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BeitragThema: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Mo Jun 03, 2024 11:19 am

Stadtplanet Erde

Er verharrt kurz an der Tür des Cafés und schaut in die Runde. Dann zeigt sich ein feines Lächeln auf seinen Lippen und er nähert sich meinem Tisch.

„Guten Abend,“ grüßt er mich höflich. „Darf ich mich zu Ihnen setzen?“

Ich nicke lächelnd und er rückt einen Stuhl zurecht, um sich mir gegenüber an den Tisch zu setzen. Kaum hat er Platz genommen, ist auch schon die Bedienung heran und fragt:

„Guten Abend, der Herr. Haben Sie einen Wunsch?“

Mein Gegenüber wendet sich ihr zu, lächelt sie an und bestellt:
„Bringen Sie mir gerne eine Cola und eine Mini-Pizza mit Thunfisch.“

„Eine große Cola?“ fragt die Bedienung noch einmal nach.

Mein Gegenüber nickt ihr lächelnd zu und nun sind wir für ein paar Minuten wieder allein. Er spricht mich an:

„Ich freue mich, dass wir uns heute Abend treffen, Sophie. Wir haben uns auf dem Messenger ja schon sehr gut verstanden. Aber das reale Treffen halte ich für wichtiger. Nur so kann man feststellen, ob Sympathie überspringt.“

Ich nicke ihm freundlich zu und antworte:
„Stimmt, das sehe ich auch so, Raimond.“

Sein Blick hat etwas Gefühlvolles. Ich bin irgendwie gefesselt von seinen Augen. In diesem Moment werden wir von der Bedienung gestört, die meinem Gegenüber seine Bestellung bringt. Nun meint Raimond:

„Ich habe dir die Gestaltung des Abends überlassen. Ich bin der Meinung, dass man sein Gegenüber am besten kennenlernt, wenn sie freie Hand hat.“

„Hm,“ mache ich, und schaue ihn zweifelnd an. „Wir haben im Messenger über alles Mögliche geredet. Ich halte es für authentischer, wenn wir über das alles gerne noch einmal Aug in Aug reden. Dazu sind Spaziergänge besonders geeignet.“

„Gerne,“ meint er mit einem gewinnenden Lächeln. „Dann beginnen wir hier, und wenn wir bezahlt haben, wandern wir draußen an den Schaufenstern entlang, wenn du magst.“

Ich überlege kurz, werfe dann aber jede Planung über den Haufen, mit der ich vorgehabt habe das Gespräch zu steuern.

„Du hast schon etwas von DD gehört?“ beginne ich.

„Ja, das habe ich,“ gibt er unumwunden zu. „Es ist ein amerikanischer Begriff, der ‚Domestic Discipline‘ bedeutet. Aber es gibt nicht nur das eine DD, sondern verschiedene Ausprägungen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie Regeln aufstellen und der dominante Part das Einhalten kontrolliert. Im Zweifelsfall wird der devote Part für eine Übertretung bestraft. Ich habe mich ja schon beim Schreiben über den Messenger dazu geäußert, dass ich dieses Sanktionieren nicht mag. Ich bin eher dafür, dass regelkonformes Verhalten belohnt wird.“

„Richtig,“ antworte ich. „Das ist aber etwas, das ich bisher noch nicht getroffen habe. Deshalb wollte ich dich unbedingt kennenlernen! Erklärst du mir dein DD bitte?“

Ich schaue ihm dabei in die Augen. Sein Lächeln verdunkelt sich einen Wimpernschlag lang.

„Auch ich bin für feste Regeln in einer Beziehung, wie auch immer sie geartet ist,“ erklärt er. „Es handelt sich um Respekt, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Gehorsam. Ich nenne sie die vier Säulen. Bricht eine Säule weg, fällt das ganze Gebilde in sich zusammen. Außerdem bin ich der Meinung, dass nicht nur der devote Part an diese Regeln gebunden ist, sondern es handelt sich dabei um zweiseitige Tugenden. Auch der dominante Part sollte sich daranhalten. So entwickelt sich gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung, die in Beziehungen jeglicher Art äußerst wichtig sind.“

„Hm,“ mache ich nun. „Du hast jetzt schon zweimal kurz hintereinander das Wort ‚Beziehung‘ angesprochen…“

Er nickt mir lächelnd zu und antwortet:
„Ich hoffe, du denkst jetzt nicht, ich ‚falle mit der Tür ins Haus‘. Eine Beziehung zwischen zwei Menschen, die sich sympathisch sind, muss wachsen. Das braucht Zeit. Zuerst macht man sich miteinander bekannt. In diesem Stadium sind wir jetzt! Man checkt ab, ob man gleiche Interessen und Hobbys hat, oder zumindest, ob man sich vorstellen kann, die Interessen seines neuen Bekannten zu teilen. Man teilt die gemeinsame Freizeit und schaut dabei, wie der Bekannte dabei auf Einen wirkt.
Mag man sich und stellt fest, dass der Andere gerne mit Einem zusammen ist und man sich wertgeschätzt fühlt, freundet man sich an. Wächst die Freundschaft und es kommt mit der Zeit Liebe hinzu, entscheidet man sich zusammenzuziehen.“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Di Jun 04, 2024 10:10 am

Inzwischen hat er seine Mini-Pizza verputzt und die große Cola getrunken. Nun fragt er mich:
„Darf ich die Bedienung rufen?“

Ich nicke ihm lächelnd zu, also hebt er die Hand. Kurz darauf steht die Bedienung wieder an unserem Tisch.

„Möchten Sie noch etwas bestellen?“

Raimond schüttelt den Kopf und meint:
„Nein, wir wollen gehen. Bringen Sie bitte die Rechnung!“

„Geht das zusammen, oder getrennt?“

Raimond schaut mich lächelnd an und nickt unmerklich mit dem Kopf. Ich meine daraufhin:
„Okay.“

Nun antwortet er der Bedienung:
„Das geht zusammen!“

Die Bedienung verlässt uns wieder, tippt am Tresen ihre Notizen in den Abrechnungscomputer und erhält einen Bon. Sie bringt mir nun den Bon und ich zücke meine Karte, die ich kurz über ihr Lesegerät halte. Als die Transaktion geschehen ist, bedankt sie sich höflich.

Wir haben uns in der Zwischenzeit erhoben. Jetzt gehen wir nebeneinander auf den Ausgang zu. Raimond hält mir lächelnd die Tür auf und tritt nach mir auf den überdachten Pedway, rechts und links befinden sich weitere Gastronomien, aber auch Geschäfte. Wir schlendern an den Schaufenstern entlang, ohne uns wirklich für die Auslagen zu interessieren. Stattdessen unterhalten wir uns über die vier Tugenden, die er im Café angesprochen hat. Ich will mehr darüber wissen und wie er zu der gegenseitigen Wirkung steht.

Es ist schon längst Nacht geworden, als ich anspreche:
„Ich muss jetzt langsam nachhause, Raimond!“

„Darf ich dich nachhause bringen?“ fragt er mit gespannter Miene.

Ich nicke lächelnd und schränke ein:
„Aber nur bis zur Haustür!“

Raimond schüttelt den Kopf und verspricht:
„Das ist selbstverständlich!“

Wir gehen zum Landeplatz der Lufttaxis. Dort steigen wir in ein wartendes Taxi und ich nenne der Automatik das Ziel. Raimond hält seine Karte an das Lesegerät und das selbstfliegende Taxi hebt ab. Am Ziel angekommen, lässt er mich aussteigen und fragt:

„Sehen wir uns wieder?“

Ich lächele ihn an und antworte:
„Gerne!“

Während ich mich umwende und auf die Tür zugehe, hinter der der Aufzug liegt, startet hinter mir das Lufttaxi.

*

Wir leben mit 93 Milliarden anderen Menschen auf der Erde, die sich inzwischen zu einem Stadtplaneten entwickelt hat. Den Boden bedecken automatische Fabriken. Dazwischen und darüber steht ein Wald von Hochhäusern, die mehrere hundert Meter hoch sind. Nur hier und da, wo alte erhaltungswürdige Bauten stehen mit wunderbaren Parks, lassen die Hochhäuser Platz.

Es gibt auch Parks, in denen indigene Menschen nach ihren Jahrtausende alten Regeln leben. Sie kümmern sich mit Hilfe von Park-Rangern auch um die Tierwelt in ihrem Lebensraum. Spontan fallen mir dazu das Amazonasbecken, die nordamerikanische Prairie, das Okavango-Delta in Afrika, der Dschungel in Süd- und Südostasien ein.

Die Nahrungsmittel für die 93 Milliarden Menschen werden in speziellen Firmen mittels Vertical Farming erzeugt. Andere Artikel des täglichen Bedarfs fertigen Firmen aus dem Recyclen von weggeworfenen Artikeln an. Wasser wird unter anderem der Atmosphäre entzogen und in einem Kreislauf immer wieder verwendet.

Auswanderer von der Erde haben sich auf der Venus in ‚Wolkenstädten‘ angesiedelt. Ihr größter Exportartikel ist Raketentreibstoff, der aus der Atmosphäre der Venus gewonnen wird. Aus dem atmosphärischen Kohlendioxyd wird Karbon für Konstruktionselemente gewonnen und ebenfalls zur Erde transportiert. Außerdem wird in einer Moonbase viel produziert, was wegen der Umweltgesetze auf der Erde nicht möglich ist.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Mi Jun 05, 2024 9:08 am

Manches Mal habe ich schon den Eindruck, dass die Menschen sich gegenseitig auf die Füße treten. In den letzten Jahrhunderten hat sich darum ein besonders respektvoller Umgang miteinander eingebürgert. Die Politik hat verschiedene Maßnahmen unternommen, die Erdbevölkerung weniger stark anwachsen zu lassen, aber nichts hat wirklich Nutzen gezeigt.

Gleichzeitig haben die Wissenschaftler natürlich nach erdähnlichen Planeten im näheren Umkreis der Sonne Ausschau gehalten. Zuerst muss man ein vielversprechendes Sonnensystem aus der Nähe erkunden, bevor man ein Kolonisten-Raumschiff losschickt. Dazu muss man ein automatisches Raumschiff starten, da man ja nicht weiß, was einen irdischen Raumfahrer in dem Zielsystem erwartet. Gleichzeitig muss man die langen Flugzeiten berücksichtigen. Mit welchem Antrieb muss man ein solches Raumschiff ausrüsten?

*

Bei Raimond habe ich, Sophie, ein gutes Gefühl. Er kümmert sich vorbildlich um mich und hat bald begonnen, die Führung zu übernehmen. Seine Entscheidungen haben bis jetzt ‚Hand und Fuß‘. Daneben respektiert er meine Meinung. Er respektiert mich! So fühle ich mich von ihm wertgeschätzt.

Nach fast einem Jahr, indem wir uns immer wieder treffen, um unsere Freizeit miteinander zu verbringen, macht er mir einen besonderen Vorschlag:

„Liebste Sophie, magst du in deinem Urlaub mit mir zusammen eine Reise machen?“

„Gern, Liebster,“ gebe ich zurück. „Dazu müssen wir zuerst einmal ein Reisebüro aufsuchen und schauen.“

Er lächelt mich an und zwinkert mir zu.

„Wir sind inzwischen etwa ein Jahr zusammen. Ich habe mir gedacht, dass wir das Datum mit einer Reise begehen. Ich bin schon in einem Reisebüro gewesen und habe mir verschiedene Reisetermine geben lassen.“

„Du willst mich überraschen!“ rufe ich aus und falle ihm um den Hals.

Er nickt, breit grinsend, und meint:
„Schau in deiner Firma einmal, wann du Urlaub machen kannst. Lass‘ dir vom System ruhig mehrere Terminvorschläge geben. Ich vergleiche sie mit meinen und dann sehen wir weiter!“

Gleich am nächsten Tag rufe ich die Urlaubsplanung auf meinen Monitor und markiere verschiedene Möglichkeiten. Diese sende ich über den Messenger sogleich an Raimond. Eine halbe Stunde später gebe ich den Urlaubstermin, der mir Raimond übermittelt, in unsere Urlaubsplanung ein. Nun heißt es zittern, ob das System mir den Urlaub genehmigt. Gegen Abend komme ich mit dem genehmigten Termin nachhause und schreibe Raimond, dass ich Erfolg gehabt habe.

Als der Termin näher rückt, frage ich Raimond:
„Was muss ich alles einpacken, Liebster?“

„Genügend Unterkleidung und Nachtwäsche für zwei Wochen,“ schreibt er über den Messenger zurück. „Dazu normale Oberbekleidung, die ich an dir so mag, und ein oder zwei Gala-Kleidung für besondere Anlässe. Dazu noch deine Hygieneartikel und Kosmetika.“

‚Hm,‘ denke ich und zittere vor Aufregung und Vorfreude. ‚Ich packe lieber von jeder Sorte ein Exemplar mehr ein – für den Fall der Fälle. Man weiß ja nie.‘

Dann ist der Tag der Abreise gekommen. Ich habe einen Koffer gefüllt und ein Backpack. Zur vereinbarten Uhrzeit hält eines dieser selbstfahrenden Lufttaxis vor der Tür, an der sich Raimond immer von mir verabschiedet. Ich gehe hinaus zu ihm. Er ist ausgestiegen und hilft mir beim Verstauen des Gepäcks und hält mir beim Einsteigen die Tür auf, damit ich mich nicht stoße.

Anschließend setzt er sich neben mich und sagt:
„London Heathrow International Airport!“

Er hält seine Karte an das Lesegerät und schon hebt das Fluggerät ab. Ich bin auf das Weitere gespannt. Im Flughafen folge ich Raimond in den Abflugbereich. Er hat mir meinen Backpack abgenommen und sich lässig über seine linke Schulter gehängt. Wir gehen auf die Dame am Schalter zu. Dort zeigt er seine ID-Card und fragt nach unseren Flugkarten.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Do Jun 06, 2024 10:17 am

Sie sucht nun den Umschlag heraus und fragt auch mich nach meiner Card. Anschließend erhält er den Umschlag. Jetzt wendet er sich zur Gepäckabfertigung. Hier müssen wir uns in eine Schlange stellen. Als wir an der Reihe sind, gibt er unsere beiden Koffer ab. Der Mitarbeiter lässt sich dafür unsere Flugkarten zeigen und löst zwei Klebezettel von einer Unterlage, die er auf die Koffer klebt. Danach fragt er nach dem Backpack.

Raimond lächelt ihn freundlich an und sagt:
„Den nehme ich mit in die Kabine.“

Der Mann nickt, stellt unsere Koffer auf einen Wagen und wendet sich an die Leute, die hinter uns stehen. Raimond wendet sich zu mir und meint:

„Gehen wir zu den Sesseln da hinten. Von dort lässt sich die Anzeige ganz gut beobachten.“

Er wendet sich zum Wartebereich und wieder folge ich ihm. Dort setzen wir uns und greifen zu den ausliegenden Zeitschriften. Inzwischen weiß ich, dass unser Zielflughafen der John F. Kennedy International Airport in Nordamerika ist. Endlich wird unser Flug aufgerufen und das Gate bekanntgegeben. Wir erheben uns und gehen auf das Gate zu. Dort checkt man noch einmal unsere Flugkarten und winkt uns dann durch. Über die Gangway betreten wir das Flugzeug und suchen unsere Sitzplätze, die Raimond nebeneinanderliegend gebucht hat. Er schiebt den Backpack in das Gepäckfach über uns. Danach machen wir es uns auf den Sitzen gemütlich.

