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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Mo März 11, 2024 10:02 am

„Oh, werte Dame,“ antworte ich ihr augenzwinkernd. „Wir überbrücken etwa 8400 Lichtjahre. Mit ihrer Schätzung liegen Sie doch weit daneben. In fünf Tagen haben wir Sona erreicht, den Planeten auf dem sich der Galaktische Rat befindet.“

Sie schaut mich entgeistert an und plötzlich beginnt sie lauthals zu lachen.

„Sie veralbern mich jetzt aber! Stimmt’s?“

Ich schüttele nun mit ernstem Gesicht meinen Kopf und meine:
„Nein, nein, das stimmt schon so! In fünf Tagen haben wir unser Ziel erreicht und es liegt wirklich nicht mehr in ihrem Sonnensystem!“

Sie ist etwas kleinlaut geworden und genießt es, in den nächsten Tagen von uns bedient zu werden. Sie braucht nur einen Wunsch äußern. Wir versuchen, ihn ihr zu erfüllen, soweit es machbar ist.

Nach der fünftägigen Reise landen wir wie üblich auf Pakshi und fliegen mit dem Shuttle nach Sona, wo ich sie laut Absprache mit dem Param Gyaata zu mir nachhause mitnehme. Meine ehrenwerten Schwiegereltern Li wohnen inzwischen in einer eigenen Wohnung. Also ist ein Gästezimmer frei. Nun kann sie sich mit Familienanschluss akklimatisieren.

Für Gorêiya ist es aufregend, auch einmal das Innere des Galaktischen Rates zu sehen. Petno freundet sich bald mit der Dame Lyaar an. Sie hört interessiert zu, wenn sie ihr vom Leben auf Aitha erzählt. Einmal fragt sie, ob Aitha auch im Galaktischen Rat vertreten ist. Petno verneint und begründet das damit, dass Aitha noch nicht ins Raumfahrtzeitalter eingetreten ist.

Ich erkläre der ehrenwerten Dame Lyaar den Kommunikator und hauptsächlich dessen Übersetzerfunktion. Dennoch rate ich ihr schnell Meroiti zu lernen, denn in dieser Sprache, die auch die Verkehrssprache in der ganzen Galaxis ist, finden alle Beratungen und Abstimmungen im Galaktischen Rat statt.



Gorêiya von Aitha


Hallo, mein Name ist Gorêiya Dil. Gerade bin ich 11 Jahre alt geworden und bin seit kurzem im Internat der Akademie der Wissenden in der Hauptstadt von Sona aufgenommen. Seit ich sechs Jahre alt bin gehe ich auf die Akademie, bin aber bisher ‚Heimschläfer‘ gewesen, das heißt, dass ich bei meinen Eltern wohnen durfte, wie meine Jahrgangskameraden auch.

Vom ersten Tag in der Akademie an brauche ich eine Schuluniform mit Schuhen, die nur innerhalb der Akademie getragen werden, und einen Gymnastik-Anzug mit Sportschuhen für den Sportunterricht. Bei der Einschulung ist Papa dabei gewesen und ich kann mich noch an eine wunderschöne Feier mit den Eltern und beiden Großeltern-Paaren erinnern.

Bei meinem Übergang ins Internat der Akademie ist er ebenfalls wieder anwesend. Das hat meine Aufregung gedämpft, denn nun sehe ich meine Kêvak -Eltern- nur noch während der Chhutti -Ferien-. Ab jetzt habe ich ein Bett und einen Schrank in einem Schlafsaal mit neun weiteren Jahrgangskameradinnen. Mit einigen davon bin ich befreundet, seit ich zur Akademie gehe.

Zu Anfang hat Maan -Mama- mich noch auf dem Schulweg begleitet und nachmittags an der Akademie erwartet, um den Heimweg mit mir gemeinsam zu machen. Nach ein paar Monaten hat sie den Schulweg mich selbst gehen lassen, aber immer noch den Sitz meiner Schuluniform kontrolliert.

