Gedankenparadies
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Gedankenparadies

Das Gedankenparadies ist ein kleines aber feines Forum für all jene, die ihren Gedanken mal freien Lauf lassen wollen.
 
StartseiteNeueste BilderAnmeldenLogin
Die lebendigsten Themen
Musikblog from Rosy
Wiege der Menschheit
Gesunde Einstellung
Juke Box Hero
nich immer so polarisieren wg. Männer und Frauen -
Abstimmungen 2015
Flüchtlinge und Einwanderer
Anandas Evergreens
Einfach unglaublich
Yong Tai Foundation
Die meistbeachteten Themen
Musikblog from Rosy
Juke Box Hero
Anandas Evergreens
Gesunde Einstellung
Flüchtlinge und Einwanderer
nich immer so polarisieren wg. Männer und Frauen -
Abstimmungen 2015
Die Schreib-Begeisterung hier im Gedankenparadies ...
Zwischen-Meldung
Einfach unglaublich
Neueste Themen
» Wiege der Menschheit
Keltische Druiden Icon_minitime1Gestern um 10:12 am von hermann-jpmt

» Schneeflöckchen
Keltische Druiden Icon_minitime1Mo Dez 25, 2023 10:31 am von hermann-jpmt

» Eine neue Erfahrung
Keltische Druiden Icon_minitime1Fr Okt 06, 2023 9:28 am von hermann-jpmt

» Karthager im Amazonas
Keltische Druiden Icon_minitime1Mo Sep 04, 2023 9:27 am von hermann-jpmt

» Studentin hilft altem Mann
Keltische Druiden Icon_minitime1Di Aug 15, 2023 9:35 am von hermann-jpmt

» Sarahs Unterschlupf
Keltische Druiden Icon_minitime1Mo Jul 31, 2023 10:03 am von hermann-jpmt

» Vater, mein Vater -Chichiyo chichiyo-
Keltische Druiden Icon_minitime1Fr Jul 21, 2023 9:25 am von hermann-jpmt

» Katamaran der Lüfte
Keltische Druiden Icon_minitime1So Jun 25, 2023 10:11 am von hermann-jpmt

» Meine Schuld, Mama? Yenê t’ifati Imayê?
Keltische Druiden Icon_minitime1Mi Mai 10, 2023 9:14 am von hermann-jpmt

Umfrage
Suchen
 
 

Ergebnisse in:
 

 


Rechercher Fortgeschrittene Suche
April 2024
MoDiMiDoFrSaSo
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
2930     
KalenderKalender

 

 Keltische Druiden

Nach unten 
Gehe zu Seite : 1, 2  Weiter
AutorNachricht
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1So Jan 22, 2023 11:30 am

--Der Druide--

Ein Druide kommt heute an unserem Einödhof vorbei. Oh, welch ein Glück! Schnell laufe ich vor die Tür, beuge mein Haupt ehrerbietig und bitte ihn herein:

„Ehrwürdiger, darf ich Euch ein Lager für die Nacht in meiner bescheidenen Hütte anbieten?“

Er wendet sich mir lächelnd zu und nickt.

„Sehr gerne, meine Tochter.“

Erleichtert lächelnd, gehe ich vor und hebe das Bärenfell zur Seite, das den Eingang verschließt. Ich biete ihm Platz auf der Bank am Tisch an und bringe ihm heißen Kräutersud.

„Seid bedankt, meine Tochter,“ sagt der Kian -weise Mann-. „Sagt, lebt Ihr hier allein?“

„Nein, meine Tochter versorgt die Tiere im Stall und meine Söhne bearbeiten das Feld draußen.“

„Habt Ihr keinen Mann?“ fragt er interessiert.

„Doch, Ehrwürdiger. Er ist verletzt und liegt hinten auf dem Krankenlager.“

„Was fehlt ihm denn?“

„Unser Kaltblut ist krank. Es hat einen Abszess am rechten vorderen Huf. Mein lieber Mann wollte es behandeln. Dabei hat er ihm wohl weh getan. Es hat gewiehert und ausgetreten. Nun kann mein lieber Mann nicht mehr richtig gehen.“

„Hm,“ brummt der Kian -weise Mann-. „Darf ich mir die Verletzung einmal ansehen?“

Ich seufze erleichtert und denke:
‚Jetzt wird bestimmt alles gut!‘

Den weisen Mann führe ich nun zum Krankenlager meines lieben Mannes. Dort lässt er sich das Bein zeigen und befühlt es. Danach wickelt er die Tücher ab, die ich eng um die schmerzende Stelle gewickelt habe, nachdem ich eine Kräutersalbe aufgetragen habe. Er fragt mich nach verschiedenen Küchenkräutern und Quark. Ich bestätige ihm, dass ich das vorrätig habe. Nun beauftragt er mich, daraus eine Paste herzustellen.

Als ich zur Feuerstelle gegangen bin, um die Kräuter zu nehmen und mit dem Messer kleinzuhacken, höre ich einen Schmerzenslaut von meinem lieben Mann. Ich zwinge mich dazu, bei der Arbeit zu bleiben und den Quark aus der Grube zu nehmen. Zwei Holzlöffel mit Quark nehme ich aus dem Tontopf und mische die Kräuter hinein. Es hat noch nicht die Beschaffenheit einer Salbe, also füge ich zwei weitere Löffel Quark hinzu. Nachdem ich zufrieden bin, bringe ich dem weisen Mann die neue Salbe, in der Hoffnung, dass sie meinem lieben Mann hilft.

„Drystan, dein Mann, hat sich das Bein gebrochen, Moja. Er wird in den nächsten Wochen weder Feldarbeit machen können, noch jagen. Ich habe sein Bein eben gerichtet. Trage nun die Salbe auf die Stelle auf!“ klärt er mich auf.

Ich kauere mich zu meinem Mann und streiche die Salbe auf die Haut, die in allen Farben erblüht ist. Nun nimmt der Kian -weise Mann- vier herumliegende Stecken und arbeitet sie rund um das Bein in den neuen Verband ein, den er mit einer Hanfschnur befestigt. Danach bespricht er die Verletzung. Ich hoffe, dass dadurch Drystans Brüche gut verheilen. Er sagt:

„Knochen zu Knochen,
Blut zu Blut, Glied zu Glied,
als ob sie geleimt seien!“

Dann erhebt er sich und fragt mich nach einem etwa hüfthohen Stock. In diesem Moment kommt Rigani, meine Tochter mit einem hölzernen Eimer voll frischer Milch herein. Ich übernehme den Eimer und schicke sie wieder in den Stall zurück, einen solchen Stock holen. Nach einer Weile bringt sie dem weisen Mann einen etwa achselhohen Stock und fragt schüchtern:

„Ehrwürdiger, leider habe ich jetzt nur solch einen Stock gefunden. Wenn meine Brüder vom Feld kommen, müssen sie dann sicher noch in den Wald gehen und einen entsprechenden Ast suchen.“

Der Kian -weise Mann- lächelt milde und antwortet:
„Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Daraus schnitzen wir deinem lieben Vater eine Staßol -Krücke-.“

Rigani kommt nun zu mir, um aus einem Teil der Milch Käse herzustellen, während ich mich mit dem Abendessen beschäftige. Rigani muss die Milch ohne Pause schlagen, daher zünde ich die Kerzen an, als man kaum noch etwas von der Landschaft draußen durch das Windauge sehen kann.

Ich bringe auch eine Kerze zu dem weisen Mann und sehe, dass er den Stock verkürzt, den Rigani aus dem Stall geholt hat, und in das kürzere Stück ein Loch arbeitet. Anschließend gehe ich wieder an die Feuerstelle zurück und fülle fünf Schalen mit dem Abendessen. Eine Schale bringe ich meinem lieben Mann und gebe ihm einen hölzernen Löffel dazu. Den weisen Mann bitte ich zu uns an den Tisch.

In diesem Moment wird die Bärenhaut zur Seite geschlagen und meine Söhne Bedran und Myrddin kommen herein. Sie sehen den weisen Mann und verbeugen sich ehrerbietig. Danach setzen wir uns zu Tisch und essen unsere Abendmahlzeit. Myrddin erwähnt beim Essen:

„Wir haben in der Dämmerung einen Feuerschein in Richtung des Nachbarhofes gesehen.“

„Oh,“ antworte ich erschrocken. „Hoffentlich konnten sich Maeron und Hafren mit ihren Kindern und dem Vieh ins Freie retten!“

Meine Söhne zucken mit den Schultern. Myrddin meint:
„Hoffentlich ist es ein Unglück gewesen und kein Überfall.“


Zuletzt von hermann-jpmt am So Feb 05, 2023 10:58 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Di Jan 24, 2023 10:29 am

„Ja, hoffentlich!“ gebe ich zurück. „Wir müssen aber mit allem rechnen! Macht nach dem Essen den Fluchtweg frei, und heute Nacht schlaft abwechselnd! Einer muss wachbleiben. Morgen früh näherst du dich vorsichtig dem Nachbarn. Gib uns Bescheid, wenn du etwas herausgefunden hast!“

„Mache ich, Mamaí!“

Wir legen uns wenig später schlafen, denn unser Tag beginnt in der Morgendämmerung. In der Nacht wird es laut, so dass ich erwache. Meine beiden Söhne sind auf den Beinen und halten einen kleinen Menschen zwischen sich. Ich erhebe mich und zünde eine Kerze an. Damit nähere ich mich den Männern. Bedran erklärt mir:

„Ich hatte gerade Wache, als ich leise Geräusche vor dem Haus hörte. Jemand strich an der Mauer entlang. Dann wurde das Bärenfell zur Seite gehoben und der Dieb kam herein. Er ist zur Grube gegangen, wo wir unsere Lebensmittel lagern. Ich bin ihm hinterhergeschlichen und in die Grube gesprungen. Dort habe ich mir den Dieb gegriffen und ihn herausgezogen.“

„Das hast du gut gemacht, mein Sohn!“

Ich beuge mich etwas vor und leuchte dem kleinen Menschen mit der Kerzenflamme ins Gesicht.

„Erin!“ entfährt es mir. „Was, bei Tailtiu -Göttin der Landwirtschaft-, machst du mitten in der Nacht in unserer Vorratsgrube?“

Erin ist der jüngste Sohn unserer Nachbarn!

„Ehrenwerte Moja, unser Hof ist heruntergebrannt. Ich hatte die Aufgabe, die Tiere aus dem Stall zu lassen, während die anderen gelöscht haben. Ich habe das nicht wirklich geschafft. Unser Capall -Gaul- und die Bó -Kuh- sind geflohen und auch die Ziegen sind weg. Meine Familie ist unter dem zusammenbrechenden Tekt -Dach- begraben worden…“

Der 12jährige Junge erzittert und Tränen laufen seine Wangen hinunter. Ich schüttele den Kopf und antworte ihm vorwurfsvoll:

„Du bist den ganzen Weg hierhergelaufen. Da hättest du dich ruhig bemerkbar machen können! Wir hätten dir zu essen und eine Schlafstatt gegeben. Vielleicht hätte Drystan dich an Kindesstatt angenommen… Jetzt iss erst einmal was, dann leg dich erst schlafen und morgen sehen wir weiter!“

Anschließend kehrt im Haus wieder Ruhe ein. Bedran bleibt weiterhin wach und lauscht in die Nacht. Nach dem Frühstück am folgenden Morgen gehen Bedran und Myrddin zum Nachbarhof und schauen, was dort noch brauchbar ist. Rigani kümmert sich um Erin und lenkt ihn von dem schrecklichen Erlebnis ab, während ich dem weisen Mann bei der Pflege meines geliebten Mannes zur Hand gehe.

*

Mein verehrter Athir -Vater- Ulik teilt uns bei der Bekämpfung des Feuers ein. Mich, Erin, schickt er zum Stall, damit ich ihn öffne und die Tiere auf die Koppel leite. Leider sind unser Ackergaul und die beiden Kühe so verängstigt, dass sie alles niederrennen, sobald ich das Stalltor geöffnet habe. Ich muss mich in Sicherheit bringen und schaffe es nun auch nicht mehr, die Ziegen zu halten.

Dann kommt das brennende Dach herunter und begräbt einen Teil meiner Familie unter sich. Die anderen versuchen sich einen Weg ins Innere zu bahnen, um die Eingeschlossenen zu retten. Ich stehe mit geweiteten Augen da und muss zuschauen, wie meine Familie stirbt. Dann sinke ich kraft- und mutlos zu Boden. Was soll nun aus mir werden?

Ich habe seit heute Mittag nichts mehr gegessen. Ob ich im Nachbarhof etwas zu essen bekomme? Nach einer Weile stehe ich wieder vom Boden auf und mache mich langsam auf zu unseren Nachbarn. Mein Hunger wird immer stärker.

Irgendwann habe ich den Waldrand erreicht, an dem der Nachbarhof liegt. Ich taste mich an den Bäumen entlang, immer wieder zu den Sternen hinaufschauend, um mich zu orientieren. Dann verdeckt eine dunkle Wand, die sich nach oben hin verjüngt, die Sterne in Bodennähe. Inzwischen ist aus dem Hunger ein bohrendes Gefühl im Magen geworden. Die Hände vorstreckend, taste ich mich an der Mauer entlang.

Ich fühle das Bärenfell, das den Eingang verschließt, und drücke mich daran vorbei. Nun taste ich mich weiter in die Richtung, in der auch bei uns die Grube gelegen hat, in der Lebensmittel lagern. Ich schleiche die Leiter hinunter, kann aber nicht verhindern, dass sie knirscht. Danach taste ich mich an den Gestellen entlang und stecke in meine lederne Gürteltasche, was ich finde.

Plötzlich springt jemand in die Grube und wirft mich dabei um. Er zerrt mich hoch und schiebt mich die Leiter wieder hoch. Dabei bleibt er auf Tuchfühlung hinter mir. Hoffentlich kann ich mich losreißen, wenn ich oben bin, er aber mit seinen Füßen noch auf der Leiter steht! Aber nein, oben werde ich von zwei starken Armen in Empfang genommen. Mich wehrend versuche ich loszukommen, aber da ist schon der Andere von der Leiter auf den festen Boden gestiegen.

Nun zündet jemand eine Kerze an und nähert sich uns. Einer der Männer, die mich festhalten erklärt der Person mit der Kerze, wie und wo er mich ergriffen hat.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Do Jan 26, 2023 10:50 am

Eine Frau, das muss unsere Nachbarin Moja sein, lobt ihren Sohn dafür. Dann leuchtet sie mir mit der Kerzenflamme ins Gesicht und ruft überrascht aus:

„Erin! Was, bei Tailtiu -Göttin der Landwirtschaft-, machst du mitten in der Nacht in unserer Vorratsgrube?“

Sie hat mich erkannt! Reumütig erzähle ich ihr, was gestern in der Abenddämmerung geschehen ist. Dabei werde ich von Gefühlen übermannt und schluchze auf. Tränen laufen meine Wangen hinunter. Moja sagt vorwurfsvoll, dass ich mich ruhig bemerkbar hätte machen sollen. Ich hätte meinen Hunger stillen dürfen und eine Schlafstatt bekommen für den Rest der Nacht. Sie erklärt, dass ihr Mann Drystan mich an Kindesstatt angenommen hätte und ich damit eine neue Familie bekommen würde.

Ich muss meine Gürteltasche leeren und darf etwas davon essen. Den Rest bringt ihr Sohn wieder in die Grube zurück, während sein Bruder ihm mit einer Kerze leuchtet. Danach bekomme ich ein Strohlager und darf mich zum Schlafen hinlegen. Das will mir allerdings nicht wirklich gelingen.

Moja und ihre Tochter Rigani bereiten in der Morgendämmerung das Frühstück. Dabei fordert sie ihre Söhne Bedran und Myrddin auf, zum Nachbarhof zu gehen und zu schauen, was noch brauchbar ist. Dabei sollen sie die verkohlten Dachsparren vorsichtig auseinanderräumen und nach den Toten suchen, damit sie begraben werden können.

Als die Männer aufbrechen kommt Rigani zu mir und lenkt mich mit Kinderspielen ab, während Moja mit zubereiteten Lebensmitteln in den hinteren Bereich des Hauses geht. Nun sehe ich auch, dass ein Kian -weiser Mann- im Haus genächtigt hat. Er folgt Moja.

Am Abend kommen Bedran und Myrddin wieder zurück. Sie berichten, was sie vorgefunden haben und dass es sich mit meiner Schilderung deckt. Sie haben eine viereckige Grube ausgehoben in der Nähe der Steine, die die Gräber meiner Ahnen kennzeichnen und die Körper hineingeworfen. Dann haben sie alle Gebrauchsgegenstände, die sie in der Asche unseres Hofes finden konnten hinzugetan und die Grube zugeschüttet.

Am folgenden Tag bleibt Rigani im Haus zurück. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass Drystan, der Hausherr, verletzt auf dem Krankenlager liegt. Rigani wird ihn pflegen, während wir anderen in aller Frühe aufbrechen, um meiner Familie die letzte Ehre zu erweisen.

Wir sind gegen Mittag an der Unglücksstelle angelangt und der Kian -weise Mann-, ein umherwandernder Druid -Wissender-, reinigt den Ort mit dem entsprechenden Ritual, wobei er spricht:

„Wind des Nordens, Wind des Südens,
Wind des Ostens und Wind des Westens.
Schützt mit euren Winden die Kinder des Lichts,
die zusammenkommen um ihren Ahnen zu huldigen.
Schütze uns vor allen bösen Mächten,
doch die Guten lasse herein, solange wir hier sind.”

Nun baut er eine Verbindung zur Anderswelt auf, nachdem die jungen Männer ein Feuer angezündet haben. Da hinein lässt er eine Räuchermischung rieseln. Moja, die währenddessen leise geklagt hat, nimmt mich beiseite, stellt sich hinter mich und legt mir ihre Hände auf die Schultern. Als der Kian -weise Mann- nun die Arme gen Himmel hebt, seinen Stab in der rechten Hand haltend, beginnt sie laut zu klagen. Der weise Mann spricht:

„Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Kommt, denn es ist bereit.
Sprecht, denn wir sind bereit.
Wir öffnen uns, so öffnet euch.
Wir zeigen uns, so zeiget mir:
Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Wir sind euch ergeben
Zeiget euch! Öffnet euch!“

Ich fühle ein Kribbeln und meine, dass irgendetwas, ein Luftzug vielleicht, über meinen Kopf streicht. Meine lieben Eltern und Geschwister sind bei mir! Meine Mamaí -Mama- ist mir nah! Moja gibt mir einen kleinen Schubs. Ich gehe auf das Feuer zu und werfe eine Opfergabe hinein. Danach bedankt sich der Kian -weise Mann- bei den Geistern und schließt das Totenritual. Wir setzen uns und essen die mitgebrachten Speisen. Anschließend machen wir uns auf den Rückweg.