Plötzlich ertönt ein ‚Ping‘ und die Flugbegleiter gehen herum, um nach den Fluggästen zu schauen. Raimond erklärt mir, dass ich mich anschnallen muss und macht es gleich auch selbst. Ich schaue es mir bei ihm ab. Trotzdem muss er mir helfen. Kurz darauf kommt die Flugbegleiterin bei uns vorbei, lächelt uns freundlich an und wendet sich gleich den nächsten Passagieren zu.

Der Kabinenboden und die Sitze beginnen zu vibrieren. Ich werfe einen Blick aus dem Fenster und sehe, dass das Flugzeug mit hoher Geschwindigkeit über die Piste rast. Plötzlich kippt das Flugzeug in einem irren Winkel vorne hoch, so dass ich in meinen Sitz gedrückt werde. Nach einigen Minuten kippt das Flugzeug wieder in die normale Lage zurück.

Wieder höre ich ein ‚Ping‘ und ein kleines Leuchtfeld mit einer angeschnallten Person erlischt. Auch jetzt gehen die Flugbegleiter herum. Sie fragen nun, ob jemand etwas zu essen wünscht und ob es besondere Wünsche zu beachten gilt. Ich überlasse es Raimond, zwei Getränke und etwas Leichtes zu essen zu bestellen.

„Wie lange dauert der Flug?“ frage ich Raimond.

„Etwa drei Stunden,“ gibt er Auskunft. „Wir fliegen ja Überschall. Dadurch kommen wir drei Stunden vor unserer jetzigen Uhrzeit dort an.“

„Ah,“ meine ich. „Und wie geht es dann weiter?“

Raimond zeigt ein spitzbübisches Grinsen und antwortet:
„Sei nicht so neugierig, Liebes. Ich habe alles im Griff!“

Ich versuche mir irgendwie die Zeit zu vertreiben und bin überrascht, als wieder ein ‚Ping‘ durch die Kabine hallt. Raimond beugt sich zu mir und schnallt mich an. Danach kümmert er sich um seinen Gurt. Kurz darauf setzt das Flugzeug auf und rollt aus. Beim nächsten ‚Ping‘ schnallen wir uns ab und Raimond erhebt sich. Er öffnet das Gepäckfach über unseren Köpfen und hebt den Backpack heraus, den er auf seinen Sitz abstellt.

Nun warten wir geduldig, bis wir eine Lücke im Strom der Passagiere finden und das Flugzeug verlassen können. Wir gehen ohne Eile in Richtung des Ankunftsbereiches und steuern dort die Gepäckabfertigung an. Auf einem Laufband fahren eine große Anzahl Koffer an uns vorbei. Endlich haben wir unsere Koffer in Händen und Raimond wendet sich zum Ausgang. Draußen folge ich ihm zu einem Flugtaxi. Wir laden unsere Koffer in den Gepäckbereich und setzen uns auf die Sitze davor.

„Airship-Hangar Blacksmith Ltd.,“ gibt Raimond als Ziel an.

Ich mache große Augen. Das ist eine Überraschung! Raimond hat eine Tour mit einem Luftschiff gebucht. Ich frage ihn, um mehr zu erfahren. Vielleicht ist er angesichts des Zieles etwas gesprächiger. Er erklärt mir:

„Ich habe eine Rundfahrt mit einem Luftschiff über die Prairien Nordamerikas gebucht. Das dauert mehrere Tage. Für unsere Sicherheit unterwegs sorgen ein Luftschiffkapitän, zwei Copiloten und ein Techniker. Das Luftschiff hat Platz für bis zu 40 Passagiere in 20 Kabinen, die im Rumpf untergebracht sind. Für unser leibliches Wohl sorgen ein Küchenchef und vier Bedienungen.“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Fr Jun 07, 2024 9:19 am

Durch seine Erklärung werde ich immer kribbeliger, je länger wir brauchen. Nach einer Stunde erreichen wir endlich den Hangar und unser Lufttaxi landet selbsttätig davor.

Raimond hält mir wieder die Eingangstür auf und orientiert sich kurz. Danach geht er zum Info-Schalter und fragt die Dame:

„Wir haben eine Tour über die Great Plains mit ihrem Luftschiff gebucht. Wann kann man das Luftfahrzeug betreten?“

„Darf ich einmal ihre Bordkarte sehen?“ fragt die Dame zurück.

Raimond übergibt ihr die Karten, die sie nun prüft. Schließlich erhält er unsere Bordkarten zurück und sie erklärt freundlich lächelnd:

„Warten Sie bitte noch etwa eine Stunde. Dann werden Sie an Bord geleitet.“

Sie weist mit der Hand zu irgendetwas hinter uns. Wir wenden uns um und sehen einen ähnlichen Wartebereich wie im Flughafen. Hier sitzen schon vielleicht zwei- oder dreidutzend Leute mit ihren Koffern. Raimond nickt und bedankt sich höflich. Dann suchen wir uns ebenfalls zwei Sitzplätze nebeneinander und warten.

*

„Hallo, guten Abend. Ich möchte Sie hiermit im Namen der Parkcruises Company begrüßen,“ sagt die Dame in der Kleidung einer Flugbegleiterin zu den wartenden Passagieren. „Folgen Sie mir bitte. Meine Kolleginnen werden Sie einweisen.“

Wir erheben uns und folgen der Dame in den Hangar. Dort liegt das Luftschiff, an acht Tauen festgemacht. Die Gondel unter dem riesigen Auftriebskörper ist ebenfalls sehr groß. In deren Mitte ist eine Doppeltür geöffnet worden und es liegt eine Planke mit beidseitigem Handlauf schräg in der Öffnung. Die Dame bleibt stehen und fordert uns auf:

„Treten Sie bitte ein. Meine Kollegen zeigen Ihnen ihre Kabinen.“

Nachdem wir den Eingang passiert haben, stehen wir in einem großen Foyer, einem außerordentlich komfortablen und eleganten Raum, wie ich meine. Der Fußboden ist mit einem Teppichbelag versehen. Große Klappfenster gestatten einen ungehinderten Ausblick nach allen Seiten und machen den Aufenthalt in dem so geschützten Raum äußerst wohnlich.

Nun werden wir nach den Kabinennummern aufgerufen und ein Deck höher in den Bauch des Luftschiffes geführt. Unsere Flugbegleiterin öffnet eine Kabinentür und weist lächelnd in den Raum. Sie erklärt, dass wir unsere Koffer erst einmal abstellen dürfen und anschließend im Salon vor dem Foyer Platz nehmen sollen. Von dort dürfen wir den Start des Luftschiffes beobachten.

Die Taue werden von Mitarbeitern am Boden gelöst und das Luftschiff beginnt zu steigen. Zuerst bekomme ich einen Riesenschreck. Ich denke:

‚Wir werden doch jetzt nicht gegen die Decke der Halle stoßen?‘

Aber das Luftschiff steigt langsam immer weiter und bald kommt das geöffnete Dach des Hangars ins Blickfeld. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Dann schaue ich mich um. Die Hochhäuser sind im Umkreis der Halle nicht so hoch. Bald geht unser Luftfahrzeug in den Geradeausflug über. Raimond erhebt sich und fordert mich auf:

„Komm, Sophie. Wir richten uns in unserer Kabine ein und kommen dann in den Salon zurück, um etwas zu essen.“

Ich nicke und stehe ebenfalls auf. Um uns herum erheben sich auch die anderen Passagiere. Wir streben auf die Treppe zu und gehen zu unserer Kabine. Dort leeren wir unsere Koffer in die Schränke und Raimond zieht sich um. Statt der legeren Kleidung, zieht er sich nun eine weiße Shorts und darüber ein weißes Sweat-Shirt mit dem blauen Aufdruck eines Luftschiffes über seinem Herzen an.

Innerlich schmunzelnd, schaue ich meine Kleider durch und entscheide mich für ein blaues schulterfreies Kleid, das nur von einem Halsreifen gehalten wird, den man vorne schließt. So gehen wir die Treppe hinunter ins Foyer und betreten von dort wieder den Salon.

Raimond orientiert sich kurz und führt mich dann an einen Vierertisch, an dem schon ein Paar in unserem Alter sitzt. Er fragt:

„Ist hier noch frei?“

Das Paar nickt lächelnd. Raimond rückt einen Designer-Stuhl etwas vom Tisch ab und lächelt mich an. Ich nehme die stumme Aufforderung gerne an, setze mich und nehme dabei die Sitzfläche in beide Hände, um näher an den Tisch zu kommen. In der Zwischenzeit hat sich Raimond übereck neben mir niedergelassen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Sa Jun 08, 2024 9:37 am

Eine Bedienung nähert sich und fragt nun nach unseren Wünschen. Raimond gibt mir die Speisekarte und ich wähle ein Menü für mich. Anschließend gibt er die Bestellung für uns beide ab.

Nach dem Abendessen gehen wir in unsere Kabine. Draußen ist es inzwischen dunkel geworden. Außer vielen beleuchteten Fenstern kann man unter uns nichts mehr sehen. Also legen wir uns schlafen.

Am nächsten Morgen geht mein Blick zuerst durch das breite Fenster nach unten. Bodennebel bedeckt eine weite Grasebene. Wir haben also in der Nacht die Stadtlandschaft hinter uns gelassen und befinden uns hier über dem Naturpark ‚Great Plains‘. Leider kann ich aus dieser Position den Sonnenaufgang nicht sehen. Ich wecke Raimond und bitte ihn, dass er mit mir nach unten in den Salon geht. Solange die Sonne noch knapp über dem Horizont steht, wird sie von dort zu sehen sein. Ich stelle es mir romantisch vor, im Sonnenaufgang zu frühstücken.

Nach ein wenig Murren und aus dem Fenster schauen, hat er sich mir in seiner Meinung angeschlossen. Er geht ans Waschbecken und kleidet sich danach an. Wieder trägt er die ‚Safarikleidung‘ mit dem Luftschiffemblem. Also schlüpfe ich auch in das Kleid, das ich gestern schon zum Dinner getragen habe. Danach gehen wir die Treppe hinunter und in den Salon. Heute früh ist hier nur wenig los.

Ich schaue mich um und zeige Raimond das Rot der aufgehenden Sonne am Horizont. Er nickt mir lächelnd zu und steuert einen Tisch an, der bis jetzt noch unbesetzt ist. Den Sonnenaufgang stört von hier aus keine Verstrebung des Fensters. Die Bedienung nähert sich und Raimond bestellt unser Frühstück. Die Verpflegung ist im Reisepreis inbegriffen. Nur alkoholische Getränke müssen bezahlt werden.

Während wir frühstücken, kommen drei oder vier weitere Paare zum Frühstücken in den Salon. Der Bodennebel unter uns wird immer dünner und so wechselt die Farbe des Erdbodens allmählich von weißgrau zu grün. Dazwischen heben sich hier und da hunderte von braunen Buckeln aus dem Gras: Bisons. Sie liegen noch faul herum und warten, dass ihnen die Sonne das Fell wärmt.

Bald sehen wir Mitglieder der First Nations, die mit geländegängigen Jeeps ihrer Aufgabe als Park-Ranger nachgehen. Nachdem die Sonne höher steht, erheben sich die Kolosse und beginnen nun ihrerseits mit dem Frühstück. Wir selbst können die Sonne nun nicht mehr sehen, aber die Landschaft unter uns ist nun sonnendurchflutet.

Ich weiß von Raimond, dass die Sonne jetzt günstig steht, um mit den Sonnenkollektoren an der Oberseite des Luftschiffes Strom zu erzeugen und damit unsere Batterien zu füllen, die durch die vergangene Nachtfahrt einen ziemlich niedrigen Füllstand haben werden.

Bald ist Lunch-Time und danach können wir ein Nachmittags-Nickerchen in unseren Kabinen halten. Heute Abend hat die Schiffsführung das Dinner eine Stunde früher angesetzt. Es besteht aus sieben nicht sehr großen Gängen und wird mit Musik untermalt.

Gegen Ende des Dinners beginnt die Bedienung mit einer Tanzvorführung und animiert die Gäste zur Teilnahme. Dazu gehen wir in das weite Foyer. Dort werden wir nicht durch Tische und Stühle beim Tanzen gestört. Draußen ist nach einem malerischen Sonnenuntergang allmählich die Nacht hereingebrochen. So kommen wir erst spät ins Bett.

Während der zwei Wochen dauernden Fahrt über die Prairie haben wir viele Tierarten beobachten können. Die schon beschriebenen Bisons, die zu tausenden in Herden über die Prairie ziehen, werden von Kojoten verfolgt, die alte, kranke und schwache Tiere aus den Herden erlegen. Daneben gibt es noch Dickhornschafe, Maultierhirsche, Weißwedelhirsche und Gabelböcke in den Great Plains. Zu den unvermeidlichen Raubtieren, die diesen Pflanzenfressern nachstellen, gehört der eben beschriebene Kojote, aber auch Silberdachs, Rotluchs und Swift-Fuchs gehören zu den Raubtieren der Prairie.

Während dieser Reise kommen wir auch der Geschichte der First Nations nahe, deren Lebensraum einmal die weiten Ebenen gewesen sind. In der Nähe der Rocky Mountains gibt es einige kleine Gebirgszüge, die in die flache Steppe hineinragen. Einer davon, die Black Hills, gilt den Lakota als heiliges Land und Mittelpunkt der Erde, vermutlich weil die bis zu 900 Meter hohen Berge in der endlosen Ebene der Great Plains über eine weite Strecke Orientierung geben.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1So Jun 09, 2024 10:42 am

Ein weiterer Fixpunkt dieser Art ist der ‚Teufelsturm‘, eine 385 Meter hohe Lavasäule, die zu einem Monolith erstarrt ist. Sie ragt weithin sichtbar aus der Prairie heraus und ist deshalb für unseren Luftschiffkapitän ein willkommener Wendepunkt. Für die First Nations ist er eine heilige Stätte.

Ein wenig nordamerikanische Geschichte dürfen wir erleben, als das Luftschiff einen Fluss erreicht und ihm eine Zeitlang folgt. Der Kapitän erklärt über Lautsprecher, dass vor über 1000 Jahren hier das 7. US-Kavallerie-Regiment unter General Custer von den Lakota- und Dakota-Sioux, Arapaho und Cheyenne unter den Häuptlingen Sitting Bull, Crazy Horse und Gall vernichtend geschlagen wurden. Der Fluss ist der Little Bighorn River.

In den Bighorn Mountains liegt auch das Medicine Wheel, ein heiliger Ort verschiedener Völker der First Nations. In stilisierter Form wird das Medizinrad besonders von den Lakota als religiöses Symbol verwendet.

