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 Sarahs Unterschlupf

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BeitragThema: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1So Jul 23, 2023 10:13 am

Heute ist ein kalter Tag. Die Sonne versteckt sich hinter einem grauen Wolkenhimmel und ein kühler nördlicher Wind fegt durch das Land. Ich bin auf dem Weg zur Arbeit in der Stadt und hänge meinen Gedanken nach. Nun bin ich 45 Jahre alt und immer noch solo. Meine kleine Schwester Cathrin ist vor fast zwanzig Jahren dem Orden der Barmherzigen Schwestern beigetreten und arbeitet seit über zehn Jahren in einem Kinderkrankenhaus in Afrika.

Meine Brüder haben bei Amtrak Jobs gefunden, Peter als Train Conductor und John als Engineer in der Werkstatt. Jeder der Beiden hat eine kleine Familie gegründet. Meine Eltern haben ihr Store im Dorf aufgegeben, nachdem es ihnen zu viel wurde. Sie leben von einer kleinen Rente. Ich wohne immer noch im Kinderzimmer, dass ich seit je her mit Cathrin geteilt habe, bevor sie in den Orden eingetreten ist.

Mein Vater, Paul Myers, engagiert sich in der Gemeinde, spielt die Orgel bei den Gottesdiensten und meine Mutter hilft ihm bei der Gemeindearbeit, so gut es geht. Inzwischen stehen ihr dabei weitere Frauen zur Seite. Wir sind eine fundamentale christliche Gemeinschaft, sagt man wohl dazu.

Ich selbst arbeite im Büro einer kleinen Firma in der Stadt und fahre jeden Tag vierzig Meilen mit meinem alten Auto. Wenn ich zuhause bin, helfe ich meiner Mutter in Haus und Garten und mache die Besorgungen. Inzwischen habe ich das Parkhaus in der Nähe des Büroblocks erreicht, indem meine Firma ein paar Büros gemietet hat.

Dort stelle ich meinen Wagen ab und gehe das letzte Stück meines Arbeitsweges zu Fuß. Als ich die Straße überquere, fällt mir als erstes ein Mädchen von etwa 12 Jahren auf, das auf dem Bürgersteig sitzt. Um meinen Arbeitsplatz zu erreichen, muss ich an dem Kind vorbeigehen. Es ist noch sehr früh und kühl. Ich frage mich:

‚Was macht das Kind ganz allein um diese Uhrzeit auf der Straße?‘

Das Mädchen ist für die Witterung heute Morgen viel zu leicht gekleidet, meine ich. Es hat knielange Shorts und einen Hoodie an. Vor dem Kind steht ein Pappschild, an ihr Knie und die Unterschenkel gelehnt. Neugierig nähere ich mich dem Mädchen. Auf dem Pappschild lese ich, geschrieben mit krakeliger Kinderschrift:

„Bitte, ich brauche etwas zu essen.“

In meiner Familie habe ich von Kind an gelernt, anderen Menschen zu helfen. Bisher sind das eher ältere Menschen gewesen, denen der heutige Verkehr auf den Straßen Angst macht. Nun sitzt hier ein Mädchen auf dem Bürgersteig und bittet um ein Frühstück. Mein Herz verkrampft sich. Ich spreche sie an:

„Hallo, mein Name ist Sarah. Wie heißt du?“

„Milly,“ antwortet das Mädchen. Es schaut zu Boden.

„Wo ist deine Mutter?“ frage ich besorgt.

Milly zuckt nur mit den Schultern. Ich sehe, dass sie sich Tränen von den Wangen wischt. Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits muss ich mich beeilen, um ins Büro zu kommen, andererseits stehe ich hier vor einem jungen Menschen, der dringend Hilfe braucht.

Ich ziehe meine Handtasche an dem Schulterband näher, öffne sie und angele meine Wallet -Geldbörse-. Die Kreditkarte nicht beachtend, öffne ich Hartgeld- und Scheinefach. Ich ziehe drei Zehn-Dollar-Scheine daraus hervor. Alle Scheine, die sich gerade in meiner Geldbörse befinden, und halte sie dem Mädchen hin. Dazu sage ich:

„Hier hast du 30 Dollar. Bitte, kaufe dir davon etwas zu essen.“
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BeitragThema: Re: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1Mo Jul 24, 2023 11:27 am