*

Ich fühle mich sehr geehrt, dass der weise Mann -Kian- mich zu seinem Chihn -Schüler- erwählt hat. Normalerweise hätte ich, Erin, auf dem Hof des Drystan arbeiten sollen bis ich im heiratsfähigen Alter bin. Danach wäre ich auf Brautschau gegangen und hätte mit der Erlaubnis des Gebietsherrn, eines Capallan -Reiter/Ritter-, den elterlichen Hof wieder aufgebaut.

Dadurch dass der Kian aus dem Stand der Druidi mich als sein Schüler auserkoren hat, kann ich im Laufe der Jahre zu einem Druid werden. Ob ich dann, wie der weise Mann als Wander-Druid zu den Olkani -Bauern- gehen werde oder in einem Dorf sesshaft werde, steht heute noch in den Sternen.

Der Kian ist etwa drei Wochen im Haus des Drystan geblieben, bis der Bauer sich auf seinem Stock fortbewegen konnte. Auch der Abszess seines Capall -Gaul- ist in der Zeit verheilt. Schon in dieser Zeit habe ich meine Augen und Ohren offengehalten. Diese Bedingung hat der weise Mann mir gestellt: Ich soll zuschauen und zuhören bei allem, was er macht, und das alles auswendig lernen.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Sa Jan 28, 2023 11:19 am

Er hat mir einen Wanderstab hergestellt, damit ich nicht so schnell ermüde auf unseren Wegen. Als wir auf unserer Wanderung zu einer Lichtung gekommen sind, die von einer riesigen Dair -Eiche- beherrscht wird, hat er den Wanderstock mit einem Zauberspruch und einer Kraft-Rune magisch aufgeladen. Seitdem fühle ich mich viel leichtfüßiger und sicherer.

Unterwegs zeigt er mir Wildpflanzen, von denen man sich ernähren kann. Auch führt er hin und wieder bestimmte Bewegungsfolgen aus und wirkt dann oft so entrückt, dass ich ihn gar nicht anzusprechen wage. Gemäß seinem Auftrag präge ich mir alles ein, was ich sehe und höre. Als ich ihn beim Essen von ausgegrabenen Wurzeln, die wir anschließend in einem Bach von Erde befreit haben, danach frage, erklärt er:

„Die Anam -Seele- und der Körper sind eins in jedem lebenden Wesen. Über den Körper kann man daher auch die Seele bilden. Um das zu erreichen, haben die Ahnen uns gelehrt, die Natur zu beobachten. Wir müssen uns versenken und mit der Natur eins werden.
Wenn wir das schaffen, beseitigen wir den Widerstreit in uns und entdecken die Harmonie von Körper und Seele. Es kann ein halbes Leben dauern, dies zu beherrschen!“

„Ehrwürdiger Niallan -Meister-, diese Bewegungen, die Ihr in voller Konzentration durchführt, dienen also dazu mit der Natur in Einklang zu kommen?“ frage ich weiter.

„Du musst lernen, deinen Körper zu beherrschen, junger Chihn -Schüler-!“ rät er mir nun. „Wenn du eine Bewegung ausführst, musst du hochkonzentriert die Bewegung verfolgen. Umso größer wird deine Kraft werden.“

„Niallan Fion -Meister ‚der Kenntnisreiche‘-? Welche Kraft meint ihr?“

Er antwortet mir:
„Die Menschen, die ihre Körperkraft konzentriert ausbilden, finden darüber innere Kraft.“

„Wird sie mich mehr schützen, als meine äußeren Kräfte ausgeführt mit den Armen und Beinen?“

Druid Fion an meiner Seite entgegnet mir nun:
„Solange das Herz furchtlos ist, gibt es keine Furcht! Wenn deine Anam -Seele- stark ist, schmilzt alle Furcht dahin, als wäre sie eine Schneeflocke, die in deine Hand fällt!“

"Ehrwürdiger Niallan -Meister-, wie kann man seine innere Stärke finden?“ frage ich interessiert weiter.

„Indem man mit der Natur um uns herum eins wird.“

„Aber die Natur ist wild und gefährlich! Man muss sie fürchten, haben mich meine Eltern gelehrt,“ rede ich dagegen.

Der ehrwürdige Niallan -Meister- antwortet mit einem wissenden Lächeln:
„Wo Math -Bär- und Mann unvereint sind, kann er sterben. Doch, wo der Bär und der Mann eins sind, gibt es keine Angst, keine Gefahr. Welche Kreatur, die eins ist mit der Natur, greift sich selbst an?“

Darüber muss ich nachsinnen. Ich verstumme eine ganze Weile. Nachdem eine Zeit vergangen ist, fragt mich der Niallan:

„Suki uége -Frischling- was bedrückt dich?“

„Ehrwürdiger Niallan, als ich vor dem Feuer floh, bin ich durch die Nacht gelaufen. Ich habe weder etwas gesehen noch gehört, und ich hatte Angst.“

„Wovor?“

„Vor dem Tod.“

„Ein Mensch, der zu leben weiß, braucht den Tod nicht zu fürchten. Er wandelt ohne Furcht vor dem Bären und dem Auerochs, ist unverwundbar im Kampf!“

„Wie kann das sein?“

„Der Auerochs wird keine Stelle finden, wohin er sein Horn stoßen kann. Der Math -Bär- findet keine Stelle für seine Kralle und keine Waffe findet eine Stelle, den Menschen zu verletzen.“

„Und warum nicht, Niallan -Meister-?“ frage ich und schaue ihn mit großen Augen erstaunt an.

Mein Anam Chara -spiritueller Lehrer (Seelenfreund)- erklärt mir:
„Weil bei einem Mann, der zu leben weiß, der Tod kein Tor findet, um einzutreten!“

„Was bedeutet ‚zu leben wissen‘, ehrwürdiger Niallan?“

„Das bringe ich dir gerade bei, kleiner Suki uége -Frischling-. Präge dir alles ein und beherzige es.“

Er macht eine Gedankenpause und erklärt mir dann:
„Wir haben über viele Generationen hinweg eine Methode entwickelt, die wir Wyda nennen. Es sind Übungen, die du dir von mir abschauen und selbst durchführen kannst, um deine Anam -Seele- über deinen Körper zu schulen, denn beide sind eins. Deine Gedanken richten sich an der Natur aus. Die Übungen fördern die Verbindung von Natur und Mensch, denn wir sind Teil von ihr. Jeder Übende nimmt Lebensenergie auf und kommt dabei zu der Erkenntnis, dass Mensch und Umwelt eine Einheit bilden.“

„Dass wir auch als Bauern von der Natur abhängig sind, haben mir meine Eltern von klein auf vorgelebt,“ werfe ich ein.

„Ja,“ bestätigt der Niallan -Meister- und fährt fort: „Aber wir sind nicht nur abhängig von den Launen Kernunnis -Gott der allumfassenden Natur-. Ausgewählte Eingeweihte können nach jahrzehntelanger Übung auch die Lebensenergie in allem Gegenständlichen erkennen oder sogar auf magische Weise im Einklang mit der Natur verändern.“
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Mo Jan 30, 2023 10:10 am

„Hm,“ brumme ich. „Wir verbinden unser Denken, Fühlen und Handeln mit der Natur um uns herum und trotzdem braucht es Jahrzehnte bis wir die Energie des Lebens in Allem entdecken?“

Der weise Mann lächelt mich an und meint:
„Bei dem Einen geht es schneller, Andere brauchen etwas länger und wieder andere erreichen diesen Zustand nie. Aber dennoch können sie Verbindung mit den Geschöpfen der Natur aufnehmen und die natürlichen Schwingungen wieder in geordnete Bahnen lenken. Habe also Geduld und verliere nie den Mut!“

Ich nicke. Nach einer kurzen Pause unterweist mich mein Anam Chara -spiritueller Lehrer- weiter:

„Die Menschen weichen oft von der Überzeugung ab, dass das Eingebundensein in Natur und Kosmos ihr ‚Normalzustand‘ ist. Sie entwickeln andere als die natürlichen Bedürfnisse und bekommen dadurch oft genug Probleme im Leben. Wir Druidi wissen, dass Atmen Pflanzen, Tiere und Menschen miteinander verbindet. Wir bewegen uns im Einklang mit der Natur fort. Wir Druidi wissen, dass das Leben zumeist aus feinstofflichen Schwingungen besteht und nicht nur aus feststofflicher Materie. Es ist so, dass nicht die Anam -Seele- in deinem Körper wohnt, solange du lebst. Sondern dein Körper lebt in deiner Seele und deine Seele lebt in der Natur!“

Es ist schon dunkel geworden und das Feuer, an dem wir lagern, ist heruntergebrannt. Wir legen uns schlafen. Ich kann allerdings die halbe Nacht nicht einschlafen. So kommt es, dass ich am nächsten Morgen zuerst Schwierigkeiten habe, wach zu werden. Dann fühle ich Körper, die sich an mich drücken und mich wärmen. Ich reiße meine Augen auf und sehe Körper mit graubraunen Fellen, die sich an mich drücken.

Erschreckt zucke ich zusammen und stemme mich mit den Armen hoch. Sogleich schauen mich die Augen eines Phelan -Wolfes- an. Da höre ich schon den weisen Mann sagen:

„Keine Angst, Erin! Das Rudel hat die Nacht bei uns verbracht, um uns zu wärmen. Jetzt, wo auch du wach bist, werden sie wieder ihrer Wege ziehen.“

Ich drehe mich und setze mich auf. Dabei zieht mir ein Grautier seine Zunge durch mein Gesicht. Nun erheben sich die Wölfe einer nach dem Anderen wirklich und verlassen unseren Lagerplatz. Ich gehe zu einem nahen Bach und wasche mir den Schlaf aus den Augen. Zurück an der Feuerstelle facht der weise Mann das Feuer wieder an und bereitet aus Wurzeln und Kräutern eine Suppe als Frühstück.

Danach erheben wir uns und mein Niallan -Meister- wirft Erde auf die Glut. Anschließend gehen wir weiter. Ich frage meinen Anam Chara -Lehrer- unterwegs, wie man dieses Wyda paktiziert:

„Was muss ich tun, ehrwürdiger Niallan -Meister-?“

„Du musst die Kraft der Natur, das frische Grün im Wald und auf den Wiesen, den tragenden Felsen unter deinen Füßen oder die bewegende Kraft des Wassers bewusst in dich aufnehmen. Öffne dich dafür, denn alle körperlichen Übungen haben zum Ziel, die Harmonie zwischen deinem menschlichen Sein und den feinstofflichen Schwingungen der Natur herzustellen. Damit stärkst du deine Lebensenergie. Öffne dein Bewusstsein im Zustand kindlicher Neugier und bewege dich mit der Natur.
Es gibt gewisse Kraftorte in der Natur. Du wirst fühlen, welcher Platz der passende ist, denn der Ort wird in dir einen Widerhall erzeugen.“

„Es braucht also eine gewisse Vorbereitung?“ frage ich neugierig.

„Ja, das wird dir im Anfang noch schwierig erscheinen. Bald aber hast du heraus, wie und vor allen Dingen wo du dich am besten gedanklich versenken kannst! Atme regelmäßig! Stehe aufrecht! Schließe für einen Moment die Augen und fühle, was du an diesem Ort an positiven Energien fühlen kannst!“

Ich bleibe stehen und folge den Anweisungen des weisen Mannes, die dieser mit eigenen Aktivitäten untermalt.

„Mach dir bewusst,“ redet mein Lehrer weiter, „dass du nicht nur aus feststofflicher Materie bestehst - aus Muskeln und Knochen -, sondern dass du ein Energiefeld bist, ein feinstoffliches Wesen, und dein Körper in diesem Feld des Lichts inmitten der Natur existiert. Bei Wyda geht es um das reine Sein.
Deine Vitalität hat sein Zentrum im Bauchbereich, von dem aus die Funktion deiner Organe und des Blutkreislaufs gesteuert werden. Deine Gefühle haben ihr Zentrum in der Mitte deiner Brust. Empfindungen der Mitwesen in der Natur, Gefühlsregungen und deine Intuition kannst du dort spüren. Deine Gedanken haben ihr Zentrum hinter deiner Stirn. Dort werden deine Sinneswahrnehmungen bewertet und du kannst dich an Eindrücke und Erlebnisse erinnern.“

Während ich die Übungen des ehrenwerten Niallan -Meisters- nachahme, versuche ich, mich auf die genannten Körperpunkte zu konzentrieren. Ich fühle dabei nichts Besonderes. Mit gerunzelter Stirn mache ich den Meister darauf aufmerksam. Er lächelt milde und meint:

„Bleibe gelassen und übe dich in Geduld, junger Chihn -Schüler-. Alles dauert halt seine Zeit! Allmählich richtet sich deine Wahrnehmung dadurch auf Sichtbares und Unsichtbares, sowie alles Fühlbare aus. Du belebst deinen Körper mit reiner Urkraft – und das ohne große Anstrengung. Auch richtest du deine Achtsamkeit nach innen und dein Sein auf die Harmonie mit der Natur.“

Wir haben die Übungen beendet, gehen weiter und kommen um die Mittagszeit an einen Wasserlauf. Eine junge Frau hat eine lederne Tasche an einem langen Band aus dem gleichen Material quer über die Brust gelegt. Sie sammelt sicher Wildkräuter und Pilze für die Herstellung von Medizin.

Außerdem hat sie einen Krug bei sich, den sie gerade mit der Öffnung unter Wasser hält. Plötzlich ertönt das gefährliche Brummen eines großen Bären in der Nähe. Gehetzt schaue ich mich um. Die junge Frau lässt den Krug los, der im Wasserlauf wegrollt und sich dabei dreht.

Nun zeigt sich Meister Petz und erhebt sich auf die Hinterbeine. In dieser Position ist er größer als mein Anam Chara -Lehrer-, der ruhig stehenbleibt und den Bären ansieht. Die junge Frau schreit auf und läuft davon. Der Math -Bär- lässt sich wieder auf alle Viere sinken und scheint zu überlegen, ob er einen Angriff auf uns laufen soll.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Mi Feb 01, 2023 11:03 am

In diesem Moment ertönt ein gefährliches Knurren unter den Bäumen in der Nähe, dass mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. Der Math schaut über seine Schultern in die Richtung, aus der das Knurren zu hören ist. Kurz darauf zeigen sich drei Wölfe. Sie nähern sich langsam knurrend und zähnefletschend dem Bären. Dieser ergreift die Flucht. Auch die Wölfe sind einen Moment später nicht mehr zu sehen.

Ich komme hinter dem Rücken meines Meisters hervor und frage schüchtern:
„Ehrwürdiger Niallan -Meister-, der Math -Bär- hat uns Menschen bedroht, ist aber vor den Wölfen geflohen. Nun ist hier alles wieder so friedlich wie vorher. Niemand, dem man von diesem Erlebnis berichten wollte, würde es glauben…“

„Du meinst, wir hätten jetzt tot sein müssen? Die Wölfe hätten sich mit dem Bären um ihre Beute, nämlich uns, gestritten?“

„Ja, das denke ich.“

„Schau, mein Chihn, wenn du Wyda anwenden kannst, wirst du die Schwingungen in der Natur interpretieren können, und brauchst den Tod nicht fürchten. Du wandelst dann ohne Furcht vor dem Bären, Auerochs und anderen Beutegreifern durch Wald und Feld!“

Ich muss die Aussage wohl akzeptieren, denn ich habe selbst gesehen, was der Meister vermag. Dennoch kann ich nicht anders und frage:

„Wie ist das, wenn man die Harmonie mit der Natur erlangt hat?“

„Deine Sinne sind die Schwellen zu deiner Anam -Seele-. Durch sie kannst du den Schleier des Sichtbaren durchdringen und alle Seelen der Biti -Welten- erkennen,“ antwortet mein Lehrer.

Ich denke, dass ich noch lange brauchen werde.

„Ich werde diese Lektion nicht vergessen, ehrwürdiger Meister,“ verspreche ich ihm.

„Drei Schätze gibt es im Leben, die man in Ehren halten muss. Der Erste ist Bescheidenheit. Der Zweite ist Gnade. Mit der Gnade kommt Erleuchtung. Und der Dritte ist Mäßigung. Wer sich mäßigt ist großzügig anderen gegenüber,“ erklärt er mir.

„Drei Schätze,“ wiederhole ich. „Wie kann ich sie in Ehren halten, Meister? Indem ich mich immer an sie erinnere?“

Der Meister lacht und korrigiert mich:
„Nein, mein Chihn -Schüler-. Dadurch bestimmt nicht. Aber durch deine Taten!“

Ich schaue ihn an. Er fordert mich jetzt auf:
„Nimm den Krug aus dem Wasser und trage ihn gefüllt zu dem Bauernhof in der Nähe!“

Also steige ich in den Wasserlauf und greife den Krug. Ich hebe ihn auf eine Schulter und orientiere mich nach meinem Meister. Er hat meinen Wanderstab aufgehoben und verlässt gerade den Ort. Ihm folge ich etwa eine Stunde zu einem Bauernhof in der Ferne. Von dort kommen uns Männer in Bauerntracht entgegen. Sie tragen Ackergerät mit sich.

„Sucht ihr den Math -Bär-?“ ruft ihnen mein Meister entgegen.