Als wir zwei Wochen nach Beginn der Reise wieder über dem Luftschiffhangar schweben und der Kapitän mit der Landung beschäftigt ist, haben wir viel über den etwa 2,7 Millionen Quadratkilometer großen Naturpark gehört und gesehen. Die frühere landwirtschaftliche Nutzung hat man zugunsten der Natur wieder aufgegeben und die Städte dem Erdboden gleichgemacht. Nun ist das Gebiet über die Luftschiff-Touren touristisch erschlossen, was ich als wunderschön empfinde!

Wir fliegen danach zurück auf die britische Insel und ich entschließe mich endlich, mit Raimond in einer Wohnung zusammenzuziehen. Für unsere Eltern und Freunde organisieren wir im Saal eines Restaurants eine Verlobungsfeier. Wir wollen unsere Eltern aber nicht zu lange warten lassen, so dass Raimond nun beginnt Termine zu planen für eine Hochzeit.

*

Wir haben eine Wohnung im ‚Speckgürtel‘ von Manchester gefunden. Sie liegt ungefähr auf halber Höhe eines der Wohntürme und besitzt einen verglasten Balkon – keinen eigenen Start- und Landeplatz für Lufttaxis -, ein Foyer an der Aufzugtür, Wohn-Esszimmer, Schlafzimmer und Gäste-Kinderzimmer. Das Bad reißt mich jedes Mal von den Socken, wenn ich es betrete.

Unsere Küche ist vollautomatisch. Sie besteht aus einem Förderband, auf das ich die gekauften oder gelieferten Lebensmittel lege. Sie werden nun gescannt, nach Produktname, Packungsgröße und Mindesthaltbarkeit. Die Automatik verwendet den Produktnamen, um die Lebensmittel in den Gefrierschrank, Kühlschrank oder Vorratsschrank zu sortieren. Die Packungsgröße braucht die Automatik, um zu berechnen, wann der nächste Einkauf fällig ist. Die Küchenmaschine gebraucht die Mindesthaltbarkeit, um mir Gerichte vorzuschlagen, die innerhalb des vorgegebenen Zeitraumes liegen. Allerdings darf ich hier eingreifen. Ich habe die Haltbarkeit um zwei Wochen in die Zukunft verschoben.

Wenn ich nun etwas kochen will, gehe ich an die Steuerung der Automatik und lasse mir etwas vorschlagen. Die Automatik gibt mir drei Gerichte zur Auswahl, so dass ich wählen kann, wonach uns aktuell der Sinn steht. Habe ich ein Gericht angeklickt und auch die Anzahl eingetragen, beginnt die Automatik mit der Vorbereitung und schließlich der Herstellung. Einzelne Verarbeitungsschritte werden mir durch ‚Pling‘-Töne angezeigt.

Für die Sauberkeit in der Wohnung sorgen selbstfahrende Nass- und Trockensauger. Persönlich muss ich mich nur noch um die Reinigung der Kleidung und Wohntextilien kümmern. Aber dafür steht in der Küche auch ein Automat, der die Textilien sauber und schrankfertig wieder herausrückt.

Raimond und ich arbeiten Vollzeit, also sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche. Er ist Maschinenbauingenieur und ich arbeite als Handelsfachfrau im Einkaufszentrum dieses Wohnturms. In meiner Freizeit lese ich gerne, wenn die Hausarbeit erledigt ist, oder wir gehen gemeinsam zu interessanten Events. Im Augenblick kümmert sich Raimond um unsere Hochzeit. Es ist nicht einfach, mit der Administration zu verhandeln, so dass am Ende ein gutes Ergebnis herauskommt. Es braucht dafür eine Anzahl an bestimmten Papieren, Dokumenten und Urkunden, die er von uns beiden vorlegen muss.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Mo Jun 10, 2024 9:20 am

In unserem Fall kostet es eine kleine Gebühr, um das Certificate zur Eheschließung im Standesamt zu beantragen. Nach etwa drei Wochen kommt das Certificate bei uns an. Es ist ein Jahr gültig. Raimond muss dafür unsere ID-Cards und die Geburtsurkunden vorlegen. Nun können wir einen Trauungstermin im Standesamt beantragen, der uns innerhalb von acht Tagen zugesandt wird und innerhalb des Zeitrahmens der Gültigkeit des Certificate liegen wird.

Zur standesamtlichen Trauung muss das Brautpaar mit zwei Trauzeugen persönlich zum anberaumten Termin erscheinen. Danach sind wir vor dem Gesetz Mann und Frau. Das Standesamt informiert von sich aus das Finanzamt und alle Behörden, die von der Personenstandsänderung erfahren müssen.

Da wir der Mennonitischen Kirche angehören, folgt auf die standesamtliche Trauung die Hochzeit während eines Gottesdienstes in unserer Gemeinde, bei der wir vorne beim Diakon knien, die Hände auf die Bibel legen und schwören, uns gegenseitig zu respektieren. Das Bibelwort aus dem Brief des Paulus an die Epheser wird zitiert ‚Die Frauen seien untertan ihren Männern als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus das Haupt ist der Gemeinde‘, und anschließend feiert die Gemeinde mit Gebeten und Gesängen.

Nach Abschluss des oft dreistündigen Gottesdienstes werden die Gottesdienstbesucher in den Gemeindesaal gebeten, wo das Hochzeitsmahl bereitsteht. Nachdem alle Gäste Platz genommen haben, stehen die einzelnen Redner auf, zuvorderst die Väter der Brautleute, um eine kleine Rede zu halten. Andere Gäste belassen es bei einem Trinkspruch. Sobald jemand aufsteht, um etwas zu sagen, klingelt er mit einem Besteckteil gegen ein Glas.

Dieser Teil des Hochzeitsfestes kann bis in den Abend hinein dauern. Ich habe seit Ende meiner Schulzeit Heimtextilien genäht, wie Tagesdecken für die Betten. Da wir nun schon eine Weile zusammenwohnen, haben wir schon viel Hausrat. Also haben wir den Gästen eine sogenannte Negativ-Liste gegeben, damit sie wissen, was wir nicht brauchen. Dennoch haben wir viele Geschenke zu Heimtextilien erhalten. Die Überlegung der Schenkenden ist da wohl, dass man davon nie genug haben kann.

*

Nachdem wir die Festlichkeiten hinter uns haben und der Alltag eingekehrt ist, ist es mir ein Anliegen, unsere Wohnung stets mit Blumen und Gräsern aufzuhübschen. Wenn Raimond nachhause kommt und ich das freudige Aufblitzen in seinen Augen sehe, fühle ich mich schon bestätigt.

Er lässt sich dann sehr gerne die Straßenkleidung von mir ausziehen und sich danach von mir massieren. Dabei kann er sich fallenlassen und die Verspannungen abschütteln. Anschließend schauen wir nebeneinanderliegend, nur mit einem Kimono bekleidet, was das Earth Broadcast uns bietet.

Dabei bekommen wir mit, wie ein vor 85 Jahren im Erdorbit gestartetes automatisch gesteuertes Raumschiff in ein 35 Lichtjahre entferntes Sonnensystem hineinfliegt. Die Astronomen wollen dort eine ‚zweite Erde‘ entdeckt haben. Nun sind alle auf die Ergebnisse gespannt, die unser Raumschiff entdeckt. Die Reise selbst hat 50 Jahre gedauert. Die Funkwellen erreichen die Erde nun 35 Jahre später. Ab jetzt können die Wissenschaftler miterleben, was das automatische Raumschiff und seine Landungseinheiten in dem fernen Sonnensystem herausfinden.

Die Astronomen haben vor langer Zeit schon durch die Messung der Lichtwellen beim Transit vor der fernen Sonne bis zu fünf Planeten entdeckt, die den Stern L98-59 im Sternbild ‚Fliegender Fisch‘ umkreisen. Es ist ein roter Zwerg der am Nachthimmel der südlichen Hemisphäre leuchtet. Sein Entdecker heißt Olivier Demangeon und stammt aus der portugiesischen Region der iberischen Halbinsel.

Schade, dass im Weltraum alles einen solch langen Atem braucht, weil die Entfernungen so riesig sind. Darum hat man erst einmal eine künstliche Intelligenz dorthin gesandt. Vielleicht startet man irgendwann ein bemanntes Raumschiff. Aufgrund der hohen Bevölkerungszahl auf der Erde wird das allerdings gleich ein Kolonisten-Raumschiff sein, sagen die Wissenschaftler.

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Di Jun 11, 2024 10:03 am

Unsere gemeinsamen Wochenenden sind die schönste Zeit unserer Zweisamkeit. Dennoch passiert es schon einmal - wenn auch ganz selten - dass Raimond mit dem Flugzeug im Auftrag seiner Firma auf einen anderen Kontinent muss.

Dann muss ich das Wochenende alleine zuhause verbringen. Ich nehme mir zumeist meinen E-book-Reader zur Hand und lese einen Liebesroman. Das ist das Genre, in dem ich mich beinahe verlieren könnte.

Dieses Wochenende ist wieder so eine schlimme Zeit ohne Raimond. Wie gerne hätte ich ihn massiert und seine wohligen Laute vernommen. Was danach passiert geht niemanden etwas an!

Stattdessen habe ich ihn zum Flughafen begleitet und mich dort von ihm für etwa 36 Stunden verabschieden müssen. 36 Stunden allein! Er hat mir nach der Hochzeit das Versprechen abgenommen, mich nicht selbst zu berühren. Gleichzeitig soll ich ein Tagebuch auf meinem Tablet führen, in das ich meine Gedanken niederlege. Wenn er von den Reisen zurückkommt, liest er gerne darin.

36 Stunden keinen Mann spüren. 36 Stunden allein sein und mich nicht selbst berühren dürfen! Werde ich diese Selbstbeherrschung aufbringen können?

Raimond ist heute Morgen abgereist und wird erst morgen Abend wieder zurück sein. Ich kann ihn über den Messenger überall auf der Erde erreichen, um ihn zu fragen, ob ich mich berühren darf. Aber ich werde es nicht tun! Ich werde standhaft bleiben, und ihm dadurch meine Liebe beweisen. Ich bin stark genug, es zu ertragen. 36 Stunden gehen herum.

Ich werde beweisen, dass ich folgsam sein kann, dass ich für ihn stark sein kann.

Ich kann ein ‚gutes Mädchen‘ sein, wie er mich oft lobt. Auch diesmal will ich mir sein Lob holen.

Als Raimond zum Flugzeug gegangen ist, hat er mich zum Abschied geküsst und gesagt, wie sehr er mich liebt. Dann setzt er lächelnd nach:

„Versuche, ein gutes Mädchen zu sein.“

Ich lache und rolle mit den Augen, als ich ihm antworte:
„Ich werde mich dir würdig erweisen, Raimond. Du bist mein Haupt!“

Er antwortet darauf lächelnd:
„Viele Frauen würden nichts darum geben, wenn der Mann sie vorübergehend verlässt. Sie berühren sich einfach, wenn ihnen danach ist, mit der Begründung ‚Mein Körper gehört mir‘. Ich bin mir sicher, du nicht. Richtig?“

„Richtig, Liebster.“

Also, wie ist es denn nun überhaupt gelaufen?!

6:20 Uhr
Ich bin aufgestanden und habe in der Küche das Frühstück gemacht. Dann habe ich den Kimono abgestreift und das Frühstück zu Raimond ins Schlafzimmer gebracht. Da ich jetzt nackt bin, habe ich das Tablett mit dem Frühstück auf dem Bett abgestellt und mich mit leicht gespreizten Beinen vor ihm präsentiert.

Nun sage ich zu ihm:
„Es ist bald Zeit, dass du fliegen musst. Willst du meine Muschi berühren, bevor du gehst?“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Mi Jun 12, 2024 9:44 am

Er schaut mich lange an und mustert mich eingehend:
„Nein! Jetzt nicht, meine Kleine! Deine Zeit kommt noch.“

Ich will schmollen und betteln, aber ich tue es nicht. Dem Allmächtigen sei Dank! Stattdessen bin ich ein braves Mädchen, gehe duschen und mich anziehen. Ich bin entschlossen, brav zu sein.

7:00 Uhr
Raimond lächelt und fragt, ob ich bereit sei. Ich habe auch schon das Lufttaxi gerufen und antworte wahrheitsgemäß:

„Ja, Liebster.“

Dann sagt er: „Gut, dann wollen wir los.“

Ich begleite ihn zum Flughafen. Unterwegs sprechen wir über alltägliche Dinge. In meinen Gedanken geistern schon die 36 Stunden, die ich ohne ihn ausharren muss. Entsprechend fällt auch die Verabschiedung aus, als sein Flug aufgerufen wird. Kein Blatt Papier hätte mehr zwischen uns gepasst.

Bin ich normal? Und wenn Nein, ist das schlimm?

Nachdem er meinen Blicken entschwunden ist, lasse ich mich von einem anderen Lufttaxi nachhause bringen. Während ich darin sitze, sind all diese wilden Gedanken über meine Muschi in meinem Kopf. Da wandert meine Hand in meine Hose. Ich weiß, dass das im Sitzen ein Problem sein könnte, aber ich habe den Wunsch, wenigstens meinen Unterleib zu berühren.

Bisher haben wir uns nur stundenweise nicht gesehen. Aber diesmal ist es anders. Dieses Mal muss ich volle 36 Stunden ohne den Liebsten ausharren. Kein Kuscheln, kein Streicheln, kein Umarmen und schon gar kein Ineinander aufgehen. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich mich darüber freuen soll oder nicht. Aber ich habe die Keuschheit bereitwillig akzeptiert!

9:15 Uhr
Nach einer Weile komme ich zuhause an. Ich frage mich, ob jemand sagen kann, dass ich mich heute anders benehme als sonst? Ich gehe in die Küche und lasse die Automatik einen Einkaufszettel für das Lebensmittelgeschäft ausstellen. Routinemäßig schaue ich noch einmal drüber, dann lasse ich die Automatik die Einkaufsliste absenden.

Anschließend nehme ich den Handkarren aus der Nische, klappe ihn auseinander und fahre mit dem Aufzug auf die Ebene mit dem Einkaufszentrum. Im Lebensmittelgeschäft übernehme ich den gepackten Karton mit meinem Einkauf und halte meine Karte über das Lesegerät des Angestellten. Kann er einen Unterschied in meinem Verhalten erkennen?

Nein, sie haben es nicht erkannt. Oder sie haben zumindest nicht erkennen lassen, dass sie etwas erkannt haben. Sie sind genauso freundlich gewesen, wie immer. Ein wenig enttäuscht darüber bin ich schon. Ich fühle mich anders. Also warum sollten sie nicht bemerken, dass ich anders bin als sonst?

Seien wir doch einmal ehrlich: Die Leute zerreißen sich immer ihr Mundwerk über andere Leute. Sie sind damit beschäftigt, ihre Mitmenschen zu beobachten. Sie erzählen sich Dinge wie: Hast du nicht auch bemerkt, dass sie heute irgendwie anders ist als sonst? Dass sie vielleicht anders spricht, geht und sich anders verhält. Und sie fantasieren sich die abenteuerlichsten Gründe für das beobachtete Verhalten herbei.

Vielleicht geht das Getuschel ja hinter meinem Rücken los, wenn ich außer Hör- und Sichtweite bin. Macht nichts! Ich kümmere mich um das Lebensmittelpaket, fahre es nach dem Bezahlen aus dem Geschäft und zum Aufzug. Kurz darauf bin ich in unserer Wohnung zurück. Ich öffne das Paket, stelle die einzelnen Packungen auf das Laufband in der Küche und lasse die Automatik die Lebensmittel ordentlich lagern.