Milly schaut mit rotgeränderten verweinten Augen zu mir auf. Vorsichtig streckt sie mir ihre beiden Hände entgegen und nimmt das Geld. Sie kommt ein wenig hoch und schiebt sich die Scheine in ihre Gesäßtasche. Mir rennt die Zeit durch die Finger. Ich kann mich nicht länger bei dem Mädchen aufhalten. Darum verabschiede ich mich schnell von ihr:

„Ich muss jetzt zur Arbeit gehen. Gott segne dich! Pass‘ auf dich auf!“

Dann wende ich mich wieder dem Bürohaus zu. Schnellen Schrittes entferne ich mich von dem Mädchen. Als ich das Bürohaus betrete, schaue ich noch einmal zurück.

‚Wie kann ein junges Mädchen wie sie, auf der Straße betteln?‘ denke ich.

Das Mädchen ist nicht mehr da, wo sie eben noch gesessen hat. Den ganzen Tag über muss ich immer wieder an die Begegnung am Morgen denken. Ich kann nicht aufhören, an das Mädchen zu denken.

‚Wenn ich nicht arbeiten müsste, hätte ich Milly an die Hand genommen, ihr wärmere Kleidung gekauft und sie in ein Obdachlosenheim gebracht!‘ geistert durch meine Gedanken.

In meiner Mittagspause gehe ich wieder zurück vor das Bürohaus, wo das Mädchen heute Morgen gesessen hat. Ich finde ihr Schild achtlos auf dem Bürgersteig liegen und hebe es auf. Ohne genau zu wissen, warum, nehme ich es an mich.

*

Ein paar Jahre später wird das Bürohaus verkauft und der neue Besitzer kündigt die Mietverträge mit den Unternehmen, deren Büros sich darin befinden. Meine Firma zieht weg und mir wird gekündigt. Ich finde eine neue Arbeit in einem anderen Stadtteil. Jetzt sitze ich an der Kasse eines Discounters.

Noch einmal ein paar Jahre später stirbt Mama. Nach der Beerdigung kündige ich den Job an der Kasse und bleibe zuhause, um meinen alten Vater zu pflegen und ihm den Haushalt zu führen. Das ist ein Vollzeitjob. Wenige Jahre später stirbt auch mein Vater. Er hat Anzeichen von Demenz gezeigt und immer wieder nach Mary, meiner Mutter, gefragt. Oft hat er mich auch mit ihr verwechselt.

In ruhigen Minuten während der Jahre erinnere ich mich immer wieder an Milly. Ich frage mich, was wohl aus ihr geworden ist. Sie wird doch hoffentlich eine Schule besucht und einen Beruf erlernt haben…

Nun bin ich 60 Jahre alt geworden und denke, es ist allmählich an der Zeit im Haus aufzuräumen. Engagiert gehe ich die Treppe hinauf, um im Dachboden zu beginnen. Ich habe dafür einen leeren Müllsack in die Hand genommen und bücke mich oben nach einigem unnützen Zeug.

Plötzlich stoße ich auf das Pappschild, das ich vor vielen Jahren auf der Straße vor meiner alten Arbeitsstelle aufgehoben habe. Ich drehe es ein paar Sekunden in der Hand und gebe mir schließlich einen Ruck.

‚Es ist nun wirklich an der Zeit, das Schild wegzuwerfen,‘ entscheide ich mich spontan.

Also schiebe ich es zwischen den anderen Müll in den Sack und räume den Dachboden weiter auf. Schließlich ist der Sack voll und ich greife beidhändig zu, um den Sack vorsichtig die Treppe hinunter zu tragen. In der Garage neben dem Haus will ich ihn zwischenlagern, bis der Müll abgeholt wird.

Nur noch drei Stufen, dann habe ich die Treppe geschafft. In diesem Moment klopft jemand an die Haustür.

‚Wer kann das sein?‘ frage ich mich erstaunt.

Ich erwarte keinen Besuch, sonst hätte ich nicht begonnen den Dachboden aufzuräumen. Inzwischen bin ich mit dem Sack unten an der Treppe angekommen und stelle ihn erst einmal dort ab. Danach gehe ich zur Tür und öffne sie vorsichtig. Eine junge Frau steht mir gegenüber.
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BeitragThema: Re: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1Di Jul 25, 2023 9:25 am

„Hallo,“ grüßt sie und lächelt mir entgegen.

„Hi,“ antworte ich verwirrt.