„Ja, er hätte meine Schwester Belana beinahe getötet. Wenn er sich noch hier in der Nähe herumtreibt, kann er unserem Vieh gefährlich werden!“ antwortet einer der Männer, und ergänzt, als er den Druid erkennt: „Entschuldigt, Herr. Ich wusste nicht…“

Mein Niallan -Meister- erklärt, freundlich lächelnd:
„Wir sind dazwischen gegangen und haben ihn überzeugt, seine Nahrung in einer anderen Richtung zu suchen. Mein Chihn -Schüler- hat den Krug deiner verehrten Schwester wieder aufgefüllt. Wir wollen ihn zu ihr bringen!“

„Gerne! Auch ich möchte Euch einladen in mein Haus einzukehren. Den Krug kann gerne einer meiner Knechte tragen.“

Mein Meister nickt und einer der anderen Männer nimmt mir den Krug von der Schulter. Nun wenden sich die Männer um und wir folgen ihnen. Bald haben wir den Bauernhof erreicht, in der Belana und ihr Bruder wohnen. Sie treten ein und unser Führer erneuert seine Einladung:

„Tretet ein, ehrenwerter Herr.“

Im Haus tritt uns ein älterer Mann entgegen. Es stellt sich heraus, dass es der Bauer ist. Unser Führer, sein Sohn, erzählt ihm, was er von uns erfahren hat und nun bittet auch der Athir -Vater- uns zu bleiben. Er führt uns zur Feuerstelle und schenkt uns Schalen mit Tee aus.

Kurze Zeit später ist die junge Frau mit dem Essen fertig. Sie reicht jedem Anwesenden eine Schale mit Emmergrütze, verfeinert mit einer aromatischen Soße. Mein Meister fragt den Bauern:

„Dies ist ja ein richtiger Männerhaushalt. Wo ist Eure verehrte Frau?“

„Sie ist leider schon vor ein paar Jahren verstorben, ehrenwerter Herr. Jetzt habe ich nur noch meinen Sohn, meine drei Knechte und meine Tochter mit ihrem Kind. Sie ist so jung schon verwitwet. Mein Sohn hat dagegen noch nicht für eine Frau gefreit.“

„Oh, das sind keine schönen Nachrichten,“ bestätigt mein Meister.

In diesem Moment bewegt sich das Oberteil des Kleides der jungen Frau. Ein neugieriges Gesichtchen lugt hervor und beäugt uns. Dann bekommt es einen Hustenanfall. Die junge Frau gibt einige Kräuter in eine Schale Tee und lässt sie ein paar Minuten ziehen. Danach gibt sie ihrem Baby davon schluckweise zu trinken.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Fr Feb 03, 2023 10:21 am

Mein Meister möchte wissen, welche Kräuter sie verwendet. Sie nennt sie und mein Meister nickt. Danach fragt er:

„Darf ich die Schale kurz haben?“

Belana reicht ihm die Schale und mein Meister holt etwas aus seiner ledernen Gürteltasche, das er zusätzlich in den Tee rieseln lässt. Dabei spricht er:

„Wind des Nordens, Wind des Südens,
Wind des Ostens und Wind des Westens.
Schützt mit euren Winden die Kinder des Lichts,
die zusammenkommen um ihren Ahnen zu huldigen.
Schütze uns vor allen bösen Mächten,
doch die Guten lasse herein, solange dieses Kind krank ist.”

Danach reicht er Belana die Schale zurück, die ihr Kind damit weiter behandelt. Irgendwann fummelt das Kleine am Stoff des Kleides. Die junge Frau hilft ihm, an ihre Brust zu kommen, wo das Kleine nun zufrieden nuckelt. Mein Meister lächelt und erklärt ihr, welches Kraut er – in getrockneter Form – noch zusätzlich in den Tee gegeben hat, damit sie es neben dem anderen Heilkraut ebenfalls sammelt.

Wir werden gebeten im Bauernhaus zu übernachten. Nach einer weiteren Schale Tee legen wir uns mit den Leuten um das gelöschte Kochfeuer, die Füße zur Glut gerichtet. Nachdem die Heilung des Säuglings voranschreitet, verabschieden wir uns herzlich von unseren Gastgebern. Eine Woche sind wir nun Gäste des Bauern gewesen. Im Hinausgehen segnet der Meister das Haus und seine Bewohner. Bald darauf befinden wir uns wieder in der Natur. Wieder führt er die Wyda-Übungen aus und ich ahme ihn nach.

In einer Pause frage ich meinen Niallan -Meister-:
„Ehrenwerter Meister, hattest du keine Angst vor dem Bären?“

„Ein Mann, der mit der Natur vereint ist, für den stellen die wilden Tiere keine Gefahr dar, junger Chihn -Schüler-. Siehe, der Math wollte uns testen. Wären wir vor ihm davongelaufen, hätte er uns als Beute angesehen und wäre uns gefolgt. So aber wusste er nicht, wie er uns einordnen sollte und hätte sich irgendwann zurückgezogen.“

„Aber dann waren plötzlich Wölfe da, die ihn bedroht hatten!“ erinnere ich ihn an die Begebenheit.

„Bruder Phelan hat den Math -Bären- überzeugt, es sei besser, keinen weiteren Test zu starten. Das geschah auch, weil er möglicherweise die junge Frau als Beute ansehen konnte, denn sie ist angstvoll geflüchtet – verständlich, da sie ein kleines Kind zu versorgen hat. Auch war sie in Sorge um ihr Kind, weil es kränkelte.“

„Bruder Phelan -Wolf- nennst du die gefährlichen Raubtiere…“ resümiere ich.

Er lächelt und streicht mir sanft über das Haar.

„Wölfe sind genau solche sozialen Wesen wie wir Menschen. Haben sie einmal die Witterung eines Menschen aufgenommen, meiden sie normalerweise seine Nähe. Erweist sich dieser Mensch aber als Teil der Natur wie auch sie, kann es vorkommen, dass sie ihn in ihr Rudel aufnehmen und ihn beschützen, wenn er des Schutzes bedarf.“

„Ob ich jemals auch solche Schutzgeister an meine Seite bekomme?“ frage ich ihn nun direkt.

„Da bin ich mir sicher, Suki uége -Frischling-! Folge mir nur weiterhin nach. Welches Krafttier es letztendlich sein wird, weiß man jetzt noch nicht. Neben dem Wolf kann es genauso der Urbó -Auerochs- oder der Keirw -Hirsch- werden. Übe dich in Gelassenheit!“

*

In der nächsten Zeit zusammen mit meinem Meister zeigt er mir die Kraft der Bäume. Er setzt sich unter eine Eiche und fordert mich auf, es ihm gleich zu tun. Ich soll meine Augen schließen und an den Quell meiner Gedanken vorstoßen. Dort soll ich die Schwingungen der Erde und der Bäume erspüren.
Er sagt, Odam -Lebenskraft, Lebensenergie- verbindet die Schwingungen und Energien der Bäume mit dem Wissen der Druidi. Odam ist eine Erdenergie, die durch jedes Lebewesen strömt. In der Erde stecken die Wurzeln der Bäume.

Ist ein Druid mit dieser Energie vertraut, kann sie durch Handauflegen übertragen werden. Mit ihr können Körper und Seele geheilt, wieder in Einklang gebracht und unsere Selbstheilungskräfte aktiviert werden.

Diese Energie spürt man, wenn man unter den Ästen eines Baumes steht oder ihn umarmt – und sich auf ihn konzentriert. Einige Bäume geben Kraft, andere Inspiration.

Mein Niallan -Meister- erklärt dazu, dass ich im Laufe der Jahre mit den Energien der Bäume meine persönliche Energieebene erhöhen kann. Nun habe ich zwei Kräfte der Druidi kennengelernt. Wyda lässt mich mit der Natur eins werden –‚durch den Schleier gehen‘- und Odam aktiviert geistige Energien in uns.

Während meiner Lehrzeit bei Niallan Fion, ich bin beinahe zwanzig Jahre älter als damals, wo er mich als sein Chihn -Schüler- angenommen hat, hat er mich an den Hof des lokalen Fürsten gesandt. Auf dem Weg dorthin habe ich einen dunklen Wald durchquert.

Plötzlich sehe ich vor mir eine Hirschkuh auf dem Boden kauern, den Hals langgestreckt und den Kopf zwischen den Waldkräutern liegen. Ich nähere mich ihr vorsichtig und kauere mich neben sie. Als ich meine Hand auf ihren Rücken lege und sie langsam vom Halsansatz nach hinten wandern lasse, hebt sie den Kopf ein wenig an und schnaubt.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1So Feb 05, 2023 11:04 am

Ich spüre eine Störung des Energieflusses. Die Kuh liegt nicht im Sterben, noch nicht! Als ich mich erhebe und auf ihre andere Seite wechsele, sehe ich eine Pfeilspitze in ihrer Haut stecken. Beruhigend auf sie einflüsternd, ziehe ich die Spitze heraus und stille das austretende Blut mit Kräutern aus meiner Gürteltasche. Meine Hände auf die Wunde legend, rezitiere ich einen alten Vers der Druidi:

„Einen Teil meines Herzens schenke ich Dir
Die Naturgeister sollen finden den Weg,
bei Sonne und Regen
für dich und die deinen reichen Segen
Von nun an auf immer!“

Ich lege mich neben das große Tier ab, drücke mich an und bin bald eingeschlafen. In der Nacht sehe ich im Traum einen Hirsch nähertreten. Er senkt den Kopf und leckt die Kuh. Als ich am Morgen erwache, liege ich allein auf dem Waldboden. Ich mache mich an einem nahen Bach frisch und esse von meinen Vorräten aus der ledernen Tasche, die ich am Gürtel trage.

Danach setze ich froh gestimmt meinen Weg fort. Zwei Tage später erreiche ich die Erdwälle, mit denen der Fürstenhof rundum gesichert ist und umrunde sie ein Stück, um zum Tor zu kommen. Dort werde ich schon erwartet. Sicher hat man mich beim teilweise umrunden der Erdwälle beobachtet. Die Wache begleitet mich zum Fürsten.

„Seid gegrüßt, edler Herr,“ begrüße ich den Fürsten.

„Ihr kommt gerade zur rechten Zeit!“ erklärt der Fürst. „Meine liebe Tochter ist schwer krank. Wenn Ihr sie heilen könnt, will ich es euch reich vergelten!“

„Ich versuche mein Möglichstes,“ verspreche ich und frage: „Würdet Ihr mich zu der Hohen Dame führen?“

Ein Bediensteter führt mich aus dem Saal und bringt mich in die Privatgemächer zu der Lagerstatt der Hohen Dame. Ich beuge mich über sie und fühle ihre Stirn. Die junge Frau schaut mich an, aber sieht mich nicht wirklich. Sie flüstert:

„Ich sehe grüne Wiesen, wunderschöne Blumen und bunte Schmetterlinge. Bin ich in Folkwang -jenseitiger Ort in der Anderswelt, vergleichbar mit dem Paradies-?“

„Strenge dich bitte nicht an, Hohe Dame. Was wird, das wird sich zeigen.“

Sie schließt die Augen und bald darauf künden regelmäßige Atemzüge davon, dass sie eingeschlafen ist. Ich lasse meine Hände über ihre Decke wandern. Ihre Lebensenergie durchdringt die Decke ohne Probleme. Allerdings erkenne ich Störungen im Energiefluss. Ich konzentriere mich und versuche durch Handauflegen die Energiezentren ihres Körpers zu beeinflussen.

Es ist nicht einfach, die Störungen im Fluss ihrer Lebensenergie zu beseitigen und es braucht Zeit. Irgendwann habe ich die Harmonie wiederhergestellt und löse mich aus der tiefen Konzentration. Von den Bediensteten höre ich, dass ich zwei Tage nicht ansprechbar gewesen bin. Sie haben mir Speise gebracht, aber ich habe nichts angerührt. Auch die Hohe Dame hat die beiden Tage durchgeschlafen. Sie haben ihre Atmung alle paar Stunden mit einer Feder überprüft.

Nun isst die Hohe Dame im Bett und ich auf einem Hocker neben ihr. Anschließend frage ich die Hohe Dame, ob sie sich an ihre letzte Speise erinnern kann, bevor es ihr schlecht wurde. Sie erklärt mir, dass es Wildbret mit einer Pilzsoße gewesen ist. Die Erwähnung von Pilzen lässt mich aufhorchen. Es hat nicht zum Tod geführt, aber sie hat Visionen gehabt. Andererseits hat anscheinend kein Anderer im Fürstenhof diese Symptome gehabt.

Der ehrenwerte Athir -Vater- ist erfreut und übergibt mir eine Tasche mit Münzen als Dank. Den Mundschenk lässt er in den Kerker werfen. Ich verlasse den Fürstenhof und mache mich auf, meinen Meister Fion zu treffen. Mein Weg führt mich dafür wieder durch den Wald. Plötzlich tritt eine Gruppe dunkler Gestalten unter den Bäumen hervor und attackieren mich.

Ich hebe meinen Wanderstab, halte ihn waagerecht und wehre die halbherzig vorgetragenen Angriffe ab. Aber je länger ich mich wehren kann, desto verbissener werden ihre Angriffe. Ich rufe in Gedanken die Energie der Waldbäume zu Hilfe:

„Dair, Dair, Dair -Eiche-
rege deine Wurzeln
Dair, Dair, Dair -Eiche-
strecke deine Äste
Dair, Dair, Dair -Eiche-
wache auf aus deinem Schlaf
Dair, Coll, Saille -Eiche, Haselstrauch, Weide-
Brüder dieses Waldes gebt mir euern Schutz
Dair, Coll, Saille -Eiche, Haselstrauch, Weide-
Brüder dieses Waldes zeigt mir euren Fluss!“

Plötzlich brechen eine Gruppe männlicher Rothirsche zwischen den Bäumen hervor und stürmen mit gesenktem Geweih auf den Kampfplatz. Die Männer flüchten. Ein Nachzügler humpelt von dannen. Die Hirsche nehmen für wenige Minuten die Verfolgung auf, kommen dann aber zurück. Einer der Hirsche nickt mit dem Kopf und zeigt damit sein beeindruckendes Geweih. Danach sind sie so schnell verschwunden, wie sie gekommen sind. Ich bedanke mich in Gedanken und nehme meinen Weg wieder auf.

Als die Dämmerung hereinbricht, suche ich mir einen Schlafplatz unter einer Eiche. Ich rekapituliere noch einmal das Erlebte und führe meine Aufmerksamkeit nach innen. Bald kann ich die Schwingungen der Natur und insbesondere der Eiche erfühlen, unter der ich ruhe. Die Eiche scheint irgendwie von Lebensenergie aufgeladen zu sein. Auf einmal sehe ich Meister Fion vor meinen inneren Augen. Er lächelt und beginnt dann zu sprechen:

„Erin, such nicht mehr nach mir. Du bist soweit! Ab heute bist du kein ehemaliger Bauer mehr, sondern ein Druid. Du darfst dich einen Meister nennen und selber einen Chihn -Schüler- ausbilden. Wähle nur gut, wen du dafür würdig hältst! Geh‘ zu den Bauern und erleichtere ihr Leben mit deinen Fähigkeiten.“

Als er geendet hat, verblasst seine Erscheinung und mich umfangen die Arme des Schlafes. Nachdem am folgenden Morgen die Sonne über den Horizont klettert, erhebe ich mich und horche auf das Gluckern eines kleinen Bachlaufes. Dort mache ich mich frisch. Danach suche ich wildes Wurzelgemüse, das ich im Wasser von der Erde befreie und an einen Baum gelehnt esse.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Di Feb 07, 2023 10:24 am

Dabei kommt mir die Erscheinung von gestern Abend in den Sinn.

„Wyda lässt dich mit der Natur eins werden -‚durch den Schleier gehen‘-,“ hat Meister Fion vor vielen Jahren gesagt.

Das ist ganz sicher das gewesen, was ich erlebt habe, bevor ich eingeschlafen bin. Meister Fion scheint gewusst zu haben, was mich am Fürstenhof erwartet. Dass er nicht selbst dorthin gegangen ist, sondern mich gesandt hat die Hohe Dame zu retten, ist sicher eine Bewährungsprobe gewesen. Meister Fion ist sich bestimmt sicher gewesen, dass ich die Aufgabe schaffen würde. Während Meister Fions Krafttier der Wolf ist, habe ich nun den Hirsch als mein Krafttier erworben.

Ich wandere los. Mein Ziel ist meine Heimat. Auf dem Weg dorthin komme ich an vielen Einödhöfen vorbei. Die meisten Bauern sind mit meinem Segen zufrieden. Einigen helfe ich gesund zu werden. Anderen heile ich ihre Verletzung. Immer bleibe ich solange am Ort, bis die Kranken gesund und die Verletzten genesen sind.

Dabei erzählen mir die Leute ihre Familiengeschichten und erhoffen sich mutmachende Worte. Einer jungen Familie, deren Hof bei einem Unwetter von einem Blitz getroffen wurde, gebe ich die Münzen des Fürsten. Damit sollen sie nach und nach neues Baumaterial erwerben, um ihren Hof in Eigenarbeit mit Hilfe ihrer Verwandten wieder aufzubauen.

So dauert es noch einmal ein paar Jahre bis ich Drystans Hof erreiche. Ich bin gespannt, ob der Bauer noch lebt oder der älteste Sohn Myrddin nun der Bauer auf dem Hof ist.

*

Es kann nicht mehr weit sein zu Drystans Hof. Nur noch durch diesen Wald hindurch. Dann müsste ich zumindest auf die Felder treffen und weiß mich dann zu orientieren. Vor mir erkenne ich einen Wasserlauf. An ihm gehe ich entlang auf der Suche nach einer Schmalstelle oder einer Furt.

Plötzlich höre ich eine Mädchenstimme, die eine Melodie summt. Als sie näher heran ist, grüße ich sie. Sie erschrickt im ersten Moment. Dann erkennt sie den Druid in mir. Sie neigt ehrfürchtig ihren Kopf und grüßt zurück. Ich frage sie nach Drystans Hof. Sie antwortet:

„Der verehrte Großvater ist vor ein paar Jahren in die Anderswelt gegangen. Jetzt ist Athir -Vater- der Bauer. Also Myrddin!“

„Oh, war ein Druid bei der Beerdigung dabei?“

„Leider nein, ehrenwerter Kian -weiser Mann-. Hier kommt nicht oft ein Druid vorbei.“

In diesem Moment ertönt ein gefährliches Brummen in der Nähe. Ich weiß, dass dies ein Math -Bär- ist. Augenblicklich spüre ich Panik in dem Mädchen aufsteigen. Sofort sage ich zu ihr:

„Halt, meine Tochter! Lauft nicht weg! Vertraut mir! Versteckt euch hinter meinem Rücken, so dass Ihr den Bären nicht mehr seht. Dann kann er Euch auch nicht mehr sehen.“

Ich selbst wende mich zu dem Bären um und strecke ihm die Spitze meines Wanderstabes entgegen. Der Math hat sich auf die Hinterbeine erhoben und brummt wieder. Dabei zeigt er ein beeindruckendes Gebiss. Ich rezitiere wieder den Spruch an die Bäume des Waldes. Auch diesmal kommt eine Gruppe Hirsche von der Seite und rennt an dem Bären vorbei. Diese Scheinattacke irritiert Meister Petz derart, dass er sich auf alle Viere fallen lässt und in die Richtung verschwindet, in die die Hirsche verschwunden sind.