11:10 Uhr
Ich bin Raimond sehr dankbar, dass ich heute nicht arbeiten gehen muss, während er mir die Aufgabe gibt, für ihn keusch zu bleiben. So kann ich mich auf die Sitzlandschaft zurückziehen, die Beine hochlegen und ein Lieblingsbuch lesen. Aber das E-book weckt Gefühle in mir, da ich mit der Protagonistin mitgehe. Ich glaube, es ist doch nicht das richtige Buch für dieses Wochenende.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Do Jun 13, 2024 10:12 am

11:30 Uhr
Ich lege den E-book-Reader zur Seite. Nun verspüre ich ein Hungergefühl. Das lenkt mich zumindest vorerst ab. Ich gehe also in die Küche und lasse mir von der Automatik ein Menü vorschlagen. Unter den drei Vorschlägen für eine Person ist sogar mein Lieblingsmenü! Erfreut fordere ich das Menü an.

Es dauert eine dreiviertel Stunde bis die Automatik mit einem hellen Ton die Fertigstellung bekannt gibt. Ich nehme das Menü aus dem Ausgabefach und gehe damit zu unserem Esstisch. Nach dem Essen bringe ich Teller und Besteck in die Küche zurück und stelle sie in die Spülmaschine. Sie wird das Geschirr säubern und in den Vorratsschrank befördern, aus dem sich die Automatik bedient, um die Menüs anzurichten.

Nun gehe ich wieder ins Wohnzimmer zurück, setze mich auf die Sitzlandschaft und nehme die Beine hoch. Womit soll ich mich beschäftigen, um nicht in Versuchung zu kommen?

Ich entscheide mich für den Fernseher und schalte die Mediathek des Earth Broadcast ein. Dabei fällt mir ein Video von einem indigenen Volk im Norden der brasilianischen Region des Südamerikanischen Kontinents ins Auge. Ein Ethnologe hat das Volk besucht und ein Kameramann ist immer an seiner Seite gewesen. Daraus ist die Dokumentation entstanden.

Mich zurücklehnend lasse ich das Video auf mich wirken. Nach einer Weile ist es zu Ende und Earth Broadcast fragt mich, ob ich den zweiten Teil auch sehen möchte.

Irgendwann schaue ich auf meine Armbanduhr und bin erstaunt. Ich habe den ganzen Nachmittag mit der Dokumentation verbracht und dabei den wievielten Teil angesehen. In den letzten Teilen ist es um sogenanntes ‚LOTEK‘ gegangen, also um ‚low technic‘. Dort ist gezeigt worden, wie die Indiginen leben, welche Techniken aus der Natur ihnen das Leben erleichtern und wie die ‚Zivilisation‘ davon profitieren könne.

Ich denke mir, bevor die Indigenen uns lehren einfach zu leben, muss der Planet seine Überbevölkerung verlieren! Dabei kommt mir der Gedanke, dass die Dokumentation mich den ganzen Nachmittag gefesselt hat. Ich habe kein einziges Mal zwischendurch an Raimond oder an Selbstbefriedigung gedacht. Nun ist aber Zeit fürs Dinner.

19:00 Uhr
Ich gehe in die Küche zurück und lasse mir von der Automatik ein Dinner vorschlagen und zubereiten. Wieder setze ich mich damit im Wohn-Esszimmer an den Tisch und esse bei leiser Musikuntermalung. Danach gehe ich voll Enthusiasmus an den Fernseher zurück und schaue, was mir die Videothek anbietet. Ich finde den Film „To the End of the Earth“.

Wieder mache ich es mir bequem und schaue der japanischen Journalistin zu, die nach Usbekistan reist, mit einer kleinen Handkamera bewaffnet, um die Faszination dieses Landes zu erkunden. Ich erlebe mit wie sie auf der Ladefläche eines kleinen Lastwagens zwischen Ziegen in der weiten Steppe unterwegs ist, um in einem See einen legendären zwei Meter langen Fisch zu fangen. Oder im Lunapark aus Sowjetzeiten eine altersschwache Achterbahn betreten will. Der Besitzer weist sie mit den Worten ab, dass auf der Achterbahn keine Kinder mitfahren dürfen. Nun will sie erst recht auf die Achterbahn.

Als der Film zu Ende ist, ist es auch Zeit schlafen zu gehen. Ich ziehe mir den Nacht-Kimono an und gehe ins Bad. Anschließend lege ich mich allein ins Bett. Um nicht ins Grübeln zu geraten, stelle ich mir vor, ich sei die Journalistin Yoko und wolle eine Reportage über das Land ‚am Ende der Welt‘ schreiben. Darüber schlafe ich schließlich ein.

9:00 Uhr Sonntagmorgen
Nach dem Aufwachen bin ich ins Badezimmer gegangen, habe meine Hygiene durchgeführt und habe mich anschließend im Schlafzimmer angekleidet. Danach bin ich in die Küche gegangen und habe mir ein Frühstück bereiten lassen.

Jetzt sitze ich auf der Sitzlandschaft und habe mein E-book-Reader wieder in der Hand.

‚Genauso wie es Video-Dokumentationen gibt, muss es doch auch solche zum Lesen geben,' denke ich mir.

Während ich durch die Liste der E-books scrolle, schweifen meine Gedanken ab.

Ich habe das Gefühl, ich möchte jemandem von meiner Keuschheit erzählen. Ich möchte, dass jemand davon erfährt. Ich möchte das Erstaunen in seinem Gesicht sehen und darüber kichern. Aber das ist nicht normal. Ich verwerfe den Gedanken wieder.

Das ist doch gut, oder?

Ich habe tatsächlich eine Dokumentation über Luftschifffahrten im 20. Jahrhundert gefunden. Das E-Book lade ich mir auf meinen Reader und beginne zu lesen. Während ich lese, vergleiche ich es mit den Erfahrungen in dem Luftschiff über der nordamerikanischen Prairie. Damals im 20. Jahrhundert ist wahrlich vieles anders gewesen!

Ich habe mir zwischendurch ein Mittagessen gemacht und danach weiter in dem E-book gelesen. Die Luftschiffe sind damals sehr luxuriös ausgestattet gewesen und haben erstklassige Speisen kredenzt. Dann ist das größte Luftschiff, die ‚Hindenburg‘ verunglückt. Danach hat es keine Passagier-Luftschifffahrt mehr gegeben.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Fr Jun 14, 2024 9:34 am

16:30 Uhr
In einer halben Stunde wird Raimonds Flugzeug landen. Ich mache mich fertig und fordere dann ein Lufttaxi an, mit dem ich eine halbe Stunde später im Flughafen bin. An der Gepäckabfertigung in der Ankunftshalle sehe ich ihn stehen und warten. Woo hoo! Ich kann es kaum erwarten, ihn zu spüren. Oh, wie ich ihn vermisse, wenn er weg ist.  Um nicht dazwischen zu gehen, halte ich mich zurück bis Raimond seinen Koffer hat. Als er sich nun dem Ausgang zuwendet, trete ich näher und begrüße ihn freudestrahlend.

Wir verlassen das Flughafengebäude Hand in Hand. Raimond fordert draußen ein Lufttaxi an und wir lassen uns nachhause bringen. Kaum startet das Taxi, reiche ich ihm mein Tablet, nachdem ich mein Tagebuch auf das Display geholt habe. Er liest aufmerksam, wie ich die beiden Tage verbracht habe. Danach fragt er mich:

„Willst du in deiner Keuschheit perfekt werden?“

Er lächelt still. Ich überlege:
‚Perfekt sein bedeutet, dass ich das oft mache. Immer wieder, wenn er nicht da ist. Das bedeutet, dass nur er ein Anrecht auf meine Muschi hat… Ja, ich will das! Das tut mir gut!‘

Also schaue ich Raimond in die Augen und wiederhole meine Gedanken laut:
„Ja, ich will das, Raimond! Das tut mir gut!“

18:30 Uhr
Wir sind zuhause und ich lasse die Automatik in der Küche Raimonds Lieblingsessen zubereiten. Danach haben wir ein angenehmes Dinner. Wir sprechen dabei über alltägliche Dinge, so sollte es sein.
Anschließend geht er ins Badezimmer und schaltet den Whirlpool ein. Ich entkleide mich und komme ihm entgegen, als er das Badezimmer verlässt.

Zum Glück braucht die Erde trotz der 100 Milliarden Bewohner nicht unter Wassermangel zu leiden. Die Behörden haben die ‚Strategie der vier Wasserhähne‘ eingeführt. Dazu gehört das Auffangen des Regenwassers, Abwasser aufbereiten (NewWater), Meerwasser-Entsalzung und das Gewinnen von Wasser aus der Luftfeuchtigkeit.

Raimond nickt mir lächelnd zu, als er aus dem Badezimmer kommt und mich im Evas-Kostüm erblickt. Er nimmt mich in den Arm und küsst mich. Im Schlafzimmer lässt er den Kimono fallen und legt sich auf das Bett. Ich knie mich über ihn und beginne mit der Massage an seiner Halswirbelsäule.

22:00 Uhr
Endlich hat Raimond ein einsehen. Statt nach der entspannenden Massage einzuschlafen, dreht er sich um und nimmt mich. Ich explodiere in seinen starken Armen. Danach liegen wir nebeneinander und streicheln uns, bis wir einschlafen.

6:30 am Morgen
Ich habe wirklich gut geschlafen. Ich kann mich nicht erinnern, einmal aufgewacht zu sein, mich umgedreht zu haben, zu träumen, nichts. Ich fühle mich jetzt ziemlich entspannt.

Wir machen die Morgenhygiene im Bad. Danach gehe ich in die Küche und lasse die Automatik zwei Frühstücke bereiten. Um 7:00 Uhr lassen wir zwei Lufttaxis kommen und uns zu unseren Arbeitsstellen bringen.

*

Wir sind etwa zwei Jahre verheiratet, als meine Regel ausbleibt. Ich fliege zu meinem Frauenarzt, um das abzuklären. Er untersucht mich und eröffnet mir danach mit einem Lächeln:

„Frau White, Sie sind eindeutig schwanger!“

Als ich die Praxis verlasse bin ich in Hochstimmung. Ich rufe mir ein Lufttaxi und lasse mich zu unserem Wohnturm zurückbringen. Nachdem ich die Eingangstüre passiert habe und im Foyer stehe, überlege ich, wie ich unsere Wohnung festlich gestalten könnte. Ich setze mich in einen der Sessel und nehme mein Tablet hervor. Bald habe ich Ideen gefunden. Nun fehlt nur noch ein festliches Essen. Auch dafür gibt es unzählige Ideen im Internet. Ich siebe die Rezepte nach solchen durch, die Raimond schmecken und ich ebenso mag.

Dann nehme ich über eine Einkaufs-App Verbindung mit meiner Küche auf, gebe das Rezept ein und lasse mir eine Einkaufsliste für den Lebensmittelladen erstellen. Die Küchenautomatik sendet die Einkaufsliste ab, nachdem ich in der App auf ‚Okay‘ gedrückt habe. Also brauche ich gleich nur im Geschäft vorbei zu gehen, mir mein Paket geben lassen und bezahlen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Sa Jun 15, 2024 9:51 am

Vorher gehe ich in einen Blumenladen und stöbere nach Accessoires, um das Wohn- und Esszimmer zu verschönern. Anschließend betrete ich bepackt den Aufzug und bin kurz darauf in unserer Wohnung. Dort reiße ich den Karton auf und lege die Lebensmittel auf das Förderband, damit die Automatik sie sortiert.

Als Raimond unsere Wohnung betritt, fragt er überrascht:
„Was ist heute los? Habe ich irgendetwas übersehen?“

Ich laufe ihm entgegen und falle ihm um den Hals.

„Etwas wunderbares ist geschehen,“ eröffne ich ihm. „Ich bin schwanger!“

Meine Überraschung ist mir gelungen. Raimond ist ‚ganz aus dem Häuschen‘ und seitdem behandelt er mich des Öfteren wie ein ‚rohes Ei‘. Ist er sonst schon sehr respektvoll zu mir, achtet er nun sehr auf mich, wenn er zuhause ist.

Was ist Glückseligkeit?

Ein Zustand. Perfekt.

Ein Gefühl. Nichts, aber auch rein gar nichts, erscheint störend oder negativ. Wenn die Sonne scheint, ist es nicht heiß, sondern angenehm warm. Wenn es regnet, ist es nicht nass, sondern schön kühl und erfrischend. Die Bedürfnisse reduzieren sich auf den einzigen Wunsch, dass sich an dem Zustand nichts ändern möge. Die Welt hört auf, sich zu drehen.

So erlebe ich die Zeit, die nun folgt.

Natürlich plagen mich während der folgenden Monate der Schwangerschaft auch manchmal Zweifel und Ängste. Raimond weiß mich aber immer wieder seelisch aufzurichten. Er ist mir eine Stütze, wenn ich das brauche. Er sorgt dafür, dass ich wieder lachen muss. Wenn das einmal nicht klappt, nimmt mich mein Liebster an die Hand und macht mit mir einen Ortswechsel, der mich auf andere Gedanken bringt.

Ich spreche meine beste Freundin an. Ihre Tochter geht seit kurzem in den Kindergarten. Sie besucht uns, während auch Raimond anwesend ist und berät uns bei der Auswahl der Geburtsklinik. In den Tagen darauf fährt Raimond mit mir dorthin. Ich zeige den Befund meines Frauenarztes vor und wir reservieren nach einer weiteren Untersuchung einen Geburtsplatz für mich, denn die Klinik hat für den errechneten Geburtstermin einen Platz frei.

Nun erhalte ich feste Termine von der Klinik, an denen ich wiederkommen muss. Dann werden verschiedenste Untersuchungen gemacht und jedes Mal erhalte ich ein Ultraschallbild, das ich zuhause in ein eigens gekauftes Fotobuch einklebe. Beim Hin- und Herblättern kann man so die Entwicklung unseres Kindes später immer wieder verfolgen.

Ich gehe nun zur Verwaltung und hole mir dort den Mutterpass. Dabei erhalte ich ein Paket mit E-books, Kleidung, Handtüchern und anderen Babysachen geschenkt. Außerdem macht man mich hier auf Termine für Geburtsvorbereitungskurse aufmerksam. Sie werden kostenlos angeboten und man lernt dort auch andere Schwangere kennen. Zu den Kursen bringe ich auch Raimond mit.

Bei den Voruntersuchungen erhalte ich von der Klinik ein Dokument zum Ausfüllen, das ich bis zur 34. Schwangerschaftswoche einreichen muss. Es handelt sich um den Geburtsplan. Darin kann ich verschiedene zur Wahl stehende Leistungen angeben. Die Klinik bietet mir auch einen kostenlosen Lufttaxiservice rund um die Uhr für die Fahrt zur Klinik am Geburtstermin. Auch ist jetzt allmählich die Zeit eine Tasche mit den Dingen zu packen, die ich während des Klinikaufenthaltes brauche.