Früher hat Maan noch viel mehr gemacht. Da Pita -Papa- die meiste Zeit unterwegs ist, bin ich schon als Kleinkind ständig in ihrer Nähe gewesen. Dadurch hat sich ein besonderes Verhältnis zwischen mir und Mama entwickelt. Man beschreibt das mit dem Bild von einer Seele in zwei Körpern, habe ich gelesen. Wir können einander an unserer Mimik ablesen wie es dem Anderen geht. Ich habe stets versucht, die Harmonie zwischen Maan und mir aufrecht zu erhalten. Eine gute Harmonie ist mir wichtig.

*
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Mi März 13, 2024 10:37 am

Ich mag es, wenn meine ehrenwerten Kêvak -Eltern- stolz auf mich sind. Harmonie, besonders zwischen der lieben Maan und mir, ist sehr wichtig, denke ich mir. Der liebe Pita -Papa- ist leider immer wieder für längere Zeit fort. Der Rat der Wissenden sendet ihn zu wichtigen Aufträgen in die Galaxis.

Bei einem dieser Aufträge hat Papa und Mama sich auf einem fernen Planeten kennengelernt und mit der Zeit ineinander verliebt. Aus dieser Verbindung bin ich entstanden. Manche sagen, ich sei eine Halb-Sonaerin. Ich entgegne diesen Leuten immer, dass ich keine Eldha -Halbe- bin, sondern eine Dohar -Doppel-! Schließlich trage ich Erbanlagen von Sona und von Aitha in mir!

Anfangs haben sich manche andere Tiddee -Schüler- auch über meinen Namen lustig gemacht. Die liebe Maan -Mama- hat mich immer in ihre Arme genommen und getröstet, wenn ich ihr abends davon erzählt habe. Sie sagt:

„Dein Name ist Spatz, oder ‚kleiner Sperling‘. Es ist eine Verniedlichung, wie sie oft vorkommt. Aber überlege mal: Der Spatz ist zwar ein kleiner Vogel, aber er ist intelligent und frech, und trotzdem ist er liebenswürdig. Er setzt sich also gegenüber den anderen durch, indem er sich nicht zurückdrängen lässt. Genauso musst du gegenüber den anderen auch auftreten, dann gewinnst du Respekt!“

Wenn Pita -Papa- von einer seiner Reisen nachhause kommt, schlafen wir zu dritt im Wohnzimmer. Die Sitzlandschaft mit dem Couchtisch wird abends dann zu einem breiten Bett umgebaut. Die Wohnung meiner verehrten Kêvak -Eltern- hat zwar zwei Schlafzimmer, aber in dem zweiten Zimmer haben lange Zeit Daada aur Daadima -Großvater und Großmutter- geschlafen, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben. Pita hat Daada und Daadima ebenfalls von Aitha -Erde- nach Sona -Gold- mitgebracht. Ich mag die Beiden sehr, was nicht heißen soll, dass ich Pitas Kêvak weniger mag. Beide Großelternpaare und ich freuen uns immer sehr, wenn wir uns treffen.

In der Akademie haben wir gleich zu Beginn eine ganze Menge Schulfächer gehabt. Darunter fallen Arithmetik, Geometrie, Mathematik, Botanik, Zoologie, Astronomie, Meroiti und zum Ausgleich Sportgymnastik. Jetzt kommen noch Chemie und Physik hinzu, habe ich festgestellt. In jedem Fach unterrichtet uns ein männlicher oder eine weibliche Shikshak zweimal 45 Minuten. Es ist so aufgeteilt, dass der Lehrer oder die Lehrerin in der ersten Hälfte vor der Jahrgangsstufe steht und uns neuen Lehrstoff nahebringt. In der zweiten Hälfte sollen wir dann selbständig Übungsaufgaben dazu lösen.

Wir haben Ganztags-Unterricht vom frühen Vormittag nach dem gemeinsamen Frühstück bis in den späten Nachmittag mit wechselnden Fächern und müssen einen ‚Club‘ besuchen, in dem wir die Selbstverteidigung erlernen, in Verbindung mit der Lebensphilosophie auf Sona. In den reinen Sportstunden erhalten wir dagegen Gymnastik-Unterricht in Verbindung mit den einzelnen Figuren des Selbstverteidigungstrainings, damit unsere Gelenke geschmeidig werden. So greift eins ins andere.