„Würdest du mich nun bitte zu deinem ehrenwerten Athir -Vater- führen, meine Tochter?“ frage ich die junge Frau, die vielleicht halb so alt ist wie ich.

Wir gehen aus dem Wald heraus und haben ihren Elternhof gegen Mittag erreicht. Sie führt mich zum Wohnhaus und schlägt das Bärenfell zur Seite, das den Eingang verdeckt. Ich bedanke mich lächelnd und betrete die Halle. Hinter mir schlüpft die junge Frau herein und nähert sich ihrer Mutter mit dem Tragekorb voller Wildkräuter und Pilze.

Die Frau, etwa in meinem Alter oder nur wenig älter als ich, schaut von der Feuerstelle auf und kommt mir entgegen. Ohne besondere Anweisung von ihrer Mutter kümmert sich nun die junge Frau um die Speisen auf der Feuerstelle. Die ältere Frau begrüßt mich ehrerbietig und bietet mir Platz an. Danach reicht sie mir Tee. Ich habe ihren Gruß erwidert und Platz genommen. Nun sage ich:

„Ich hörte von Eurer Tochter, dass Euer verehrter Athir -Vater- diese Bitu -Welt- verlassen hat, ohne dass ihm ein Totenritual gewährt worden ist. Darf ich bleiben bis alle Nachkommen versammelt sind und ihm das Ritual nachträglich gewähren?“

Meine Gastgeberin bekommt feuchte Augen und stimmt mir zu.

„Ich werde einen meiner Söhne zu meinem Schwager senden und ihn davon in Kenntnis setzen. Mein Mann und alle Verwandten werden sich sehr darüber freuen!“

In diesem Moment tritt eine Frau herein, die etwa zwanzig Jahre älter ist als ich. Sie trägt an einem Schulterjoch zwei Eimer mit Milch. Als sie mich sieht, begrüßt sie mich kurz und entschuldigt sich, dass sie die Milch versorgen muss. Die junge Frau kommt aber herbeigelaufen und nimmt ihr die Last ab. Ich habe mich in der Zwischenzeit erhoben und frage, nachdem ich zurückgegrüßt habe:

„Sehe ich hier die ehrwürdige Moja vor mir?“
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Do Feb 09, 2023 9:59 am

Die alte Frau schaut mich misstrauisch an und bestätigt meine Annahme:
„Ja, ehrenwerter Kian -weiser Mann-, die bin ich…“

Ich helfe ihr ein wenig auf die Sprünge, indem ich sie erinnere:
„Ich wäre beinahe Euer Ziehsohn geworden, wenn nicht der Druid, der hier weilte, als der Hof meiner Eltern niederbrannte, mich zu seinem Chihn -Schüler- erwählte.“

In ihrem Gesicht arbeitet es. Aus Unverständnis wird Erkennen, das sich zu Freude wandelt. Ich bin sicher, sie hätte mich am liebsten in ihre Arme geschlossen. Stattdessen beginnt sie zu zittern und sinkt auf ihre Knie. Nur ein Wort verlässt ihre Lippen, während sie sich ihre Wangen mit einem Zipfel ihres Kleides trocknet.

„Erin!“ sagt sie.

Ich mache einen Schritt auf sie zu, fasse sie an den Schultern und ziehe sie auf ihre Füße. Dabei sage ich einfach:

„Mamaí!“

Moja macht einen Schritt rückwärts, beugt ihren Kopf vor mir und entfernt sich in Richtung der Feuerstelle. Dort fordert sie ihre Enkelin auf:

„Venia, geh auf’s Feld und hole die Männer zum Essen!“

Die junge Frau läuft lächelnd an mir vorbei nach draußen, während die alte Frau in die Grube steigt und zusätzliche Lebensmittel hochholt. Danach hilft sie ihrer Schwiegertochter an der Feuerstelle.

Eine Viertelstunde später wird es lebendig im Bauernhaus. Der Bauer und drei Söhne treten durch den Eingang. Die junge Frau huscht vorbei, um an der Feuerstelle zu helfen. Dann tragen die Frauen ein Essen auf, das einem Julfest würdig wäre. Der Bauer sieht es und fragt belustigt:

„Haben wir heute etwas zu feiern?“

Dann schaut er in meine Richtung, verbeugt sich ehrerbietig und bittet mich, ebenfalls am Tisch Platz zu nehmen. Als alle um den Tisch sitzen und jeder eine volle Schale vor sich hat, erklärt Moja:

„Myrddin, dieser Kian -weise Mann- ist Erin, der Sohn von Maeron und Hafren, die damals in einer schrecklichen Feuersbrunst ums Leben gekommen sind. Er wird Drystan die letzte Ehre erweisen, so dass er beruhigt nach ‚Folkwang‘ -jenseitiger Ort in der Anderswelt mit grünen Wiesen und wunderschöner Natur- gehen kann.“

„Dann müssen wir Bedran benachrichtigen!“ stellt der Bauer fest. „Alpin, du wirst nach dem Essen zu deinem Onkel gehen und ihn benachrichtigen!“

Einer der Söhne spannt nach dem Mittagessen das Kaltblut vor den Heuwagen, setzt sich darauf und ist zwei Stunden später mit der Familie seines Onkels zurück. Während er den Wagen abspannt und den Capall -Gaul- in den Stall bringt, kommen Bedran, seine Frau, zwei Söhne und zwei Töchter in die Halle. Moja übernimmt wie selbstverständlich das Kommando über die Frauen und Mädchen. Die Männer setzen sich zu mir und wir besprechen die Totenfeier für Drystan am morgigen Tag.

*

Der Besuch hat in Myrddins Haus übernachtet. Am Abend habe ich erfahren, dass der Hof meines Athir -Vaters- Ulik wiederaufgebaut worden ist, um die Ländereien meiner Eltern nicht verwildern zu lassen. Bedran bewirtschaftet nun diesen Hof. Ich akzeptiere es gerne, ist er doch beinahe mein Stiefbruder.

Vor dem Frühstück gehen wir hinaus zur Grabstätte meines Beinahe-Stiefvaters. Dort reinige ich die Erde mit einem Spruch und vertreibe auf diese Weise die bösen Geister. Danach setzen wir uns und frühstücken im Beisein der Seele Drystans, um sie danach in Richtung Folkwang zu verabschieden. Die Sippe fühlt sich erleichtert und Myrddin fragt mich:

„Niallan Erin -Meister Erin-, wäre es nicht schön ein eigenes Haus zu besitzen? Ihr könntet in den Wald gehen, so oft Ihr wollt. Gleichzeitig könntet Ihr die Feste im Jahreslauf durch Eure Anwesenheit aufwerten und mit Eurem Wissen uns in allen Lebenslagen zur Seite stehen!“

Ich lächele den Hofbesitzer an und sage:
„Wenn sich hier ein Druid niederlässt, wird das zur Folge haben, dass dieser Ort wächst. Andere werden kommen und sich ansiedeln, weil sie genauso denken werden. Mein Krafttier ist der Hirsch. Alle Menschen, die sich hier niederlassen, dürfen keine Hirsche mehr jagen! Urbó -Auerochsen- und andere Wildtiere werden stattdessen euren Speiseplan bereichern – solange bis einem von euch ein Wildtier im Traum erscheint und ihr im Alltag erfahrt, dass dies sein Krafttier ist.“

„Wir werden uns daran halten, ehrwürdiger Niallan -Meister-!“

„Also muss Feld- und Viehwirtschaft genug Nahrung für alle zukünftigen Dorfbewohner liefern, damit es den Göttern gefällt!“

Myrddin nickt. Ich freunde mich mit dem Gedanken an, ein Anam Chara -Seelenfreund- für die Menschen hier zu werden und mein Wirken auf diesen Ort zu konzentrieren. Während die Männer mein Haus bauen, bewirten uns die Frauen. Ich wohne in dieser Zeit in Myrddins Haus und feiere mit ihnen die keltischen Feste im Jahreslauf.

Dann ist das Haus fertig. Ich betrete es, um es spirituell zu reinigen und sehe, dass man eine Feuerstelle errichtet und eine Grundausstattung an Haushaltsgerät hineingebracht hat. Sicher hat jeder der beiden Haushaltsvorstände etwas von sich abgegeben.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Sa Feb 11, 2023 9:51 am

Bei einem Besuch zum Tee in Myrddins Haus, spricht dieser mich an:
„Ehrenwerter Niallan -Meister-, Ihr selbst habt bisher noch keinen Chihn -Schüler-?“

„Neeein?“ dehne ich.

Ich bin gespannt, worauf Myrddin hinaus will.

„Um ein Druid zu werden, muss ein junger Mensch sehr lange lernen. Meine Söhne und die von Bedran sind schon im heiratsfähigen Alter oder haben geheiratet. Sie sind sicher zu alt für die Laufbahn zum Druid. Aber es gibt doch auch weibliche Druidi! Könnte meine Tochter nicht Eure Schülerin werden?“

„Gerne,“ antworte ich lächelnd.

Nun lächelt Myrddin verschmitzt und meint:
„In ein Haus gehört auch eine Frau…“

Er ruft seine Tochter herbei. Sie ist zwar schon älter als ich damals gewesen bin, als Meister Fion mich zu seinem Schüler erwählt hat. Sie ist eine junge Frau, fast in heiratsfähigem Alter. Dass er sie für mich vorgesehen hat, ist ein immenser Vertrauensbeweis! Die junge Frau tritt näher und er fragt sie:

„Würdest du Meister Erins Magd werden wollen, Venia?“

Sie geht vor mir auf die Knie, setzt sich auf ihre Fersen und beugt den Kopf. Dann antwortet sie:
„Ja, das würde ich sehr gerne.“

Ich fühle Freude in ihr aufsteigen. Während des Hausbaues, als ich bei ihnen gewohnt habe, bin ich stets rücksichtsvoll mit ihr umgegangen. Dadurch hat sich Vertrauen und Zuneigung entwickelt. Nach dem Tee gehe ich wieder in mein Haus hinüber und sie folgt mir. Mutter und Großmutter lächeln.


--Die Druidin--

Mein Name ist Venia und ich bin ein Bauernmädchen. Treu helfe ich meiner lieben Mamaí im Haus, denn inzwischen bin ich 16 Jahre alt. Leider hat noch kein Bauernbursch aus der Umgebung für mich gefreit, obwohl ich seit etwa drei Jahren zu den Jahreszeitenfesten mitgenommen werde.

Mamaí hat mich von klein auf mit in den Wald genommen, wenn sie Heil- und Gewürzkräuter, sowie Speisepilze gesammelt hat. Seit ein paar Jahren sendet sie mich mit einem Korb alleine los. So ist es auch heute wieder:

Nach dem Frühstück hat Mamaí mich in den Wald geschickt. Irgendwie habe ich eine Melodie im Kopf, die eine bekannte Telenn-Spielerin -Harfen-Spielerin- auf dem letzten Fest vorgetragen hat. Das Instrument hat einen wunderbaren weichen Klang, wodurch die Melodie sehr eingängig geworden ist. Deshalb summe ich die Melodie, während ich mich nach den Kräutern auf dem Waldboden bücke.

Plötzlich höre ich eine Männerstimme und verstumme erschreckt. Ich richte mich auf und wende mich um. Ein Stein fällt mir vom Herzen als ich bemerke, dass der Mann, dem die Stimme gehört, in ein Druid-Gewand gehüllt ist. Er hat mich höflich gegrüßt.

Ehrfürchtig neige ich mein Haupt und grüße zurück. Nun fragt er mich nach Großvaters Hof. Er weiß sicher nicht, dass Großvater vor wenigen Jahren in die Anderswelt gegangen ist. Jetzt hat Vater den Hof in seine Verantwortung übernommen. Ich erkläre es ihm. Er fragt mich betroffen:

„Oh, war ein Druid bei der Beerdigung dabei?“

Ich verneine das und erkläre ihm, dass hier selten ein Druid vorbeikommt. Er nickt dazu und fragt dann:

„Würdet Ihr mich dann zu Eurem Athir -Vater- führen?“

Ich nicke bestätigend:
„Gerne.“

Der Kian -weise Mann- hebt nun sein Gewand etwas an, um durch den kleinen Fluss zu waten, der uns trennt. Danach folgt er mir aus dem Wald heraus. Während wir gehen, nenne ich ihm den Namen meines Vaters, Myrddin.

In diesem Moment ertönt ein gefährliches Brummen in der Nähe. Mein Herz verkrampft sich, denn ich kenne das Geräusch. Es ist ein Math -Bär-! Der Kian -weise Mann- sagt sofort zu mir:

„Halt, meine Tochter! Lauft nicht weg! Versteckt euch hinter meinem Rücken, so dass Ihr den Bären nicht mehr seht. Dann kann er Euch auch nicht mehr sehen.“

Zitternd verstecke ich mich hinter seinem Rücken und schließe meine Augen. Er spricht halblaut einen Zauberspruch vor sich hin:

„Dair, Dair, Dair -Eiche-
rege deine Wurzeln
Dair, Dair, Dair -Eiche-
strecke deine Äste
Dair, Dair, Dair -Eiche-
wache auf aus deinem Schlaf
Dair, Coll, Saille -Eiche, Haselstrauch, Weide-
Brüder dieses Waldes gebt mir euern Schutz
Dair, Coll, Saille -Eiche, Haselstrauch, Weide-
Brüder dieses Waldes zeigt mir euren Fluss!“
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Mo Feb 13, 2023 9:49 am

Plötzlich höre ich ein Tierrudel vorbeistürmen. Vor Angst wage ich es immer noch nicht, meine Augen zu öffnen. Als es ruhig geworden ist, um uns herum, wendet sich der Kian zu mir um und erinnert mich noch einmal daran, was ich vorhatte:

"Würdest du mich nun bitte zu deinem ehrenwerten Athir -Vater- führen, meine Tochter?“

Ich schaue mich misstrauisch um, aber der Math -Bär- ist verschwunden. Also beeile ich mich, aus dem Wald heraus zu kommen. Der weise Mann folgt mir mit Leichtigkeit, obwohl er nur wenig jünger als mein Athir sein muss.

Als wir unseren Bauernhof erreichen, ist es fast Mittag. Ich führe ihn zu unserem Wohnhaus und schlage ihm das Bärenfell zur Seite, das den Eingang verdeckt. Der Kian bedankt sich lächelnd und betritt die Halle. Ich lasse das Bärenfell los und schlüpfe an dem ehrenwerten Besuch vorbei, um Mamaí den Tragekorb mit den gesammelten Wildkräutern und Pilzen zu übergeben.

Dabei sage ich ihr, dass wir Besuch haben. Mamaí schaut von der Feuerstelle auf und geht dem weisen Mann entgegen, um ihn zu begrüßen. Sofort lege ich den Korb ab und kümmere mich um das Essen auf dem Herd, damit nichts anbrennt. Das wäre jetzt gerade gegenüber dem hohen Besuch fatal.

Ich höre, wie Mamaí ihm Platz anbietet und ihm eine Schale Tee serviert. Nach dem Gruß kommt der Kian auf Großvaters Tod zu sprechen. Er bietet ihr an, ihm das Totenritual nachträglich zu gewähren. Mamaí antwortet:

„Ich werde einen meiner Söhne zu meinem Schwager senden und ihn davon in Kenntnis setzen. Mein Mann und alle Verwandten werden sich sehr darüber freuen!“

Jetzt betritt Großmutter die Halle mit einem Schulterjoch. Sie hat unsere Kühe gemolken und die Milch muss geschwind weiterverarbeitet werden. Ich erhebe mich und laufe Großmutter entgegen, um ihr das schwere Joch abzunehmen. Auch Großmutter begrüßt unseren Gast. Aus der Grube höre ich, wie sich das Gespräch weiterentwickelt.

Nachdem der Kian -weise Mann- den Gruß zurückgegeben hat, fragt er:
„Sehe ich hier die ehrwürdige Moja vor mir?“

Es entsteht eine kurze Pause. Dann antwortet Großmutter verhalten:
„Ja, ehrenwerter Kian -weiser Mann-, die bin ich…“

Dann spricht der Kian wieder. Er sagt zu ihr:
„Ich wäre beinahe Euer Ziehsohn geworden, wenn nicht der Druid, der hier weilte, als der Hof meiner Eltern niederbrannte, mich zu seinem Chihn -Schüler- erwählte.“

Ich bin in der Grube fertig, habe die Milch in Fässer gegossen und mit einer Kelle einen Teil davon in eine Käsetrommel gefüllt, die ich nun beständig drehe. Dabei komme ich die Leiter wieder hoch. Ich sehe Großmutter stumm vor dem Kian stehen. Plötzlich beginnt sie zu zittern und sinkt vor ihm auf die Knie. Ich denke, sie hat einen Schwächeanfall erlitten und eile herbei. Ich höre noch, wie aus ihrem Mund der Name „Erin“ kommt und schaue den weisen Mann an.

Dieser tritt an Großmutter heran, hilft ihr aufzustehen und sagt „Mamaí“ zu ihr. Großmutter nimmt mit einem Schritt rückwärts wieder ein wenig Abstand, beugt den Kopf ehrerbietig und entfernt sich in Richtung zur Feuerstelle. Sie nimmt mir die Käsetrommel aus der Hand und fordert mich auf:

„Venia, geh auf’s Feld und hole die Männer zum Essen!“

Wenn ich bedenke, der Kian -weise Mann- wäre mein Onkel, muss ich lächeln. Schnell laufe ich vor das Haus und in Richtung unseres Feldes. Die Ernte ist in den letzten Wochen eingefahren worden. Jetzt pflügt Athir -Vater- mit unserem Caball -Pferd- und meinen Brüdern das Feld. Das macht soviel Lärm, dass sie mich erst bemerken, als ich bei ihnen angekommen bin.