*

Eines Nachts werde ich wach. Sophie rüttelt mit angespannter Miene an meiner Schulter.

„Raimond, Liebster! Ich glaube wir müssen los. Ich glaube es kommt,“ flüstert sie mit gepresster Stimme.

Ich setze mich halb auf, in dem ich mich auf einen Ellenbogen abstütze und schaue sie verschlafen an. Schweißperlen stehen auf ihrer Stirn. Sie schaut mich sorgenvoll mit großen Augen an. Schlagartig bin ich wach und schnell ziehe ich mich an. Sophie nimmt währenddessen ihr Handy auf und wählt die Nummer der Lufttaxizentrale. Man verspricht, dass in wenigen Minuten ein Taxi vor der Tür des Wohnturmes hält.

Nun nehme ich den bereitstehenden gepackten Koffer in die Hand und helfe Sophie in den Aufzug. Etwa zehn Minuten nach ihrem Anruf steht das Lufttaxi auf der kleinen Landeplattform vor der Tür. Ich öffne die Tür und helfe Sophie auf den Sitz. Dann steige ich ebenfalls ein. Sophie gibt mir ihre Card, mit der wir den kurzen Flug kostenlos hinter uns bringen können. Auf meiner Armbanduhr ist es halb vier Uhr in der Frühe.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1So Jun 16, 2024 12:08 pm

Von Zeit zu Zeit stöhnt Sophie leise auf. Dann haben wir es geschafft und das Lufttaxi hält auf der Landeplattform vor der Klinik. Ich nehme Sophies Tasche aus dem Fluggerät und helfe ihr danach heraus. Wir betreten die Klinik und gehen zur Geburtsstation. Dort angekommen, werden die ersten Untersuchungen gemacht. Der Wehenschreiber wird angelegt.

„Der Muttermund ist noch nicht weit genug offen,“ erklärt der Roboter, der hier als Hebamme eingesetzt wird. „Ansonsten ist alles okay. Gehen Sie mit ihrer Frau noch ein paar Mal den Gang auf und ab.“

Es wird 6 Uhr. Es wird 9 Uhr.

Der Roboter misst von Zeit zu Zeit Sophies Werte. Alles im grünen Bereich?

Immer wieder wechseln kurze Untersuchungen mit kleinen Spaziergängen. Zwischendurch muss ich Sophie öfter festhalten. Sie atmet schwer, wenn wieder eine Wehe kommt.

Gegen Mittag soll sie sich hinlegen. Sie kann nicht mehr. Dann um halb zwei Uhr schiebt man sie in einen Nebenraum.

Der Gynäkologe sagt zu mir:
„Sie dürfen ihre Frau gerne begleiten, wenn Sie sich stark genug fühlen!“

Ich ziehe einen Stuhl heran und halte Sophies Hand. Sie wird aufgefordert zu pressen. Nach einer Weile, in der ich Sophie ein feuchtes Tuch auf die Stirn legen darf, hält der Frauenarzt ein kleines Bündel in der Hand. Unsere Tochter hat das Licht der Welt erblickt! Sie wird abgenabelt, gewaschen und in warme Tücher gehüllt. Danach legt die Robot-Hebamme ihr Sophie in den Arm.

„Schauen Sie, das ist ihre Tochter! Wie soll sie denn heißen?" fragt der Roboter.

Ich antworte: „Anne.“

Dabei beuge ich mich über das Baby. Es schaut mich aus dem Frottiertuch neugierig an und streckt mir ein Ärmchen entgegen. Zuerst berühre ich das Händchen glücklich lächelnd mit meinem Zeigefinger. Anne fasst beherzt zu und umfasst meinen Finger mit allen Fingerchen ihrer Hand.

Währenddessen legt der Roboter unserem Baby ein Band mit seinem Namen um sein Handgelenk. Ich beuge mich über meine erschöpfte, aber glücklich lächelnde Sophie, gebe ihr einen zarten Kuss und drücke stumm ihre Hand.

„Wir wollen ihre Frau nun auf die Wöchnerinnenstation bringen,“ sagt der Roboter jetzt.

Sophie wechselt auf ein bereitstehendes Krankenbett und der Arzt öffnet die Tür zum Gang. Der Roboter fährt sie in ein Zimmer, in dem schon eine andere Frau liegt, neben sich ein Babybett. Ich bin ihnen gefolgt.

Nun nehme ich mir einen Stuhl, setze mich neben Sophie und streichele ihre Wange. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand berühre ich vorsichtig Annes Finger. Wieder greift sie danach und steckt sie sich in den Mund. Ich bin glücklich und lasse sie gewähren.

Sophie muss noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben. Danach soll sie zu Nachuntersuchungen zu ihrem Frauenarzt gehen.

*

Die Geburt empfinde ich als Erstgebärende als schwierig, aber das Personal strahlt eine solche Ruhe und Zuversicht aus, dass mich das Gefühl ebenfalls trägt. Anschließend bleibe ich noch vier Tage in der Klinik, während mir eine hinzugekommene menschliche Hebamme zeigt, wie ich unser Mädchen am besten stille, wie ich es bade und wickele. Der Pflege-Roboter überprüft täglich meine und Annes Vitalwerte.

Raimond hat mir am Tag der Geburt beigestanden. Jetzt besucht er mich täglich nach Feierabend und sitzt dann eine Stunde an meinem Bett. Er hat Angst, seiner Tochter weh zu tun, deshalb berührt er sie nur mit den Fingerspitzen und streicht ihr zärtlich über Wange, Schulter und Ärmchen. Die Kleine ergreift forsch mit ihren Fingerchen seinen Finger, umschließt ihn und führt ihn vor ihre Lippen. Flugs steckt sein Finger in ihrem Mund und sie beginnt zu saugen. Er lacht verlegen und zieht den Finger wieder zurück. Ich lächele Annes Vater glücklich an.

Beim Verlassen der Klinik bin ich auf mich gestellt, weil Raimond in seiner Firma ist. Ich trage unser Mädchen in einem Tuch liegend unter meiner Jacke zum Foyer und warte, dass das Flugtaxi draußen auf der Landeplattform eintrifft.

In unserer Glaubensgemeinschaft ist es üblich, dass die Mutter zu ihrem Kind eine besondere Bindung eingeht. Das erreicht sie durch Nähe rund um die Uhr. Ich trage also mein Mädchen tagsüber in liegender Position vor der Brust hängend, in einem im Nacken geknoteten Tuch wie in einer Hängematte. Dadurch kann Anne sofort trinken, wenn sie aufwacht. Es gibt kein großes Geschrei, um mich aufmerksam zu machen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Mo Jun 17, 2024 10:24 am

Innerhalb der ersten zwei Wochen nach der Geburt muss ich mein Mädchen in der Verwaltung anmelden. Ich lade das Formular herunter, fülle es aus und schicke es als E-Mail-Anhang ab.

Einen Monat nach der Geburt haben wir den nächsten Termin in der Geburtsklinik. Der Frauenarzt kontrolliert noch einmal meine und Annes Werte. In dieser Zeit bekomme ich ebenfalls Besuch von Mitarbeitern der Verwaltung, die sehen wollen, ob es uns gut geht. Ab dem zweiten Monat stehen die ersten Impfungen an. Dafür suche ich mir einen Kinderarzt in der Nähe und frage dafür meine beste Freundin nach ihren Erfahrungen.

*

Am Abend des Tages als Sophie mit unserem Mädchen aus der Geburtsklinik nach Hause gekommen ist, komme ich aus der Firma nachhause und sehe sie in der Küche werkeln. Selig schlafend liegt Anne in einem Tuch, wie in einer Hängematte, vor Sophies Brust. Ich umfasse Sophie vorsichtig von hinten und drücke meine Wange an ihre.

„Liebevolle Mutter,“ begrüße ich sie in sanftem Ton.

Sie lächelt, während sie unser Essen aus dem Ausgabefach nimmt. Ich nehme ihr das Tablett ab und trage die Teller, Schälchen und Gläser an den Esstisch. Dort arrangiere ich das Essen, so dass wir uns nur setzen brauchen.

„Bester Vater!“ antwortet sie mir lächelnd und gibt mir im Vorbeigehen einen Kuss.

Als ich mich setze, frage ich Sophie:
„Hast du bei deinem Arbeitgeber schon den Mutterschaftsurlaub beantragt?“

Sie schüttelt den Kopf und entgegnet:
„Das mache ich morgen aber sofort!“

Nach dem Abendessen räume ich den Tisch ab und stelle die Reste auf das Laufband in der Küche. Ich markiere sie als ‚Schon zubereitet‘, so dass die Automatik sie im Kühlschrank deponiert, damit sie innerhalb der nächsten Tage gegessen werden. Anschließend biete ich Sophie an, dass wir im Schlafzimmer noch jeder ein E-book lesen, bis wir müde werden und einschlafen. Unser kleines Mädchen weckt Sophie anfangs alle paar Stunden, ist aber sofort ruhig, wenn sie die Brust bekommt. Später können wir alle drei auf dem breiten Bett durchschlafen.

*

Wenn sich Raimond am Morgen aus dem Bett ‚stiehlt‘ und das Frühstück in der Küche in Auftrag gibt, gibt es kurz Unruhe. Er bringt anschließend das Tablett ans Bett und räumt danach auch wieder ab. Nachdem der Papa sich zu seiner Firma aufgemacht hat und wieder Ruhe eingekehrt ist, krabbelt Klein-Anne auf mich und schläft mit dem Ohr an meinem Herzen weiter. Leider kann ich so nicht wirklich schlafen, aber Raimond hat mir dafür ein Buch aus dem Regal angereicht.

Das Schlafen mit Anne an meiner Seite im selben Bett hat einige Vorteile. Zum einen ist das Stillen im Liegen sehr entspannend. Anne wacht meist gar nicht richtig auf. Sie saugt im Halbschlaf und schläft anschließend innerhalb von zehn Minuten wieder ein. Selbst ich schlafe schon einmal während des Stillens ein.

Hat unsere Kleine Bauchschmerzen, liegt sie gerne auf der Seite. Allerdings fällt sie dabei meist um. Ich stütze sie also einfach im Rücken, bis sie fest genug schläft. Auch kann ich ihr in dieser Position ganz einfach den Bauch massieren. Schläft sie einmal schlecht, halte ich meist ihr Händchen. Danach schläft sie besser.

Zum anderen bringt mir das gemeinsame Schlafen in unserer Situation unglaublich viel. In jedem Fall gilt: keine Kissen, Kuscheltiere und ähnliches für das Baby. Kein Alkohol und Zigaretten für die Erwachsenen! Auch keine anderen Kinder neben dem Baby! Das bedeutet also, dass Anne in Zukunft bei ihrem Papa im Gästezimmer schlafen muss, solange ein Geschwisterchen zu klein ist.

Auf das Kissen, das ich benutze und unter meinem Kopf liegt, reicht Anne nicht heran, da sie mit dem Kopf auf der Höhe meiner Brust liegt. Die Decke wird ihr höchstens über die Beine gelegt oder auf die ihr abgewandte Seite in ihren Rücken.

Je älter Anne wird, desto öfter kann ich mich wegschleichen, wenn sie eingeschlafen ist. Anfangs ist das noch unmöglich gewesen. Anne ist ein unglaublich nähebedürftiges Baby. Sie kennt es ja nicht anders, als dass Mama sofort greifbar ist. Nachdem Anne sitzen kann, kaufe ich mir eine Känguruh-Tragetasche. Nun trage ich unsere Kleine tagsüber auch außerhalb unserer Wohnung mit mir herum.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Di Jun 18, 2024 10:06 am

Seit Anne laufen kann, ist sie nicht mehr zu bändigen und läuft munter hin und her. Ich muss sie immer im Blick haben und schauen, dass sie sich nichts antut. Trotzdem ist schon einmal ein Stuhl umgestürzt, an dem sie sich festgehalten hat. Meine Kleine hat geweint, nicht weil sie sich weh getan hätte, sondern weil sie sich erschrocken hat. Sofort bin ich hinzugeeilt und habe sie getröstet. Natürlich habe ich ihr gesagt, dass sie etwas falsch gemacht hat. Niemals aber, dass sie deshalb ‚ein böses Mädchen‘ wäre!

Nun suchen wir eine Kindertagesstätte in der Nähe unserer Wohnung. Wir schauen uns ein gutes Dutzend staatlich kontrollierter Einrichtungen an. Zum einen, sind sie billiger als private Einrichtungen und die Betreuung ist dort besser. Nachdem wir uns für eine Kita entschieden haben, tragen wir uns dort in eine Warteliste ein.

Zu Weihnachten besuchen wir unsere Eltern. Als wir am späten Nachmittag des ersten Weihnachtstages bei meinen Eltern eintreffen, freuen sie sich sehr auf unsere Kleine. Anfangs hat Anne sehr gefremdelt. Das hat sich aber im Laufe des Nachmittages gelegt. Meine Eltern sind ganz vernarrt in ihre Enkelin und tragen sie oft auf ihren Schultern herum.

Am frühen Abend besuchen wir den Gottesdienst in unserer Gemeinde und treffen dort auch auf Raimonds Eltern. Wieder fremdelt Anne. Ihr ist es unangenehm, dass sich so viele fremde Personen für sie interessieren. Am zweiten Weihnachtstag besuchen wir Raimonds Eltern. Anne verliert dort allmählich ihre Scheu. Nach den Abendessen bei meinen und bei Raimonds Eltern bekommt sie ihre Mahlzeit und ist bald in der Känguru-Tragetasche an meinem Körper eingeschlafen.

Im Frühjahr haben wir von der Kindertagesstätte Bescheid bekommen und zwei Wochen darauf habe ich sie dorthin gebracht. Die Termine tagsüber nehme ich alleine wahr, denn Raimond arbeitet zu der Tageszeit. Anne wird gesundheitlich untersucht und ich bekomme eine Liste der Dinge mit nachhause, die sie im Kindergarten brauchen wird. Ein Monat später folgt noch eine letzte Informationsveranstaltung und im Sommer geht es los. Es beginnt mit einer einwöchigen Eingewöhnungszeit.

Am ersten Tag bin ich zu Beginn um 9 Uhr dort. Anne sitzt in der Tragetasche und zwei Taschen voller Babysachen habe ich in den Händen. Annes Sachen habe ich vorher alle gekennzeichnet. Wir Mütter hören uns an, was morgens im Kindergarten alles erledigt werden muss und leeren die Taschen in gekennzeichnete Fächer. Danach folgt die Vorstellungsrunde, ein Must-have! Um 11 Uhr ist ‚Mittag‘. Wir rühren den Kindern ihre Babynahrung an und nach dem gemeinsamen Essen können wir mit den Kleinen schon wieder nachhause gehen.

Der zweite Tag verläuft ähnlich, nur dass wir die Vorstellungsrunde weglassen und stattdessen mit den Kleinen nach draußen gehen. Auf dem Dach der darunterliegenden Ebene hat man einen Spielplatz gebaut. Er ist rundum absturzgesichert. Auf zwei Seiten befindet sich der Kindergarten. Die beiden anderen Seiten begrenzen drei Meter hohe Wände aus Sicherheitsglas. Vor der mittäglichen Mahlzeit dürfen wir schon nachhause gehen.