Ich erinnere mich noch an meine Heimschläfer-Zeit, als ich mich abends nach dem gemeinsamen Essen mit Papa auf die Couch im Wohnraum gesetzt habe, um den Tag Revue passieren zu lassen. Dann sind die Fragen nur so aus mir herausgesprudelt. Der Unterricht ist schon immer sehr interessant gewesen. Davon habe ich ihm berichtet und danach hat er mir vieles erklärt, was ich noch nicht verstanden habe.

Auch hat er mir dann manche Tricks zur Selbstverteidigung gezeigt. Dennoch hat mir das einmal nicht geholfen. Das ist gewesen, als ich während der Schulzeit mit einer Jahrgangskameradin außerhalb der Akademie einen Auftrag erledigen sollte. Wir werden mit einigen Baadh -Währungseinheit- in der Tasche in das nächste Geschäft gesandt, um Dekomaterial zu kaufen. Da sind wir noch jung und Heimschläfer gewesen. Ein ehrwürdiger alter Mann sitzt am Straßenrand. Als wir bei ihm angekommen sind, erhebt er sich und spricht uns an:

„Khoob yijo -Lebet lang-, junge Gyaan. Wo wollt ihr denn hin?“

„Wir sollen etwas besorgen,“ antworte ich. „Für unseren Unterricht in der Akademie.“

„Aber ich habe vorhin gehört, dass an der Hauptstraße zur Stadt Banditen lauern. Tja, es wäre vielleicht besser, wenn ihr die Nebenstraße nehmen würdet.“

Ich verbeuge mich und erwidere:
„Danke, Ehrwürdiger. Wir werden Euren Rat befolgen.“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Do März 14, 2024 9:35 am

Während er sich wieder an den Straßenrand setzt, lacht er kurz auf. Das irritiert mich etwas. Aber wir weichen von der Hauptstraße ab und nehmen die Nebenstraße, wie uns geraten worden ist. Plötzlich geraten wir in einen Hinterhalt von mehreren Banditen, die auf uns einschlagen. Ich rufe:

„Aufhören! Aufhören, wir sind aus der Akademie!“

Später in der Akademie zurück, berichten wir dem Nirdeshak -Direktor- von dem Überfall:
„Sie nahmen uns unser Geld weg und alles, was nur irgendwelchen Wert hatte.“

Der Nirdeshak antwortet uns im ruhigen Ton:
„… außer was unersetzlich ist: Euer Leben! Weshalb habt ihr die Hauptstraße verlassen?“

„Weil wir dumm waren,“ erklärt meine Jahrgangskameradin. „Wir haben einem Fremden vertraut. Es war ein alter Mann mit einem gütigen Gesicht. Er war sehr freundlich zu uns.“

Der Direktor fragt nun jede einzelne von uns:
„Tiddee Karan -mögen-, welche Lehre ziehst du aus dem Vorfall?“

„Man darf nie einem Fremden vertrauen!“

„Tiddee Dil, welche Lehre würdest du daraus ziehen?“

„Wir sollten immer das Unerwartete erwarten.“

Nun wendet sich der Nirdeshak wieder meiner Kameradin zu.

„Tiddee Karan! Morgenfrüh, wenn du dich auf den Weg zur Akademie machen willst, darfst du zuhause bleiben!“ entscheidet der Direktor nun.

„Wann werde ich wiederkommen dürfen, ehrwürdiger Nirdeshak?“

„Zu uns? Nie mehr!“ antwortet er in bestimmendem Tonfall.

Meine Jahrgangskameradin schaut erschrocken und traurig. Dann verbeugt sie sich tief und entfernt sich.

Der Nirdeshak -Direktor- wendet sich jetzt mir zu und fragt mich:
„Bist du wegen meiner Entscheidung verwirrt?“

„Ich kann nicht verstehen, warum sie gehen muss und ich nicht! Ich bin doch ebenso verantwortlich. Ich habe dem alten Mann auch vertraut!“ erkläre ich.

„Sie wurde nicht bestraft, weil sie Vertrauen hatte! Wenn man beim Bau eines Hauses ist und der Zimmermann einen Nagel einschlägt, der sich verbiegt, verliert da der Zimmermann das Vertrauen zu allen Nägeln und hört auf das Haus zu bauen?“ fragt er mich.