Ich berichte, dass wir Besuch von einem Druid im Haus haben und dass Großmutter gesagt hat, sie sollten bitte zum Essen nachhause kommen. Vater fixiert den Pflug und lenkt unser Kaltblut heim. Die Brüder gehen nebenher, während ich mich beeile, um im Haus weiter helfen zu können.

Als ich heimkomme, hat Großmutter noch mehr Speisen aus der Grube geholt. Ich husche geschwind an dem weisen Mann vorbei zur Feuerstelle. Nun haben wir alle Hände voll zu tun. Großmutter will wohl ein Festessen zur Begrüßung des ehrenwerten Kian auftragen. Schnell fülle ich den Tee in seiner Schale wieder auf. Er lächelt mich dankbar an und äußert sich dazu:

„Seid bedankt, meine Tochter!“

Nachdem die Männer das Caball -Pferd- aus dem Pflug gespannt und in den Stall gebracht haben, betreten sie das Haus. Sie begrüßen den Kian ehrfurchtsvoll. Danach holt Athir den Teekrug und vier Schalen an den Essplatz. Sie setzen sich und trinken Tee, um abzuwarten, bis wir Frauen mit dem Kochen fertig sind.

Endlich tragen wir die Speisen auf. Athir -Vater. verbeugt sich noch einmal und bittet den Druid hinzu. Dann erkennt er, was wir heute Mittag alles auftragen. Er fragt Mamaí belustigt:

„Haben wir heute etwas zu feiern?“

Mamaí lächelt verschämt und füllt die ihr hingehaltenen Schalen. Als jeder eine volle Schale vor sich stehen hat, erklärt Großmutter:

„Myrddin, dieser Kian -weise Mann- ist Erin, der Sohn von Maeron und Hafren, die damals in einer schrecklichen Feuersbrunst ums Leben gekommen sind. Er wird Drystan die letzte Ehre erweisen, so dass er beruhigt nach ‚Folkwang‘ -jenseitiger Ort in der Anderswelt mit grünen Wiesen und wunderschöner Natur- gehen kann.“
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Mi Feb 15, 2023 9:19 am

Einen Augenblick ist Stille in der Runde. Dann stellt Athir -Vater- fest:
„Dann müssen wir Bedran benachrichtigen! Alpin, du wirst nach dem Essen zu deinem Onkel gehen und ihn benachrichtigen!“

Nach dem Mittagessen bleiben Vater und die Brüder noch bei Tee sitzen, während Shay unser Kaltblut vor den Heuwagen spannt. Damit ist er schneller bei Onkel Bedran. Am Nachmittag ist er wieder zurück und bringt Onkel Bedran, Tante Kyra und meine Neffen und Nichten mit. Großmutter überblickt die Szene. Während sich die Männer zusammensetzen, teilt Großmutter uns Frauen und Mädchen für die anfallenden Aufgaben ein. Auch meine jüngste Nichte erhält eine leichte Aufgabe, an die sie sich stolz und mit Hingabe macht.

Myrddin spricht in seiner Funktion als Hausherr und als Großvaters ältester Sohn. Sie beraten den Ablauf der Totenfeier für Großvater am morgigen Tag. Anschließend essen alle zu Abend. Onkel Bedran erzählt Niallan -Meister- Erin, dass sie den Hof seines Athir -Vaters- wieder aufgebaut haben und seit Jahren bewirtschaften, damit der Ackerboden nicht verwildert. Als es Nacht geworden ist und der Mond durch ein Windauge hereinscheint, legen wir uns alle schlafen.

*

Am nächsten Morgen weckt mich Großmutter in aller Frühe. Draußen ist es noch dämmerig und die Männer und die Kinder schlafen noch. Sie flüstert mir zu, dass ich mich frisch machen soll und dann beim Zubereiten des Frühstücks helfe. Ich nicke ihr zu und erhebe mich.

Bis die Männer aufgestanden sind, haben wir das Frühstück bereit und füllen es ab. Jede von uns Frauen trägt einen Tontopf. Die Männer kümmern sich um die Kinder. Dann verlassen wir das Haus und ziehen hinaus zu Großvaters Grab.

Der Niallan -Meister- spricht einen Reinigungsspruch, um die bösen Geister zu vertreiben:

„Wind des Nordens, Wind des Südens,
Wind des Ostens und Wind des Westens.
Schützt mit euren Winden die Kinder des Lichts,
die zusammenkommen um ihren Ahnen zu huldigen.
Schütze uns vor allen bösen Mächten,
doch die Guten lasse herein, solange wir hier sind.”

Nun zündet Athir -Vater- ein Feuer an. Da hinein lässt der weise Mann eine Räuchermischung rieseln. Großmutter beginnt leise mit einem Klagegesang, in den wir Frauen einfallen. Dabei halten wir uns an den Händen. Der Kian hebt die Arme gen Himmel, seinen Stab in der rechten Hand haltend und spricht:

„Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Kommt, denn es ist bereit.
Sprecht, denn wir sind bereit.
Wir öffnen uns, so öffnet euch.
Wir zeigen uns, so zeiget mir:
Strom des Geistes,
Kraft des Feuers,
Pforten der Nacht!
Wir sind euch ergeben
Zeiget euch! Öffnet euch!“

Dabei überkommt mich ein Kribbeln und ich meine, dass ein Luftzug über meinen Kopf streicht. Sicher ist das mein lieber Großvater, der nun unter uns weilt! Wir treten nacheinander an das Feuer und werfen eine Opfergabe hinein. Danach bedankt sich der Kian -weise Mann- bei den Geistern und schließt das Totenritual.

Anschließend setzen wir uns auf die Erde und frühstücken im Beisein von Großvaters Seele. Nach dem Frühstück verabschieden wir Großvater überglücklich nach Folkwang -jenseitiger Ort in der Anderswelt mit grünen Wiesen und wunderschöner Natur-. Wir sind alle erleichtert und freuen uns.

„Niallan Erin -Meister Erin-, wäre es nicht schön ein eigenes Haus zu besitzen? Ihr könntet in den Wald gehen, so oft Ihr wollt. Gleichzeitig könntet Ihr die Feste im Jahreslauf durch Eure Anwesenheit aufwerten und mit Eurem Wissen uns in allen Lebenslagen zur Seite stehen!“ bemerkt Athir -Vater-.

Der Kian -weise Mann- gibt das Lächeln zurück und erklärt ihm:
„Wenn sich hier ein Druid niederlässt, wird das zur Folge haben, dass dieser Ort wächst. Andere werden kommen und sich ansiedeln, weil sie genauso denken werden. Mein Krafttier ist der Hirsch. Alle Menschen, die sich hier niederlassen, dürfen keine Hirsche mehr jagen! Urbó -Auerochsen- und andere Wildtiere werden stattdessen euren Speiseplan bereichern – solange bis einem von euch ein Wildtier im Traum erscheint und ihr im Alltag erfahrt, dass dies sein Krafttier ist.“

Athir nickt und verspricht:
„Wir werden uns daranhalten, ehrwürdiger Niallan -Meister-!“

Niallan -Meister- Erin erwidert ihm:
„Also muss Feld- und Viehwirtschaft genug Nahrung für alle zukünftigen Dorfbewohner liefern, damit es den Göttern gefällt!“

Athir -Vater- nickt verstehend.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Fr Feb 17, 2023 10:37 am

In den folgenden Wochen bauen die Hälfte der Männer und Jungs Niallan -Meister- Erins Haus. Die anderen Männer bestellen die Felder. Das darf dabei ja nicht vernachlässigt werden. Wir Frauen kümmern uns um die Tiere in den Ställen und die Hausarbeit. Auch bewirten wir die Männer während ihrer Arbeit.

Der weise Mann wohnt während der Bauzeit in Vaters Haus und kümmert sich um kleinere Verletzungen, die sich die Männer während der Arbeit zuziehen. Auch beginnt er schon jetzt den Vorsitz zu führen, beim Feiern unserer keltischen Feste im Jahreslauf.

Schließlich ist Meister Erins Haus fertig. Es steht gleich neben unseren Ställen, nur wenige Schritte von unserem Wohnhaus entfernt. Er betritt es und führt den Reinigungszauber aus. Großmutter hat angeregt, dass ihm eine komplette Feuerstelle mit allen Tonwaren zum Kochen und Essen eingerichtet wird. Der verehrte Athir -Vater- und Onkel Bedran haben etwas beigesteuert. Wir Frauen haben auch neue Schalen getöpfert, während die Männer gezimmert haben.

Nachdem der Meister in sein Haus eingezogen ist, kommt er oft zum Tee zu uns. Bei einem dieser Besuche spricht Vater ihn an:

„Ehrenwerter Niallan -Meister-, Ihr selbst habt bisher noch keinen Chihn -Schüler-?“

„Neeein?“ dehnt er und schaut Athir neugierig an.

„Um ein Druid zu werden, muss ein junger Mensch sehr lange lernen,“ resümiert Athir -Vater-. „Meine Söhne und die Söhne von Bedran sind schon im heiratsfähigen Alter oder haben geheiratet. Sie sind sicher zu alt für die Laufbahn zum Druid. Aber es gibt doch auch weibliche Druidi! Könnte meine Tochter nicht Eure Schülerin werden?“

Ich schenke gerade Tee nach und höre zufällig die Männer reden.

„Gerne,“ lächelt der Meister und schaut mich kurz an.

Ich tue unbeteiligt und gehe mit dem Teekrug zurück zur Feuerstelle. Dort will ich Mamaí gerade flüsternd berichten, welches Thema die Männer besprechen, als Vater mich zu sich ruft. Schnell laufe ich zu ihm. Er lächelt verschmitzt und meint:

„In ein Haus gehört auch eine Frau…“

Dann schaut er mich an und fragt:
„Würdest du Meister Erins Magd werden wollen, Venia?“

Sofort wende ich mich Meister Erin zu, gehe vor ihm auf die Knie und beuge meinen Kopf leicht. Dann antworte ich:

„Ja, das würde ich sehr gerne.“

Ich bin mir sicher, dass Niallan -Meister- Erin eine gute Wahl ist, mein Herr zu sein. Während des Hausbaues hat er im Haus meines Athir -Vaters- gewohnt. Schon in dieser Zeit habe ich ihn zuvorkommend bedient. Er ist stets rücksichtsvoll mit mir umgegangen, hat mich nie schikaniert, sondern sich immer bedankt und mir den Dienst erleichtert. So ist Vertrauen und Zuneigung zwischen uns gewachsen.

Nach dem Tee erhebt er sich und wendet sich zum Eingang. Er hebt das Bärenfell an und wendet sich noch einmal in die Halle. Er bedankt sich bei allen Anwesenden. Großmutter und meine Eltern nicken lächelnd. Ich bin ihm zum Eingang gefolgt und er hält das Fell fest, damit ich hindurchschlüpfen kann.

Draußen wendet er sich zu seinem Haus hinüber und ich folge ihm. Dort angekommen hält er mir das frische Bärenfell hoch und lässt mich in die Halle treten. Ich erkenne sofort, dass hier dringend eine Frau für Ordnung und Sauberkeit sorgen muss und nehme den Reisigbesen aus der Ecke.

Damit beginne ich in der hintersten Ecke und arbeite mich langsam um die Feuerstelle herum und in Richtung Eingang vor. Wegen des Staubes habe ich mir ein Tuch vor den Mund gebunden. Meister Erin geht mir aus dem Weg und bindet sich ebenfalls ein Tuch vor Mund und Nase. Am Eingang hält er mir das Bärenfell wieder auf. So kann ich meine Arbeit beenden, ohne mit dem Rücken in das Fell drücken zu müssen, um mir eine Lücke zu schaffen.

Nun ist Zeit, das Feuer in der Kochstelle anzuzünden. Mit Feuerstein und Katzengold schlage ich Funken über Zunder, das dadurch Feuer fängt. Der Zunder ist ein Pilz, der ‚Zunderschwamm‘, der getrocknet wird. Dahinein lege ich trockene Zweige und nachdem die Flammen größer sind, kommen gekürzte Äste darauf.

Nun gehe ich zur Grube, klettere hinein und schaue mich um. Ich entdecke ein paar unterschiedliche Wurzeln, die der Meister im Wald gesammelt, im Ahwoh -Wasserlauf- gewaschen und nachhause gebracht hat. Das Kraut davon und auch Brennnessel finde ich ebenfalls. Einige Büschel mit Kräutern hängen überkopf an dünnen Stricken zum Trocknen. Hm, daraus kann ich kein Essen kochen. Also komme ich aus der Grube hoch und frage den Meister:

„Ehrenwerter Niallan -Meister-, was mögt Ihr essen?“

„Du warst gerade in der Grube und bist nun irritiert?“ fragt er zurück.

Ich nicke. Der Meister fordert mich auf:
„Lass dich kurz an meiner Seite nieder.“

Ihm den Gefallen machend, schaue ich ihn neugierig an. Er erklärt mir:
„Wir Druidi verstehen uns als Teil der Natur. Ich bin meinem Meister Fion zwanzig Jahre gefolgt und habe von ihm gelernt. Er ist ein wandernder Druid und hat sich aus der Natur heraus verpflegt. Dazu hat er zumeist Wurzeln ausgegraben und die Pflanze mitsamt ihren Blättern verzehrt. Ein paar Jahre bin ich dann selbst als Druid durch die Lande gewandert und habe das erlernte weitergeführt. Wenn ich einmal bei den Menschen zu Gast war, habe ich natürlich von ihrer Tafel die angebotenen Speisen mitgegessen. Aber aus dem Grund findest du in meiner Grube kaum Lebensmittel aus der Landwirtschaft.“
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1So Feb 19, 2023 10:55 am

„Oh,“ mache ich und frage: „Was möchte der Meister denn nun heute Abend essen?“

„Du bist gewohnt, Lebensmittel aus der Landwirtschaft zu verarbeiten. Dann musst du zu deiner Mutter gehen und etwas herüberbringen, das für zwei Personen reicht.“

Er erhebt sich und ich stehe ebenfalls auf. Das Bärenfell zur Seite schlagend, meint er:
„Bitte sie in meinem Namen höflich, dass sie dir gibt, was du für uns beide zum Abendessen benötigst.“

Ich schlüpfe nach draußen und bin nach wenigen Schritten am Eingang meines Elternhauses. Dort schlüpfe ich durch den Eingang und berichte Mamaí, was ich in der Grube des Druid vorgefunden und er mir erzählt hat. Sie lässt mich in unserer Grube aussuchen, was ich möchte und hält mir den Eingang auf.

Zurück am Haus des Druid wird mir das Bärenfell sofort zur Seite geschlagen. Ich bin darüber erfreut, aber auch leicht irritiert. Hat Meister Erin etwa die ganze Zeit hinter dem Eingang gestanden?

Zur Feuerstelle gehend, beginne ich sogleich mit der Zubereitung des Essens. Der Meister verlässt sein Haus mit einem hölzernen Eimer und ist bald wieder mit dem vollen Eimer Wasser zurück. Ich bedanke mich und koche damit Tee auf. Den Rest stelle ich in die Grube und decke den Eimer ab. Danach bringe ich dem Meister zuerst einen Krug Tee und eine Schale. Er bedankt sich herzlich für die Aufmerksamkeit, die für mich eigentlich selbstverständlich ist. Das ist die Erziehung meiner Mamaí!

*

Ein paar Monate sind seit meinem Einzug bei Niallan Erin vergangen. Er hat in der Zeit das Totenfest Samhain mit uns gefeiert und das Julfest. Nun haben wir einen strengen Winter. Der Schnee liegt kniehoch. Eigentlich ist es ja meine Aufgabe die Wege schneefrei zu halten, aber Meister Erin macht diese Arbeit gerne, hat er mir gesagt. Also kümmere ich mich um das Haus und arbeite nebenbei im Stall meiner lieben Eltern, von denen ich dafür Eier und Milch bekomme. Meister Erin geht in den Wald und kommt immer wieder mit frischen Kräutern für Eierkuchen und Wasser vom nahen Fluss zurück.