Am dritten und am vierten Tag darf Anne das erste Mal für nicht ganz zwei Stunden ohne mich in der Kita spielen. Am fünften Tag bleibt Anne das erste Mal über Mittag im Kindergarten, von 9 bis 13 Uhr. Das nutze ich für Angelegenheiten, die man schlecht mit Kind in der Trage-Tasche erledigen kann. An den Wochenenden ist die Kita geschlossen.

Ab der zweiten Woche darf sie die volle Zeit von 8 bis 18 Uhr im Kindergarten bleiben. Wenn ich ehrlich bin, ist mir bei dem Gedanken, dass sie solange „alleine“ ist, ein bisschen mulmig zumute. Anne mag es, anderen Kindern zuzuschauen. Das Spielzeug in der Kita ist anscheinend viel interessanter als ihr eigenes Zuhause und das Essen dort findet sie toll. Die Erzieherinnen spielen tolle Spiele.

Aber das Schlafen in der Kita fällt Anne schwer und abends, wenn wir wieder zuhause sind, darf ich es nicht wagen, sie kurz hinzulegen, um eben zu Toilette zu gehen. Dann geht das Gebrüll los! Gelacht wird erst wieder, wenn ihr Papa nachhause kommt.

Ich kann ihr ihre Anhänglichkeit nicht wirklich krummnehmen. Vorher ist sie nie solange von mir getrennt gewesen. Sie muss sich erst einmal daran gewöhnen. Das hört mit der Zeit sicher von selbst auf, wenn sie merkt, dass ich jeden Abend zum Abholen wiederkomme und dass der Kindergarten mit den vielen Kindern viel spannender ist.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Do Jun 20, 2024 8:59 am

Im Sommer spielen die Kinder draußen in warmem Wasser und ich muss extra passende Hosen besorgen, die man über die Windeln anziehen kann. Im Tageslauf erhöht der Kindergarten nach und nach von einer richtigen Mahlzeit auf drei und Anne braucht für jede Mahlzeit ein frisches Lätzchen. Zum Jahresende bittet uns der Kindergarten um Schuhe. Vorher haben sie auf Strümpfen draußen spielen dürfen. Sobald sie allerdings größer und sicherer werden, sollen die Kinder Schuhe anziehen.

Das erste Kindergartenjahr ist sehr spannend gewesen, wenn man ihre Entwicklung beobachtet. Sie spricht immer mehr und kennt schon das Symbol, das ihr zugeordnet ist. Auch erkennt man Sympathien der Kinder untereinander. Als Anne bei der morgendlichen Begrüßung von einem anderen Mädchen umarmt wurde, ist mir warm ums Herz geworden.

*

Wir haben uns so daran gewöhnt, dass wir nach Jahren immer noch zu dritt im Doppelbett schlafen. Meine friedlich schlummernde Kleine schütze ich, indem ich Raimond den Rücken zukehre. So liege ich in der Mitte und Raimond auf meiner anderen Seite.

Der liebevolle Vater unserer Kleinen streichelt meinen Rücken, fährt sanft mit den Fingerspitzen über meine Rippen und stemmt sich auf seinem Ellbogen hoch. Er legt sein Kinn auf meine obenliegende Schulter und schaut nach Anne. Unsere Kleine schläft tief und fest im Urvertrauen beschützt zu werden. Sie ist jetzt schon fast vier Jahre alt.

Wieder einmal drehe ich mich vorsichtig auf den Rücken und lasse Raimonds Liebkosungen zu. Diesmal ist etwas anders als sonst. Zwei Wochen später warte ich vergeblich auf meine Regel. In leiser Vorahnung fliege ich zu meinem Frauenarzt und er bestätigt meinen Verdacht. An den nächsten Tagen fliege ich mit dem Lufttaxi zu der Geburtsklinik, in der schon Anne geboren wurde.

Wieder bereite ich uns ein festliches Abendessen, um Raimond die freudige Nachricht nach seinem Feierabend im gebührenden Rahmen übermitteln zu können. Bei den folgenden Untersuchungen in der Klinik eröffnet man mir, dass ich einem kleinen Jungen das Leben schenken werde.

Raimond schlägt vor, dass wir unseren Jungen John nennen sollen. Ich bin mit der Entscheidung einverstanden. Wir lassen ihn also später unter diesem Namen in der Verwaltung registrieren. Nun müssen wir uns umorganisieren. Raimond zieht mit Anne in das Gästezimmer, während ich mit John weiterhin im Schlafzimmer nächtige. Zu Anfang schläft unser Sohn über 20 Stunden am Tag mit gelegentlichen Wachphasen, weil er Hunger bekommt. Anne geht von 8 bis 18 Uhr in den Kindergarten. Ihr Papa bringt sie dorthin und holt sie wieder ab. Sie hat ihren vierten Geburtstag inzwischen hinter sich.

Als John in die Kindertagesstätte kommt, ist Anne schon fast sechs Jahre alt, ein großes Mädchen, das uns keine Schande macht. Wir haben uns über Grundschulen informiert und sie in einer angemeldet. Hier wird sie in den nächsten vier Jahren lernen. Auch die Schule gibt uns eine Liste von Dingen, die wir vor dem ersten Schultag besorgen müssen.

Damit alle Schüler gleich aussehen und es keine Eifersüchteleien oder Sticheleien gibt, kaufen wir nach Angaben der Schule eine Schuluniform und Sportkleidung. Sie benötigt auch ein Paar Schuhe, die nur im Inneren der Schule getragen werden. Ihre Straßenschuhe wechseln die Schüler im Eingangsbereich und stellen sie in dafür vorgesehene Fächer.

Nun bringe ich beide Kinder mit dem Lufttaxi in die Kita und die Schule, und hole sie von dort später am Tag wieder ab. Genauso wie die Eltern den Kindern Respekt und Höflichkeit, gepaart mit Hilfsbereitschaft, vorleben, achten die Erzieher und Lehrer auf diese Tugenden, denn sie sind die Essenz, nach der eine Gesellschaft von 93 Milliarden Menschen überhaupt funktionieren kann.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Fr Jun 21, 2024 10:11 am

Nach der Grundschule geht Anne auf die sechsjährige Mittelschule. Zum Zeitpunkt ihres Schulwechsels kommt auch John schon in die Grundschule. In der Mittelschule muss Anne nach dem eigentlichen Unterricht verschiedene schulische Clubs besuchen. Dort werden Angebote gemacht, wie Judo und anderer Sport. Auch Clubaktivitäten wie der International Club, Sustainability Club und andere werden angeboten. All dies fördert den Gemeinschaftssinn. Die Clubs sind Wahl-Pflicht-Veranstaltungen der Schule.

Nachdem auch John in die Schule gekommen ist, organisieren wir unser Leben wieder um. Beide Kinder schlafen seitdem in dem Kinderzimmer, dass Übernachtungsgästen nun nicht mehr zur Verfügung steht. Wir haben für sie ein Etagenbett hineingestellt, mit blickdichten Gardinen zum Zuziehen.

Sie werden noch lange von mir angekleidet, das heißt, natürlich kleiden sich die Kinder schon bald selbständig an, aber ihre Kleidung lege ich ihnen abends heraus und kontrolliere ihren Sitz noch als sie selbst schon Jugendliche sind. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind ist sehr intim, da sie lange in meinem Bett geschlafen haben. In den ersten drei Lebensjahren begleiten Anne und John mich überall hin. So bilden Mutter und Kind eine Einheit, in der sie sich als ‚geteilter Geist‘ verstehen, statt zweier getrennter, voneinander mehr und mehr unabhängiger Personen.

Wie bei uns üblich, verwenden die Mütter bei der Erziehung Überredung, Suggestion und manchmal auch Scham oder subtilen Spott. Wenn das Kind, zum Beispiel gerade in der Trotzphase, nicht willens ist, seine Spielsachen wegzuräumen, sagt sie vielleicht:

„Anscheinend bist du gerade nicht bereit, auf Mama zu hören, oder bist du vielleicht noch ein Baby? Vielleicht bist du aber auch zu müde und musst daher sofort ins Bett?“

Bisher hat das so angesprochene Kind lieber gehorcht, als dass es sich vor Mama schämt. Über die Jahre ist die Einheit Mutter-Kind so stark geworden, dass das Kind erkennt oder fühlt, in welchem Zustand der Harmonie diese Einheit ist. Das Kind wird nun alles dafür tun, diese Harmonie aufrechtzuerhalten. Ein weiterer Aspekt ist auch die Mimik der Mutter. So begleitet sie ihren Wunsch an das Kind mit einem Gesichtsausdruck, der dem Kind zu verstehen gibt, dass sie überrascht wäre, wenn das Kind nicht wie erwartet handelt.

Dennoch spüren unsere Kinder die Geduld, Freundlichkeit und das Mitgefühl ihrer Eltern, so dass sie sich geliebt, geschätzt und respektiert fühlen können und dies dann auch im Umgang mit fremden Personen leben. Das Kind wird darin bestärkt, neugierig zu sein. Die Kinder brauchen sich nicht um Zuwendung und Aufmerksamkeit bemühen. Das führt dazu, dass sie ruhig und ausgeglichen wirken. Entnervte Blicke Umstehender sieht man nie. Mit Höflichkeit und Nachsicht wird über lärmende Kinder hinweggesehen. Ihr Verhalten wird respektiert. Das wirkt in einer Gesellschaft von fast 100 Milliarden Menschen entspannend.

Um ihren Gemeinschaftssinn zu stärken, werden unsere Kinder von klein auf überallhin mitgenommen. Das sieht man bei den vielen zeremoniellen Festlichkeiten und den damit verbundenen Bräuchen, genauso wie bei den festgelegten Familienbesuchen. Benehmen sich Kinder dennoch einmal daneben, beweisen die Eltern eine Engelsgeduld. Sie reden den Kleinen gut zu, spiegeln das unerwünschte Verhalten und fragen, was wäre, wenn jemand so mit ihnen umspringen würde.

Die Erwartungen, denen sich die Kinder in der Familie gegenübersehen, finden sie auch in der Umwelt vor. Überall gelten die gleichen Regeln, was die persönliche Freiheit, sich auszudrücken, zwar einschränkt, gleichzeitig aber auch Orientierung und Sicherheit bietet. Das beginnt im Kindergarten, setzt sich in der Schule und Studium fort und regelt das Zusammensein in der Berufswelt.

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Sa Jun 22, 2024 9:42 am

In den vergangenen Jahren hat unser automatisches Raumschiff in dem System des Sterns L98-59 in 35 Lichtjahren Entfernung immer neue Daten gesammelt und zur Erde gefunkt. Natürlich sind die Daten dann schon 35 Jahre alt, wenn sie bei uns ankommen. Aber sie sind so spektakulär, dass sie quasi immer noch aktuell sind.

Das System besteht aus dem ‚roten Zwerg' L98-59 und insgesamt sieben Planeten mit den Kennzahlen L98-59 a bis g. Die beiden äußeren Planeten sind Gasriesen, deren Bahn zu den Bahnen der restlichen fünf Planeten so gekippt ist, dass irdische Teleskope sie mittels Transitbeobachtung nicht entdecken konnten. Man nimmt an, dass es ‚einsame Wanderer‘ gewesen sind, die vom Schwerefeld der Sonne eingefangen wurden.

Interessanter sind da die fünf Planeten, die den Stern alle auf einer Bahnebene umkreisen. Hier nehmen die Wissenschaftler an, dass sie aus der gleichen Staubscheibe entstanden sind, die die Sonne vor Jahrmilliarden umkreist hat. Einer der Planeten, L98-59 b liegt innerhalb der habitablen Zone und ist eine Welt wie die Erde.

Es gibt dort Kontinente und Anzeichen von Kontinentalverschiebungen. Der Planet hat Landmassen und Ozeane. Bevor jetzt alle jauchzen und in Gedanken 50 Milliarden Menschen auf dem Planeten landen, ist zu bedenken, dass auch auf diesem Planeten Leben existieren kann. Dieses Leben, in Form von Bakterien und Viren, wird sich auf die Kolonisten stürzen und sie genüsslich verspeisen, da sie nur gegen irdische Krankheitserreger geschützt sind. Daneben kann es dort eine Nahrungskette geben, die wir noch nicht kennen, so dass Raubtiere von dort die Kolonisten töten könnten.

Der Lander unseres Raumschiffes hat Luft- und Bodenproben gesammelt. Nun gilt es, sie von der künstlichen Intelligenz auswerten zu lassen. Sie wird uns dann die genetischen Codes gefundener Bakterien und Viren übermitteln, womit dann unsere Genetiker arbeiten können.



Auf Angeon

Astronomen haben schon vor 1000 Jahren 34,6 Lichtjahre von der Erde entfernt einen erdähnlichen Planeten entdeckt. Bei Transits vor seinem Stern L98-59, ein roter Zwerg im Sternbild ‚Fliegender Fisch‘ auf der südlichen Hemisphäre des Himmels hat man damals schon herausgefunden, dass der Planet in der habitablen Zone kreist und flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche sein muss.

Genaueres kann nur ein irdisches Raumschiff herausfinden. Damals ist noch kein effektives Triebwerk auf dem Markt gewesen, um ein automatisches Raumschiff, ähnlich der Voyager-Sonden, dorthin zu schicken. Da solch ein Raumschiff auch autonom arbeiten muss, braucht es auch eine leistungsfähige Künstliche Intelligenz an Bord.

Im Jahr 2937, also 85 Jahre vor heute, ist es dann soweit gewesen. Das Raumschiff hat mit einem Ionen-Antrieb bis auf 70 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und ist dann in den Ruhemodus geschaltet worden. Konventionelle chemische Triebwerke hat die KI zwischenzeitlich eingeschaltet, um dunkle planetare Wanderer zu umfliegen, die im Radar sichtbar wurden.

Dann hat die KI das Raumschiff gedreht, das Ionentriebwerk auf das Ziel ausgerichtet und über Jahre das Raumschiff heruntergebremst. Insgesamt hat der Flug also 49 Jahre und fünf Monate gedauert. Die Künstliche Intelligenz hat danach das dortige Sonnensystem erkundet und anschließend eine Umlaufbahn um den zweiten Planeten eingeschlagen, denn dieser ist tatsächlich mit der Erde vergleichbar.

Sobald die KI einen vollen Datenspeicher hat, beginnt sie die Daten zur Erde zu senden. Diese Funksprüche erreichen die Erde aufgrund der Lichtgeschwindigkeit erst 34 Jahre und sieben Monate nachdem sie die Künstliche Intelligenz auf unserem automatischen Raumschiff abgesandt hat. Man könnte jetzt einwenden, was sind diese Daten dann noch wert. Aber die Wissenschaftler wissen, dass die Natur weitaus langlebiger ist als der Mensch. Von daher sind 35 Jahre alte Daten immer noch von hohem wissenschaftlichem Wert.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1So Jun 23, 2024 9:46 am

Man erkennt auf diese Weise, dass neben den fünf bekannten Planeten noch zwei Riesenplaneten von Neptungröße den roten Zwerg umkreisen, wenn auch auf einer geneigten Bahn, die sie von der Erde aus nicht sichtbar sein lässt. Die Wissenschaftler nehmen an, dass es sich bei ihnen um einsame Wanderer handelt, die der Stern eingefangen hat. Die anderen fünf Planeten liegen auf einer Bahnebene, so dass es sich um Planeten handeln muss, die aus der ursprünglichen Staubscheibe um den Stern entstanden sind.