„Sollen wir weiter auf das Gute vertrauen? Auch wenn uns das Böse oft genug Enttäuschungen bereitet?“ frage ich zurück.

„Tritt dem Bösen mit aller Kraft entgegen! Aber bestärke das Gute im Menschen durch Vertrauen! Auf diese Weise sind wir auf das Böse vorbereitet und ermutigen zugleich das Gute!“ rät er mir.

„Und das Gute ist die Belohnung für unser Vertrauen?“

„Bei unserem Streben nach einem Ideal erwarten wir keinen Lohn. Trotzdem kann Vertrauen manchmal großen Gewinn mit sich bringen. Größeren noch als das Gute!“ erklärt er mir.

„Was ist größer als das Gute?“ frage ich ihn erstaunt.

Der Direktor der Akademie schaut mich mit großen Augen an und antwortet mit einem Wort:
„Liebe!“

Danach wendet er sich ab und geht davon. Ich bleibe noch einen Moment stehen, dann gehe ich in den Unterrichtsraum zu den Anderen.

*
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Fr März 15, 2024 10:27 am

Ich gehe in Begleitung von zwei meiner besten Freundinnen, unsere Rollenkoffer hinter uns herziehend, durch den Internatsteil der Akademie. Heute ist unser erster Tag als Internatsschüler. Das Heimschläfer-Dasein haben wir hinter uns gelassen.

Vorhin hat die Rede des Nirdeshak -Direktors- vor etwa 400 Tiddee im großen Saal geendet. Unsere Eltern waren bei der Rede ebenfalls anwesend und haben uns sicher die Daumen gedrückt. Wir haben die Nummer unseres Schlafsaales auf unsere Kameitetaar -Kommunikatoren- überspielt bekommen und wandern nun durch den Jeewenna -Wohntrakt-. Wir sind schon auf der richtigen Etage. Plötzlich ruft Atskêu -schön- aus:

„Hier sind wir richtig!“

Wir halten unsere Kleuil-Naksha -Key-Cards- an das Lesegerät und die Tür fährt zur Seite. Nun können wir in den Aufenthaltsraum blicken. Hier stehen drei Tische, um die sich Sessel gruppieren. Er dürfte etwa drei Meter tief, aber dreimal so breit sein. Vier weitere Kumaari -Mädchen- sitzen an den Tischen und beschäftigen sich mit ihren Kameitetaar -Kommunikatoren-. Sie schauen auf, als wir eintreten. Wir grüßen in Kurzform:

„Khoob jiyo -Langes Leben-.“

Sie geben den Gruß zurück und senken ihren Blick wieder auf ihre Kameitetaar. Nachdem sich die Tür hinter uns geschlossen hat, gehen wir zu der rechten Tür in der gegenüberliegenden Wand. Als sie sich öffnet, sehen wir fünf Etagenbetten und die entsprechende Anzahl Schränke. Vier der Etagenbetten sind mit Koffern belegt. Wir nehmen das Etagenbett an der linken Wand und Atskêu belegt das untere Bett daneben.

„Kommt,“ sage ich, „wir räumen unsere Sachen gleich in die Schränke.“

Ich halte meine Karte an einen Schrank nach dem anderen. Vier bleiben verschlossen. Sie sind also schon besetzt. Wir entscheiden uns auch hier für drei nebeneinanderliegende Schränke und beginnen damit, unsere Rollenkoffer zu leeren. Der Einfachheit halber legen wir sie auf die unteren Betten, die wir uns ausgesucht haben. Dakshi -brav, tüchtig- wird mit ihrem Koffer später das Bett über mir belegen, bis sich alle Tiddee -Schülerinnen- ihre Betten ausgesucht haben.

*

Neben den theoretischen Fächern und dem Sport müssen wir von diesem Jahrgang an, an einem Sportclub teilnehmen. Es gibt davon mehrere in der Akademie, aber alle üben die Selbstverteidigung. Einmal im Jahr treten die Sportclubs gegeneinander an. Wir wollen natürlich, dass unser Club der Beste ist und gewinnt. Also trainieren wir hart. Als Trainingsleiter haben wir eine Schülerin aus einer höheren Jahrgangsstufe. Ihr steht ein Shikshak als Berater zur Seite.