Wenn wir abends beieinander sitzen und uns bei Tee unterhalten, reden wir miteinander. Ich will Meister Erins Lebenswandel verstehen können. Vielleicht kann ich daraus Lehren für mich selbst und meine Zukunft ziehen. Einmal habe ich ihn gefragt:

„Ehrwürdiger Meister, warum habt ihr es im Laufe eures Lebens aufgegeben Fleisch zu essen?“

„Wir Druidi haben erkannt,“ erklärt er mir freimütig, „dass wir Teil der uns umgebenden Natur sind. Das bedeutet aber, dass alle Lebewesen unsere Brüder und Schwestern sind. Menschen dürfen sich natürlich gegenüber anderen Menschen und auch aggressiven Tieren verteidigen. Dabei kann es vorkommen, dass wir andere Lebewesen töten müssen, um unser eigenes Leben zu schützen. Aber niemals dürfen wir selbst den ersten Schritt unternehmen.“

„Hm,“ brumme ich, „und wie ist das bei Haustieren?“

„Haustiere geben uns Wärme, Zuneigung. Sie verteidigen uns. Sie geben uns aber auch Milch ab. Wir geben ihnen Namen und nehmen sie quasi in unsere Familie auf. Auch wir geben ihnen Zuneigung und sind traurig, wenn sie sterben.
Du fragst, weil ich bei Meister Fion in den vergangenen Jahren gelernt habe, ihr Leben zu respektieren. Weil ich mich hauptsächlich von Pflanzen ernähre?“

Ich nicke stumm. Meister Erin holt einmal tief Luft und beginnt, mir über die Natur zu berichten:
„Wir Druidi haben erkannt, dass Pflanzen, Tiere und Menschen durch das Atmen miteinander verbunden sind. Wir leben im Einklang mit der Natur, wenn wir alle Lebewesen mit dem nötigen Respekt behandeln. Wir Druidi wissen, dass das Leben zumeist aus feinstofflichen Schwingungen besteht, nicht nur aus feststofflicher Materie. Es ist so, dass nicht die Anam -Seele- in deinem Körper wohnt, solange du lebst. Sondern dein Körper lebt in deiner Seele und deine Seele lebt in der Natur!
Über die allumfassende Natur ist es dir nach jahrelanger Übung möglich, mit den anderen Seelen Verbindung aufzunehmen. Damit meine ich nicht nur die sensibilisierten menschlichen Seelen der Druidi, sondern mit allen Geschöpfen der Natur und dabei die natürlichen Schwingungen in der Natur wieder in geordnete Bahnen lenken.“

Ich habe Meister Erin mit aufgerissenen Augen zugehört. Nun frage ich ihn:
„Ist mir das auch möglich?“

„Ich kann es versuchen, dich zu lehren. Aber es dauert lange. Du darfst nie die Geduld und deinen Mut verlieren!“

„Wann bin ich soweit?“

„Nun,“ meint er lächelnd. „Bei dem Einen geht es schneller, andere brauchen etwas länger und wieder andere erreichen diesen Zustand nie. Das weiß man im Vornherein nie. Darum gilt: Wenn dir daran gelegen ist, versuche es einfach!“

In der Folgezeit schaufele ich mir immer mal einen Tag frei, an dem ich Meister Erin in den Wald folge. Er zeigt mir Heilkräuter, die ich noch gar nicht kenne. Einiges weiß ich ja schon von Mamaí, aber der weise Mann kennt noch viel mehr. Wir ernten die Kräuter, um sie zuhause zu trocknen. Im Wald habe ich immer ein mulmiges Gefühl, aber der Kian -weise Mann- bewegt sich hier mit einer Selbstverständlichkeit, einer fast traumwandlerischen Sicherheit. Ich mache ihn auf meine Unsicherheit aufmerksam:

„Die Natur ist wild und gefährlich, haben mich meine Eltern von klein auf gelehrt. Man muss sie fürchten! Ich erinnere mich noch an die Begegnung mit dem Bären, als ich Euch das erste Mal traf, Meister Erin.“
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Di Feb 21, 2023 9:59 am

Der weise Mann schaut mich lächelnd an und antwortet mir:
„Wo Math -Bär- und Mensch unvereint sind, kann er sterben. Doch, wo der Math und der Mensch eins sind, gibt es keine Angst, keine Gefahr. Welche Kreatur, die eins ist mit der Natur, greift sich selbst an?“

Über diese Antwort gerate ich ins Grübeln. Nach einer Weile frage ich:
„Könnt Ihr mir zeigen, wie man eins wird mit der Natur?“

„Schließe deine Augen, Venia. Stelle dir das frische Grün im Wald und auf den Wiesen in der warmen Jahreszeit vor. Spüre den tragenden Felsen unter deinen Füßen oder die bewegende Kraft des Wassers. Du musst dich der Natur öffnen, denn alle Übungen dienen dem Ziel, die Harmonie zwischen deinem menschlichen Sein und den feinstofflichen Schwingungen der Natur herzustellen. Bleibe dabei stets gelassen! Bis du die Schwingungen wahrnimmst, können Jahre vergehen.
Außerdem gibt es gewisse Kraftorte in der Natur. Mit der Zeit wirst du fühlen, welcher Platz der Passende ist, denn der Ort wird in dir einen Widerhall erzeugen.“

Sobald ich mit Meister Erin im Wald unterwegs bin, versuche ich seinem Rat zu folgen. Ich möchte mehr über diese ‚Kraftorte‘ erfahren und frage danach. Er erklärt mir:

„Dazu gehst du am Besten alleine in den Wald. Meine Anwesenheit könnte die Schwingungen verfälschen. Bald aber hast du heraus, wie und vor allen Dingen wo du dich am besten gedanklich versenken kannst! Atme regelmäßig! Stehe aufrecht dabei! Schließe für einen Moment die Augen und fühle, was du an diesem Ort an positiven Energien fühlen kannst!
Mach dir bewusst, dass du nicht nur aus feststofflicher Materie bestehst - aus Muskeln und Knochen -, sondern dass du ein Energiefeld bist, ein feinstoffliches Wesen, die Anam -Seele-. Dein Körper existiert in diesem Feld des Lichts inmitten der Natur.
Allmählich richtet sich deine Wahrnehmung dadurch auf Sichtbares und Unsichtbares, sowie alles Fühlbare aus. Du belebst deinen Körper mit reiner Urkraft – und das ohne große Anstrengung. Auch richtest du deine Achtsamkeit nach innen und dein Sein auf die Harmonie mit der Natur.“

Also mache ich ein paar Gänge allein in den Wald, um mich dort mit der Natur zu verbinden. Während eines Rückweges entdecke ich einen am Boden hockenden Eichelhäher, der weder krächzt noch auffliegt, um sich zu entfernen. Ich gehe in die Hocke und streiche ihm sanft über den Rücken. Der Vogel lässt es geschehen. Er zeigt mir gegenüber volles Vertrauen, als gehöre ich zu ihm. Einer seiner Flügel spreizt er unnatürlich ab.

Ich entscheide mich dafür, ihn mit nachhause zu nehmen. Meister Erin wird sicher wissen, was man gegen einen gebrochenen Flügel unternehmen kann. Also fasse ich vorsichtig mit beiden Händen zu und setze ihn in den Korb zu den gesammelten Pflanzen.

Wie so oft, wenn Meister Erin zuhause geblieben ist, wird mir bei meinem Eintreffen sogleich das Bärenfell zur Seite gehoben. Ich habe mich schon daran gewöhnt, schlüpfe durch den Eingang und setze den Korb ab. Dann frage ich den weisen Mann:

„Ehrwürdiger Meister, schau dir den Sgrechlah -Eichelhäher- einmal an. Wie kann ich ihm helfen?“

Der Kian -weiser Mann- nickt und erklärt, dass ich dem Vogel den gebrochenen Flügel schienen soll. Er gibt mir Schritt-für-Schritt-Anweisungen und lässt mich alles selbst machen. Anschließend hole ich Körner herbei und füttere den Vogel. Eine Teeschale dient als Vogeltränke. Nach einer Weile meint der weise Mann, wir könnten ihm den Verband abnehmen. Statt, dass er auffliegt und durch ein Windauge in die Freiheit entweicht, folgt er mir hüpfend. In der folgenden Nacht schläft er an meiner Schlafstatt, ein Bein ins Gefieder gezogen.

Beim Frühstück am nächsten Tag frage ich deshalb:
„Meister Erin, sollte der Sgrechlah nicht besser in den Wald zurückkehren?“

„Wenn du das für das Bessere hältst, Venia, dann nimm ihn heute mit in den Wald.“

Ich folge dem Rat des Meisters und halte im Wald den Korb, in dem der Vogel sitzt und alles neugierig beäugt, über meinen Kopf. Kurz darauf spüre ich, wie er die Flügel ausbreitet und zu einem Baum in der Nähe fliegt. Er lässt sich auf einem Ast nieder und äugt von dort zu mir herüber. Er schaut mir zu, wie ich die Wyda-Übungen mache, die der Meister mir beigebracht hat. Danach bücke ich mich und sammele Heilpflanzen für Tees und Salben. Als ich mich dabei wieder einmal aufrichte, ist der Vogel verschwunden.

*

Wenn Meister Erin mit mir zusammen in den Wald geht, redet er oft von ‚Odam‘ -Lebenskraft, -energie-. Wieder geht es um Schwingungen in der Natur, die ich erspüren soll. Diesmal spricht er aber vor allem von der Kraft der Bäume. Dazu setzen wir uns unter eine riesige Eiche und er leitet mich an, die Augen zu schließen und nach innen zu horchen. Eine Menge Gedanken fließen dort an mir vorbei. Ich soll nun versuchen, an den Quell meiner Gedanken vorzustoßen.

Dort könnte ich die Schwingungen der Erde und der Bäume erfühlen. Meister Erin erklärt mir, dass Odam die Schwingungen und Energien der Bäume mit dem uralten Wissen der Druidi verbindet. Odam sei eine Erdenergie, die durch jedes Lebewesen fließt. Die Wurzeln der Bäume reichen tief in die Erde, so dass sie Odam in sich aufnehmen und über ihre Äste und Zweige weitergeben können.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Do Feb 23, 2023 9:02 am

„Ist ein Druid mit dieser Energie vertraut, kann er sie durch Handauflegen auf andere Lebewesen übertragen. Deren Körper und Anam -Seele- werden dadurch geheilt, indem sie wieder miteinander in Einklang gebracht und die Selbstheilungskräfte aktiviert werden.“

Der Meister meint, dass man diese Energie, oder Lebenskraft fühlt, wenn man unter den Ästen eines Baumes steht oder ihn umarmt, und sich auf ihn konzentriert. Er meint, dass einige Bäume Kraft geben, während Andere Inspiration vermitteln. Ehrlich gesagt, fühle ich nichts dergleichen. Sicher gilt auch hier, dass das erst mit jahrelanger Übung klappt. Meister Erin sagt:

„Du kannst auf diese Weise im Laufe der Jahre deine persönliche Energieebene erhöhen und mächtiger werden.“

Jetzt hat er mich also in zwei Geheimnisse der Druidi eingeweiht, die ich nur noch weiter vervollkommnen muss. Wyda lässt mich mit der Natur und ihren Geschöpfen eins werden, ‚durch den Schleier gehen‘, wie er das nennt und Odam aktiviert und stärkt meine geistigen Energien.

*

Wieder einmal verlasse ich das Haus des Meisters, um im Wald Kräuter und Pilze zu sammeln, die ich in der Grube trocknen will. Ich betrete den Wald und tauche ein in das ewige Dämmerlicht. Als ich mich nach Speisepilzen bücke, höre ich das gefährliche Brummen eines Bären in meinem Rücken. Schlagartig komme ich hoch und spüre den drängenden Impuls in mir davon zu laufen. Ich kämpfe meine Panik nieder, denn Meister Erin hat mir eingeschärft stehen zu bleiben. Ein flüchtendes Lebewesen würde der Math -Bär- als Beute ansehen.

Also bleibe ich wie angewurzelt stehen. Ich habe eine Vision, oder wie soll ich es nennen? Meister Erin, der doch zuhause geblieben ist, steht plötzlich in meiner Nähe. Deutlich kann ich ihn zwar nicht erkennen. Es ist eher so, als befände er sich hinter einem Schleier. Er beginnt zu sprechen:

„Gut hast du das gemacht, Venia! Panik ist in dieser Situation fehl am Platz. Beruhige dich erst einmal: Atme ein paar Mal tief ein und aus! – Gut. Und jetzt sprich mir nach:
Dair, Dair, Dair -Eiche-
rege deine Wurzeln
Dair, Dair, Dair -Eiche-
strecke deine Äste
Dair, Dair, Dair -Eiche-
wache auf aus deinem Schlaf
Dair, Coll, Saille -Eiche, Haselstrauch, Weide-
Brüder dieses Waldes gebt mir euern Schutz
Dair, Coll, Saille -Eiche, Haselstrauch, Weide-
Brüder dieses Waldes zeigt mir euren Fluss!“

Ich spreche den Spruch des Meisters nach. Sein Bild verblasst allmählich und kurz darauf bin ich wieder allein. Allein? Natürlich nicht! Ein Math trachtet mir nach dem Leben!

Verstohlen schaue ich in die Richtung, wo sich der Math -Bär- eben drohend auf den Hinterbeinen aufgerichtet hat. Er hat sich wieder auf alle Viere sinken lassen und schlägt mal mit der rechten, mal mit der linken Tatze nach einem Vogel. Dieser kommt erst von einer, dann von der anderen Seite im Sturzflug auf die Nase des Bären zu, gewinnt flatternd an Höhe und wiederholt die Attacke. Dem Bären scheint es bald unangenehm zu werden, denn er dreht ab und verschwindet im Unterholz.

Nun kommt der Vogel im Sturzflug auf mich zu, streckt die Füße vor und bremst seinen Flug kurz vor mir. Danach sitzt er auf meiner Schulter und drückt seinen kleinen Kopf an meine Wange. Ich lache vor Erleichterung und weil ich den Luftakrobaten erkannt habe. Es ist der Sgrechlah -Eichelhäher-, den ich vor einiger Zeit mit Meisters Hilfe gesundgepflegt habe.

Nun mache ich mich auf den Heimweg. Der Eichelhäher bleibt auf meiner Schulter sitzen, bis ich den Waldrand erreiche. Ich habe schon befürchtet, dass er mir wieder nachhause folgt, aber er gehört in den Wald – und das scheint er auch zu wissen.

Zuhause angekommen berichte ich Meister Erin von meinem Erlebnis. Er lächelt wissend und antwortet mir:

„Bald wird es dir auch möglich sein, die Schwingungen der Natur und der Lebewesen in ihr zu erspüren. Dann wirst du so schnell nicht wieder in eine überraschende Situation kommen. Du wirst den Bären frühzeitig spüren und ihm aus dem Weg gehen können. Daneben wird dir mit einer gewissen Konzentration gelingen, andere Lebewesen wie durch einen Schleier zu sehen und ihnen eine Nachricht zukommen lassen.
Außerdem hast du ein Krafttier erlangt, dass dir hilft, in gefährlichen Situationen zu bestehen oder dich zu führen, solltest du einmal in unbekannte Gegenden gelangen. Der Eichelhäher sieht die Bitu -Welt- von oben, hat dadurch den besseren Überblick und kennt den Weg zurück!“

Ich schaue den Meister erstaunt an und frage:
„Der Eichelhäher ist mein Krafttier?“

„Ja,“ bestätigt der Meister. „Jeder Druid hat sein persönliches Krafttier. Meines ist der Hirsch. Meister Fions Krafttier ist der Wolf. Und dein Krafttier, das du in scheinbar ausweglosen Situationen zu Hilfe rufen kannst, ist der Eichelhäher!“

„Ich freue mich über seine Hilfe, aber irgendwie kommt es mir immer noch unwirklich vor! Ein Eichelhäher attackiert erfolgreich einen gefährlichen Bären!“
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Sa Feb 25, 2023 9:32 am

„Der Eichelhäher war ja nicht allein, Venia! Das Bindeglied zwischen dir und dem Vogel ist Kernunnis -Gott der allumfassenden Natur- gewesen.“

Ich schaue den Meister mit großen Augen an.

„Wie kann ich es schaffen, nicht mehr solche Angst zu spüren, wenn ich in Gefahr bin?“

„Du sprichst von dem Bären? Du fühlst dich wie gelähmt und hast in dem Moment alles vergessen, was ich dich lehre, Venia?“

Ich nicke verschämt.

„Du spürst selbst, Venia, Angst ist dein Feind! Vertrauen ist dagegen dein Schutzschild!“

Ich frage ihn nun:
„Ist es aber nicht klug sich zu fürchten, wenn man nicht weiß, was werden wird?“

„Wer sich selbst bezwingt ist der größte Krieger! Was du tun musst, das tue mit der Weisheit des Herzens.“

„Meister Erin! Ich weiß nicht, ob ich das je können werde.“

„Lausche dem Leuchten des Himmelsblaus. Schau das Summen des Flügelschlages der Hummel. Höre an einem heißen Tag den Hauch des Eises in der Luft. Wenn du all das vermagst, dann wirst du es wissen!“

Ich senke den Blick und denke mir:
‚Meister Erin verlangt Unmögliches von mir!‘

Er legt mir seine Hand auf die Schulter. Ich schaue auf und blicke in seine Augen, die mich voller Zuneigung ansehen.

„Führe deine Übungen weiter durch, Venia. Wenn du die Schwingungen der Natur und ihrer Geschöpfe zu erspüren vermagst, brauchst du keine Angst mehr haben. Du bist stets vorgewarnt! Also kannst du deine Handlungen danach ausrichten. Bis es soweit ist – und ich spüre, es dauert nicht mehr lange – begleite ich dich auf allen deinen Wegen. Auch wenn du meinst, allein zu sein.“

„Du bist allezeit bei mir, liebster Niallan -Meister-?“

„Bin ich, meine liebste Chihn -Schülerin-!“

„Weißt du, was ich mir sehnlichst wünsche, Meister Erin?“ spreche ich meine Gedanken vorsichtig an.

„Ich glaube…,“ meint der Meister lächelnd. „Aber sprich du es aus!“

„Ich bin die gehorsame Magd des Meisters und nebenbei seine gelehrige Schülerin…“

„Das kann ich bestätigen!“ postuliert der Meister mit gespanntem Gesichtsausdruck.

Er schaut mich offen an.

„Uns verbindet inzwischen ein Band von Zuneigung und Freundschaft. Wir haben großes Vertrauen zueinander…“

„Auch das kann ich vollauf bestätigen, Venia!“ antwortet er lächelnd.

„Wäre es dann nicht recht, wenn wir die Ehe miteinander eingehen würden, Meister Erin? Oder bleiben die Druidi zeitlebens ehelos?“

Sein Lächeln wird breiter, er rutscht näher an mich heran und legt mir einen Arm über meine Schultern.

„Nein, Venia, deine Befürchtung ist haltlos! Druidi dürfen natürlich heiraten. Etwaige Kinder haben es dagegen schwer: Auf ihnen lastet eine Erwartungshaltung, der sie manchmal nicht gewachsen sind. Man erwartet von ihnen, dass sie ebenfalls Druid werden. Andererseits wünschen sich die Eltern und Großeltern sehnlichst Nachkommen.“

„Wenn wir unsere Kinder liebevoll und ohne Druck unterrichten, indem wir ihnen alles zeigen was die Natur bietet und dies spielerisch so oft wiederholen, bis sie ein Grundwissen haben, werden sie bestimmt neugierig auf weitere Informationen. Wichtig ist Gelassenheit und Geduld, Eigenschaften, mit denen du mich auch stets einbremst.“

„Gut, dann werden wir in den nächsten Tagen zu deinen Eltern gehen. Vorher werde ich versuchen, Verbindung zu Meister Fion aufzunehmen.“

„Lebt Meister Fion denn noch?“ frage ich erstaunt.