Dann beginnt die KI sich mehr um den erdähnlichen Planeten zu kümmern. Sie kartografiert den Planeten dreidimensional. Unsere Wissenschaftler erkennen, dass der Planet Ozeane und Kontinente besitzt. Auf den Kontinenten wechseln Savannen, Dschungel und Gebirge einander ab. Anhand der Gebirge machen sie eine Plattentektonik fest, also ganz so wie auf der Erde.

Danach schickt die Künstliche Intelligenz einen Lander auf die Oberfläche, um in den verschiedenen Bodenformationen und Klimazonen Bodenproben zu nehmen. Auch Proben der Umgebungsluft werden gezogen. Hier und da nimmt man auch pflanzliches Material auf. Dies alles wird analysiert, die DNA ermittelt und die Daten zur Erde gefunkt.

Nach eingehender wissenschaftlicher Auswertung der Ergebnisse, werden in hochreinen Labors in der Moonbase Bakterien und Viren per Gentechnik gezüchtet, wie sie auf dem Planeten L98-59 b vorkommen. Man entwickelt einerseits Impfstoffe und andererseits menschliche Embryonen, die immun gegen die Mikroorganismen des fremden Planeten sind. Dies ist eine Aufgabe, die etwa 10 Jahre in Anspruch nimmt.

Etwa 12 Jahre nach den ersten Daten aus dem 35 Lichtjahre entfernten System ist der Impfstoff für die Raumfahrer im großen Stil verfügbar. Nun wirbt die staatliche Raumfahrtgesellschaft um Männer und Frauen, die die Reise zu dem Planeten antreten möchten. Ihr Raumschiff soll mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet sein.

Zusätzlich erhält es ein Gentechnik-Labor und ein medizinisches Labor. Auch Baumaschinen und Einzelteile für Fabriken für Karbon und Glas werden eingeladen. Gleichzeitig wird über die gesamte Flugdauer Humanalbumin, ein Bestandteil des menschlichen Blutes, aus Blutspenden extrahiert. Genauso gewinnt man Harnstoff aus menschlichem Urin bei der Wasserrückgewinnung. Aus diesen beiden Bestandteilen, verbunden mit vor Ort befindlichem Sand, will man am Ziel einen Mörtel, oder auch Wandputz mit der Festigkeit von Beton herstellen.

Die Besatzung soll aus Medizinern, Gentechnikern und Ingenieuren für die unterschiedlichsten Sachgebiete bestehen. Gleichzeitig braucht es Erzieher und Lehrer für die Embryonen in den künstlichen Gebärmüttern. Die Embryonen, die die lange Reise in einer Art Kälteschlaf überstanden haben, werden kurz vor Erreichen des Systems in die Gebärmütter der Frauen eingepflanzt. Auch dann ist noch nicht klar, wieviel der Embryonen überleben und sich entwickeln. Sie sollen dann die erste Generation von Menschen bilden, die an den fremden Planeten angepasst sind.

Da es sich um eine One-way-Tour handelt, zahlt man den Teilnehmern keine Gehälter. Geld, dass sie nur auf der Erde ausgeben können, nutzt ihnen auf dem neuen Planeten wenig. Trotzdem erhält das Archiv des Raumschiffes auch viele Dateien zum Thema Geld. Man regt schon für die Dauer der Reise die Abgabe und Annahme von ‚Obligationen‘ -Verpflichtungen, persönliche Verbindlichkeiten- an, da ja jeder von der Tätigkeit des anderen Besatzungsmitglieds profitiert.

Auch die erwachsenen und gut ausgebildeten Männer und Frauen werden den größten Teil der Reise im Tiefschlaf verbringen. Sie sollen etwa 20 Jahre vor Erreichen des Ziels aus dem Schlaf geweckt werden. Dann werden den Frauen die bis dahin überlebenden Embryos eingesetzt und es wird ein bäuerliches Gemeinwesen an Bord aufgebaut. Es gibt an Bord ein Vertical Farming, mit dem die Nahrungsmittel erzeugt werden.

Nachdem die Embryos geboren wurden, die sich im Mutterleib normal entwickelt haben, entwickelt sich zusätzlich auch ein System aus Erziehern und Lehrern, während die Mütter ihren ‚Ziehkindern‘ eine Stütze abgeben, an denen sie sich aufrichten können, wenn es einmal nötig sein sollte.

In einer der regelmäßigen Zusammenkünfte macht der Kommandant einen besonderen Vorschlag:
„Das Sonnensystem ist vor langer Zeit von einem Astronomen, namens Olivier Demangeon aus der portugiesischen Region der iberischen Halbinsel auf der Erde entdeckt worden. Ich denke, wir ehren den Mann, ohne den wir jetzt nicht hier wären, indem wir unseren neuen Planeten ‚Angeon‘ nennen. Der Stern trägt auch nur die profane Katalognummer L98-59. Ich schlage vor ihn ‚Ilios‘ zu nennen, was aus der griechischen Sprache entlehnt ist und ‚Sonne‘ bedeutet.“
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Mo Jun 24, 2024 10:26 am

Der Vorschlag bekommt die überwiegende Zustimmung der Besatzung, die sich in den letzten zwanzig Jahren der Bremsphase durch das Einpflanzen von je zwei Embryonen pro weiblichem Besatzungsmitglied alle vier Jahre vervielfacht hat. Alle per Gentechnik auf die Umwelt von Angeon angepassten Embryonen haben die lange Reise nicht überstanden, aber das Raumschiff kommt mit ungefähr 3600 lebensfähigen Embryonen in der neuen Heimat an.

Etwa 200 junge erwachsene Liebes- und Ehepaare haben die Reise im Orbit der Erde angetreten, die alle einen systemrelevanten Beruf erlernt haben. Dreißig der fünfzig Jahre Flugdauer haben auch sie im Kälteschlaf verbracht. Die Frauen haben unterschreiben müssen, in den 20 Jahren ihrer ‚fruchtbaren Phase‘ alle vier Jahre je zwei Embryonen auszutragen. Nun ist die Besatzung am Ziel der Reise auf 1000 Mitglieder angewachsen.

Die Kinder werden in den ersten vier Jahren ihres Lebens von ihren Zieheltern betreut. Danach kommen sie für vier Jahre in eine Spielgruppe und lernen dort das Zusammenleben mit anderen Kindern kennen. Vom achten bis zwölften Lebensjahr werden sie in einer ‚Primary School‘ betreut. Bis zum 16. Lebensjahr lernen sie in der ‚Middle School‘ und bis zum 20. Lebensjahr gehen sie an Bord in die Highschool. In der Middle- und der Highschool müssen sie je nach persönlichen Interessen verschiedene ‚Clubs‘ besuchen, die vertiefendes Wissen auf dem gewählten Gebiet bieten.

Auf diese Weise sind die Mütter in der Lage, sich alle vier Jahre um weitere zwei Geburten zu kümmern. Die fünfte und letzte ‚Runde‘ der Schwangerschaften setzt der Kommandant aus, da sie sich nun im Orbit um Angeon befinden und den Abstieg auf den Planeten vorbereiten. Sie haben sich für eine weite grasbewachsene Hochebene auf dem größten Kontinent entschieden, die auf einer Seite von einem Gebirge und auf der anderen Seite einem Felssturz von etwa 200 Metern Höhe begrenzt ist. Der Boden unter der Grasnarbe besteht zum größten Teil aus Sandstein, ein Material, das beim Aufbau gebraucht wird.

Die Hochebene hat eine Ausdehnung von 3000 Kilometern in einer Richtung und etwas über 2200 Kilometern in der anderen. Die Tiefebenen rundum bedecken ein riesiger Urwald. Im Gebirge entspringen drei Flüsse. Einer davon nimmt seinen Weg auf der der Hochebene abgewandten Seite. Die beiden anderen Flüsse durchqueren die Hochebene und stürzen dann in mehreren Wasserfällen in den Urwald hinab.

Beim Überflug entschließen die Menschen sich, aufgrund der idyllischen Lage, ihre erste Siedlung an einem der Wasserfälle zu bauen. Beide Flüsse verbreitern sich im Inneren der Hochebene in Senken zu wunderschönen Seenlandschaften, das schnell den Namen ‚Seenland‘ bekommt. Dort möchte man keine Stadtlandschaft aufbauen. Es soll der Erholung dienen.

Als Nächstes steigen die Architekten und Bauingenieure in den Lander und wagen den Abstieg zur Oberfläche von Angion. Sie vermessen je ein großzügiges Areal im Hinterland der Wasserfälle und senden Ultraschalltöne in das Gestein. Man will sichergehen, dass der Felssturz stabil ist. Der Wasserfall soll den Untergrund nicht abgraben und im Laufe von Jahrzehnten oder Jahrhunderten immer weiter nach hinten wandern. Die Kraft des Wassers ist nicht zu unterschätzen.

Nachdem sich die Fachleute für einen der Wasserfälle entschieden haben, werden Maschinen zum Abbruch von Sandsteinblöcken aus dem Untergrund ausgeladen. Ein weiterer Flußarm wird gegraben, der in der Entfernung von einigen Kilometern auf den Felsabbruch trifft. Die Rinne ist sehr breit gehalten. Dann wird ein Schleusentor gebaut, dass im Falle von Hochwasser das überschüssige Flusswasser in den künstlichen Flussarm leitet. Den Fluss nennen wir, der begonnenen Tradition folgend, Potami River. Potami bedeutet auf Griechisch einfach ‚Fluss‘. Danach heißen die Wasserfälle Potami Falls. Und unsere erste Siedlung auf Angeon nennen wir Eseís, also übersetzt ganz einfach ‚Sie‘, unsere Stadt.

Die Sandsteinblöcke aus dem Hochwasserschutz-Kanal werden geteilt, bis Sandsteinquader entstehen, die man leicht zu Wänden aufeinander stapeln kann. Die dabei entstehenden Bruchsteine werden zu Sand gemahlen. Nun kommt unser Vorrat an Harnstoff und Hämoglobin, den die Künstliche Intelligenz über 50 Jahre angesammelt hat, zum Einsatz. Zusammen mit Sand und Wasser entsteht Mörtel, um die entstehenden Häuser zusammenzuhalten. Durch den Einsatz von Karbon aus dem atmosphärischen Kohlendioxyd werden Geschoßdecken in die Häuser eingezogen und Dächer aufgelegt.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Di Jun 25, 2024 9:54 am

Wir halten uns mit dem Bau von Wohnhäusern vom Wasserfall fern, wie uns die Stadtplaner geraten haben. Dort, in exponierter Lage, sollen später die Bauten für Museen, Verwaltung und andere zentrale Einrichtungen entstehen. Zuerst ist es wichtig, dass wir aus unserem Raumschiff Schritt für Schritt auf den Planeten umziehen. Die Bildungseinrichtungen als erste zentrale Gebäude bleiben in der Nähe der Wohngebäude, haben wir beschlossen.

Vier Jahre später können wir schon auf eine wunderschöne Ansiedlung blicken. Während draußen vor den Wohngebäuden die ersten Manufakturen für Nahrungsmittel, Kleidung und Einrichtung entstehen, werden schon die ersten Frauen der neuen Generation mit aufgetauten Embryonen schwanger. Im Gürtel vor den Manufakturen und Krankenstationen, entstehen Farmen mit Pflanzen, die man in Töpfen ziehen kann, dem Vertical Farming, und dazwischen erste Versuchsfelder für Getreide.

Neun Monate später haben wir unsere Bevölkerungszahl auf 1800 fast verdoppelt. Nun folgen alle vier Jahre 800 weitere Geburten, so dass wir nach zwölf Jahren auf Angeon alle aufgetauten Embryonen verteilt haben. Von nun an wollen wir es den Paaren überlassen, wann sie schwanger werden wollen. Unsere Siedlung, Eseís, bekommt inzwischen schon die ersten repräsentativen Gebäude in der Nähe der Potami Falls, darunter ein Museum, eine Ausstellungshalle mit wechselnden Ausstellungen, ein Archiv und einen Verwaltungsbau. Vor dem Rathaus wird eine weite Plaza erbaut.

*

Unsere Biologen sind in der ganzen Zeit nicht untätig geblieben. Sie haben die weite Hochebene erkundet und tag-, sowie nachtaktive Tiere entdeckt, eingefangen und untersucht. Darunter sind Fledertiere genauso wie auf dem Gras lebende Tiere. Auch gibt es Tiere, die den Untergrund durchwühlen.

Die Frage, wie die letzteren Tiere auf die Hochebene gelangt sein könnten, ist schnell geklärt, nachdem sie ihr Arbeitsfeld auf das Hochgebirge ausgeweitet haben. Vorsichtig haben sie sich die Seite des Gebirges, die der Hochebene gegenüberliegt angesehen. Währenddessen sind sie auch die Hänge hinabgestiegen und haben sich vorsichtig dem Dschungel genähert.

Dabei sind sie mit verschiedenen aggressiven Tieren in Kontakt gekommen und haben sich wieder in höhere Regionen des Gebirges zurückgezogen. Das Leben im Dschungel ist sicher wie auf der Erde, ein ständiges Fressen oder gefressen werden.

Sie richten eine wissenschaftliche Station in einem kleinen Gebirgstal ein, wo ein Kleinflugzeug starten und landen kann. Dort erbauen sie einige Labors, um die gefangenen Tiere zu untersuchen. Ein junger Pilot übernimmt die Erkundungsflüge über den Dschungel, gemeinsam mit einem Biologen an Bord. Man sollte sich den Dschungel nicht als dicht mit Riesenbäumen bewachsene Fläche vorstellen.

Diese Vorstellung trifft auf vielleicht 50 Prozent der Fläche zu. Dann findet man beim Überflug Lichtungen mit hohem Gras, sowie Seen, Flüsse und Moore. Auf diesen Lichtungen kann man Tiere beobachten, die für unsereins sehr fremdartig aussehen, sofern man aus großer Höhe Fernrohre benutzt. Wir haben auch beobachten können, dass man sich besser von dunkelgrünen Lichtungen fernhält. Nicht selten sehen wir dort Tiere versinken. Das sind dann wohl die Moore.

*

Eines schrecklichen Tages attackiert ein Tier, das aussieht wie ein Flugdrache, unser Kleinflugzeug. Das Tier dürfte in etwa die gleiche Größe haben. Sofort löse ich den Schleudersitz aus. Das Kabinendach wird abgesprengt und mein Sitz startet mit mir, von kleinen Notraketen angetrieben. Ich sehe, dass der Biologe ebenfalls den Schleudersitz auslöst.