Die junge Frau beginnt zu sprechen:
„Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, aber mein Name ist Milly. Vor vielen Jahren hast du etwas getan, was mein Leben für immer verändert hat,“ sagt sie.

Ich habe das Gefühl, meinen Augen nicht zu trauen. Total überrascht biete ich ihr an:
„Bitte komm herein!“

Einen Schritt zur Seite machend, frage ich noch einmal nach:
„Bist du es wirklich, Milly?“

Meine Wange wird feucht. Eine Träne bahnt sich ihren Weg in Richtung Kinn. Ich lasse die junge Frau herein und frage neugierig:

„Wie und warum hast du mich nach all den Jahren gefunden?“

Milly lächelt, während wir uns die Hand geben, und erklärt:
„Nun, ich muss dir etwas sehr Wichtiges sagen, Sarah - und ich wollte es dir von Angesicht zu Angesicht sagen.“

Ich bin positiv angetan. Seit etwa fünfzehn Jahren habe ich Milly nicht gesehen. Genau genommen, seit ich sie auf dem Bürgersteig vor meiner alten Arbeitsstelle angetroffen habe. Was wird sie mir sagen wollen?

Milly betritt das Haus und ich führe sie in den Dining-Room neben der Küche. Sie sieht den Müllsack am Fuß der Treppe und fragt vorsichtig:

„Ich unterbreche dich doch nicht in deiner Arbeit?“

„Oh nein, nein, überhaupt nicht!“ antworte ich. „Eigentlich bin ich gerade auf etwas gestoßen, was du vielleicht sehen möchtest.“

Ich biete ihr einen Platz an und gehe schnell zum Müllsack zurück. Dort greife ich nach dem Pappschild mit der krakeligen Kinderschrift ‚Bitte, ich brauche etwas zu essen‘. Damit gehe ich zum Tisch zurück. Milly schaut mir aufmerksam entgegen. Als ich das Schild vor sie auf den Tisch lege, schnappt sie überrascht nach Luft.

„Das hast du all die Jahre aufbewahrt?“ fragt sie, von Emotionen überwältigt.

Ich erkläre ihr:
„Ich bin in der Mittagspause zu der Stelle zurückgegangen, wo wir uns getroffen haben. Du warst schon weg. Das war das Einzige, was mich an unsere Begegnung erinnert - und ich konnte es einfach nicht dort liegen lassen.“

Nun ist es an mir, meinen jungen Gast schüchtern anzulächeln. Danach gehe ich in die Küche und starte die Kaffeemaschine. Den ganzen Nachmittag über unterhalten wir uns. Sie hat ein schweres Schicksal zu tragen.

Ihre Eltern sind am Abend vor unserem Zusammentreffen bei einem Verkehrsunfall gestorben. Sie ist aufgestanden, hat sich angekleidet und hat den Telefonanruf angenommen, weil ihre Eltern über Nacht nicht zuhause gewesen sind. Der Anrufer hat ihr die schlimme Nachricht überbracht. Anschließend hat sie das Seitenteil eines Kartons abgerissen und die Bitte darauf geschrieben. Damit ist sie dann in der Metro an den Rand des Industriegebietes gefahren, darauf hoffend, noch jemand auf dem Weg zur Arbeit anhalten zu können.

Jetzt berichtet Milly:
„Die 30 Dollar, die du mir gegeben hast, haben mein Leben verändert! Wegen deiner freundlichen Geste damals bin ich die geworden, die ich heute bin. Deswegen wollte ich dir gerne etwas zeigen… Kannst du mich am selben Ort treffen, an dem wir uns damals getroffen haben? Sagen wir, morgen um Zwölf?“

Gespannt stimme ich zu. Kurz danach verabschiedet sich Milly von mir. Bevor sie mich verlässt, fragt sie:

„Darf ich das Schild mitnehmen?“

„Natürlich, Liebes,“ bestätige ich mit einem Lächeln im Gesicht.

*
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BeitragThema: Re: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1Mi Jul 26, 2023 9:40 am

Am darauffolgenden Morgen wache ich nach einer unruhigen Nacht auf. Ich kann nicht beschreiben, was mich tatsächlich so unruhig sein lässt. Milly will mir etwas zeigen, hat sie gestern beim Abschied gesagt. Nachdem ich gefrühstückt und noch etwas im Haus getan habe, gehe ich zu meinem Auto, lasse es auf die Straße rollen und schlage die Richtung ein, die ich bis vor etwa zehn Jahren genommen habe, um mein Büro zu erreichen. Nostalgische Gefühle steigen auf der Fahrt in mir auf.