„Er dürfte jetzt in seinen Siebzigern sein…“ resümiert Meister Erin. „Ich denke schon. Druidi leben im Allgemeinen sehr gesund.“

Oh ja, seine letzte Anmerkung kann ich vollauf bestätigen! Auch ich habe inzwischen viel von seinen Essensgewohnheiten angenommen. Meine Brüder und Neffen haben in den letzten Jahren einen befestigten Weg zwischen den beiden Höfen angelegt und weitere Bauernhöfe für sich aufgebaut. Sie haben bei den jahreszeitlichen Festen junge Frauen aus der Umgebung kennengelernt und nach einiger Zeit haben die Frauen ihr Freien erhört.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Mo Feb 27, 2023 9:28 am

So ist der Ort am Waldrand in Richtung des Einödhofes meines Onkels gewachsen. Da hier genug Land zum Bebauen ist, haben diese Frauen um weitere Verwandte geworben, die sich ebenfalls angesiedelt haben. Ein weiterer Grund außer dem Ackerland ist es auch, dass ein Druid hier wohnt und die Feste mit uns feierlich begeht.

Ich erhebe mich und gehe zur Feuerstelle, um das Essen vorzubereiten. Meister Erin versinkt an seinem Sitzplatz in tiefe Konzentration. Als ich das Essen herbeibringe, regt er sich wieder und schaut mich lächelnd an. Er spricht:

„Danke dir für deine Fürsorge, Venia. Ich habe Kontakt zu Meister Fion bekommen. Er wird in einem Monat etwa hier sein können, wenn alles gut geht.“

„Dann können wir ja zum Abendessen meine Eltern besuchen und ihnen die frohe Botschaft überbringen!“ freue ich mich.

Er nickt mir lächelnd zu, meint aber:
„Bleibe auch jetzt gelassen und bezähme deine Ungeduld, liebe Venia. Die Natur draußen hält viele Überraschungen bereit, die den gedachten Termin verzögern können.“

Ich nicke mit gekräuselter Stirn. Er erkennt meine Verfassung und legt seine Hände auf meine. Dann schaut er mir mit einem Blick in die Augen, der mich dahinschmelzen lässt.

„An unserer Vermählung ändert es nichts, wenn wir vielleicht zwei oder drei Wochen länger warten müssen!“

Ich nicke ihm zu und lehne mich an ihn, meinen Kopf an seine Schultern gelegt. Nachdem wir gegessen und ich abgeräumt habe, spüle ich und lösche die Feuerstelle mit dem Spülwasser. Während der Meister nun seinerseits in den Wald geht, um Heilpflanzen zu sammeln, kehre ich den Boden des Hauses durch und ordne die Gegenstände.

Zum Tee ist Meister Erin wieder zurück und sortiert die gesammelten Pflanzen, um Sträußchen zu binden, die er danach in der Grube zum Trocknen an eine Leine hängt. Ich mache noch ein paar Übungen unter seiner Anleitung. Danach gehen wir zu meinen Eltern hinüber.

Wie selbstverständlich sind wir sogleich zum Essen eingeladen. Beim Essen, dass heute sehr einsilbig verläuft – ich denke, alle Anwesenden erwarten von einem von uns den Grund unseres Besuches zu erfahren -, erhebt Meister Erin das Wort:

„Ich erbitte mir von dem ehrenwerten Myrddin die Hand seiner lieben Tochter Venia.“

Athir -Vater- schaut von seiner Schale auf. Sein Blick wechselt zwischen Meister Erin und mir hin und her. Er beginnt zu lächeln, während ich vor Anspannung innerlich zu zerplatzen drohe. Dann neigt er den Kopf in einer schrägen Bewegung und antwortet Meister Erin:

„Ich würde mich sehr freuen, wenn der ehrenwerte Meister meine unwürdige Tochter zur Frau nehmen würde!“

Mamaí und die verehrte Großmutter haben Tränen in den Augen. Mamaí, die neben mir sitzt, legt mir kurz ihren Arm auf die Schultern, nimmt ihn dann aber wieder weg um ihre Nase zu schnäuzen. Die verehrte Großmutter legt, nachdem sie sich ebenfalls geschnäuzt hat, ihren Arm auf Meister Erins Schultern. Dazu sagt sie:

„Ich freue mich für euch, Erin!“

Meister Erin schaut sie lächelnd an und antwortet:
„Mamaí!“

Nun will Vater wissen, wie wir uns das Procedere vorgestellt haben. Meister Erin antwortet ihm:
„Ich habe Meister Fion eine Nachricht gesandt. Ich denke, dass er in vier bis sechs Wochen hier sein kann, so die Götter wollen. Er hat mich in die Praktiken der Druidi eingeführt. Deshalb denke ich, ihm gebührt die Ehre, die Feier zu leiten.“

Athir -Vater- nickt. Das lässt ihm auch genügend Zeit für die Vorbereitungen.

*

Fion, der verehrte Niallan -Meister-, ist inzwischen uralt. Trotzdem ist er geistig und körperlich vergleichbar mit vielen unserer jungen Männer. Er hat uns erreicht und ich fühle mich geehrt, ihn als Gast in mein Haus aufzunehmen. Wir haben viel zu erzählen, doch wollen wir darüber nicht vergessen, weswegen der Druid bei uns weilt. Ich, Erin, und meine Magd und Schülerin Venia möchten heiraten.

In ein paar Tagen beginnt die Sommersonnenwende Alban Hevin. Am Abend des ersten Tages werden wir uns im Beisein von Niallan -Meister- Fion die Hand zum Lebensbund reichen. Venia hat in den Wochen vor dem Termin viel Zeit bei ihrer Mutter verbracht um das Kleid für die Hochzeit zu nähen.

Am Abend des längsten Tages im Jahr gehen wir beide, Fion und Erin, zum Festplatz. Als wir dort ankommen ist schon viel Volk anwesend. Man macht uns bereitwillig Platz und öffnet uns eine Gasse, durch die wir zu dem Feuer in der Mitte des Platzes kommen. Daneben hat man mit Steinen einen Ritualtisch aufgebaut und ein Brett daraufgelegt.

Die Menschen nehmen sich nun an den Händen, als äußeres Zeichen der Verbundenheit. Meister Fion reinigt den Ort rituell und weiht ihn für die Feier, indem er die Naturelemente Feuer, Wasser, Luft und Erde beschwört. Moja, meine Beinahe-Adoptivmutter steht in der ersten Reihe. Neben ihr steht Venia, meine Braut und Enkelin von Moja. Beide werden eingerahmt vom Venias Eltern.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Mi März 01, 2023 9:00 am

Venia trägt ein langes weißes Kleid, einen Blütenkranz auf dem Kopf und ein glückliches Lächeln im Gesicht. Ich nähere mich ihr und strecke ihr beide Hände entgegen. Venia nimmt sie und lässt sich von mir aus der Reihe der Menschen hervorziehen. Dann machen wir die wenigen Schritte auf Meister Fion zu. Dort wenden wir uns um und bestätigen mit lauter Stimme, damit uns jeder hört, dass wir einander würdig sind und so dem Vollzug des Hochzeitsrituals nichts im Wege steht.

Meister Fion dreht uns lächelnd zueinander, schlingt ein breites besticktes Band um unsere Handgelenke und befestigt es mit einem symbolischen Knoten. Dabei spricht er:

„Ich binde sie, eure Kraft.
Ich binde sie, eure Wärme.
Ich binde sie, eure Stärke.
Ich binde sie, eure Energie.
Ich binde euch, Erin und Venia,
da ihr euch füreinander entschieden habt.“

In diesem Augenblick erklingen die weichen Töne einer Leier im Hintergrund. Sie fangen die Zartheit und Romantik des Moments wunderbar ein. Den Spruch des Niallan -Meisters- kenne ich. Es ist der Liebeszauber der Brigid, ein wenig abgewandelt und angepasst. Der ehrwürdige Meister legt uns ans Herz, das Band, das unsere Hände aneinanderbindet, nach der Zeremonie zuhause an gut sichtbarer Stelle aufzuhängen, damit wir immer an unsere gegenseitigen Hochzeitsschwüre erinnert werden.

„Lasst Liebe und Freundschaft regieren!“ erklärt der Niallan Fion und händigt jedem von uns ein Körbchen mit Kräutern aus.

Wir werfen beide mehrmals nacheinander je eine Handvoll Kräuter in das Feuer, während Meister Fion uns siebenmal um das heilige Feuer herumführt. Anschließend öffnet sich der Ring von Menschen um uns und wir setzen uns zum Festmahl. Zwischen den Schalen mit den Speisen stehen Bienenwachskerzen. Zu der Leierspielerin haben sich noch zwei Flötisten gesellt.

Nach dem Essen erhebt sich Meister Fion und wünscht uns laut, so dass jeder es versteht:
„Möget ihr den Wind immer im Rücken, die Sonne immer warm im Gesicht, den Regen immer sanft auf euren Feldern und eure Hände volle Ernten einbringen.“

Jetzt erheben sich auch die Gäste und prosten uns zu:
„Möget ihr lange leben!“

Wir betreten wieder die Grasfläche und beginnen einen Tanz. Wieder lasse ich mich von Venia führen, wie schon auf den Hochzeiten der anderen Dorfbewohner in der Vergangenheit. Ich selbst fühle mich dabei etwas unsicher. Andere Dorfbewohner folgen uns. Zu vorgerückter Stunde gehen wir zu jedem Gast und bedanken uns mit einem kleinen Geschenk und ein paar herzlichen Worten.

Zwischendurch tritt auch ein Chor auf und lässt ein paar Lieder hören. Eines davon ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Venia schaut mich dabei mit einem besonderen Ausdruck in den Augen an und fasst meine Hand. Als Antwort lege ich ihr meinen Arm auf ihre Schultern. Nun sinkt sie an meine Brust. Das Lied geht so:

„Küsse unter Mistelzweigen, die bringen Glück
Dann bist du nie mehr allein
Küsse unter Mistelzweigen, sind dein Geschick
Und das wird immer so sein
Und für uns beide Lugh -Sonnengott- scheint
Und wenn dazu der Himmel weint
Wird Tailtiu -Fruchtbarkeitsgöttin- stehn
Ihr Land halten, fruchtbar und schön
Küsse unter Mistelzweigen, die bringen Glück
Dann bist du nie mehr allein
Küsse unter Mistelzweigen, sind dein Geschick
Und das wird immer so sein
So wie in den Mythen kommt es mir vor
Dass ich an Dich mein Herz verlor
Ich hab so oft geträumt, daran gedacht
Lugh und Tailtiu haben's wahr gemacht
Küsse unter Mistelzweigen, die bringen Glück
Dann bist du nie mehr allein
Küsse unter Mistelzweigen, sind dein Geschick.
Und das wird immer so sein,
Und das wird immer so sein.“

An diesem Tag kommen wir erst spät ins Bett. Einige Gäste feiern noch weiter bis in den frühen Morgen. Da schlafen wir schon längst, uns gegenseitig in den Armen haltend. Zuerst haben wir vor Aufregung noch lange nicht einschlafen können. Wir haben uns bis dahin noch nicht untenherum nackt gesehen. Nun erkunden wir den unbekannten Körper des Partners durch Tasten in der Dunkelheit und entdecken, wo er oder sie ein Kitzeln spürt oder anderes.

*
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Fr März 03, 2023 9:46 am

Ein paar Tage nach meiner Hochzeit mit Erin ist Meister Fion wieder aufgebrochen. Weitere Menschen brauchen seinen Beistand in den unterschiedlichsten Lebenslagen, hat er es begründet. Wir haben ihn wehmütig verabschiedet, aber seine Entscheidung respektiert.

Zwei Jahre später haben meine monatlichen Blutungen ausgesetzt. Ein paar Tage darauf, nachdem ich mir sicher bin, bin ich hinüber zu Großmutter gegangen. Sie hat mich befühlt und mir dann auf den Kopf zugesagt, dass ich schwanger bin. Ich trage Erins Kind unter meinem Herzen!

In der Folgezeit bin ich oft bei Großmutter, höre mir ihre Ratschläge an und übe zusammen mit ihr Verhaltensweisen, die die Geburt erleichtern sollen. So fühle ich mich bald als erfahrene werdende Mathir -Mutter-. Nur der Geburtsvorgang selbst fehlt noch. Danach werde ich, in meiner Funktion als Druid, Großmutters Ratschläge weitergeben und werdenden Müttern im Dorf bei ihrer Geburt zur Seite stehen können.

Ein dreiviertel Jahr ist ungefähr ins Land gegangen, als ich zum ersten Mal den beschriebenen Schmerz verspüre. Ich spreche Erin darauf an. Er konzentriert sich und fährt sanft mit seiner Hand über den großen Bauch. Danach meint er, es würde nicht mehr lange dauern, aber wir haben noch Zeit.

Nach dem Frühstück gehen wir hinüber in Athirs -Vaters- Haus. Mamaí begrüßt uns, denn Atta -Papa- und meine Brüder sind auf ihren Feldern. Nur noch Großmutter ist anwesend. Sie bauen mir aus Heu und Leder ein bequemes Lager, auf das ich mich niederlassen soll.

Kurz darauf wird Erin von einem kleinen Jungen geholt. Einer meiner Verwandten hat sich bei der Feldarbeit verletzt. Erin verlässt mich schweren Herzens, aber er weiß mich ja im Mathirs -Mutters- und Großmutters Gegenwart in guten Händen. Eine Wehe allein macht noch keine Geburt.

Um mich herum ist emsige Geschäftigkeit. Sie erinnert mich daran, was eigentlich meine Aufgabe wäre in Erins Haus. Aber Großmutter fordert mich auf, ruhig zu bleiben und gerne dem Treiben um mich herum nur zuzuschauen.

Mehr aus Spaß meine ich etwas später:
„Liebe Großmutter, was hältst du davon, wenn wir beide schnell noch bei Tante Briana einen Arm voll Babykleidung holen?“

Tante Brianas Kind ist inzwischen zwei Jahre alt. Auch bei der Geburt ihrer Kleinen hat Großmutter geholfen.

Großmutter schaut mich komisch an und meint dann:
„Zu ihr ist es nicht weit. Dass du dich ein wenig bewegst, ist nicht das Schlechteste. Also hoch mit dir!“

Ich setze mich auf. Mathir -Mutter- kommt hinzu und beide ziehen mich in den Stand. In Begleitung von Großmutter gehen wir über den sandigen Weg und ich rufe am Eingang nach Tante Briana. Sie kommt, schlägt das Bärenfell zur Seite und sieht mich mit der Riesenkugel vor dem Bauch im Eingang stehen.

Wir fragen nach der Babykleidung, aus der meine Nichte schon herausgewachsen ist. Tante Briana ist gerne dazu bereit. Sie geht ins Haus zurück und hat, als sie wiederkommt, einen ganzen Arm voll Babykleidung dabei. Ich muss mich plötzlich in der Tür abstützen und atme die neuerliche Wehe weg.

Großmutter führt mich in meines Athirs -Vaters- Haus zurück, gefolgt von Tante Briana. Dort angekommen soll ich mich sogleich wieder auf meine besondere Lagerstatt legen. Großmutter und Tante Briana helfen mir, nachdem Mathir -Mutter- die Babykleidung in Empfang genommen hat. Wir haben sie beim Essen bereiten an der Kochstelle gestört.

Mamaí bereitet nun für uns alle das Essen zu. Schließlich serviert sie uns das Essen neben meiner Lagerstatt. Als wir mit dem Essen beginnen, kommen ein, zwei einfache Wehen. Ich rutsche etwas auf der Lagerstatt herum und schaue auf. Scheinbar hat niemand etwas bemerkt. Alle sind mit ihrer Portion Essen beschäftigt.

Als ich dann ein Hühnerbein aus der großen Schüssel nehmen will, um es in meine Schale zu legen, kommt eine Wehe, die nicht mehr so einfach zu verstecken ist. Ich beuge mich zurück und ächze. Es scheint, als ob sie nicht mehr aufhören will. Ich atme tief ein und wieder aus. Noch einmal tief in den Bauch ein und wieder aus.

Die Frauen haben ihr Speisen unterbrochen und Großmutter gesellt sich zu mir. Sie fordert Mamaí auf, zur Kochstelle zu laufen und mit warmem Wasser zurückzukommen. Tante Briana hilft ihr. Sie kommen mit einem Kessel voll Wasser zurück. Großmutter hilft mir das Kleid hochzuschieben. Oh, bin ich unbeweglich in so einer Situation!
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1So März 05, 2023 10:20 am

Mamaí schöpft mit einer leeren Schale Wasser aus dem Kessel und lässt es mir vorsichtig über den Bauch laufen. Dennoch scheint gerade das warme Wasser eine weitere starke Wehe auszulösen. Nun kommen eine Wehe nach der Anderen und das Wasser tut mir erstaunlich wohl.

Großmutter tastet mir zwischen die Beine, nickt und sagt:
„Ich fühle eine Vorwölbung. Taste du selbst auch einmal danach!“

Ich will ja irgendwann Großmutters Stelle einnehmen, also fasse ich all meinen Mut zusammen und fühle selbst zwischen meinen Beinen. Ich kann Großmutters Eindruck bestätigen. Dann reißt etwas und eine durchsichtige Flüssigkeit kommt heraus. Meine Töne beim hecheln werden anders. Mein Baby drängt nach draußen! Großmutter und Tante Briana heben mich etwas an, so dass ich über dem Kessel mit warmem Wasser knie.

Mamaí kniet vor mir, bereit, das Baby aufzufangen. Da rutscht es heraus und von Mamaí geleitet, gleitet es ins warme Wasser. Vorbei am Kesselrand, von Mamaís Fingern geschützt. Großmutter erklärt, dort ist mein Baby erst einmal gut aufgehoben. Solange es nicht mit Luft in Kontakt kommt, hätten wir alle Zeit der Welt!

Dann kommt noch ein unförmiger Klumpen hinterher, mit dem mein Baby durch eine Schnur verbunden ist. Großmutter klemmt die Schnur ab und durchtrennt sie. Jetzt darf ich mein Baby aus dem Wasser heben. Mamaí wickelt sofort ein Wolltuch drumherum und wischt das kleine Gesichtchen sauber. Mein Baby macht den ersten Schrei und ich lege es an meine Brust.

Nun räumt Mamaí mit Hilfe von Tante Briana den Kessel wieder weg. Beide machen Ordnung, während ich mich erhebe, damit das Kleid wieder fast bodenlang um mich herumfällt. Großmutter knüpft mir mein Kleid vorne auf. Ich setze mich vor meine Schale und lasse mir von ihr die Reste daraus in den Mund stecken.