Während ich am Rande eines Sees auf dem Waldboden lande, verheddert sich der Biologe mit den Fallschirmseilen und stürzt in den See, wie auch das Kleinflugzeug. Beide gehen unter. Nachdem ich mich vom Fallschirm befreit habe, hole ich meinen Kompass aus der Tasche und will mir meinen Weg zum Gebirge suchen.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Mi Jun 26, 2024 9:27 am

Da meldet sich mein Funkgerät:
„Hallo, Mister Albright?“

Ich antworte sofort:
„Albright hier. Bei mir ist alles in Ordnung. Wir hatten einen Unfall. Ich konnte mich mit dem Schleudersitz retten. Doctor Myers hat es leider nicht geschafft. Er und unser Fluggerät sind hier in einem See versunken.“

„Wie konnte das passieren?“

„Ein Flugdrachen, ungefähr so groß wie unser Fluggerät, fühlte sich gestört und attackierte uns.“

„Hm… Bleiben Sie, wo Sie sind! Wir kommen mit dem Lander und holen Sie und ihr Kleinflugzeug heraus.“

„Okay!“ gebe ich zurück und schaue mich um.

Der Kommandant kann mich anpeilen. Also wird er in wenigen Minuten hier sein. Er will auch das Fluggerät aus dem See bergen und vielleicht ebenfalls die Leiche von Doctor Myers, falls sie ihn finden. Plötzlich höre ich ein Fauchen. Irgendetwas nähert sich zwischen den Bäumen meinem Standort. Ich besitze außer meinem Survival-Messer keine Waffe.

Nun sehe ich eine Kreatur, ähnlich einem Waran, in Bodennähe auf mich zustürmen. Schnell springe ich zur Seite und mache sofort noch zwei weitere Sätze weg. Die waranähnliche Kreatur peitscht mit ihrem Schwanz nach mir und verschwindet im Wasser. Die Schwanzspitze hat mich noch geradeso an einer Wade erwischt. Das wird wohl einen blauen Fleck ergeben. Zum Glück nicht mehr.

Ich gebe meine Beobachtung über Funk weiter:
„Achtung! Keine Taucher in den See schicken! Unterwassermonster, wie Echsen!“

„In Ordnung! Danke sehr!“ antwortet der Kommandant.

Ich höre ein Plätschern hinter mir und sehe den Kopf des Wesens an der Wasseroberfläche auftauchen. Gehetzt schaue ich mich um. Wenn ich auf einen Baum klettere, gerate ich hoffentlich nicht vom Regen in die Traufe. Gefährliche Tiere gibt es hier sicher überall. Die Fauna dieses Planeten hat gegeneinander aufgerüstet. Aber wie ich aus dem Unterricht weiß, ist es auf der Erde nicht anders gewesen.

Das Tier kriecht an Land in der eindeutigen Absicht, mich zu seiner Mahlzeit zu machen. Ich will am Ufer des Sees entlanglaufen, mich aus der unmittelbaren Gefahrenzone bringen, als ein Pfeil zwischen den Bäumen hervorschießt und im geöffneten zahnbewehrten Maul der Echse stecken bleibt. Das Fauchen der Echse verstummt und das Maul klappt zu. Der Pfeilschaft fällt neben dem Maul auf den Boden und die Echse bleibt an Ort und Stelle liegen.

Sie bewegt sich nicht mehr. Stattdessen raschelt es hinter mir. Ich lasse mich sofort fallen und drehe mich im Fallen, um sehen zu können, was da auf mich zu kommt und entsprechend reagieren zu können. Ein Wesen huscht an mir vorbei auf den Waran zu, dreht ihn auf den Rücken und stößt ihm ein langes Messer, wie eine Machete, zwischen die Rippen.

Sie dreht das Messer in der Wunde und faucht dabei, oder handelt es sich um eine Art Sprache? Dann ist es ein Flüstern mit vielen Zischlauten. Dabei verändert das Wesen seine Hautfarbe. Als es an mir vorbeigelaufen ist, hat es gelb ausgesehen. Nun wird es dunkler und gleichzeitig blasser. Man könnte das Wesen mit einem Affen auf der Erde vergleichen, der auf Bäumen und am Boden lebt, denn erstens läuft das Wesen auf den Hinterbeinen und trägt Werkzeug und Waffen mit den Vorderbeinen. Gleichzeitig besitzt das Wesen einen Greifschwanz. Wie Chamäleons auf der Erde kann es die Hautfarbe ändern, bestimmt abhängig von Gefühlen, also nicht bewusst steuerbar. So habe ich das in der Schule gelernt.

*

Ich werde seit meiner Geburt von meinem Volk als Ngachischi bezeichnet. Das ist der Name, den meine Eltern mir gegeben haben. Meine Eltern, das sind der Häuptling und die Schamanin meines Volkes. Mein ehrenwerter Vater trägt die Verantwortung für das Wohlergehen meines Volkes. Seine Entscheidungen decken sich immer mit dem Willen der Götter, die meine ehrenwerte Mutter, in Trance ergründet.

Sie hat mich seit frühester Kindheit mit in den Weltenwald genommen und mich in den Pflanzen und deren Wirkung auf uns unterwiesen. Daneben hat sie mich darin unterwiesen, welche Wesen neben uns noch im Wald leben. Sie hat von uns als den denkenden Wesen geredet. Neben uns leben im Wald noch die jagdbaren Wesen, die ‚Doppelwesen‘, deren Leben immer mit einem unserer Leben verknüpft ist. Stirbt ein Doppelwesen, stirbt gleichzeitig auch ein denkendes Wesen, oder umgekehrt.
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Do Jun 27, 2024 9:48 am

Außerdem gibt es noch die Geistwesen im Wald. Sie helfen den Wesen im Wald, wenn sie in Bedrängnis sind. So zeigt sich der Weltenwald als sehr komplex. Über den Geistwesen stehen unsere Götter. Der Höchste ist Oschacha, der Schöpfer. Direkt unter ihm steht an zweiter Stelle Jachi, der Geist der Toten. Die vielen anderen Geistwesen im Wald, sind wahrscheinlich verstorbene Wesen, die noch kein neues Wesen gefunden haben, das im Bauch seiner Mutter heranwächst.

Nun hat man mich nach einer festlichen Zeremonie allein in den Wald gesandt. Es soll meine Initiation werden. Bisher habe ich als kindliches Wesen gegolten. Aber vor ein paar Tagen habe ich nach dem Aufwachen einen Tropfen Blut zwischen meinen Beinen entdeckt. Ängstlich habe ich mich meiner Mutter gezeigt. Sie hat jedoch freudig entspannt reagiert und mich mit ihren Gefühlen angesteckt.

Anschließend sind mehrere alte Frauen hinzugekommen. Man hat eine weiße Paste angerührt und mir Muster auf die Haut gemalt, die mich in die Hand der Geistwesen empfehlen. Nun streife ich mit meinem Steinmesser, Bogen und Pfeile durch den Weltenwald.

Plötzlich höre ich ein ‚Geist der Lüfte‘ über mir im Kampf mit einem unbekannten Flugwesen. Der Luftgeist siegt und das andere Flugwesen stürzt mit Getöse in einen nahen See. Neugierig, aber vorsichtig, nähere ich mich der Stelle. Ich erkenne am Seeufer eines dieser Himmelswesen. Er muss wohl auf dem Flugwesen geritten und rechtzeitig abgesprungen sein.

Diese Wesen gehören hier nicht hin, sie stiften nur Unruhe! Meine Haut wird schnell schwarz vor Stress. Ich nehme einen Pfeil aus meinem Köcher, lege ihn an die Sehne und spanne den Bogen. Plötzlich wird mein Blick von einem Samenschirmchen gefesselt. Ich entspanne die Sehne und verfolge die Saat der heiligen Liane mit meinen Augen. Dabei wechselt meine Hautfärbung ins Bräunliche. Das Schirmchen setzt sich kurz auf dem Pfeilschaft ab, dann segelt es weiter in Richtung Boden.

Ich schaue wieder zu dem Himmelswesen hinüber. Es wird in diesem Moment von einem Doppelwesen attackiert. Nun muss ich mich zwischen zwei schlimmen Konsequenzen entscheiden. Töte ich das Himmelswesen, ziehe ich den Zorn der Waldgeister auf mich, die mir gerade ein Zeichen gesetzt haben. Töte ich das Doppelwesen, stirbt ein denkendes Wesen, vielleicht sogar ein Mitglied unseres Volkes, oder gar unserer Familie. Das ist eine ärgerliche Entscheidung, die ich jetzt treffen muss. Meine Haut wird darüber dunkler.

Ich hebe den Bogen wieder, spanne die Sehne an und entlasse den Pfeil mit dem Ziel auf den geöffneten Rachen des Doppelwesens. Ein gequälter Ton entfährt dabei meinem Mund. Ich treffe das Doppelwesen tödlich, will aber seinen Todeskampf verkürzen. Ich bin es meinem Bruder in der Natur schuldig, dass er nicht leiden muss!

Mit langen Sprüngen hetze ich an dem Himmelswesen vorbei und stoße mein Messer in das Herz des Doppelwesens. Dabei murmele ich:

„Bitte, verzeih mir, mein Bruder. Möge dein Geist ein Teil von Jachi -Geist der Toten- werden, mein Bruder!“

Danach erhebe ich mich und nähere mich dem Himmelswesen verhalten. Das Himmelswesen hat ein viereckiges Teil in der Hand und macht Geräusche. Aus dem Teil kommen ebenfalls Geräusche. Das wechselt ein paar Mal, dann schaut das Himmelswesen vom Waldboden zu mir auf und macht Geräusche, während es mich anschaut. Das ist wohl ihre Sprache.

Ich habe mich zu dem Himmelswesen gehockt und versuche, bei ihm eine Gefühlsäußerung zu lesen, so etwas wie Reue vielleicht. Das Himmelswesen neigt sich nun in meine Richtung. Eine kurze Folge von Tönen verlässt seinen Mund. Seine Hautfarbe kann ich leider nicht lesen.

*

Während ich die Szene vor mir beobachte, spreche ich über den Kommunikator mit dem Kommandanten. Ich weiß nicht wieviel Zeit mir bleibt, also nutze ich den Telegrammstil:

„Eine dieser Echsen hat mich eben attackiert. Daraufhin bin ich von einer extraterrestrischen Lebensform gerettet worden, halb und halb Affe und Chamäleon.“

Der Kommandant klingt nun vorwurfsvoll:
„Bedenken Sie, dass WIR hier die extraterrestrische Lebensform sind, während die Anderen hier beheimatet sind. Nebenbei, auch wir gleichen Affen bis zu einem gewissen Grad! Versuchen Sie eine friedliche Kontaktaufnahme zustande zu bringen. Wir können hier ja sehen, wo Sie sich befinden. Bedenken Sie bei ihren Handlungen immer, wir sind hier die Gäste und sie die Gastgeber!“

*
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BeitragThema: Re: Neue Heimat L98-59 b   Neue Heimat L98-59 b Icon_minitime1Fr Jun 28, 2024 10:18 am

Da ich seine Laute nicht verstehen kann und seine Haut keine Gefühlsäußerung zeigt, springe ich auf und laufe davon. Ich höre Laute aus dem Mund des Himmelswesens hinter mir. Es verfolgt mich. Vor Aufregung werde ich ganz gelb. Also bleibe ich nach einer kurzen Strecke stehen und drehe mich zu ihm um. Mit aller Kraft hole ich mit dem Bogen aus und treffe es, so dass es auf den Rücken fällt. Ich höre einen kurzen Laut und es hebt eine Hand schützend vor sein Gesicht.

Ich bin wütend. Entsprechend färbt sich meine Haut orange. Als es so vor mir liegt, entblöße ich meine Eckzähne und fauche es an:

„Dein Verhalten ist einfach nur traurig! Das Doppelwesen hätte nicht sterben müssen! Es ist alles nur deine Schuld!“

Leider kann ich das Himmelswesen nicht verstehen und es mich wohl auch nicht. Es erhebt sich nun wieder und breitet seine Arme bei hochgezogenen Schultern aus.

Ich wende mich ab und laufe weiter in Richtung auf unseren Heimatbaum zu. Wieder gibt es Laute von sich und läuft mir weiter nach. Es macht viel zu viel Geräusche hier im lebenden Wald. Damit gefährdet es uns beide. Darüber werde ich ganz orange.

Deshalb bleibe ich abrupt stehen und wende mich zu ihm um. Es ist so nah hinter mir, dass es beinahe gegen mich läuft, weil es nicht so schnell stoppen kann. Instinktiv bücke ich mich und das Himmelswesen purzelt über meinen Rücken, um danach auf dem Waldboden zu landen.

Ich sage zu ihm:
„Du solltest nicht hier sein! Geh zu den anderen Himmelswesen zurück!“

Es erhebt sich wieder. Da es natürlich auf meine Aufforderung nicht reagiert, stoße ich ihm beide Hände vor die Brust und wiederhole:

„Geh zurück!“

Ischl, der Gott der Winde und des Atems, weht schon die ganze Zeit sanft durch das Unterholz des Waldes. Plötzlich sehe ich eine ganze Wolke von Samenschirmchen der heiligen Liane, die er vor sich her bläst. Das Himmelswesen steht voll in der Flugrichtung der Schirmchen. Viele davon bleiben an ihm hängen. Meine Augen weiten sich. Es versucht nun, sie durch Pusten und Abstreifen von sich zu entfernen. Ich greife ihm in die Arme und versuche, es von seinem Vorhaben abzuhalten.

„Nein, das ist nicht gut!“ erkläre ich ihm.

Hoffentlich versteht es die Gestik. Es schaut mich an und lässt die Samen der heiligen Liane nun in Ruhe. Ich bin überwältigt von der Geste, die nur von den Göttern oder Geistern kommen kann. Flüsternd kommt mir über die Lippen:

„Nur besonders reine Seelen…“

Ein schwacher Windstoß nun, nur ein kurzes Ausatmen unseres Windgottes Ischl, und die Samen fliegen weiter. Das Himmelswesen öffnet den Mund und lässt wieder Töne hören. Ich greife nach seiner Hand, sage „Komm!“ und ziehe ihn mit mir fort.

Danach drehe ich mich um und laufe langsam vor ihm her, so dass es mir ohne weiteres folgen kann. Zwischendurch lässt es mich immer wieder kurz Töne hören. Ich sende ihm mit einer grünen Hautfärbung beruhigende Signale.

Plötzlich trennen uns Männer unseres Volkes, indem sie von der Seite kommen und sich drohend mit gespannten Bögen vor dem Himmelswesen aufbauen. Sie sind vor Ärger tief orange. Ich bleibe stehen, umgehe die Wand aus Männern und springe über einen moosbewachsenen Stamm, der am Boden liegt, neben das Himmelswesen. Vor Stress ist meine Haut im Moment fast schwarz. Ich ziehe mein Messer, fauche und zeige den Männern meine entblößten Eckzähne. Während meine Hautfärbung langsam ins Grünliche wechselt, sage ich zu ihnen:

„Beruhigt euch, Leute! Beruhigt euch!“

„Dieses Wesen wollen wir hier nicht haben!“ antwortet der Anführer der Jagdgruppe.

„Es gab ein Zeichen! Dies ist eine Sache für die Schamanin!“ antworte ich ihm energisch.

„Bringen wir es also zur Schamanin!“ entscheidet der Anführer.

Die Männer nehmen das Wesen in die Mitte und führen es wie einen Gefangenen zum Heimatbaum. Bald erreichen wir den besonders hochgewachsenen Baum mit seiner ausladenden Krone.
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