Schließlich komme ich an meinem Ziel an. Rechts befindet sich immer noch das Parkhaus, in dem ich früher jeden Tag geparkt habe. Auch diesmal fahre ich zur Schranke, löse ein Ticket und suche mir einen freien Parkplatz. Anschließend verlasse ich das Parkhaus. Meine Schritte lenken mich in Richtung meines früheren Arbeitsplatzes.

Als ich zu der Stelle komme, an der Milly damals auf dem Bürgersteig gesessen hat, bleibe ich stehen, hole tief Luft und schaue mich um. Milly ist nicht zu sehen. Wo bleibt sie nur? Ich schaue prüfend auf meine Armbanduhr. Ich bin pünktlich.

‚Seltsam,‘ denke ich. ‚Wo bleibt Milly nur?‘

Ein paar Minuten warte ich an der Stelle und frage mich, ob dies hier tatsächlich der vereinbarte Treffpunkt ist, denn von Milly fehlt nach wie vor jede Spur.

‚Wenn wir unsere Nummern getauscht hätten…‘ taucht ein Gedanke in meinem Kopf auf.

Mich weiter umschauend, bemerke ich plötzlich etwas Neues: An der Stelle des Bürogebäudes steht ein Neubau. Ich kann mich wohl erinnern, dass der Eigentümer des Bürohauses in der Vergangenheit gewechselt hat. Der neue Besitzer hat wenig später Eigenbedarf angemeldet und den ansässigen Firmen eine angemessene Zeit zugebilligt, sich nach neuen Standorten für ihre Büros umzusehen.

Meine Firma findet einen neuen Standort. Nach dem Umzug kündigt mir mein Arbeitgeber. Ich habe mich damals nach einer neuen Arbeitsstelle umgesehen und wenig später einen Arbeitsplatz an der Kasse eines Discounters besetzen dürfen.

Meine Neugier zu dem Neubau ist nun geweckt. Das Gebäude ist sehr hoch. Über dem Eingang hängt jedoch kein Firmenschild oder irgendein Logo. Ich beschließe, die Wartezeit zu verkürzen, indem ich einen Blick in den Eingang des Gebäudes werfe. Also nähere ich mich dem Hochhaus. Hinter der Glastür des Einganges kann ich eine Treppe und einen breiten Aufzug erkennen, aber ich kann keinen Menschen erspähen. Mich weiter umschauend, finde ich am Rahmen der Eingangstür eine einfache Türklingel. Nun will ich wissen, wer hier wohnt und nähere mich der Klingel.

‚S. Shelter,‘ steht auf dem Schild neben dem Klingelknopf.

‚Wer könnte das sein?‘ frage ich mich in Gedanken.

Von einer Person dieses Namens, die genug Geld hätte, ein solches Bauwerk auf dem teuren Baugrund zu errichten, habe ich noch nie gehört. Normalerweise liest man doch ständig von Millionären und Milliardären in den Zeitungen. Aber von einem Samuel Shelter, oder so ähnlich, habe ich noch nie gehört oder gelesen.

„Hallo!“ ruft mich in diesem Moment eine Frauenstimme von hinten an und reißt mich aus den Überlegungen.

Ich drehe mich um und sehe Milly auf mich zulaufen. Freudig antworte ich ihr:

„Hallo!“

Dann ist Milly heran und entschuldigt sich etwas atemlos:
„Tut mir leid, dass ich so spät bin. Ich musste eine wichtige Sache zu Ende bringen.“
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BeitragThema: Re: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1Do Jul 27, 2023 9:22 am

Erleichtert antworte ich:
„Oh, mach dir deswegen keine Sorgen!“

„Dort drüben ist ein nettes Café,“ meint Milly und weist auf die andere Straßenseite. „Möchtest du eine Tasse Kaffee trinken?“

Ich nicke und bestätige:
„Gerne.“

Wir überqueren die Straße, betreten das Café und setzen uns drinnen ans Fenster. Beim Keeper bestellen wir zwei Kaffee, dann wendet sich Milly mir zu.

„Ich habe dir noch nicht alles erzählt,“ beginnt Milly. „Weißt du, die 30 Dollar haben mir ein Gefühl der Hoffnung gegeben. Ich bin aufgestanden, denn ich musste zur Schule. Unterwegs kaufte ich mir etwas zu essen. Nach dem Unterricht bin ich in einen Second-Hand-Shop gegangen und habe einen gebrauchten Mantel erstanden. Dann ging ich zu einem Obdachlosenheim. In mein Elternhaus wollte ich nicht mehr zurück. Dort hätte ich mich in meiner Situation zu einsam gefühlt.“

Milly holt Luft. Dann berichtet sie weiter:
„Die Straßen sind für ein junges Mädchen nicht sicher, aber das Obdachlosenheim war nicht viel besser. Die Leute haben versucht, mir mein letztes Geld zu stehlen. Da wusste ich, dass ich etwas tun musste.“

„Gab es dort denn niemanden, der versucht hat, dir zu helfen?“ frage ich mit besorgter Miene.

Milly schüttelt den Kopf.
„Leider nein…“

Ich seufze. Nach einer Gedankenpause und einem weiteren Schluck Kaffee redet Milly weiter:

„Ich bin anfangs zwischen Obdachlosenheim und Schule hin und her gependelt. ‚Damit mir niemand mein Geld stiehlt, muss ich es ausgeben,‘ habe ich mir gesagt. Ich wusste aber nicht, für was ich mein Geld ausgeben soll. Also bin ich nach der Schule ziellos durch die Stadt gelaufen und habe mir die Schaufenster angesehen. Aber alles war unerschwinglich für mich. Irgendwann bin ich durstig geworden. Ich habe den nächstbesten Laden betreten und mich an einem Automaten bedient. Und da habe ich es gesehen. Der Laden verkauft Lottoscheine und ich habe von meinem letzten Geld ein Los gekauft.“

Entsetzt schaue ich Milly an.

„Das hast du nicht!“ entfährt es mir und ich schüttele den Kopf.

„Doch, das habe ich!“ antwortet Milly mit einem breiten Lächeln. „Schau mal: Ich hatte alle Hoffnung verloren, bevor ich dich getroffen hatte. Du hast sie mir zurückgegeben! Darum habe ich mein ganzes restliches Geld in das Los investiert. Eine Woche später erfahre ich, dass das Los von deinem Geld zu den Gewinnerlosen gehört. Innerhalb von Sekunden wurde ich von einem obdachlosen Waisenkind zu einem Millionärs-Waisenkind.“

Was Milly mir da erzählt, hört sich unglaublich an. Ich hätte nie gedacht, dass meine 30 Dollar eine solche Wirkung gehabt haben. Zweifelnd schaue ich sie an.

„Bist du dir sicher?“ frage ich zurückhaltend.

Milly lächelt breit und nickt mir beruhigend zu.
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BeitragThema: Re: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1Fr Jul 28, 2023 9:16 am

„Ja,“ bestätigt sie und fährt fort: „Aber du wirst vielleicht überrascht sein, was ich mit dem Geld gemacht habe.“

Fasziniert hänge ich an den Lippen der jungen Frau, mir gegenüber.

„Erzähl mir alles!“ fordere ich sie auf.

„Nun, es ist vielleicht besser, wenn ich es dir zeige!“ antwortet Milly lächelnd.

Als sie sich jetzt erhebt, glitzern ihre Augen vor Stolz. Sie streckt mir ihre Hand auffordernd entgegen. Stirnrunzelnd erhebe ich mich ebenfalls und meine:

„Okay! Zeige es mir.“

„Dazu müssen wir die Straße noch einmal überqueren,“ erklärt Milly und führt mich zurück zum Neubau, wo wir uns vorhin getroffen haben.

Milly drückt auf die Klingel am Eingang. Mit einem Summen öffnet sich die Tür und die Glasflächen fahren zur Seite. Wir betreten das Haus. Milly blickt mich an. Sie liest wohl die Verwirrung in meinem Gesicht. Deshalb erklärt sie mir:

„Das Haus gehört mir. Aber es ist nicht irgendein Gebäude. Nachdem ich Millionärin geworden war, habe ich das Geld sofort investiert. Ich habe der Firma, die vorher hier die Büroflächen vermietet hat, das Gebäude abgekauft und mit einem Architekten auf meine Vorstellungen umbauen lassen. Ich wollte Menschen wie mir einen sicheren Ort bieten.“

Verständnislos schaue ich Milly an und frage nach:
„Was meinst du?“

„Lass uns herumlaufen! Dann zeige ich es dir,“ fordert meine Begleitung mich auf.

Sie fasst mich an der Hand und führt mich durch das Gebäude. Wir fahren mit dem Aufzug auf die höheren Ebenen. Das Haus ist voller Menschen, die aufschauen und freundlich grüßen, sobald wir bei ihnen auftauchen.

Milly lächelt freundlich bei den Begrüßungen. Man kann erkennen, dass sie sich unter den Menschen hier wohlfühlt. Sie ist zwar eine Millionärin, aber keine, die ihren Reichtum zur Schau stellt, oder ihre Nase höher trägt, als alle anderen. Nein, Milly ist nur eine normale junge Frau, die einfach sehr viel Glück gehabt hat.

„Ich habe noch eine Überraschung für dich,“ bemerkt Milly nach einer Weile.

„Für mich?“ frage ich erstaunt.

Ich fühle mich geschmeichelt. Niemals hätte ich damit gerechnet, von den 30 Dollar etwas zurückzubekommen. Milly führt mich in einen leeren Raum mit dem Namen des Gebäudes an der Wand. In einer Vitrine darunter erkenne ich das Pappschild, das ich ihr gestern gegeben habe.

„S. Shelter,“ lese ich den Namen an der Wand laut vor.

„Weißt du, was der Name bedeutet?“ fragt mich Milly und schaut mich erwartungsvoll an.

Ich zucke mit den Schultern. Mir fällt niemand ein, der diesen Namen trägt. Doch halt! Milly hat nicht gefragt, ob ich jemanden mit diesem Namen kenne. Sie hat nach der Bedeutung des Namens gefragt. Nachdem ich den Namen eine Weile angestarrt habe und in Gedanken alle möglichen Kombinationen durchgegangen bin, macht es Klick. ‚S‘ ist der Anfangsbuchstabe meines Namens und mit Shelter ist ‚Unterschlupf‘ gemeint.
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BeitragThema: Re: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1Sa Jul 29, 2023 9:59 am

„Nein!“ rufe ich aus und Tränen steigen mir in die Augen. „Milly… Du hast doch nicht… Warum?“

Ich kann meine Gefühle nicht mehr zurückhalten. Milly umfasst meine Hand mit ihren Händen und schaut mir in die Augen.

„Ich habe das Gebäude Sarah’s Unterschlupf genannt,“ sagt sie mit funkelnden Augen. „Denn du bist der Grund, weshalb es hier steht!“

Auch sie ist nun emotional geworden und zusammen lachen und weinen wir.

„Du warst der Grund, warum ich die bin, die ich heute bin, Sarah,“ wiederholt sie leise, legt ihre Hand sanft auf meine Schulter und schaut mir in die Augen. „Deine 30 Dollar setzten das alles in Gang und ich kann dir dafür nicht genug danken.“

Mir fehlen die Worte. Was ich hier vernehme ist mehr, als ich mir jemals vorstellen könnte.

„Da ist noch etwas,“ erklärt Milly jetzt. „Ich möchte, dass du alle kennenlernst, die hier ihren Unterschlupf gefunden haben. Sie alle kennen unsere Geschichte.“

Also folge ich Milly in den Gemeinschaftsraum. Dort treffen wir alleinerziehende Frauen mit ihren Kindern und sprechen mit ihnen. Milly hat das Haus familienfreundlich gestalten lassen. Es fühlt sich eher an wie eine liebevolle Gemeinschaft, nicht wie ein traditionelles Obdachlosenheim, bestätigen mir die Frauen.

Milly kann man den Stolz ansehen, auf das was sie geschaffen hat. Sie beschreibt mir den Aufbau des Hauses. Im Untergeschoss liegen die Heizung und die dazugehörigen Tanks, sowie die Haustechnik. Im Erdgeschoss befinden sich die Lager für die Geschäfte und Werkstätten. Auch die Müllsammlung ist hier untergebracht.

In den Etagen darüber liegen die Geschäfte und Werkstätten. Darüber befinden sich Schulungs- und Sporträume, sowie Praxen von Ärzten und Büros von Anwälten und Fachleuten. Erst darüber wohnen die Menschen, die hier eine Zuflucht gefunden haben.

Einige der Menschen laden uns ein, von dem Gemeinschaftsraum, in dem auch Feste gefeiert werden, zu ihren Wohnungen zu wechseln. Wir fahren mit Aufzügen in die oberen Etagen und ich darf einen Blick in verschiedene geschmackvoll eingerichtete Wohnungen werfen.

Das Haus ist wirklich bemerkenswert. Jeder, der hier lebt, hat seine eigene Geschichte. Niemand wird wegen seines Schicksals verurteilt. Berater arbeiten mit den Menschen zusammen, um sie wieder auf die Beine zu bringen. Es gibt regelmäßige Gesundheitschecks und die Kinder können sogar zur Schule gehen.

Schließlich lädt mich Milly auf einen Tee in ihre Wohnung ein. Als wir dort ankommen, dreht sie ein Schild an der Tür um. Wo eben noch ‚Closed‘ zu lesen gewesen ist, kann man jetzt ‚Open‘ lesen. Milly öffnet die Wohnungstür und lässt mich an sich vorbei eintreten.

Ich sehe keine teuren Sachen. Die Einrichtung hebt sich nicht von der Einrichtung der Wohnungen ab, die ich heute Nachmittag schon gesehen habe. Spontan frage ich Milly:

„Sag‘ mal, was hältst du davon, wenn ich mich hier auch aktiv einbringen würde?“

Milly ist von der Idee begeistert. Wir erheben uns und sie zeigt mir eine der noch leeren Wohnungen. Dort fragt sie mich:

„Was hältst du davon, hier im Haus zu wohnen? Dann brauchst du nicht jeden Tag zwanzig Meilen hin und zwanzig zurück zu fahren!“
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BeitragThema: Re: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1So Jul 30, 2023 9:37 am

„Meine Möbel können über den großen Lastenaufzug vom Eingang her hierhin kommen?“ frage ich zurück.

„Aber ja,“ bestätigt sie. „Dafür ist der Lastenaufzug ausgelegt.“

In meinem Kopf reift ein Gedanke. Ich habe zwar Wohnrecht auf Lebenszeit, weil ich die Eltern gepflegt habe. Wenn ich aber darauf verzichte und das Haus verkaufe, kann der Verkaufserlös unter uns vier Geschwistern aufgeteilt werden. Damit werden meine Brüder Peter und John bestimmt einverstanden sein. Cathrin darf als Ordensschwester keinen Besitz haben. Ihr Anteil wird an den Orden gehen. Dafür wird sie bis zu ihrem Tod dort versorgt. Mein Anteil werde ich sicher im Laufe der nächsten Jahrzehnte für das eine oder andere Projekt im Shelter verwenden.

An diesem Abend fahre ich mit dem Gefühl nachhause, nach der Pflege der Eltern noch etwas bewegen zu können. Am folgenden Morgen setze ich mich nach dem Frühstück an meinen Schreibtisch und erkläre meiner kleinen Schwester in einem Brief, was ich erlebt und wofür ich mich entschieden habe. Dann falte ich das Blatt und schiebe es in einen Umschlag. Auf dessen Vorderseite schreibe ich die gleiche Adresse, die ich schon oft verwendet habe, um mit Cathrin in Kontakt zu treten:

„Soeur Cathrine, Hôpital pour enfants de Soeurs de Miséricorde, Alger, Algérie“

Nachdem ich meine Absenderadresse dazugeschrieben habe, klebe ich den Umschlag zu und bringe ihn zum Postamt. Der Schalterbeamte lächelt mir zu, nimmt den Brief in Empfang, schaut darauf und fragt:

„Per Luftpost, wie immer, Miss?“

Ich nicke und er klebt die Marken darauf. Anschließend bezahle ich die Gebühr und verabschiede mich freundlich.

Wieder zuhause angekommen, rufe ich meine Brüder Peter und John an. Ich bitte sie um einen Besuch bei mir, um mit ihnen etwas Wichtiges besprechen zu können, was ich nur Aug in Aug mit ihnen Beiden besprechen möchte. Wir machen einen Termin aus. Leider dauert es noch zwei Wochen bis beide gleichzeitig Zeit haben zu mir zu kommen.

Um die Zeit nicht unnütz verstreichen zu lassen und meinen Brüdern gleichzeitig zu zeigen, dass es mir mit meiner Entscheidung ernst ist, informiere ich Milly, dessen Telefonnummer ich inzwischen in meinem Handy habe. Ein Tag später kommen Männer ihres Entrümpelungsteams und räumen das Elternhaus leer.

Mit einem LKW fahren sie die Einrichtung zu ‚Sarahs Shelter‘ und bauen sie im Lagerraum auf. Dort gehe ich durch die Reihen und wähle mir die Einrichtung meiner Wohnung aus. Was oben hineinpasst wird mit einem Lastenaufzug und Gitterwagen zu meiner neuen Wohnung gefahren. Alles andere gebe ich frei, damit es nach dem Aufarbeiten mit der Zeit in die Secondhand-Geschäfte im Gebäude gegeben werden kann.

Als schließlich der Gesprächstermin mit meinen Brüdern herangerückt ist, fahre ich zu unserem Elternhaus zurück und erwarte sie dort. Sie sind natürlich über die Leere in den Zimmern erstaunt und Peter fragt:

„Fühlst du dich schon so alt, dass du in ein Altenheim umziehst?“

Ich bin zuerst sprachlos. Eine kleine Gedankenpause entsteht. Dann lächele ich ihn an und antworte:

„Für ein Altersheim fühle ich mich noch zu jung! Ich habe aber eine schnuckelige kleine Wohnung in der Stadt gefunden, so dass ich auf das lebenslange Wohnrecht verzichten möchte. Aber kommt, wir gehen in das Café in der Nähe. Im Sitzen lässt sich besser reden!“
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BeitragThema: Re: Sarahs Unterschlupf   Sarahs Unterschlupf Icon_minitime1Mo Jul 31, 2023 10:03 am

Ich führe meine Brüder ein Stück in Richtung der Kirche in der Dorfmitte. Dort setzen wir uns an einen Tisch und bestellen drei Cappuccino. Nachdem der Keeper uns die Kaffeespezialität mit je einem Keks an den Tisch gebracht hat, beginne ich das unterbrochene Gespräch wieder:

„Also, wie gesagt, ich habe eine kleine Wohnung in der Stadt gefunden, die einfach sauber zu halten ist. Ich brauche nicht ständig treppauf, treppab zu gehen. Deshalb wollte ich euch fragen, ob wir als Erbengemeinschaft das Haus nicht verkaufen und uns den Erlös teilen sollen. Jeder von uns Vieren erhält ein Viertel des erzielten Erlöses und kann damit machen, was er für richtig hält.“

Nun ist die Katze aus dem Sack.

In der nächsten Stunde besprechen wir den Ablauf. Peter schlägt einen Immobilienmakler vor und erklärt sich bereit, sich um den Verkauf und die Aufteilung zu kümmern. John und ich geben ihm schließlich unsere Kontonummern. Ich übergebe ihm die Schlüssel und wir verabschieden uns voneinander.

*

Im Gebäude ‚Sarahs Shelter‘ schaue ich mir in den folgenden Monaten die Secondhand-Geschäfte an. Ich will wissen, woher die Waren in den Regalen und an den Stangen, sowie auf den Stellflächen kommen. Die Verkäufer führen mich herum und erklären mir, dass die Waren alle aus Haushaltsauflösungen stammen, genauso wie bei mir.

Die Waren werden sortiert und aufgearbeitet, das heißt Porzellan und Bestecke werden gespült und poliert, Haushaltsgeräte werden geprüft und repariert, Kleidung wird durchgesehen und in der Näherei aufgearbeitet, wenn das machbar ist. Ansonsten wird die Kleidung und andere Textilien nach Material getrennt und entfärbt, um anschließend zerrupft zu werden. Das Ergebnis der UniBearbeitung wird als Füllmaterial in Kissen und Steppdecken verwendet.

Überall finde ich Bewohner des Gebäudes, die mit dieser Arbeit ihre Tage füllen, wenn sie keine Arbeit in der freien Wirtschaft finden. Berater, deren Büros sich ebenfalls im Haus befinden, versuchen die Menschen in der freien Wirtschaft unterzubringen. ‚Sarahs Shelter‘ wird von einer ‚Foundation‘ geführt. Als Kopf dieser Stiftung fungiert Milly. Ihr helfen verschiedene Rechtsanwälte und Finanzfachleute. Milly bittet mich nun, ein Büro im Haus zu beziehen und bei Sitzungen der Stiftung als gleichberechtigtes Mitglied mit Stimmrecht meine Erfahrungen einzubringen. Dazu bin ich gerne bereit.
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