Schließlich verlässt uns Tante Briana. Auch ich gehe im Begleitung von Großmutter zu Erins Haus hinüber. Dort zeigt sie mir, wie man sich ein Tuch umbindet, indem ein Baby gefahrlos während der üblichen Hausarbeit liegen und schlafen kann - und ebenso problemlos an seine Nahrungsquelle kommt. Sie bleibt noch kurz bei mir, um zu kontrollieren, ob ich klarkomme. Danach geht sie wieder zurück.

Am Abend habe ich für Erin und mich ein schönes Abendessen bereit und auch die Halle geschmückt für die Ankunft unseres Babys. Als der Druid vom Krankenbesuch nachhause kommt, haben wir Frauen einem neuen Welten-Bewohner an die Sonne geholfen.

Dann tritt Erin in sein Haus. Ich nähere mich ihm. Er spürt sofort eine weitere Wesenheit im Haus. Seine Miene verändert sich von Verwunderung zum Glücklichsein. Er fragt:
„Junge oder Mädchen?“

„Es ist ein Mädchen, liebster Athir -Vater-!“

„Dann soll es Aileen -die Leuchtende- heißen!“

„Hast du gehört?“ frage ich und schaue an mir herunter. „Willkommen in der Welt, kleine Aileen!“

*

Von nun an schlafen wir zu dritt auf der Schlafstatt. Tagsüber beschäftigt sich Venia im Haus, wie schon während der ganzen Schwangerschaft. Wenn wir etwas aus dem Wald brauchen, gehe ich und sammele Kräuter und Pilze.

Klein-Aileen ist in ihrem Tuch immer bei Venia. Dort verschläft sie die meiste Zeit des Tages. Wenn sie aufwacht, ist sie gleich an der Quelle und kann ihren Hunger stillen. So entwickelt sich mit der Zeit eine starke Mutter-Kind-Bindung. Venia beginnt Aileen zu ‚lesen‘, also ihre Mimik und Töne richtig zu interpretieren.

Sie erkennt, dass Aileen die Harmonie zwischen ihr und ihrer Mamaí sehr wichtig ist. Als unsere Kleine nach vielen Monden endlich ihre ersten Schritte macht, kann Venia unsere Kleine auf diese Art führen. Denn Aileen ist ein sehr neugieriges Kind und muss oft gebremst werden.

Auch ahmt Aileen ihre Mamaí bei vielem nach. Also lassen wir einen kleinen Reisigbesen und anderes Haushaltsgerät in ihrer Größe herstellen oder fragen Verwandte, ob sie schon solches gebraucht besitzen und uns leihen können. So lässt Venia unsere Kleine auch mich beim Essen bedienen, soweit sie das schafft. Aileen wird gelobt und mit Umarmungen belohnt, auch wenn einmal etwas daneben geht.

In dieser Zeit fällt Großmutters Tod, die mir eine liebgewonnene Mamaí geworden ist, seitdem ich mich bei ihnen niedergelassen habe und sesshaft geworden bin.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Di März 07, 2023 9:31 am

Wir beerdigen sie. Das Totenritual führe ich mit Venia gemeinsam durch, auch um sie als weiblichen Druid im Dorf zu etablieren. Sie hat dafür einen wollen Mantel mit Druidsymbolen bestickt.

Wir Druid leben gesund und werden dadurch sehr alt, aber auch unser Leben ist irgendwann zu Ende. Venia wird meine Nachfolgerin hier im Dorf werden - und wer weiß… Vielleicht wird Aileen sie irgendwann darin beerben.


--Die Tochter der Druidin--


Ich habe in Attas -Papas- Haus mit Hilfe von Mamaí, Tante Briana und der verehrten Großmutter ein süßes Mädchen geboren. Nun liegt es in einem Tuch an meinem Körper und schläft selig, während ich in unserem Haus das Abendessen bereite und die Halle gleichzeitig mit Blumen schmücke. Erin, mein Mann und der Druide von Myrrdins Dorf, ist zu einem Krankenbesuch gerufen worden. Ein Bauer hat sich bei der Feldarbeit verletzt.

Endlich betritt Erin sein Haus. Die Abenddämmerung hat schon eingesetzt. Im Laufe seiner Lehrzeit bei Meister Fion hat Erin die Fähigkeit erlangt, die Schwingungen der Natur zu erspüren. Diese Fähigkeit will er mir im Laufe der Zeit ebenfalls beibringen.

Beim Eintritt spürt Erin sofort eine weitere Wesenheit im Haus. Zuerst drückt seine Miene Verwunderung aus. Dann sieht er wohl das Tuch, das ich auf meiner Schulter geknotet habe, das sich unten ausbeult. Jetzt strahlt er vor Glück und nimmt mich in seine Arme. Er fragt nur kurz:

„Junge oder Mädchen?“

Ich lächele ihn glücklich an und antworte:
„Es ist ein Mädchen, liebster Athir -Vater-!“

Während er mir zum Essplatz folgt und sich dort niederlässt, entscheidet er:
„Dann soll es Aileen -die Leuchtende- heißen!“

Ich beuge mich ein wenig vor, öffne das Tuch einen Spalt und sage:
„Hast du gehört? Willkommen in der Welt, kleine Aileen!“

Dann lasse ich mich gegenüber meinem Mann nieder und bediene ihn. Während wir essen, wird Aileen aktiv. Ich helfe ihr, an meine Brust zu kommen und setze dann das Abendessen fort. Dabei frage ich Erin, ob sein Tag stressig gewesen ist.

Er nickt und meint:
„Die Schwingungen der Natur zu erfühlen, kann viel Energie kosten. Gerne gebe ich mich deinen Händen hin und lasse mich nachher von dir massieren.“

Nach dem Essen räume ich ab und spüle das wenige Geschirr. Erin sitzt nur da, in sich versunken, und spürt nach innen. Dabei ordnet er seine Gedanken. Bald darauf gehen wir zu unserer Schlafstatt. Er legt sich unaufgefordert auf den Bauch und ich beginne, mit meinen Händen muskuläre Verspannungen zu erfühlen und sie weg zu massieren. Danach machen wir es uns für die Nacht bequem. Ich beanspruche nun die Mitte unserer Schlafstatt und lege Aileen vorsichtig so neben mich, dass sie einfach an meine Brust kommt, wenn sie wach werden sollte. Erin begnügt sich mit dem kläglichen Rest der Schlafstatt.

In den folgenden Wochen geht Erin für mich in den Wald und zum nahen Fluss, um Kräuter, Wurzeln, Pilze und Wasser herbei zu bringen. Ich bleibe im Haus, kümmere mich um die Sauberkeit und das Kochen. Ab und zu gehe ich zu Mamaí, der frischgebackenen Großmutter. Dort erfahre ich den neuesten Tratsch und erhalte von ihr getrocknete Feldfrüchte, frische Eier und Milch von der Kuh.

Erin ist der Ansicht, dass ich trotz allem meine Übungen im Wyda und mit dem Odam weiterführen soll. Nur so kann ich einmal selber eine Druidin werden. Also schaue ich mir ab, was Erin vormacht und ahme ihn nach. Wenn er wieder einmal zu einem Dorfbewohner gerufen wird, wiederhole ich die Übungen gewissenhaft.

Klein Aileen ist immer dabei. Sie liegt in ihrem Tuch und schläft. Wenn sie einmal wach ist und an meine Brust möchte, unterbreche ich mein Tun und helfe ihr. Nach kurzer Zeit ist sie satt und schläft meist sofort wieder ein. Nur manchmal lugt sie aus dem Tuch und schaut mir zu.

Auf diese Weise entwickelt sich langsam eine starke Mutter-Kind-Bindung. Ich kann ihre Wünsche bald erahnen und ihre Mimik und Töne interpretieren. Dem gegenüber bemerke ich, wie wichtig Klein Aileen die Harmonie zwischen mir und ihr ist.

Nach vielen Monden liegt Aileen nicht mehr in dem Tuch, sondern sitzt aufrecht darin. Ab und zu versuche ich nun ihr beizubringen, wie man steht und geht. Dann ist der Tag gekommen, an dem Aileen kaum noch zu bändigen ist. Sie läuft hin und her, holt sich dabei blaue Flecken und ich stürze meist herbei um unsere Kleine zu trösten und die Prellung zu kühlen.

Sie möchte im Haus mithelfen, also hole ich bei Verwandten solche Dinge, wie einen Reisigbesen im Kleinformat und lasse sie damit herummachen. Beim Kochen schaut sie mir zu und schnippelt mir die Zutaten klein. Dass das oft nicht schön aussieht ist mir egal und niemand stört sich daran.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Do März 09, 2023 10:06 am

Wenn wir beim Essen zusammensitzen, lasse ich unsere Kleine ihren Atta -Papa- bedienen. Sie ist stolz, wenn dieser sich dafür bedankt. Natürlich geht dabei schonmal etwas daneben. Dann schaut sie schuldbewusst. Aber ich oder ihr Atta -Papa- trösten sie dann. Mit der Zeit wird sie immer sicherer.

In dieser Zeit der unbeschwerten Kindheit unserer Kleinen wird Großmutter immer schwächer. Darum bin ich nun oft mit unserer Kleinen bei Mamaí und helfe ihr bei der Pflege. Klein Aileen ist in Großmutters Nähe gar nicht mehr so ungestüm. Sie schaut meistens zu, was wir machen und ist stolz, wenn sie für uns etwas holen darf.

So erlebt sie mit, wie Großmutter an einem Nachmittag entschläft. Ich erkläre ihr den Vorgang, damit es sie nicht ängstigt.

„Alte Menschen schlafen irgendwann ein, um möglicherweise nach Folkwang zu gelangen. Das ist ein wunderschöner Ort mit sattem Gras, bunten Blumen, Sonne und Schmetterlingen. Aber vielleicht belebt die Seele von Urgroßmama auch ein noch ungeborenes Kind und kommt dann wieder auf die Welt? So genau wissen wir das nicht.
Was wir aber wissen, ist, dass wir Urgroßmamas Seele helfen müssen, gegen die vielen bösen Geister zu bestehen. Darum wird in den nächsten Tagen ein Totenfest gefeiert, das dein Atta -Papa- leitet. Damit helfen wir Urgroßmama gegen die bösen Geister. Was dann ihre Bestimmung weiter ist, darauf kann dir auch Atta -Papa- keine Antwort geben.“

Moja ist die älteste Bewohnerin von Myrrdins Dorf gewesen. Bei der Beerdigung und dem Totenritual darf ich Erin assistieren. Er hat mir schon vor Wochen gesagt, dass ich in meinen Mantel Druidensymbole an den Rändern entlang sticken soll. So sehe ich Erin schon etwas ähnlich, obwohl ich immer noch seine Chihn -Schülerin- bin.

*

Mein Name ist Aileen. Ich bin die Tochter des Druiden, hier in Myrddins Dorf. Meine Mamaí ist seine Chihn -Schülerin- und ich schaue mir viel von ihr ab. Auch der verehrte Athir -Vater- hat mir im Laufe der Jahre viel erklärt.

Nun nimmt Atta -Papa- Mamaí -Mama- oft zu Krankenbesuchen mit. Ich bin dann alleine im Haus und versorge den Haushalt, denn ich bin schon groß – gerade zwölf Lenze alt geworden!

Wenn Mamaí mit mir zuhause ist, gehen wir oft in den Wald. Das dauert nicht lange, denn der Wald liegt quasi vor unserer Haustür. Dort erklärt sie mir die Pflanzen, die im Wald wachsen, und wie nützlich sie sind. Hin und wieder nehmen wir auch welche mit nachhause, die Mamaí zum Kochen benutzt, aber auch Salben herstellt. Andere werden zum Trocknen aufgehängt, um daraus Tees zu brauen.

Eines Tages gehen Papa und Mama gemeinsam in den Wald und ich soll sie begleiten. Mama hat Lebensmittel vorbereitet und damit einen Picknickkorb gepackt. Also wird es wohl eine längere Tour werden, auf die ich die Beiden dieses Mal begleiten soll.

Unterwegs erfahre ich, dass unser Ziel ein Waldsee ist, der mehrere Stunden zu Fuß vom Dorf entfernt liegt. Um die Zeit zu verkürzen zeigt mir Mama Kräuter und fragt mich nach deren Namen und Anwendungsmöglichkeiten. Ich habe ihr bei unseren früheren Waldgängen aufmerksam zugehört. Daher fällt es mir leicht, ihr die richtigen Antworten zu geben.

Dass heute Atta dabei ist, macht mich ein wenig nervös. Aber ich unterdrücke das schlechte Gefühl, um Mamaí nicht zu enttäuschen. Ab und zu lobt Atta -Papa- mich und zeigt mir die Blätter der Bäume. Dazu fragt er mich:

„Kannst du mir den Baum benennen, wenn du seine Blätter betrachtest?“

Ich lächele. Hin und wieder habe ich auch Papa in den Wald begleitet und er hat mir die Bäume erklärt. Auch seine Erklärungen habe ich aufgesogen und kann daher die Namen der Bäume ganz leicht wiedergeben.
Nach oben Nach unten
hermann-jpmt
Forenmogul
Forenmogul
hermann-jpmt


Anzahl der Beiträge : 690
Anmeldedatum : 14.08.15
Alter : 59
Ort : Münster Nähe

Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1Sa März 11, 2023 9:43 am

So ist der Weg zum Waldsee ganz kurzweilig verlaufen. Mamaí hat Essen mitgenommen, dass wir vor der Rückkehr nachhause dort verzehren wollen. Nach dem Picknick erhebt Papa sich und entkleidet sich bis auf die Unterkleidung. Er tritt an das Seeufer und watet ins Wasser bis nur noch sein Oberkörper über Wasser sichtbar ist. Dann schwimmt er mit Bewegungen wie ein Frosch am Ufer entlang, um alsbald wieder an Land zu kommen.

Er wendet sich mir zu und sagt:
„Jetzt du, meine Große!“

Ich bin schon aufgestanden und habe Papa zugeschaut. Nun bin ich doch ängstlich. Was ist, wenn ich untergehe? Papa lächelt mich zuversichtlich an und fordert mich auf:

„Zieh dein Kleid aus, damit du etwas Trockenes für den Heimweg hast, Liebes.“

Papa scheint großes Vertrauen zu mir zu haben, also ziehe ich das Kleid über den Kopf aus und stehe nun nur noch in meinem leichten Unterkleid zwischen meinen Eltern.

„Ich habe Angst zu ertrinken!“ erkläre ich ihm.

„Angst ist dein Feind! Vertrauen ist dagegen dein Schutzschild!“ erwidert er mir.

Ich antworte ihm, immer noch ängstlich:
„Aber ist es nicht klug sich zu ängstigen, wenn man nicht weiß, was werden wird?“

„Wer sich selbst bezwingt ist der größte Krieger! Was du tun musst, das tue mit der Weisheit des Herzens!“ antwortet er mir. „Schau, du bist nicht allein! Mamaí und ich sind bei dir.“

„Ich weiß nicht, ob ich die Angst je bezwingen kann, verehrter Athir -Vater-,“ gebe ich zitternd zurück.

„Schau, Liebes, wir sind alle Menschen. Auch wenn die Leute uns die Druid -Wissenden- nennen. Mamaí hat mit viel Mut ihre Angst bezwungen. Ich habe sie als junger Mann bezwungen. Auch du wirst sie irgendwann ganz bezwingen können. Sie wird einem gewissen Respekt vor der Natur Platz machen!“

Ich senke den Blick auf die Oberfläche des Wassers vor mir und wate in den See hinein, wie Athir -Vater- vorhin. Als das Wasser meine Taille erreicht, stoße ich mich vom Boden ab und beginne meine Beine wie ein Frosch zu bewegen. Es klappt wirklich. Ich komme voran, auch wenn meine Nase ein paar Male unter Wasser gerät und ich Wasser spucke. Nach einer Weile ruft Mamaí lachend:

„Hallo, mein verzauberter Frosch! Es wird Zeit, dass du aus dem Wasser kommst. Wir kommen bestimmt noch öfter hierher.“

Ich drehe mich zum Ufer und will mit den Füßen den Boden erreichen, um aufzustehen. Das klappt zwar, aber nun reicht mir das Wasser bis zum Kinn und meine Panik ist wieder da.

„Atta!“ rufe ich daher laut. „Atta!“

Papa lässt seine nasse Unterkleidung fallen und kommt mir entgegengelaufen. Ich selbst wate durch das Wasser auf das Ufer zu. Papa watet mir durch das Wasser entgegen und greift meinen Arm. Dann hebt er mich aus dem Wasser und trägt mich an Land. Mama ist jetzt auch da und hilft mir aus dem nassen Unterkleid. Dann rubbelt sie mich mit ihrem wollenen Umhang trocken und hilft mir, mein Oberkleid anzuziehen.

Papa hat nun nichts Trockenes mehr anzuziehen. Ich schaue ihn an und entschuldige mich dafür. Er sagt nur:

„Dass ich jetzt nass bin bis wir zuhause sind, ist nicht schlimm, meine Große. Dass du einerseits deine Angst überwunden hast und andererseits Vertrauen in deine Fähigkeit zu Schwimmen erlangt hast, ist das Wichtigere heute! Solltest du absichtlich oder unabsichtlich mit dem Kopf unter Wasser geraten, musst du die Luft anhalten. Am Besten vorher tief einatmen, wenn das möglich ist. Bald wirst du, in der gleichen Situation wie eben, einfach wieder Schwimmbewegungen machen und näher am Ufer wieder zu stehen versuchen.“

In der Folgezeit erklären mir meine Eltern viel über Odam, der Lebenskraft, und die Funktion der Bäume dabei.

*
Nach oben Nach unten
Gesponserte Inhalte





Keltische Druiden Empty
BeitragThema: Re: Keltische Druiden   Keltische Druiden Icon_minitime1

Nach oben Nach unten
 
Keltische Druiden
Nach oben 
Seite 1 von 2Gehe zu Seite : 1, 2  Weiter

Befugnisse in diesem ForumSie können in diesem Forum nicht antworten
Gedankenparadies :: Userbereiche :: Hermann-jpmt-
Gehe zu: