘ liegt am Potami-River, wo der Potami in einem Wasserfall auf eine tiefere Ebene stürzt.

Eseís, also ‚Sie‘, liegt damit am Rande einer weiten Hochebene, deren Untergrund in der Hauptsache aus Sandstein besteht. Dieser Werkstoff wird der Baustoff unserer Siedlung, die in der Folgezeit langsam Form annimmt.

Unsere Mediziner sind weiterhin mit In-Vitro-Fertilisationen beschäftigt. Von den 5000 Embryonen haben nur etwa 3600 die lange Reise überstanden. Daneben müssen sie sich mehr und mehr mit den verschiedensten Krebserkrankungen beschäftigen. 20 Jahre Weltraumstrahlung, die wir außerhalb der Kälteschlafboxen abbekommen haben, fordern ihren Tribut.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Sa Jul 06, 2024 10:18 am

Unsere Geologen fliegen mit Kleinflugzeugen über den Planeten, der zu 60 Prozent aus Ozean besteht, um ihn zu erforschen. Die Biologen erforschen zuerst die nähere Umgebung von ‚Eseís‘. Sie entdecken auf der Hochebene tag- und nachtaktive Tiere. Manche Arten wühlen sich durch den lockeren Untergrund unter der Grasnarbe. Andere suchen zum Schlafen Höhlen auf, wie Fledertiere.

Als die Frage aufkommt, wie die Tiere die Hochebene besiedelt haben könnten, interessieren sich einige Biologen für das Hochgebirge, das auf einer Seite der Hochebene liegt. Sie steigen langsam in den Dschungel auf der anderen Seite des Gebirges hinab. Dabei sind sie mit höheren Tieren dieses Planeten in Kontakt gekommen und haben sich wieder zurückgezogen. Auch auf der Erde herrscht im Dschungel das Prinzip des Fressens und Gefressenwerdens vor.

Um sich davor zu schützen, haben sie in einem kleinen Gebirgstal einen Außenposten errichtet. Die wissenschaftliche Station erhält einige Labors, um gefangene Tiere zu untersuchen. Für kleinere Exkursionen im näheren Umkreis und als Verbindung nach ‚Eseís‘ stelle ich ihnen ein Kleinflugzeug zur Verfügung. Einer der auf dem Raumflug geborenen jungen Menschen mit Pilotenausbildung wird sie fliegen, wohin sie wollen.

Gleichzeitig habe ich den Aufbau einer kleinen Stadtverwaltung vorgeschlagen, mit Fachabteilungen, denen jeweils ein Sekretär vorsteht. Diese Sekretäre informieren mich über die Vorgänge in ihren Abteilungen und erhalten von mir Aufträge.

*

Eines Tages erhalte ich aus dem Camp der Biologen die Nachricht, dass unser Kleinflugzeug beim Tiefflug über den Dschungel von einem Tier angegriffen worden ist, das aussieht wie man sich einen Flugdrachen in irdischen Märchen vorstellt. Unser Kleinflugzeug ist zu dem Zeitpunkt mit dem Piloten und einem Wissenschaftler besetzt gewesen, der den Dschungel unter sich mit Infrarot-Strahlung durchleuchtet hat. So ist es der künstlichen Intelligenz möglich die Vegetation ‚heraus zu rechnen‘. Wir können Bodenformationen erkennen und die Fauna. Das Tier könnte auch eine Art Flugsaurier sein. Es hat in etwa die gleiche Größe wie unser Kleinflugzeug gehabt.

Anscheinend haben es unsere Männer unwissentlich gereizt, weil sie in eine Art Sicherheitszone hineingeflogen sind. Beide Männer haben den Schleudersitz ausgelöst. Dabei wird das Kabinendach abgesprengt und die Sitze von kleinen Notraketen aus der Kabine katapultiert. Anschließend entfaltet sich ein Fallschirm und sie schweben zu Boden.

Soweit, so theoretisch. Der Pilot hat eine vorbildliche Landung am Ufer eines Sees hingelegt. Der Wissenschaftler hat sich leider in den Seilen verheddert und ist in den See gestürzt, wie auch das Kleinflugzeug. Wir werden den Ausstieg mit dem Schleudersitz auch mit den Wissenschaftlern üben müssen!

Die Künstliche Intelligenz hat derjenigen im Lander den Absturz gemeldet, die mich sofort informiert hat. Ich schalte das Funkgerät ein und wähle die Kennung des Piloten.

„Hallo, Mister Albright?“ frage ich.

Der Mann antwortet sofort:
„Albright hier. Bei mir ist alles in Ordnung. Wir hatten einen Unfall. Ich konnte mich mit dem Schleudersitz retten. Doctor Myers hat es leider nicht geschafft. Er und unser Fluggerät sind hier in einem See versunken.“

Ich ziehe die Stirn kraus.

„Wie konnte das passieren?“ will ich wissen.

„Ein Flugdrachen, ungefähr so groß wie das Kleinflugzeug, fühlte sich wohl gestört und attackierte uns.“

„Hm… Bleiben Sie, wo Sie sind! Wir kommen mit dem Lander und holen Sie und ihr Kleinflugzeug heraus!“ entscheide ich.

„Okay!“ antwortet der Pilot.

Ich starte den Lander und lasse die Künstliche Intelligenz den Kommunikator des Piloten anpeilen.

Eine weitere Meldung des Piloten kommt herein, als ich schon in der Luft bin.

„Achtung! Keine Taucher in den See schicken! Unterwassermonster, wie Echsen!“

„In Ordnung! Danke sehr!“ antworte ich.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1So Jul 07, 2024 9:36 am

Das erschwert die Sache etwas. Die künstliche Intelligenz kann unser Kleinflugzeug ohne weiteres bergen. Aber die Suche nach dem Wissenschaftler muss dann vorerst unterbleiben. Wir haben die Strecke ungefähr zur Hälfte abgeflogen, als sich der junge Pilot noch einmal meldet:

„Eine dieser Echsen hat mich eben attackiert. Daraufhin bin ich von einer extraterrestrischen Lebensform gerettet worden, halb und halb Affe und Chamäleon.“

Ich atme erst einmal tief ein und aus. Dann antworte ich dem Mann in vorwurfsvollem Ton:
„Bedenken Sie, dass WIR hier die extraterrestrische Lebensform sind, während die Anderen hier beheimatet sind. Nebenbei, auch wir gleichen Affen bis zu einem gewissen Grad! Versuchen Sie eine friedliche Kontaktaufnahme zustande zu bringen. Wir können hier ja sehen, wo Sie sich befinden. Bedenken Sie bei ihren Handlungen immer, wir sind hier die Gäste und sie die Gastgeber!“

Als wir den See erreichen, aus dem die Signale der ‚Black Box‘ zu kommen scheinen, holt die KI des Landers unser Kleinflugzeug aus dem Wasser. Währenddessen werden auch wir von einem Wesen attackiert, dass einem Flugsaurier ähnelt. Da das Tier keine Reaktion unsererseits erkennt, fliegt es einen nahen Baum an, einen regelrechten Urwaldriesen.

Es drückt sich knapp unterhalb des Wipfels in eine Art Nest: Rundum sind Zweige geflochten, wie ein riesiger Korb. Jetzt weiß ich auch, warum das Tier so reagiert hat. Es verteidigt seinen Nachwuchs! Kurz darauf ist das Kleinflugzeug frei und wir ziehen uns zurück. Um den Flugsaurier zu verwirren schrauben wir uns in Kreisen höher, um danach in einem weiten Bogen nach Eseís zurückzukehren.

Dort gebe ich das Fluggerät den Mechanikern. Entweder können sie die Funktionsfähigkeit wiederherstellen, oder sie schlachten es aus und legen die Einzelteile in unser Ersatzteillager. Anschließend esse ich zu Abend und lege mich schlafen.

Am nächsten Morgen informiert mich die Künstliche Intelligenz, dass in der Nacht eine Textnachricht von Pilot Albright hereingekommen ist. Ich hole sie auf den Monitor und lese sie aufmerksam durch. Er schreibt:

„Hier spricht Jim Albright. Ich befinde mich bei den Ngachi, wie sie sich selbst nennen. Zur Kontaktaufnahme abkommandiert. Heute hat man damit begonnen, mir ihre Sprache beizubringen. Sie besteht in der Hauptsache aus Klick-, Zisch- und Fauchlauten, mit ein paar Vokalen durchsetzt.
Daneben können sie ihre Haut wie Chamäleons farblich verändern, zwischen Schwarz, über braun, grau, grün, gelb bis Orange. Manchmal sind auch regelrechte Farborgien möglich. Ich denke, damit drücken sie ihre Gefühle aus. Die Bedeutung meiner Mimik und vieler Gesten, mit denen wir unsere Gefühle ausdrücken, bleibt ihnen dagegen verborgen.
Möglicherweise hat es hier kein Artensterben gegeben, sondern die Echsen haben sich zu Säugetieren weiterentwickelt und sind intelligent geworden, wenn auch Jahrtausende unter unserem Entwicklungsstand.
Morgen geht mein Sprachunterricht weiter.“

Das sind interessante Neuigkeiten! Leider ist die Projektleitung auf der Erde entweder so gedankenlos oder so überheblich gewesen, auf Angeon allenfalls Viren und Bakterien, oder vielleicht noch Algen und Pilze zu vermuten. Nun haben wir es hier mit höherem Leben zu tun und könnten dringend Etymologen gebrauchen.

Ich lasse von der KI den Speicher nach etymologischen Erkenntnissen auf der Erde durchsuchen. Froh darüber, genug Material für einen speziellen Studiengang zu finden, rege ich den Aufbau eines Etymologie-Studiums an. Allerdings darf das Studium nur die Grundlagen umfassen, damit sich unsere Etymologen in zwei Jahren um die neue Spezies kümmern können.

Anschließend schreibe ich Mister Albright ein paar Vorschläge, wie er mit der fremden Intelligenz am besten umgeht:

„Stellen Sie Fragen! Lernen Sie alles, was man über Sprache, Bräuche und Mythologie in Erfahrung bringen kann! Assimilieren Sie sich, werden Sie im günstigsten Fall zu einem Ngachi. Das befähigt uns später, mögliche Fettnäpfchen zu umgehen und zu einem friedlichen Zusammenleben zu kommen. Wir müssen uns diesen Planeten schließlich irgendwie teilen.
P.S. Wenn möglich, lehren Sie ihrem Lehrer, ihre Mimik und Gestik zu lesen. Vielleicht können Sie auch unsere Sprache weitergeben. Dann sind Sie und ihr Lehrer Mittler zwischen den Kulturen. Wichtig sind immer die Achtung und der Respekt vor dem Anderen!“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Di Jul 09, 2024 9:20 am

Mister Albright macht sich mit der Zeit ganz gut in seiner Mittlerfunktion. Dadurch, dass er sich von den Indigenen belehren lässt und sich ihrer Lebensweise immer mehr annähert, wächst deren Vertrauen. Er schickt uns daneben immer wieder Updates per Textnachricht.

So hat er Regelmäßigkeiten bei der Färbung ihrer Haut festgestellt. Sie zeigt die Gefühlslage der Wesen an und kann über Grün nach Grau, Gelb, Braun, bis nach Orange wechseln. Sind die Ngachi entspannt, zeigen sie eine grüne Haut. Bei Stress, Angst und Unterlegenheitsgefühlen wird die Haut immer dunkler bis hin zu schwarz. Hitze scheint die Ngachi ebenfalls zu stressen, denn auch dann zeigen sie sich schwarz. In der Nacht wird ihre Hautfarbe blass, wie auch bei Krankheit. Dann zeigen sie sich grau bis bleich. Zeigen sie sich zurückhaltend, vorsichtig, dann werden die Ngachi braun bis hin zu schwarz. Sind sie aufgeregt, zeigen sie sich gelb. Werden sie wütend, wechselt ihre Hautfarbe zu orange. Werden sie sauer, dann wird ihre momentane Hautfärbung dunkler. Während sich irdische Wesen aufplustern, um einem Gegenüber zu imponieren, zeigen sich die Ngachi in der gleichen Situation in den prächtigsten Farbmustern.

Die Sprache der Leute kennt Knacklaute, die wohl im Kehlkopf erzeugt werden. Auch finden sich in deren Wörtern Summlaute, wie von Bienen, Zischlaute, wie von Schlangen und dieses NG, das wir nur korrekt aussprechen können, wenn wir uns die Nase zu halten. Daneben kennen sie ein Fauchen und ein Pusten des Windes. Dazwischen setzen sie ähnliche Vokale, wie auch wir. Um diese Laute schriftlich darzustellen hat Mister Albright für das Bienensummen SS gesetzt, für das Schlangenzischen ß, für den Knacklaut CK, für das Fauchen ein CH, wie in Ach, und für das Pusten ein SCH. Das Fauchen ist in ihrer Sprache durchaus abgestuft. Ein leiserer, schwächerer oder zurückhaltender Laut hat er RR geschrieben, um die Sprache schriftlich darzustellen.

Nach Monaten ist er durch eine waghalsige Aktion in der Achtung der Leute gestiegen. Er hat das Jungtier eines Flugsauriers gezähmt und an sich gewöhnt, schreibt er. Zur Kontaktaufnahme hat er das Jungtier anfangs mit Wildbret gefüttert und damit die Funktion des Muttertieres eingenommen. Dann hat er es daran gewöhnt, ihn und später eine weitere Person zu tragen. Immer hat der Flugsaurier Fleisch zur Belohnung bekommen. Dann hat er sich eine einfache Panflöte gebastelt und den Flugsaurier darauf konditioniert, damit er sich ihm nähert, wenn er auf dem Rücken reiten will.

Der Häuptling des Volkes hat einen Rat einberufen und seitdem ist Mister Albright zum Mittler zwischen den Kulturen ernannt worden. Die Tochter des Häuptlings ist die Person, die ihn seit dem ersten Kontakt begleitet und ihm ihre Sprache, sowie den Gebrauch des Bogens beigebracht hat. Sie hat der Häuptling ihm zur Seite gestellt. Mister Albright hat ihr nun unsere Sprache beigebracht.

Ich habe eine weitere Verwaltungssparte geschaffen mit einem Sekretär an der Spitze, die sich um unsere Außenkontakte kümmern soll. Ganz besonders ist mir an guten Beziehungen zu den Ngachi gelegen. Schließlich vereinbare ich mit Mister Albright ein Treffen für erste Gespräche. Er informiert mich, dass er auf dem Flugsaurier zu uns kommen will und Ngaschichi mitbringen will. Ich informiere die Menschen. Sie sollen sich ganz besonders von dem Flugdrachen fernhalten.

Anschließend warten wir ein paar Stunden und dann sehen wir schon, wie sich das Tier am Himmel nähert. Der Saurier landet außerhalb von Eseís und zwei Personen springen ab. Die Schulterhöhe des Tieres dürfte etwa fünf Meter betragen. Seine Vorderbeine haben überlange Zehen, die im Stand nach oben geklappt sind, so dass die Flughäute ihn beim Gehen nicht stören. Die Hinterbeine sind muskulös. Die Flugmuskeln müssen sich wohl auf der voluminösen Brust befinden, von wo die Flughäute über lange Sehnen bewegt werden.

Zwei Personen nähern sich nun der Siedlung und der Flugsaurier macht mit den Hinterbeinen einen Hüpfer, breitet die Flughäute aus und gewinnt flatternd an Höhe. Danach zieht er Kreise über der Siedlung wie ein Adler.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Di Jul 09, 2024 9:24 am

Man hat mich von der Ankunft informiert. Irgendjemand hat von der Landung und dem nachfolgenden Start des Flugsauriers einen Film gemacht. Ich habe sofort ein generelles Start- und Landeverbot für unsere Kleinflugzeuge herausgegeben. Ebenfalls ein striktes Ausgehverbot und ein Verbot des Waffengebrauchs. Damit will ich die Menschen der Siedlung schützen und auch das Tier. Anschließend gehe ich den beiden Ankömmlingen entgegen.

Bald kann ich Mister Albright erkennen. Er trägt die gleiche Kleidung wie seine Begleitung, nämlich einen langen Lendenschurz, der ihm bis zum Knie reicht. Daneben hat er eine Menge Perlenschnüre mit bunten Perlen umgelegt. Er, wie auch seine Begleitung kommen bewaffnet mit einem Bogen und einem langen Dolch. Über der Schulter sieht man bei Beiden Pfeile aus Köchern ragen, die sie auf dem Rücken tragen.

Seine Begleitung trägt zusätzlich noch ein Tuch um die Brust. Soll das so etwas wie ein BH sein? Hat Mister Albright ihr geraten, bei Kontakt mit uns solch ein Kleidungsstück zu tragen, oder ist das in ihrem Volk üblich? Seine Begleitung hat eine dunkelgrüne Hautfarbe, was wohl signalisiert, dass sie leicht angespannt ist. Sie hat ein ähnliches Gesicht wie unseres. Im Laufe der Evolution ist auch bei ihr der Ansatz der Wirbelsäule vom Hinterkopf nach unten gewandert. Ihre Augen sind groß, ihre Nase platt und breit und ihre Ohren haben spitze Ohrmuscheln.

Als sie mich erreichen, wünsche ich Ihnen einen wunderbaren Tag. Die fremde Frau, die sich sehr aufrecht hält, man könnte sagen, dass sie etwas Majestätisches ausstrahlt, zeigt lächelnd ihre blütenweißen Zähne mit langen Eckzähnen. Sie macht eine Bewegung mit der rechten Hand zu ihrem Herzen und sagt:

„Ngati meh!“

Die KI gibt nun über den Kommunikator folgenden Satz heraus:
„Ich sehe dich!“

Ich ziehe die Stirn kraus und antworte lächelnd:
„Ich sehe Dich.“

Täusche ich mich, oder wird ihre Haut allmählich hellgrün? Ich wende mich etwas zur Seite und zeige mit der ganzen Hand auf das Gebäude, das ich eben verlassen habe.

„Darf ich Sie einladen, mir zu folgen?“

Nun gehe ich auf das Gebäude zu. Es ist unser Rathaus. Innen führe ich unseren Besuch in den Ratssaal. Dort haben sich die gewählten Volksvertreter, 60 an der Zahl, versammelt und erwarten unsere Gäste.

Die Hautfarbe unseres Gastes wechselt langsam hin zu schwarz. Mister Albright sagt etwas zu ihr, worauf das Grün langsam wieder zum Vorschein kommt.

Ich gehe mit meinen Gästen zum Rednerpult und stelle sie der Versammlung vor. Die Ngachi betitele ich als die Tochter des Häuptlings des Volkes, mit dem wir Kontakt bekommen haben. Mister Albright erhebe ich kurzerhand in den Rang unseres Botschafters bei den Ngachi.

Dann gebe ich das Wort an den Besuch weiter. Mister Albright lächelt seine Begleiterin an, die unvermittelt zu einer gelben Hautfarbe wechselt. Sie beginnt zu sprechen und ich biege das Schwanenhals-Mikrofon mehr zu ihrem Mund.

„Wir leben seit Generationen draußen im Ckiffenga -Weltenwald-. Für uns lebt er und steht im ständigen Austausch mit den denkenden Wesen, sowie den jagdbaren Tieren, den Doppeltieren und den Geistern. Über viele Generationen hat sich ein Gleichgewicht ergeben, das nicht gestört werden darf.
Nach unserem Glauben besitzen jedes Tier und jede Pflanze einen Geist, der von innen wirkt. Beim Tod verlässt der Geist den Körper und wandert durch den Wald auf der Suche nach einem ungeborenen Wesen, in das er fahren kann.
Wir Ngachi möchten, dass der Weltenwald so bleibt, wie er schon immer war - und das für immer! Wir möchten in ihm leben können, in guter Gesundheit, und mit uns die Geister, die jagdbaren Tiere und alle Fische. Wir kultivieren nur die Pflanzen, die uns ernähren! Wir möchten, dass der Wald ein ruhiger Ort bleibt, dass der Himmel klar über uns steht, dass sich die Dunkelheit der Nacht weiterhin und mit aller Regelmäßigkeit über die denkenden Wesen und die Tierwesen senkt, und dass man die Sterne sehen kann!
Darum stehen wir heute in der Hoffnung vor Ihnen, dass Sie uns das im Rahmen eines Freundschaftsvertrages zusichern. Besiedeln Sie gerne dieses Hochplateau und lassen Sie uns im Weltenwald unser Leben leben.“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Mi Jul 10, 2024 9:34 am

Einer der Ratsherren erhebt sich nun. Er fragt:
„Sind die Ngachi das einzige Volk im Dschungel?“

„Oh nein!“ antwortet Ngachischi. „Es gibt noch viele Völker im Weltenwald. Ich stehe hier als die Stellvertreterin der denkenden Wesen dieser Welt.“

Nun denke ich, dass ich mich in die Diskussion einmischen muss.

„Es geht hier nicht darum, wieviele Vertreter von jeder Spezies auf diesem Planeten leben. Es darf kein Gegeneinander aufwiegen geben! Wir sind hier die Gäste und vor uns steht eine Vertreterin unserer Gastgeber. Wir müssen uns mit gegenseitiger Achtung und Respekt begegnen!“

„Was ist, wenn das Hochplateau irgendwann einmal zu klein für uns wird und wir weiteren Lebensraum benötigen?“ wird aus dem Podium gefragt.

„Wir müssen so leben, dass wir den Wald, die Flüsse und die Atmosphäre niemals verschmutzen, verehrter Ratsherr!“ gebe ich zurück. „Im Übrigen können wir ja weitere Planeten dieses Sonnensystems besiedeln, wenn der Bevölkerungsdruck in ferner Zukunft zu groß werden sollte, oder Kolonisten-Raumschiffe in andere Sonnensysteme senden.“

Es entspannt sich eine Diskussion, so dass ich den Gästen Sitzplätze anbiete. Nach einer Weile beende ich die Diskussion und sage:

„Ich bin dafür, dass wir uns neben den Regeln für unser Zusammenleben auch eine Verfassung geben, die die freiheitlichen Grundwerte aller denkenden Wesen auf diesem Planeten schützt und auch den Indigenen, ihren Wald und ihre Tiere unter Schutz stellt!“

Verschiedene Ratsherren nicken dazu und man beauftragt mich, aus dem Rat heraus, einen Verfassungstext zu erarbeiten. Damit ist die außerordentliche Ratssitzung heute beendet.

Ich schlendere mit meinem Besuch zur Treppe, als Mister Albright fragt:
„Können wir ein Gespräch mit einem Genetiker führen?“

„Jetzt gleich?“ frage ich zurück.

Er nickt und meint:
„Falls Sie vorhatten, ein Essen zu geben. Das wird meiner Begleiterin sehr wahrscheinlich nicht schmecken. Die Ngachi sind unverarbeitete Lebensmittel gewohnt. Wir essen dagegen hochverarbeitete Lebensmittel. Sie können den Ngachi gerne irgendwann einen Gegenbesuch abstatten. Vielleicht, wenn die besprochene Verfassung im Rat gebilligt wurde. Dann erleben Sie die Küche der Ngachi, wenn Sie mögen. An mir sehen Sie, dass diese Art zu kochen niemand umbringt. Natürlich ist es nicht jedermanns Geschmack.“

„Okay,“ meine ich lächelnd. „Das wäre zu überlegen.“

Danach bringe ich die beiden zum Labor unseres Genetikers und verabschiede mich dort von ihnen. Möglicherweise kann ich mir denken, was Mister Albright den Genetiker fragen will. Aber vorerst will ich nicht weiter drängen. Eine gute Stunde später sehe ich durch das Fenster meines Büros, wie die Beiden auf dem Flugdrachen davonfliegen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Do Jul 11, 2024 10:02 am

---Eine neue Bedrohung---

Seit der Landung auf Angeon sind 19 Jahre vergangen. Ich selbst bin inzwischen 22 Jahre alt und habe meinen Traum zum Job gemacht. Mein Name ist Padma Kumari. Meine Eltern haben mir den Vornamen Padma gegeben, weil es in der indischen Region auf unserem Ursprungsplaneten die Bezeichnung der Wasserpflanze mit der wunderschönen Blüte ist, die in der westlichen Hemisphäre dort ‚Lotus‘ genannt wird. Sie hat die Bedeutung der Unsterblichkeit.

Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich Padma heiße. Mein Vater ist leider gerade erst vor einem Jahr an Krebs gestorben. Das ist die Geißel der Weltraumfahrt! Viele Menschen aus der älteren Generation, die Eseís aufgebaut haben, sind daran gestorben. Nun habe ich nur noch meine Mutter. Wer weiß, wie lange noch…

Im Hinterland unserer Stadt liegt ein wunderschönes Seenland. Dort gibt es seit ein paar Jahren ein Ferienhotel, in dem die Menschen ausspannen können. Ich habe dort einen Job an der Rezeption als Empfangs- und Servicemitarbeiterin ergattern können. Meine Aufgaben sind der Telefondienst, das Check-In der Gäste und das Bearbeiten von Reservierungen. Von der Stadt fährt eine Einschienenbahn in kurzem Takt rund um die Uhr ins Seenland und wieder zurück, so dass ich täglich die Strecke in jeder Schicht von zuhause aus bewältigen kann.

Das Hotel hat ein v-förmig errichtetes Hauptgebäude mit schräg angeordneten Zimmern, so dass von jedem Zimmer der Blick auf das Seenland hinausgeht. Im Mittelteil ist die Rezeption, ein paar Läden, die Gastronomie und Hallen für Tennis und andere Sportarten untergebracht. Außerdem sind fünf Spheres sternförmig um das Hauptgebäude angelegt worden. In ihnen hat man die Vegetation verschiedener Kontinente Angions themenmäßig angepflanzt. Dort können die Gäste spazierengehen und in verschiedenen Becken schwimmen und tauchen.

Das Seenland ist leider nicht zugänglich, weil manche Fische in den Seen für Menschen gefährlich sind. Auch kommen Flugsaurier dorthin zum Fischen und Fressen. Deshalb sind die Spheres mit Sicherheitsglas versehen worden. Man hat auch darauf geachtet, dass sie nicht spiegeln, um Flugsaurier nicht zu Angriffen zu reizen. Die Spheres kann man übrigens auch im Rahmen eines Tagesausfluges besuchen, ohne ein Zimmer buchen zu müssen.

Solch ein Besuch kostet 1 Ob. Das heißt, dass der Besucher einen Schein abgibt, mit dem er theoretisch eine Obligation, also eine persönliche Verbindlichkeit, eine Verpflichtung, gegenüber dem Hotel eingeht irgendeine Tätigkeit auszuführen, die vom Hotel nachgefragt wird. Da diese Scheine aber nicht personalisiert sind, kann das Hotel damit zum Beispiel auch Lieferungen oder Löhne bezahlen.

Wieder einmal habe ich Feierabend und fahre mit der Einschienenbahn nach Hause. In Eseís angekommen, steige ich aus der Bahn und gehe zum Ausgang des Bahnhofs. Hier reiht sich Geschäft an Geschäft. Zum einen sind es Restaurants und Cafés, die zum Verweilen einladen, aber auch Souvenir-Shops, in denen man kleine Geschenke für einen lieben Menschen kaufen kann. Genauso gibt es hier auch Bekleidungs- und Hygieneartikelläden für Leute, denen vor der Reise einfällt, dass sie etwas vergessen haben. Ähnliche Läden gibt es übrigens auch bei uns im Hotel.

Kurz vor dem Ausgang treffe ich Luke Snider. Er ist vier Jahre älter als ich und arbeitet in der wissenschaftlichen Abteilung des Archivs als Ethnologe. Seine Mutter ist vor fünf Jahren ebenfalls an Krebs gestorben. Man kann sicher davon ausgehen, dass es in jeder Familie einen Krebsfall gibt. Das wird sicher aufhören, wenn alle Raumfahrer verstorben sind, die den Flug von der Erde nach Angion gewagt haben. Lukes Vater ist Biologe.

Er löst sich mit ihm in der Betreuung seiner Geschwister ab, sofern sie noch zuhause wohnen. Bei uns zuhause übernimmt das Mama, wie eh und je. Seit Papa gestorben ist und keine Ob mehr verdient, gebe ich meinen Verdienst zuhause ab. Mama ist inzwischen 64. Ich habe noch drei Geschwister, die auch schon alle eine eigene Familie gegründet haben. Mama verdient sich durch Handarbeiten bei Kleidung und Wohntextilien hier und da noch einen Ob hinzu.

Zum Begrüßen nimmt mich Luke kurz in den Arm. Er lächelt glücklich und fragt:
„Sollen wir heute deine Mutter besuchen?“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Fr Jul 12, 2024 10:41 am

Ich bin sofort dafür, denn damit stellt er sich meiner Mutter vor. Also begleitet Luke mich durch die Stadt. Wir gehen unter einer leicht geschwungenen Balustrade entlang. So ähnlich sollen auf der Erde die sogenannten ‚Pedways‘ ausgesehen und funktioniert haben. Auf diesen Wegen treffen wir nur weitere Fußgänger. Eine Etage tiefer fahren elektrisch betriebene Fahrzeuge aller Art.

Unsere Häuser haben meistens kreisförmige Grundrisse. Kleine Fenster aus einem Karbongitter mit kleinen Glasscheiben leiten tagsüber Licht in die Innenräume. Über allem thront jeweils ein Kuppeldach aus Karbon. Auch die Geschoßdecken bestehen aus diesem Material, während die Wände aus Sandstein bestehen, den wir auf um Eseín herum im Boden finden.

Wir gehen bald durch eine schmale Gasse und haben schließlich unser Haus erreicht. Ich öffne die Tür und wir steigen über eine Treppe in den zweiten Stock, wo unsere Wohnung liegt. Ich öffne unsere Wohnung mit meiner Karte und rufe in die Wohnung:

„Hi, Mum! Ich bin zuhause!“

Mama kommt zur Tür und umarmt mich. Danach neigt sie leicht ihren Kopf in Lukes Richtung. Luke stellt sich höflich vor:

„Hallo, guten Abend, Frau Kumari. Mein Name ist Luke Snider.“

„Hallo Herr Snider,“ sagt Mama lächelnd. „Kommen Sie gerne herein. Mögen Sie etwas essen?“

„Gerne,“ antwortet er und neigt ebenfalls seinen Kopf.

Wir kennen das Händeschütteln nicht. Unsere Eltern haben uns beigebracht, uns stattdessen leicht zu verneigen. So reduzieren wir die Weitergabe von krankmachenden Keimen.

Als wir die Garderobe verlassen und den zentralen Hauptraum betreten, fliegt seitlich eine Tür auf und zwei kleine Kinder, ein Junge und ein Mädchen im Alter von etwa 3 Jahren stürmen heraus. Sie wollen mich begrüßen, verhalten aber im Schritt und wenden sich schüchtern ab, als sie Luke entdecken. Kurz hinter ihnen verlässt meine Schwester Mala das Zimmer und begrüßt uns nun ebenfalls. Danach sagt sie zu ihren Kindern:

„Kommt, wir helfen Oma!“

*

Dass die Kleinen so zurückhaltend reagieren, ist nur natürlich. Sie brauchen etwas Zeit, sich auf fremde Personen einzustellen. Sie kennen bis zum Eintritt in den Kindergarten nur ihre Eltern und die engere Verwandtschaft. Die Mutter nimmt darunter eine besondere Stellung ein. Sie pflegt von Geburt an eine enge Verbindung mit ihren Kindern.

Wir vergleichen unsere Kinder mit einer Pflanze, die gehegt und gepflegt, aber auch gestutzt werden muss, um richtig zu wachsen. Empathie und Zurückhaltung schätzen wir besonders. Diese Gewohnheiten zu entwickeln lernen Kinder von klein auf.

Unsere Erziehung geht davon aus, dass ein Kind von seiner Mutter abhängig ist. Von Geburt an stellen Mütter also eine innige Verbindung zu ihren Babys her. Sie verstärken diese Verbindung bis ins Erwachsenenalter. Die Eltern kümmern sich seit Generationen um die Aufgaben ihrer Kinder, wie sich anziehen, baden, den Tisch decken, um nur Beispiele zu geben. Dies geschieht auch noch bei Jugendlichen, so dass die Mutter den Sitz der Kleidung ihrer Kinder auch dann noch kontrolliert, bevor sie die Wohnung verlassen.

Wir ziehen diese Entwicklung von extremer Nähe einer Erziehung vor, die auf disziplinarischen Maßnahmen beruht. Lieber vertrauen die Mütter auf die intime Beziehung, die sie zu ihren Kindern aufgebaut haben, statt sie zu bestrafen oder angemessenes Verhalten zu erzwingen.

Wir wägen stets ab, welche Auswirkungen das eigene Handeln auf andere Menschen hat. Harmonie ist eines der wertvollsten Dinge im Umgang mit anderen Menschen. Den Kindern wird von klein auf geduldig erklärt, welche Auswirkungen ihre Handlungen und Gefühle auf andere Menschen und Tiere haben.

Da Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder auf die Wirkung der Nähe setzen, leiten sie die Kinder in ihrer Entwicklung an, Verhaltensmuster zu entwickeln, die Harmonie und Empathie ausstrahlen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Sa Jul 13, 2024 9:57 am

Wenn die Kinder älter werden, werden sie Teil von kleinen Gruppen, wie die Spielgruppe im Kindergarten, die Schulklasse, Sport- und Kulturvereine. Die Interaktion in diesen Gruppen basiert wieder auf Harmonie und Kooperation. Der soziale Druck dieser Gruppen lehrt die Kinder angemessenes Verhalten und Gehorsam.

*

Luke setzt sich an den Esstisch im Hauptraum, nachdem Mama ihm einen Platz zugewiesen hat. Danach tragen wir die Schüsseln mit dem Essen an den Tisch. Für die Privatwohnungen haben wir auf eine von einer künstlichen Intelligenz gesteuerten Kochautomatik verzichtet, um nicht zuviel Energie zu verbrauchen. Wir haben in Eseís keinen Fusionsreaktor wie im Lander und in der Orbitalstation, die einmal das Kolonisten-Raumschiff gewesen ist. Stattdessen gibt es in der Stadt viele dezentrale Windenergie- und Photovoltaik-Anlagen.

Beim Auftragen der Speisen müssen wir auf die Kleinen achten, die uns zwischen den Füßen herumlaufen. Mala setzt ihre Kinder anschließend auf Stühle und stellt ihre kleinen Schalen vor sie hin. Danach nimmt sie zwischen ihnen Platz, um ihr Speisen zu überwachen. Wir bedienen uns aus den Schüsseln und beginnen zu essen.

Mama lächelt Luke an, als sie ihn während des Essens anspricht:
„Herr Snider, darf ich fragen, wie lange sie und Padma sich schon kennen?“

Luke lächelt zurückhaltend und antwortet:
„Ich habe vor zwei Jahren ein Wochenende in den Spheren verbracht. Dabei habe ich an der Rezeption eine junge Frau kennengelernt, die mir sympathisch schien. Ich bin mit ihr ins Gespräch gekommen und sie schien nicht abgeneigt, mich in eine Ausstellung zu begleiten. Kurz darauf habe ich sie in eine von ihr vorgeschlagene Ausstellung begleitet. Wir haben viel miteinander geredet und festgestellt, dass wir verwandte Seelen sind.“

„Ah,“ meint Mama. „Darf ich das so interpretieren, dass Sie beide gerne heiraten möchten?“

Luke schaut mich mit einem liebevollen Lächeln an, ergreift meine Hand und nickt Mama zu:

„Ja, das wäre unser Wunsch.“

„Okay,“ sagt Mama nun, freundlich lächelnd. „Dann sollten wir bald die Verlobung feiern!“

In der nächsten Woche, als Lukes Vater Zeit hat, treffen wir uns zu viert in einem Restaurant. Beim Essen erhebt mein zukünftiger Schwiegervater das Wort:

„Unsere Kinder sind erwachsen geworden und möchten gerne gemeinsam eine eigene Familie gründen. Von meiner Seite bestehen dahingehend keine Einwände. Ich freue mich für sie!“

Mama hört aufmerksam zu und antwortet nun:
„Ich stimme Ihnen zu, Mister Snider, unsere Kinder sind erwachsen geworden. Auch ich freue mich für sie!“

Da von Seiten der Eltern also keine Einwände bestehen, kümmert sich Luke in der nächsten Zeit um einen Termin im Rathaus, bei der unsere Beziehung auch offiziell besiegelt wird. Wunderschön finde ich dabei, dass Mama sich mit Lukes Vater gut versteht. Da beide verwitwet sind, sehe ich es gern, wenn sie sich beide freundschaftlich näherkommen.

Einen Monat später feiern wir unsere Hochzeit. Nach dem offiziellen Teil im Rathaus treffen wir uns mit allen Freunden und Verwandten in einem Restaurant. Danach suchen wir eine eigene Wohnung und ziehen dort ein.

Zu diesem Zeitpunkt landet ein Flugsaurier auf der Plaza vor dem Rathaus. Erschreckt flüchten die Leute in die Häuser in der Umgebung. Währenddessen stehe ich in unserem Hotel ‚Seenland‘ hinter dem Rezeptions-Tresen und auch Luke arbeitet im Archiv. Später lese ich in den Nachrichten, dass eine Delegation der ‚Ngachi‘, mit denen wir befreundet sind, uns um Hilfe gebeten hat.

Der Kommandant ist inzwischen verstorben. Auch er ist dem Krebs durch die Weltraumstrahlung erlegen. Der aktuelle Premier hört sich den Wunsch der ‚Ngachi‘ an und zuckt die Schultern, wie der Reporter schreibt. Normalerweise ist das Prinzip des Rates, dass wir uns nicht in interne Streitigkeiten der Völker um uns herum einmischen.

Nun sind die ‚Ngachi‘ das erste Volk der Dschungelbewohner, mit denen wir in Kontakt gekommen sind. Wir sind ihnen freundschaftlich verbunden. Also können wir sie nicht einfach zurückweisen. Darum entschließt sich der Rat schließlich doch, einzugreifen.

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1So Jul 14, 2024 9:10 am

Ich, Jim Albright, bin jetzt zwei Jahre bei den Ngachi. In der Zeit habe ich mich in meine Lehrerin Ngachischi verliebt und es scheint, dass auch sie Zuneigung für mich spürt. In den Augen der meisten Leute aus dem Volk bin ich immer noch ein Vchhtep -Himmelswesen. Sie begegnen mir schüchtern und zurückhaltend, denn einerseits steht der Häuptling und die Schamanin hinter mir, andererseits lehnt der Anführer der Jagdgruppe mich offen ab.

Nun habe ich mich an einen Ckurrot -Luftgeist- herangepirscht. Diese Tiere sind die größten flugfähigen Tiere, die ich kenne. Sie mögen vielleicht 12 oder 15 Meter lang werden, vom Maul bis zur Schwanzspitze. Ihre Spannweite hat wohl 15 bis 18 Meter. Es sind Flugsaurier mit Flughäuten, wie man es von Fledertieren kennt. Außerdem vermehren sie sich mittels Eiablage. Dazu bauen sie in den Wipfeln von Urwaldriesen Chock -Nester-. Das ist die einzige Zeit, in der sie Artgenossen in ihre Nähe lassen. Ansonsten sind sie Einzelgänger. Liegt ein Ei im Nest, oder später das Junge, wird es vehement gegen alles verteidigt.

Sobald das Junge flügge ist und das Nest verlassen hat, verlässt das Elterntier auch das Nest, um erst ein Jahr später zurückzukommen. Die Zeit dieses Umbruches habe ich mir zunutze gemacht. Das Elterntier ist außer Sicht gewesen, als ich das Jungtier mit einem Betäubungspfeil von dem Ast eines Nachbarbaumes geschossen habe.

Ich bin schnell vom Baum herab gestiegen und habe das Jungtier oberflächlich auf Knochenbrüche untersucht. Danach habe ich schnell ein Jonga -jagdbares Tier- geschossen, ihm gedankt, dass es sich hat schießen lassen, und zerteilt. Da ist das Jungtier schon aus der Bewusstlosigkeit erwacht.

Sofort habe ich ihm Teile des Jonga zu fressen gegeben, um sein Vertrauen zu gewinnen. Ich habe gehofft, dass es klappt und so ist es dann auch gekommen. Statt selbst jagen oder fischen zu gehen, hat sich der junge Ckurrot von mir füttern lassen. Dann habe ich den ersten Ritt auf ihm durch die Luft versucht. Der junge Ckurrot hat mich abschütteln wollen, aber ich habe ihn beruhigen können.

In der Folge habe ich ihn mit der Gabe von Fleisch dazu gebracht, meinen Signalen im Flug zu folgen. So habe ich ihn schließlich steuern können. Dann habe ich mich von ihm über dem Heimatbaum absetzen lassen. Ich habe bemerkt, dass ich entweder der Erste im Volk bin, der so etwas versucht hat, oder es ist schon Generationen her, seitdem es einmal versucht wurde. Jedenfalls bin ich in der Achtung der Ngachi sehr gewachsen. Der Anführer der Jagdgruppe hat nicht mehr dagegen geredet, als der Häuptling mich in den Stammesrat berufen und mir seine Tochter, Ngachischi, zur Frau gegeben hat.

Ich habe mir eine Signalpfeife gebastelt, mit der ich den jungen Ckurrot immer wieder gerufen habe. Dabei habe ich gesehen, wie schnell diese Wesen wachsen. Nach zwei Jahren ist er schon so groß wie ein erwachsenes Tier. Wenn er vor uns vierbeinig auf dem Boden steht, ist er jetzt bis zum Rücken etwa fünf Meter hoch. Er steht dann auf den muskulösen Hinterbeinen und stützt sich mit den Vorderpfoten vorne ab, wobei er die langen Zehen, zwischen denen die Flughäute wachsen, nach oben zusammenlegt. Wenn er vom Boden startet, geht er hinten in die Knie, springt förmlich in die Luft und breitet die Flughäute aus. Droht er am Boden, erhebt er sich auf die Hinterbeine, stützt sich mit dem Schwanz ab und ist dann sicher zehn Meter hoch.

Ich bin etwa vier Jahre bei den Ngachi, als ich im Stammesrat anrege, dass ich in Ngachischis Begleitung auf dem Ckurrot ‚zu den Himmelswesen‘ fliege und mit ihnen einen Friedens- und Freundschaftsvertrag schließen will. Nun sind wieder alte Ressentiments da. Aber schließlich schickt mich der Häuptling doch zu meinen Leuten.

In der Zwischenzeit ist dort eine Menge geschehen. Die Siedlung ist mithilfe von Robotern aus dem Raumschiff, das über dem Planeten kreist, fertiggestellt worden. Man hat eine Verwaltung aufgebaut, ein Fiskalsystem, und der Kommandant hat über jede Verwaltungssparte einen ‚Sekretär‘ gestellt.

Diese Verwaltungsspitze ist ihm Rechenschaft schuldig und erhält im Gegenzug Aufträge von ihm. Meine Idee der Kontaktaufnahme lässt ihn so etwas wie ein ‚Außenamt‘ aufbauen. Wir vereinbaren einen Termin an dem er den gewählten Rat zusammenruft und wir fliegen los.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Mo Jul 15, 2024 9:21 am

Zum Plateau müssen wir zuerst das kleine Gebirge umfliegen, dann das Seenland und landen schließlich außerhalb von Eseís. Während der Ckurrot wieder aufsteigt und wartend seine Kreise über der Stadt dreht, gehen wir auf sie zu. Die Straßen wirken wie ausgestorben. Die Leute haben Angst zur Beute des Flugsauriers zu werden.

Vor dem Rathaus werden wir vom Kommandanten empfangen. Ngachischi hat in den vergangenen Jahren von mir unsere Sprache gelernt, so hält sie selbst eine Rede, in der sie um Achtung und Respekt bittet und Gleichbehandlung einfordert, so dass gegenseitige Freundschaft aufblühen kann.

Der Kommandant verspricht ihr nach kurzer Debatte, dass er neben den Regeln des Zusammenlebens in der Gemeinschaft, den Menschen auch eine Verfassung geben will, in der die ßiche -denkenden Wesen (alle Völker des Urwaldes)- und die Menschen gleichberechtigt berücksichtigt sind.

Anschließend schlendern wir zu dritt den Weg zurück. Unterwegs habe ich eine Idee. Ich lebe nun fast zwei Jahre mit Ngachischi zusammen und wir haben noch kein gemeinsames Kind. Natürlich ist das genetisch unmöglich. Aber vielleicht können die Genetiker ja ein Wunder vollbringen. Deshalb frage ich den Kommandanten, ob wir vor dem Heimflug noch ein Gespräch mit den Wissenschaftlern führen können.

„Jetzt gleich?“ fragt er zurück.

Ich nicke und meine dazu:
„Falls Sie vorhatten, ein Essen zu geben. Das wird meiner Begleiterin sehr wahrscheinlich nicht schmecken. Die Ngachi sind unverarbeitete Lebensmittel gewohnt. Wir Menschen essen dagegen hochverarbeitete Lebensmittel. Sie können den Ngachi gerne irgendwann einen Gegenbesuch abstatten. Vielleicht, wenn die besprochene Verfassung im Rat gebilligt wurde. Dann erleben Sie die Küche der Ngachi, wenn Sie mögen. An mir sehen Sie, dass diese Art zu kochen niemand umbringt. Natürlich ist es nicht jedermanns Geschmack.“

„Okay,“ antwortet er lächelnd. „Das wäre zu überlegen.“

Danach zeigt er uns den Weg zum Labor des Genetikers und verabschiedet sich dort von uns. Ich spreche mein Problem bei dem Mann an und er verspricht mir, zu schauen was er tun kann. Nun muss ich Blut und Sperma abgeben. Ngachischi schaut interessiert zu. Ich erkläre ihr, was ‚unser Schamane‘ da gerade macht. Trotzdem ist es nicht leicht für sie, sich auf eine Liege zu legen und Betäubungsgas einzuatmen. Der Genetiker nimmt schnell Blut von ihr ab und schneidet ihr mit einem kleinen Schnitt den Bauch auf. Über ein Rohr saugt er einen ihrer Eierstöcke leer. Dann verschließt er die Wunde wieder und lässt sie aufwachen.

Der Genetiker will uns über meinen Kommunikator Bescheid geben, wenn er unsere Gene so angeglichen hat, dass daraus ein gemeinsames Kind entstehen kann, dass aber nicht vom weiblichen Organismus als fremd eingestuft und abgestoßen wird. Danach sollen wir öfter zu ihm kommen. So oft nämlich, bis sich eine befruchtete Eizelle in ihrer Gebärmutter eingenistet hat.

Anschließend gehen wir vor die Stadt und ich rufe den Churrot zu mir. Ich lasse Ngachischi vor mir Platz nehmen, damit ich sie auf dem Flug halten kann, falls sie einen Schwächeanfall bekommt. Dann fliegen wir zurück. In Folge müssen wir den Genetiker noch ein paar Mal besuchen, bis sie mir eines Tages eröffnet, dass sie schwanger ist.

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Di Jul 16, 2024 8:47 am

Eines Nachmittages ruft mich, Lars McGiven, unser Genetiker an. Was er zu berichten hat, schlägt bei mir wie eine Bombe ein: Er hat eine indigene Frau zur Untersuchung in seinem Labor gehabt. Es ist darum gegangen, eine künstliche Befruchtung zustande zu bringen bei einerseits menschlichem Erbgut und andererseits ihrem Erbgut von hier.

„Das ist doch unmöglich!“ habe ich ausgerufen und an einen schlechten Witz gedacht.

Aber nein, unser Botschafter bei den Ngachi hat sich eine indigene Frau genommen und nun hätten sie gerne ein Kind…

Nebenbei hat der Genetiker sie in die Medizin gebeten und dort mit unterschiedlichen Geräten durchleuchtet. So haben wir nun eine Menge Informationen über den Aufbau des Körpers, der Knochen und vieles mehr. Nach dem aufschlußreichen Gespräch wähle ich mich in unser Archiv ein und schaue mir die indigene Frau ‚von innen‘ an. Das ist alles hochinteressant.

*

Als Ngachischi schwanger ist, ist besonders bei meinen Schwiegereltern die Freude groß. Wir nennen unser Mädchen ‚Ngamlorr‘, was in etwa ‚gut zusammenpassen‘ oder ‚Wohlklingend‘ bedeutet, wenn man dabei an die Lieder des Volkes denkt.

Kurze Zeit später entdeckt der Anführer des Jagdtrupps im Wald die junge Frau eines benachbarten Volkes. Statt sich zu verstecken, hat sie sich zu erkennen gegeben und vor dem Anführer ein prächtiges Farbenspiel ihrer Haut gezeigt. Nach menschlichen Maßstäben würde man sagen, sie hat ihn angeflirtet. Die Schamanin hat ihm vor zwei Jahren profezeit, dass er seine Frau im Wald finden würde. Deshalb hat er mit ähnlich prächtigem Farbenspiel geantwortet.

Ein Jahr darauf hat auch diese Frau Nachwuchs bekommen. Nun sind Ngachischi und die Frau mit den Kindern, sobald sie laufen können, in den Weltenwald gegangen, um ihnen zu erklären, welche Pflanzen und Tiere dort leben, welche essbar sind und welche man meiden soll.

Sie haben ihnen die Mythologie der Ngachi erklärt und mit ihnen Pflanzen und Pilze gesammelt, sowie in einem nahen Cklugga -Wasserlauf- Fische gefangen. Die Frauen haben die Mädchen von klein auf beigebracht zu teilen, indem sie alles, was sie aus dem Weltenwald herbeibringen, weitergeben. Die Männer bringen Jagdbeute herbei und anschließend wird alles gerecht aufgeteilt und gegessen. Eine Vorratshaltung kennen die Ngachi nicht und verschwendet wird auch nichts. So sehen die Bäuche nach dem Essen meist ziemlich rund aus.

*

Jahre sind inzwischen ins Land gegangen. Wir, also Piongschi -zu den Fischen gehörend- und ich, Ngamlorr,  sind beste Freundinnen geworden. Nun sollen wir gemeinsam unsere Initiation erleben. Das Volk hat uns feierlich verabschiedet. Jede von uns trägt einen langen Dolch aus der Kralle eines Luftgeistes, sowie Pfeile und Bogen mit sich.

Wir haben in der Vergangenheit mit den Waffen gut umzugehen gelernt und wissen, wie man sich lautlos im Wald bewegt, sowie dass wir uns nur gegen den Wind anpirschen dürfen, wollen wir Jagdglück haben. Der Initiationsritus besagt, dass wir einige Tage auf uns gestellt im Wald überleben müssen. Niemand zweifelt daran, dass wir das schaffen werden.

Nachdem wir den Heimatbaum verlassen haben, gehen wir geradewegs auf den Pfad zu, den unzählige Füße in Generationen in den Wald getreten haben. Nachdem sich die Vegetation um mich geschlossen hat, weiche ich vom ausgetretenen Pfad ab und bewege mich lautlos durch das Unterholz vorwärts.

Piongschi macht es mir gleich, entfernt sich dabei aber immer mehr von mir. Sie will ihr eigenes Jagdglück vorweisen können. Trotzdem bleiben wir in Rufweite, wie es auch die Männer der Jagdgruppe machen, wenn sie gemeinsam eine Jagdexpedition unternehmen.

Ich suche aufmerksam nach Spuren, die ein Jonga -jagdbares Tier- an den Pflanzen beim Vorbeistreifen hinterlassen hat, und horche auf jedes Geräusch. Genauso hat es Nußa -Mama- mir unzählige Male gezeigt.

Während Piongschi einige Wühltiere aus ihren Bauen scheucht und zwei davon bis zum Abend erlegt hat, gehe ich am ersten Tag meiner Prüfung leer aus. Piongschi könnte nun zu unserem Volk zurückkehren, aber sie besteht darauf, dass wir gemeinsam den Rückweg antreten. Also erklettern wir einen Baum als sich die Abenddämmerung ankündigt und flechten uns mit biegsamen Zweigen zweier Äste je ein Nachtlager.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Mi Jul 17, 2024 9:08 am

*

Unseren Hunger stillen wir aus einer Tasche, die wir beim Heimatbaum am Morgen um unseren Hals gehängt haben. In aller Frühe werde ich wach und lausche. Piongschi rührt sich kurze Zeit nach mir.

Wir wollen möglichst geräuschlos aus dem Baum herabsteigen, um keine Jonga -jagdbaren Tiere- zu verscheuchen, die in der Nähe vielleicht Nahrung suchen. Wir hätten andererseits aber auch Raubtiere auf uns aufmerksam gemacht.

Nach kurzer Zeit hören wir allerdings ein Rudel von vielleicht zwanzig jagdbaren Tieren näherkommen, die schnaufend das Erdreich umgraben, auf der Suche nach Wurzeln, Pilzen und anderer Nahrung.

Also mache ich meinen Bogen klar und lege einen Pfeil auf, der mit Betäubungsgift getränkt ist. Dann warten wir geduldig. Kurz darauf wandert das Rudel unter uns vorbei. Als ein Jonga mir ein gutes Ziel abgibt, verlässt der Pfeil meinen Bogen und steckt einen Sekundenbruchteil später im Rücken des Tieres unter mir. Nun rennt das ganze Rudel davon und macht dabei einen großen Lärm.

Ohne auf eventuelle Geräusche zu achten, klettere ich vom Baum und verfolge die Tiere, während Piongschi oben wartet. Nach einigen Metern sehe ich das angeschossene Tier vor mir auf der Seite liegen. Zuerst ziehe ich den Pfeil heraus und schiebe ihn zu den anderen in sein Futteral. Ich habe mich neben das Tier gekniet und töte es durch einen Schnitt in die Luftröhre. Dabei danke ich dem Jonga -jagdbaren Tier-, dass es sich hat jagen lassen:

„Mein ßochan -Bruder-, ich danke dir. Dein Geist verbindet sich mit Oschacha -Schöpfer- und dein Körper wird Teil der ßiche -denkenden Wesen-.“

So hat es mir Nußa -Mama- beigebracht. Dann binde ich die Beine zusammen und lege mir meine Beute über die Schultern. Uh, ist das schwer!

In diesem Moment fällt ein Netz von oben auf mich herab. Erschrocken winde ich mich unter dem Netz. Meine Haut färbt sich schwarz. In diesem Moment kommen vier Männer heran, deren Haut gelb leuchtet. Diese Männer ergreifen mich und drehen mich im Netz, bis ich mich darin vollkommen verstrickt habe. Vor Angst rufe ich:

„Nein! Was wollt ihr von mir? Lasst mich los!“

Meine Finger verkrallen sich in den Maschen des Netzes. Ich hoffe, dass Piongschi von meinen Rufen gewarnt wurde und sich nicht nähert. Wenn sie die Situation richtig deutet, entfernt sie sich geräuschlos, um unser Volk zu warnen.

Die fremden Männer arbeiten Hand in Hand. Sie holen mich schließlich aus dem Netz und stecken mich in einen Sack. Dabei geben sie mir keine Antwort. Ich starre sie gehetzt an bevor der Sack über mir geschlossen wird. So ganz im Dunkeln gebe ich meine Abwehrbewegungen auf. Nun spüre ich, dass ich weggetragen werde.

*

Ich will gerade vom Baum klettern, als ich Ngamlorr vor Angst rufen höre:
„Nein! Was wollt ihr von mir? Lasst mich los!“

Irgendjemand greift meine Freundin an, und es scheinen mehrere Personen zu sein. Also bleibe ich, Piongschi, erst einmal auf dem Baum und warte eine Weile. Schließlich traue ich mich doch hinunter auf den Waldboden. Mein Herz klopft bis zum Hals. Ich mache mich klein und schleiche langsam dorthin, wo ich Ngamlorr zuletzt vermute.

Tatsächlich finde ich dort Ngamlorrs Waffen auf dem Boden liegen. Das Jonga liegt auch da, aber sie ist weg. Ich schaue mich um und finde eine breitgewalzte Spur im Unterholz, die weiter vom Heimatbaum wegführt. Mein erster Impuls ist, der Spur zu folgen, und zu schauen, was mit meiner Freundin geschehen ist. Aber ich habe Angst, dass mir ähnliches passieren könnte und das Volk dann nichts davon erfährt.

Also nehme ich Ngamlorrs Waffen an mich und kehre zum Heimatbaum zurück. Dabei laufe ich, so schnell ich kann und werfe unterwegs meine eigene Jagdbeute weg, weil sie mich im Fortkommen behindert. Mehrere Male halte ich an, schaue mich gehetzt um und horche auf die Geräusche des Waldes. Aber ich kann nichts Ungewöhnliches bemerken, also folgt mir wohl niemand.  Bald habe ich den Pfad zum Heimatbaum erreicht und weiß, dass ich nun in Sicherheit bin.

Den restlichen Weg lege ich zurück, während ich laut „Ay, Ay, Ay, Ay, Ay, …“ rufe. Mein Körper ist tiefschwarz. Ich rufe so laut ich kann. Bald darauf kommen die Männer angelaufen. Ich laufe auf Chusa -Papa- zu. Meine Kräfte verlassen mich und ich hänge kraftlos an ihm, als er mich in seine Arme geschlossen hat. Die anderen Männer zeigen eine entspannte grüne Hautfarbe und entfernen sich lächelnd.

Ich hole ein paar Mal tief Luft, stelle mich auf meine eigenen Füße und stammele:

„Ngam… Ngamlorr ist… ist entführt… ist entführt worden!“

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Do Jul 18, 2024 9:41 am

Wir Männer sind von einer erfolgreichen Jagdexpedition nachhause gekommen und haben die Jagdbeute geteilt. Während wir nun im Kreis beisammensitzen, erzählen wir Anekdoten von der Jagd und spotten freundschaftlich über einzelne Teilnehmer der Jagdexpedition. Die Frauen und die kleinen Kinder sitzen dabei. Die Frauen erhalten das aus der Haut geschabte Fleisch, um es zu kochen. Dabei wird viel gelacht, über die Erzählungen der Männer, die Einige mit Vorführungen noch lustiger machen.

So hören wir zuerst gar nicht, was sich am Rand unserer Siedlung unter dem Heimatbaum zuträgt. Plötzlich hebt einer der Männer den Kopf und wedelt mit den Händen, was bedeutet, wir sollen ruhig sein. Das Gelächter erstirbt und die Männer hören auf zu erzählen. Dann hören wir die Schreie. Sie zeigen große Panik an. Wir greifen unsere Waffen, springen auf und schauen in die Richtung, aus der die Schreie kommen.

Dann erkennen wir Piongschi, die mit Bögen in beiden Händen auf uns zu hetzt. Der Anführer der Jagdgruppe und einige der Männer, darunter auch ich, ‚Schimm‘, laufen ihr entgegen. Sie fällt ihrem Vater kraftlos in die Arme und lässt dabei die Waffen fallen. Wieso hat sie zwei Bögen in den Händen? Sie hat auch zwei Dolche am Gürtel und zwei Köcher mit Pfeilen um die Schultern gehängt!

Die anderen Männer ziehen sich langsam zurück. Ihre Haut signalisiert ihre Entspannung. Sie denken sicher ‚Es ist ja nichts weiter passiert‘. Nun stellt sich Piongschi wieder auf ihre eigenen Füße und beginnt stammelnd zu berichten:

„Ngam… Ngamlorr ist… ist entführt… ist entführt worden!“

Weitere Worte gehen in Weinkrämpfen und Stottern unter, doch es reicht um mich völlig in Panik zu versetzen. Ich beuge mich zu ihr auf Augenhöhe und fasse sie an den Schultern.

„Wo ist das passiert? Entführt von wem?”

Der Anführer der Jagdgruppe legt mir nun seine Hand auf die Schulter und versucht, mich ein wenig von Piongschi wegzudrücken, doch mein Adrenalinspiegel ist in die Höhe geschnellt und er kann es nachvollziehen. So etwas ist seit langem nicht mehr geschehen. Eigentlich, seit ich bei den Ngachi lebe, ist so etwas noch nie vorgekommen.

Ngachischi, meine liebe Frau und Mutter von Ngamlorr, hat mir vor Jahren einmal berichtet, dass die ßiche -denkenden Wesen- auf diesem Planeten nicht ganz so friedlich sind, wie es den Anschein hat. Aber immer geht es in den Händeln um Frauen.

Die Völker leben weitgehend isoliert voneinander, und so kann es zur Inzucht kommen, was Erbkrankheiten zur Folge haben kann. Darum wird es gefördert, dass sich Frauen auf die Wanderschaft begeben, um bei anderen Völkern einen Mann zu finden. Hin und wieder kann es jedoch vorkommen, dass die Männer eines Volkes auf eine spezielle Jagdexpedition gehen. Ihr Ziel ist es, keine Ssmah -Jagdbeute- nachhause zu bringen, sondern -Engoff- Frauen.

Piongschi wurde von einem erneuten Weinkrampf geschüttelt. Um uns herum wird es still. Das Flüstern der Neugierigen hat aufgehört. Ich meine, auch Ischl, der Windgott, hält den Atem an. Schauer laufen mir den Rücken herunter und ich habe das Gefühl, mir wird gleichzeitig heiß und kalt. Erst allmählich dämmert mir, was Piongschis Bericht bedeutet.

Der Anführer der Jagdgruppe bringt seine Tochter zu ihrer Mutter. Ich bleibe an Ort und Stelle stehen. In mir reift ein Gedanke. Die Angreifer wissen nicht, wo unser Heimatbaum steht. Wenn sie unser Volk angreifen und unsere Frauen entführen wollen, müssen sie versuchen Ngamlorr auszuhorchen. Wie sie das machen, weiß ich nicht. Dass mein Mädchen einer Folterung nicht lange standhält, kann ich mir denken. Der Gedanke behagt mir nun ganz und gar nicht!

Ich gehe in den Wald und versuche, den Weg zu finden, den Piongschi in Panik gelaufen ist. Zwei Stunden später sehe ich zwei zusammengebundene Jonga auf dem Boden liegen. Sie gehörten wohl einem der Mädchen. Wahrscheinlich Pionga, denn ich kann keine Kampfspuren entdecken. Ngamlorr wird sich bestimmt gewehrt haben. Also suche ich im Zickzack weiter. Schließlich finde ich eine Stelle, an der die Vegetation ziemlich niedergetrampelt ist. Hier liegt ein geschossenes Jonga, von der Sorte, die in Rudeln nach Wurzeln suchen. Was ich sehe, macht mich stolz auf Ngamlorr. Von dieser Stelle aus gibt es eine breite Schneise im Unterholz, weg vom Heimatbaum. Dort werden sie mein Mädchen verschleppt haben. Dass sie die Smahh -Jagdbeute- liegengelassen haben, statt es als Nahrung mitzunehmen, lässt mich wütend auf sie werden, zusätzlich zu den Sorgen um mein Mädchen.

Wenn es ja nur um mein Mädchen gehen würde, wäre ich der Spur gefolgt. Vielleicht ist das aber das Kalkül der Entführer: Die Männer von ihrer Siedlung weglocken, um die Siedlung dann anzugreifen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Fr Jul 19, 2024 9:34 am

Ich hetze zum Heimatbaum zurück, informiere Ngachischi schnell über mein Vorhaben und bitte sie, mich zu unterstützen. Dann klettern wir den Heimatbaum hoch und ich puste im Wipfel des Baumes in die Flöte. Kurz darauf umkreist uns der Ckurrot und ich klettere mit Ngachischi in die äußeren Äste des Wipfels.

Als der Luftgeist langsam segelnd unter uns vorbeizieht, lasse ich mich fallen. Ich greife den Haltegriff und schwinge mich mit gegrätschten Beinen in den Sattel auf seinem Rücken. Danach stecke ich meine Beine in die Schlaufen und gebe Ngachischi ein Zeichen. Sie springt, als der Ckurrot wieder unter ihr vorbeisegelt. Ich warte, bis auch sie einen sicheren Sitz hat, dann lenke ich den Luftgeist vom Heimatbaum weg, um das Gebirge herum und über die weite Hochebene auf Eseís zu.

Als ich voraus die Plaza erkennen kann, gebe ich dem Luftgeist das Zeichen, dort zu landen. Wir springen ab und laufen auf das Rathaus zu. In den Augenwinkeln kann ich erkennen, dass die Menschen um uns herum in Panik in die Hauseingänge flüchten. Der Ckurrot wartet lieber in der Luft, als am Boden. Er wird also aufsteigen und über Eseís seine Kreise ziehen, bis ich wieder flöte.

In der Anmeldung des Rathauses lasse ich mir den Weg zum Büro des Premiers erklären. Dann nehmen wir die Treppe und hetzen höher, mehrere Stufen auf einmal nehmend. Beim Büro angekommen, klopfe ich und höre sogleich „Herein“.

Wir betreten das Büro und begrüßen den Premier. Anschließend schildere ich ihm die Lage und bitte um Hilfe. Der Premier erklärt mir:

„Unser oberstes Prinzip sollte sein, uns nicht in die Händel der Indigenen einzumischen. Genau wie wir es mit der gesamten Natur halten. Wir beobachten nur, lassen aber geschehen was geschieht!“

„Okay,“ meine ich. „Durch die Ngachi, oder präziser: durch Ngachischi haben sie viel von der Anatomie der Indigenen erfahren. Ein Mischling wurde geboren. Sind die Menschen ihnen gegenüber nun nicht verpflichtet, wenn sie bedroht sind?“

„Wie soll denn die Hilfe ihrer Meinung aussehen?“ fragt er zurück.

„Schicken Sie den Lander über den Wald. Wir fliegen zurück und zeigen der KI wo sie hinfliegen muss. Sie kann ja meine Position anpeilen. Lassen sie dort eine Hundertschaft Roboter absetzen. Der Lander kann durch die Vegetation hindurchsehen und so eine größere Gruppe Indigener entdecken. Diese Informationen erhalten die Roboter, die die Indigenen einkreisen. Den Robotern können weder Pfeile, noch Macheten etwas anhaben.
Meine Tochter wurde entführt. Wir müssen sie befreien. Nachdem wir ihre Siedlung gefunden haben, sollten wir das ganze Volk 1000km weiter versetzen. Wenn die feindlichen Männer ihre Siedlung nicht bekannt geben, werden sie halt alleine versetzt und so von ihren Frauen getrennt.“

„Okay, ich werde es versuchen,“ antwortet er diplomatisch.

Das klingt wenig überzeugend, also versucht es nun auch Ngachischi bei ihm. Dann frage ich nach einem frischen Akku für meinen Kommunikator. Er telefoniert und erklärt, dass ich ihn unten bei der Anmeldung abholen kann.

Wir laufen anschließend wieder auf die Plaza hinaus, wo ich den Ckurrot zu mir rufe. Nachdem sich der Luftgeist auf den Boden geduckt hat, können wir aufsteigen. Danach streckt er seine Gliedmaßen wieder, hüpft und breitet die Hautflügel aus. Kurz darauf befinden wir uns in der Luft und auf dem Heimweg.

Unterwegs überlege ich das weitere Vorgehen und spreche mit Ngachischi darüber. Irgendwie müssen wir auch selbst aktiv werden. In der Nähe des Heimatbaumes ruft Ngachischi ihren Luftgeist mit ihrer Flöte, die einen etwas anderen Ton besitzt. Sie wechselt auf ihren Ckurrot und wir fliegen zum Ort der Entführung.

Dort folgen wir der Spur im Unterholz, indem wir die Churrot spiralförmig kreisen lassen. Bald sehe ich einen riesigen dunklen Schatten über uns. Aus ihm fallen eine Menge Roboter, die mit Jetpacks ausgerüstet sanft auf dem Waldboden landen und die Schneise der feindlichen Männer von der Vegetation freiräumen, um besser voran zu kommen.

Kurz darauf meldet sich mein Kommunikator:
„Hier Lander Eins. Eine größere Anzahl Personen befindet sich voraus auf einer Insel in einem kleinen See. Der Umkreis und auch der Seegrund scheinen morastig zu sein. Gefahr zu versinken!“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Sa Jul 20, 2024 9:20 am

„Danke, Lander Eins,“ gebe ich zurück und vergewissere mich: „Der Untergrund ist kein Problem für die Roboter?“

„Nein, alle sind mit Jetpacks ausgestattet,“ erinnert mich die KI.

„Ich lande auf der Insel und treibe die Männer zu den Robotern. Sie haben die Insel sicher inzwischen eingekreist?“

„Das ist soeben geschehen!“

Ich winke Ngachischi, mir zu folgen. Ein Laserstrahl vom Lander zeigt mir das Ziel an. Wir lassen die Churrot -Luftgeister- sich auf die Insel stürzen. Sie geben dabei helle langgezogene Schreie ab. Die Feinde schauen nach oben, sehen die scheinbar angreifenden Luftgeister und suchen ihr Heil in der Flucht. Die meisten Männer nehmen sich nicht die Zeit, sich die Dinge an die Füße zu schnallen, mit denen sie es geschafft haben, über den morastigen Boden die Insel zu erreichen. Es sind lange biegsame Zweige, deren Enden man zusammenbindet und mit einem Netzwerk aus Stöcken versieht.

So erreicht nur die Hälfte der Männer das Ufer, während die anderen Männer im Morast versinken. Dort werden sie von den Robotern des Landers in Empfang genommen, gefesselt und in den Lander geschafft. Währenddessen sind wir von den Rücken der Churrot gesprungen und auf die kleine Baumgruppe in der Mitte der Insel zugelaufen. Am Rand der Baumgruppe wurde Ngamlorr so zwischen zwei junge Bäume gefesselt, dass sie auf Spannung stehen.

Ich erreiche mein Mädchen, schneide die Fesseln durch und lasse sie in Ngachischis Arme sinken, die in diesem Moment heran ist. Nun schaue ich mich auf der Insel und der umgebenden Wasserfläche um. Ich sehe einige Feinde langsam im See versinken und laufe zu meinem Churrot. Er hat ein Tau aufgewickelt am Sattel hängen. Schnell knote ich eine Schlaufe hinein, die sich zuzieht.

Damit gehe ich zum Ufer und schaue auf den See hinaus. Einer der Männer scheint noch ziemlich jung zu sein. Diesen Mann wähle ich aus und werfe die Schlaufe nach ihm. Sie trifft ihn am Hals und einer Schulter. Er greift danach und schlüpft mit beiden Armen hinein. Nun ziehe ich ihn zurück auf die Insel. Ich knie mich auf seinen Rücken und fasse seine Unterarme zusammen.

Dann frage ich ihn:
„Ihr wart auf einem Jagdausflug und eure Beute sollten Frauen sein?“

Er macht eine zustimmende Geste.

„Okay, wenn du mir eure Siedlung zeigst, lasse ich dich dort frei. Ansonsten lasse ich dich aus großer Höhe in einen Sumpf fallen, denn dann bist du wertlos für mich!“

„Ich werde dich führen,“ antwortet er.

Ich fessele seine Hände auf den Rücken und stelle ihn auf seine Füße. Anschließend rede ich in meinen Kommunikator:

„Lander Eins, hast du eine neue Heimat für die Männer gefunden und sie dort abgesetzt?“

„Wird sogleich erledigt, Mister Albright!“

„Okay, komm danach zurück und kreise die Siedlung ein, aus der die Männer stammen. Ich führe dich dorthin, wenn du wieder hier bist.“

„Wird gemacht!“

Wir warten etwa eine halbe Stunde bis ich den Lander wieder über dem See sehe. Währenddessen steigen wir auf die Churrot. Mein Mädchen nimmt vor ihrer Mutter Platz und ich setze den gefangenen jungen Mann vor mich. Danach starten wir. Ich fliege voraus. Der junge Mann hört sich unsicher an:

„Von hier oben sieht alles so anders aus…“

„Denk daran,“ sage ich. „Ich lasse dich aus dieser Höhe in einen Sumpf stürzen, wenn du es nicht schaffst, uns zu euch zu bringen! Orientiere dich am Sonnenstand. Welche Richtung müssen wir nehmen?“

Er weist mir eine Richtung, weiter vom Heimatbaum weg. Plötzlich höre ich die KI des Landers in meinem Kommunikator:

„Voraus auf einer Grasfläche stehen Hütten und dort leben andere Indigene.“

„Okay,“ antworte ich. „Setze die Roboter ab und kreise die Siedlung ein.“

Eine Stunde später sind die dort lebenden Indigenen festgesetzt. Wir landen auf dem freien Platz und ich lasse, gemäß meinem Versprechen, den jungen Mann frei. Der Junge läuft zu einem alten Mann und beginnt zu berichten, was sich heute zugetragen hat. Wir führen in den nächsten beiden Tagen die jungen Männer unseres Volkes her, damit sie sich eine Frau aussuchen, die sie heiraten mögen.

Die restlichen Frauen, Kinder und alten Leutchen dieses Volkes lasse ich vom Lander zu ihren Männern bringen. Danach brennen unsere Männer die Hütten des Feindes nieder. Zurück beim Heimatbaum wird ein großes Fest gefeiert, dessen Mittelpunkt die Initiation von Piongschi und Ngamlorr ist.

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1So Jul 21, 2024 11:17 am

Als das Fest zu Ende ist, es ist schon früher Morgen, klettern die Leute aus dem Volk in den Baum, um sich schlafen zu legen. Die riesigen Blätter in den unteren Etagen des Heimatbaumes haben sich schon zusammengerollt. Es braucht eine gewisse Technik, sie wieder aufzurollen und sich hineinzuschieben, bevor die Göttin der Nacht jeden in ihren Armen wiegen kann.

Plötzlich meine ich, einen kalten Lufthauch zu spüren. Es ist hell, aber Nebel wabert zwischen den Pflanzen. Ich stehe vor dem Stamm eines riesigen Baumes. Es wird sicher zwei oder drei Hände voll Männer brauchen, die sich gegenseitig an den Händen halten, um den Stamm zu umfassen. Der Lufthauch wird etwas wärmer. Er umspielt mein Haar und streicht über mein Gesicht, als wäre ich ein Kind und jemand würde mich sanft streicheln. Es ist ein angenehmes Gefühl. Wäre ich ein geborener Ngachi, würde meine Haut jetzt blassgrün aussehen.

Dann habe ich das Gefühl, dass mich eine Stimme aus dem Windhauch anflüstert.

„Hört mir zu, meine Kinder,“ haucht die Stimme. Ob in dieser Nacht alle Ngachi den gleichen Traum haben? Die Stimme raunt weiter:

„Die Welt um euch herum hat sich gewandelt. Nichts ist mehr so, wie es einmal war. Und Veränderung ist immer etwas Gutes und etwas Schlechtes zugleich. Alles hat zwei Seiten, und es liegt an jedem selbst, wie man es betrachtet. Mit den Vchhtep -Himmelswesen- ist etwas Neues nach Ckiffenga -Weltenwald- gekommen. Doch nicht alles was neu ist, ist auch etwas Schlimmes..."

Ich halte den Atem an. Spricht da Oschacha -Schöpfer- zu uns? Die Stimme hat eine kurze Pause gemacht, wie um ihre Worte auf uns wirken zu lassen. Nun wispert der Wind weiter und gespannt höre ich den Worten zu:

„Wenn Veränderungen Gutes bewirken, wird es Zeit, sie zuzulassen. Wichtig ist, dass die Veränderung nicht mit Waffengewalt daherkommt, kein Blut fließt und keine Tränen der Verzweiflung zurücklässt! Die Männer, die am Alten hängen, meinen es gut. Es sind treue und verantwortungsvolle Leute, die sich Sorgen machen, doch auch sie müssen lernen, Veränderungen zuzulassen, die Gutes bewirken. Wenn die jungen Männer eine Frau suchen, dann bietet den Nachbarvölkern friedliche Besuche an. Feiert Feste, bei denen sich Paare finden können.“

Der Wind wird stärker. Er verwirbelt meine Haare. Bevor die Stimme fortfährt, ebbt er aber wieder ab.

„Der Geist dieser Welt stirbt nicht durch ein paar Veränderungen! Der Geist dieser Welt würde keine Veränderungen zulassen, die wider die Natur sind. Vergesst das nie und verliert nie euren Glauben!“

Die Stimme ist immer leiser geworden und auch der Wind ist nur noch ein leiser Hauch. Zum Schluss habe ich wieder das Gefühl, dass der Wind mich streichelt. Mit einem Mal werde ich wach und finde mich in dem Blatt wieder, in das ich mich in der Nacht noch eingerollt habe.

Die Sonne streckt schon ihre Arme über den Horizont. Zuerst bin ich leicht verwirrt. Ich kann mich genau an den Traum, oder die Vision erinnern. Ich krieche aus dem Blatt, das im Begriff steht, sich für den Tag zu entfalten, und klettere auf den Waldboden. Der Raum zwischen den Luftwurzeln füllt sich nach und nach mit Ngachi. Ob wir heute alle gleichzeitig wach geworden sind?

Ich laufe zu Ngachischi und Ngamlorr. Ihr Gesichtsausdruck, die geweiteten Augen, sagen mir, dass auch sie etwas geträumt haben diese Nacht. Mit belegter Stimme fragt Ngachischi mich, unserer Tochter einen Arm auf die Schultern gelegt:

„Hattest du auch diesen Traum?“

„Ja,“ antworte ich. „Frag‘ jeden anderen im Volk. Sie alle werden diesen Traum gehabt haben. Es kann kein normaler Traum gewesen sein! Es war eine Vision… und ein Auftrag zugleich.“

Es wird im Volk Männer geben, denen das Eingreifen der Himmelswesen missfallen hat. Ihnen hat Oschacha -Schöpfer- ‚den Wind aus den Segeln genommen‘. Sie werden nun sicher nicht gegen mich opponieren.

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Mo Jul 22, 2024 9:30 am

Ich habe in der Nacht nach dem Fest der Initiation von Piongschi und Ngamlorr einen intensiven Traum gehabt. Unsere höchste Gottheit hat zu mir gesprochen und die Vchhtep -Himmelswesen- in Schutz genommen. Damit hat Oschacha auch meinen Ssuckan -Ehemann- unter seinen Schutz gestellt.

Wir haben am Morgen über das nächtliche Erlebnis gesprochen und so erfahren, dass jeder der Ngachi den gleichen Traum gehabt hat. Sollte im Rat einer der Männer trotzdem das Wort gegen meinen Mann erheben, werde ich 'Schimm' beistehen. Nicht alles, was von den Himmelswesen kommt, muss man ablehnen. Sie bringen auch Gutes in den Wald.

Da ist zuvorderst 'Schimm' selbst! Er ist ein 'Vchhtep', aber ich liebe ihn. Ich weiß, dass er eine Seele von Mann ist: Stolz und stark wie ein Ngachi, sanft und liebevoll wie seinesgleichen.

Im Laufe des Tages bemerke ich allerdings, dass der Traum, oder die Vision, uns alle verändert hat. Die Ngachi gehen irgendwie gefühlvoller miteinander um. Ich nehme Ngamlorr in den Arm und auch sie schlingt ihre Arme um mich. Dabei versuche ich, wieder Verbindung zu der Vision, oder gar Oschacha -Schöpfer- zu bekommen. Aber er hält sich wieder aus unserem Alltag heraus. Was gesagt werden musste, ist gesagt worden.

Ich weiß nicht, wie lange wir beide so verharrt haben. 'Schimm' und die anderen Männer sind zur Jagd in der Morgendämmerung aufgebrochen. Langsam lasse ich Ngamlorr los und streiche ihr sanft über die Wange. Sie schaut mich fragend an und flüstert:

"Ich liebe dich, Nußa -Mama-..."

Sie anschauend, erwidere ich:
"Ich dich auch, meine Kleine! Und ich schäme mich dafür, dass ich es dir nicht schon früher gesagt habe, mein geliebtes Kind!"

Ngamlorr drückt sich an mich und antwortet:
"Das brauchst du nicht, Nußa -Mama-! Es ist deine Stärke, dein Wesen - und auch dies ist ein Teil von mir! Ich bin wie du - und ich bin stolz darauf!"

Wieder umarme ich sie und küsse sie auf Wange und Stirn. Dann blicke ich Ngamlorr an und sage energisch:
"Wir sollten langsam mit unserem Tagwerk beginnen! Die Männer werden bald hungrig von der Jagd kommen."

Ich lasse meine Tochter los und schicke sie in den Wald, Kräuter- und Gemüsepflanzen sammeln. Danach fache ich ein Feuer an und stelle einen Topf mit Wasser darauf.

*

Der Premier hat wenige Wochen nach dem Einsatz der Roboter im Dschungel, mich Luke Snider, dort absetzen lassen. Als Zielpunkt hat die KI den Ort genannt bekommen, an dem sie den Kommunikator von Mister Albright orten kann. Ich soll in meiner Eigenschaft als Ethnologe das Leben der Indigenen erforschen und Proben von Pflanzen und Tieren in unsere biologische Abteilung senden. So erfahren wir mehr über deren Essgewohnheiten und bereichern dadurch vielleicht unseren eigenen Speiseplan, der doch hauptsächlich durch Biochemie geprägt ist.

Außerdem beauftragt der Premier den Lander, mittels Infrarot-Ortung die Lage der Siedlungen der anderen Indigenen über dem ganzen Planeten herauszufinden und zu kartografieren. Inzwischen haben wir zwar schon ganz Angeon kartografiert, aber um die Indigenen haben wir uns anscheinend zu wenig gekümmert. Das wollen wir jetzt nachholen.

Ich steige also über dem Zielpunkt aus, ausgerüstet mit einem Jetpack und schwebe damit langsam dem Waldboden entgegen. Dafür habe ich mir eine kleine grasbewachsene Lichtung ausgesucht und Mister Albright von meinem Kommen unterrichtet.

Als ich den Jetpack abschalte und mich umschaue treten zwei Gestalten auf mich zu. Beide sind wie Indigene gekleidet, das heißt, sie tragen nur einen Lendenschurz und eine Menge bunter Ketten. An einem Gürtel hängt bei Beiden eine Machete. In den Händen halten sie einen Bogen und über ihre Schultern hängen je ein Köcher mit Pfeilen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b - Seite 2 Icon_minitime1Di Jul 23, 2024 10:03 am

Während einer der Beiden eine wettergegerbte Haut hat, hat die andere Person eine grüne Haut und schwarze geflochtene Haare. Nun sehe ich auch, dass sie eine Art bauchfreies T-Shirt trägt. Bei den Beiden muss es sich also um Mister Albright und seine indigene Partnerin handeln.

Sie führen mich von der Lichtung weg in den Wald hinein. Ich bin fasziniert von den Pflanzen, die ich alle nicht kenne, bis wir eine Stelle erreichen, an der dicke Stämme schräg in die Höhe wachsen und sich über unseren Köpfen zu einem einzigen mächtigen Stamm zu vereinen scheinen.

Meine beiden Führer bringen mich zu einem älteren Paar, die noch mehr mit Ketten und Amuletten behängt sind. Auf dem Weg dorthin begrapschen mich unzählige Hände. Die meist jungen Indigenen scheinen sich über mein Aussehen und meine Ausrüstung zu amüsieren. Es wird viel gelacht. Verstehen kann ich sie leider nicht. Mister Albright schmunzelt.

Als wir das ältere Paar erreicht haben, übernimmt seine Partnerin meine Vorstellung. Im Gegensatz zu den Kindern agieren die Erwachsenen fast emotionslos. Mister Albright erklärt mir die Stellung des älteren Paares bei den Indigenen:

„Der Mann ist der Häuptling der Ngachi und seine Frau ist die Schamanin. Meine Frau ist deren Tochter. Sie hat ihren Eltern gerade ihre Funktion in einfachen Worten erklärt, damit sie sich nicht darüber wundern, was Sie alles wissen wollen über das Leben der Ngachi.“

„Okay,“ meine ich. „Wo kann ich denn hier bei Ihnen wohnen, meine Versuche machen und meine Erkenntnisse ungestört in ein Tablet sprechen?“

„Hm, das ist ein Problem. Ihre Arbeit mit dem Tablet können Sie gerne erledigen kurz bevor Sie schlafen. Dann haben Sie die nötige Ruhe. Die ganze Nacht würde ich an Ihrer Stelle nicht durcharbeiten, denn irgendwann müssen Sie auch einmal schlafen. Tagsüber werden Sie nicht die Ruhe dafür finden. Haben Sie einen Kommunikator, können Sie ihn als Arbeitsgerät einbinden: Sprechen Sie ruhig ungeordnet alles hinein, was Sie für beachtenswert halten. Dann müssen Sie nur später in ihrem Büro in Eseís alle Informationen sortieren. Also ist ihr Tablet hier eher unbrauchbar, würde ich sagen.“

„Wie wohnen Sie denn hier?“ frage ich nun.

Mich beschleicht eine leise Ahnung, und Mister Albright bestätigt meine Gedanken sogleich:
„Wir haben keine eigene Wohnung. Das heißt, wir wohnen alle zusammen hier. In aller Frühe gehen wir in den Wald. Dort wird gejagt und gefischt, Blätter und Früchte gepflückt, Wurzeln ausgegraben. Hier zurück wird alles gemeinschaftlich zubereitet und geteilt, so dass auch kleine Kinder und alte Leute etwas abbekommen. Niemand bleibt hungrig. Gebrauchsgegenstände werden hergestellt und abends geht man rechtschaffen müde ins Bett.“

„Ah,“ meine ich. „Sie kennen also keine private Wohnung, wohin man sich zurückziehen kann. Wo schlafen Sie denn?“

Lächelnd antwortet Mister Albright:
„Der Begriff ‚Bett‘ entstammt unserer Kultur. Den Ngachi ist das Möbel unbekannt. Sie steigen in den Baum. Die unteren Blätter sind die ältesten und damit die größten. Je höher Sie steigen, desto kleiner werden die Blätter. Tagsüber sind sie ausgerollt und wandeln Sonnenenergie in Chlorophyll um. Abends rollen sich die Blätter zusammen. Sie können sich nun in eins der Blätter hineinschieben und es als Hängematte verwenden. Die untersten und größten Blätter halten auch zwei Personen…“

„Oh,“ äußere ich mich erstaunt.

Dann fällt mir mein Jetpack ein. Wo soll ich den lassen, solange ich ihn nicht brauche?
„Was mache ich mit meinem Jetpack?“

Mister Albright runzelt die Stirn. Er meint:
„Solange Sie das Gerät mit sich herumtragen, wird es allenfalls berührt. Gestohlen wird ihnen das Gerät zwar nicht, wenn Sie es irgendwo ablegen. Aber die Ngachi, wie alle Indigenen, sind schon neugierig. Es könnte sein, dass sie an den Schaltern herum manipulieren. Dabei könnte dann natürlich ein Unfall passieren. Was machen wir da? Ich könnte den Jetpack nach Eseís zurückbringen, wenn es Ihnen recht ist.“
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