Ich stelle fest, dass ich durch Papas Tricks schon einiges über das Verständnis der Selbstverteidigung kenne. Nebenbei lerne ich viel über die Natur und mich selbst. Meine Reflexe werden geschärft. Etwa alle drei Jahre muss ich die Prüfung vor meinem Shikshak -Lehrer- wiederholen, die ich zu Beginn meiner Schulzeit abgelegt habe. Dabei geht es um das schnelle Ergreifen eines Kieselsteins in der flachen Hand des Lehrers, bevor dieser die Hand wieder zur Faust schließt. Damals hat er zu mir gesagt:

„Wenn du so schnell bist, dass es dir gelingt, ist es für dich an der Zeit uns zu verlassen!“

Zusätzlich zu den bekannten Schulfächern ist seit Beginn des neuen Jahrgangs noch Philosophie hinzugekommen. Die Shikshak in Philosophie ist Tokaree Gûen -Frau Korb-. In der ersten Schulstunde kommt sie zu uns in den Unterrichtsraum, stellt sich vor uns und grüßt:

„Khoob jiyo aur shaanti -Lebet lang und in Frieden-!“

Höflich geben wir den Gruß zurück.

Danach fragt sie uns: „Hat jemand von euch schon einmal eine Aatma -Seele- gesehen?“

Gemurmel kommt im Raum auf. Sie zeigt auf einen der Jungs. Dieser erklärt:
„Nein, ich habe noch nie eine Seele gesehen.“

Sie fragt weiter:
„Womit schaust du? Mit deinen Augen? Hat der Mensch nicht auch andere Organe, mit denen er sehen kann? Hat jemand von euch schon einmal mit seinem Herzen eine Seele gesehen?“

Ein Mädchen zeigt auf. Die Shikshak nickt ihr aufmunternd zu. Nun berichtet die Tiddee -Schülerin-:

„Als mein Daada -Großvater- gestorben ist und ich traurig wurde, habe ich plötzlich gespürt, wie ein kühler Lufthauch über mein Haar strich – ganz so wie früher, als er mich übers Haar streichelte, wenn ich traurig war.“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Sa März 16, 2024 9:24 am

„Du hast engen Kontakt zu deinem Daada gehabt, stimmt’s?“

Die Schülerin nickt. Die Lehrerin erklärt es uns:
„Eure Jahrgangskameradin hat die Seele ihres Daada gespürt, wie er sie trösten wollte. Das meinte ich mit ‚sehen mit dem Herzen‘ – spüren. Wir Menschen können viel mehr erkennen, als nur das, was unsere Augen sehen.“

Nun melde ich mich und als mich die Shikshak aufruft, frage ich sie:
„Wie ist das denn bei lebenden Menschen, ehrenwerte Lehrerin? Da spürt das Herz doch sicher auch etwas?“

„Genau! Ihr werdet, außer bei nahen Angehörigen, wahrscheinlich noch Probleme haben, das Gespür eurer Herzen richtig einzuordnen. Das lernt ihr aber im Laufe eurer Schulzeit hier! Es gibt nämlich nicht nur wohlmeinende Menschen in der Welt.“

„Was ist, wenn ich vom Pfad der Tugend abweiche?“ fragt ein Junge im Raum.

„Deine Seele wird es bemerken. Sie wird dir durch ein Schamgefühl anzeigen, dass du im Begriff stehst etwas Unrechtes zu tun! Die Seele, die deinen Körper umgibt,  ist das Korrektiv. Wenn du ihren Wünschen folgst, befindest du dich im Einklang mit der Natur. Eine Seele, die mit der Natur eins ist, ist tugendhaft. Eine Seele aber, die nicht eins ist mit der Natur, kann unrechte Gedanken erzeugen.“

Sie erklärt uns eine Stunde lang unsere Definition der Seele. Danach sollen wir den Begriff im Archiv suchen und uns Fragen dazu notieren, die sie mit uns in der nächsten Philosophie-Stunde klären möchte. Nun haben wir eine halbe Stunde Zeit, in der wir im Archiv der Gyaan -Wissenden- mit der Suchfunktion nach Beiträgen suchen, in denen uns die Seele erklärt wird. Sie umgeben uns überall. Da gibt es die Seelen der Ahnen, die Seelen der anderen Webh -Wesen-, die Seelen der Pflanzen und der Steine. Zu Letzteren gehören auch die Seelen der Wohnungen.

*

Ich habe mich schon in unserer Zeit als Heimschläfer mit einem Jungen zusammengesetzt und wir haben den Unterrichtsstoff der Lehrer gemeinsam vertieft. Dazu ist es in unserem zweiten Jahr auf der Akademie gekommen. Der Junge heißt Oorja -Energie- Shaanti -Frieden- und gehört eigentlich der Gesellschaftsschicht der Bauern und Arbeiter an. Aber er hat die Eingangsprüfung zur Aufnahme in die Akademie geschafft!

Nun ist es so, dass die gleichaltrigen Jungs ihn bei ihren Spielen aus diesem Grund nicht mitmachen lassen. Er hat gesehen, dass es mir mit den Mitschülern nicht viel anders ergangen ist. Als Halb-Sonaerin hat man mich zuerst auch nicht akzeptiert. Aber ich habe den anderen Kindern schnell gezeigt, dass ich mich nicht unterkriegen lasse. Ich bin keine Eldha -Halbe-, wie sie mich anfangs bezeichnet haben, sondern eine Dohar -Doppel-.

Diese Selbstachtung muss Oorja noch entwickeln. Ich habe Maan -Mama- zuhause davon berichtet und sie hat mir gesagt, dass ich dem Jungen ruhig beistehen soll, wo es möglich ist.

Einmal bin ich hinzugekommen, als eine Gruppe Jungs einen Kreis um zwei kämpfende Gleichaltrige gebildet haben und einseitig einen jungen Gyaata anfeuern. Mit gefurchter Stirn dränge ich mich durch die Reihen, um besser sehen zu können. Papa hat mir ein paar Tricks zur Selbstverteidigung beigebracht, die ich bisher nie anwenden brauchte. Unter uns Mädchen hat mein vorlautes Mundwerk, wie Maan -Mama- es lächelnd bezeichnet, geholfen meine Stellung in der Gruppe zu behaupten.

Hier versuche ich wieder mit einer vermeintlichen Autorität aufzutreten. Ich bin ja ebenfalls eine Gyaata, wie sie, und eben erst zur Jahrgangssprecherin gewählt worden:

„Stopp! Sofort aufhören!“

Die beiden Jungs, die sich am Boden wälzen und versuchen, den jeweils anderen in den Griff zu bekommen, halten tatsächlich inne. Doch damit habe ich die Meute der Zuschauer gegen mich aufgebracht, weil sie sich um ein Schauspiel betrogen sehen. Die kämpfenden Jungs erheben sich, aber die Meute drängt nun johlend auf mich ein.
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1So März 17, 2024 10:27 am

Ich wende einige Tricks aus der Selbstverteidigung an, aber es sind zu viele.

Das Johlen der Meute hat einen Shikshak -Lehrer- neugierig gemacht. Er ist nähergekommen und ruft nun, die Arme hebend:

„Hört auf! Weg!“

Die Kerle flüchten. Schwer atmend und mich verbeugend, bedanke ich mich bei dem Lehrer:
„Ich danke Euch, verehrter Shikshak, dass ihr das für mich getan habt.“

Der Lehrer schaut mich lächelnd an und antwortet:
„Nicht für dich, junge Tiddee! Für mich selbst habe ich das getan.“

Der Junge aus der Unterschicht ist in der Nähe stehengeblieben und lauscht dem, was der Lehrer sagt. Ich mache ein verständnisloses Gesicht. Wie meint der Shikshak das? Er redet weiter:

„Hör zu, junge Tiddee! Als ich selbst noch ein Yuva -Junge- war, bin ich einmal in ein Budham -Bodenloch- gefallen. Ich hatte mich verletzt und konnte nicht wieder herauskommen. Ich wäre umgekommen, wenn mich niemand gefunden hätte. Wenig später kam ein Fremder vorbei und zog mich heraus. Er sagte, es wäre seine Pflicht gewesen mich zu retten, weil für die Hilfe, die er selbst einmal erfahren hatte, müsse er aus Dankbarkeit zehn anderen helfen. Jeder von diesen, wieder zehn anderen. So dass die guten Taten sich ausbreiten wie Ringe im Wasser, wenn man einen Kieselstein hineinwirft. Ich war einer von seinen zehn. Du bist nun eine von meinen, denn ich gebe diese Verpflichtung hiermit an dich weiter.“

Damit entfernt sich der Shikshak. Nun nähert sich der Junge mir.

„Ich möchte dir danken!“ sagt er. „Niemand sonst hat sich bisher für mich eingesetzt.“

Ich lächele ihn an und stelle mich vor:
„Ich bin Gorêiya aus der zweiten Jahrgangsstufe.“

„Ich weiß,“ entgegnet er. „Ich habe mitbekommen, dass du anfangs auch einen schweren Stand gegen die anderen Mitschüler hattest. Aber du hast dich durchsetzen können. Mein Name ist übrigens Oorja Shaanti. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mir nicht anders zu helfen weiß. Die Kerle beleidigen mich und meine Eltern, weil wir aus der Unterschicht stammen.“

„Das ist doch kein Grund! Du hast die Eingangsprüfung geschafft und gehörst seitdem zu uns,“ entgegne ich ihm.

„Ich habe mich deswegen auch schon an einen Shikshak gewandt. Aber dort erhalte ich nur eine Unterweisung.“

„Was hat der Shikshak denn gesagt?“ frage ich interessiert.

„Ich habe ihn gefragt, ob wir selbst schuld daran sind, wenn wir leiden. Er hat das verneint. Andere seien aber auch nicht schuld, erklärte er. Daraufhin habe ich ihn gefragt, ob es dann richtig wäre, sich für begangenes Unrecht zu rächen. Als Antwort gebrauchte er ein Bild. Er sagte, Rache ist wie ein Wasserbehälter, der ein Loch hat. Das Einzige, was Rache hervorbringt, ist die vollkommene Leere, nachdem die anfängliche Genugtuung verflogen ist. Nun habe ich ihn gefragt, welches denn die angemessene Reaktion auf Unrecht wäre und er antwortete: Vergelte Unrecht mit Gerechtigkeit und Vergebung, aber Güte mit Güte!“

Ich lächele ihm zu und meine:
„Wenn du so mit einem Lehrer sprichst, bekommst du Lebensweisheiten zu hören.“

„Aber wie soll ich Unrecht mit Vergebung vergelten?“ fragt mich Oorja. „Vergebe ich den Kerlen, legen sie es mir als Schwäche aus! Das Ergebnis ist, dass sie mich immer weiter ärgern.“

„Lasse sie einfach reden, Oorja. Ihre Ethik, die sie an den Tag legen, wird von den Shikshak beobachtet. Aber du musst dir Respekt verschaffen. Das ist klar. Mein Papa hat mir da ein paar Tricks gezeigt. Wenn du willst, zeige ich sie dir auch.“

Oorja ist begeistert. Also treffen wir uns in einem selten besuchten Raum, wo einige Werkzeuge gelagert sind. Dort trainiere ich mit dem Jungen und erfahre dabei auch ein wenig über seine Familie. Ich nehme mir vor, ihm zu helfen, wo ich kann.

*
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Mo März 18, 2024 9:43 am

Nun sind wir also ins Internat aufgestiegen. Die Kerle, die Oorja anfangs so zugesetzt haben, sind ruhiger geworden. Er hat sich seinen Platz unter den Tiddee -Schülern- erkämpft. Ich selbst bin als Jahrgangssprecherin wiedergewählt worden. Nach dem ersten Sukmehi -Semester- im zweiten Jahrgang auf dem Internat habe ich wieder Chhutti -Ferien- und fahre in fröhlicher Stimmung mit der Agmos sheré -Einschienenbahn- nachhause.

Pita ist ebenfalls zuhause. Er sitzt mit einer fremden Frau auf unseren Polstermöbeln. Maan begrüßt mich freudig und auch Pita erhebt sich, um mich zu begrüßen. Danach stellt er mir die fremdartig aussehende Frau vor:

„Darf ich dir Frau Lyaar Yaalay vorstellen? Sie kann unsere Sprache noch nicht sprechen. Der Gyaata ka Salaah -Rat der Gyaan- hat mir die Aufgabe erteilt, Frau Yaalay unsere Sprache und Lebensart näherzubringen. Maan -Mama- unterstützt mich dabei, da sie die Probleme von Menschen kennt, die von anderen Planeten zu uns kommen.
Frau Yaalay kommt aus einem ganz bestimmten Grund nach Sona. Sie ist Botschafterin ihres Planeten beim Galaktischen Rat und braucht auch dort jemand, der sich auskennt. Sie ist also eine ‚Delegierte‘.“

„Und was macht sie bei uns?“ frage ich überrascht.

„Sie wohnt die erste Zeit bei uns, bis sie sich eingewöhnt hat, Priy -Liebes-. Also musst du während der Ferien hier im Wohnzimmer übernachten.“

„Thîkhe -okay-, kein Problem, verehrter Pita,“ antworte ich.

Ich stelle also meinen Koffer neben die Couch. Maan -Mama- nähert sich sogleich und trägt den Koffer mit meinen Sachen in das Elternschlafzimmer.

In den folgenden Tagen erhält die Gûen -Dame- von Pita ersten Sprachunterricht. Maan wirft einige Worte und deren Zusammenhang speziell für Frauen ein. Beide nutzen dafür ihre Kameitetaar -Kommunikatoren-, um entsprechende Bilder zu den Begriffen zeigen zu können. Als meine Ferien beendet sind und ich wieder in die Akademie muss, kann die Dame schon einfache Sätze sprechen. Wir haben sie dafür zu einigen Spaziergängen nach draußen begleitet. Danach beginnt für mich der Alltag im Internat wieder.

Zurück im Internat berichte ich Oorja bei einer Physik-Nachhilfe davon. Er macht große Augen und fragt:

„Wie kann das sein, dass sich deine ehrenwerten Kêvak -Eltern- um eine so hochgestellte Person kümmern? Ich dachte bisher, dass dies die Aufgabe des Gyaata ka Salaah -Rates der Gyaan- wäre!“

„Der Rat der Wissenden hat sicher anderes zu tun,“ mutmaße ich. „Der Param Gyaata -Oberste Wissende- hat diese Aufgabe an meinen ehrenwerten Vater delegiert, wohl weil er darin Erfahrung hat. Schließlich kommen meine liebe Mutter und deren Eltern auch von einem fernen Planeten.“

Oorja nickt. Ich spreche meinen Kameraden nun auf mein aktuelles Vorhaben an:
„Ich habe vor, mich in dem Club für Diplomatie anzumelden. Magst du nicht auch dort mitmachen?“

„Zusammen mit dir…“ überlegt er und fragt: „Was lernt man denn da?“

„Ich habe mich schon informiert. Mein ehrenwerter Vater ist als Tiddee -Schüler- auch in dem Club gewesen. Er sagte mir, ‚Diplomaten müssen fähig sein, Verständnis für die Interessen und Empfindungen des Gegenübers zu entwickeln und ihn für die eigene Position zu gewinnen, wobei dessen Interessen geachtet werden müssen. Tragfähige Problemlösungen lassen sich nur erreichen, wenn beide Parteien ihr Gesicht wahren können‘.“

„Das kann aber manchmal ein schlangengleiches Umgehen von ‚Stolperfallen‘ bedeuten…“ meint Oorja.

„Genau das lernen wir in diesem Club!“ versuche ich meinen Jahrgangskameraden zu begeistern.
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Di März 19, 2024 9:51 am

„Thîkhe -okay-,“ bestätigt er mir. „Vielleicht kann ich dort auch lernen, wie man Gyaan in meinem Alter sprachlich ausmanövriert und sie davon überzeugt, dass ich genauso gut bin wie sie.“

Ich lächele und antworte:
„Dann komm, wir gehen zusammen zur Verwaltung und melden uns an… Übrigens, ohne besser als deine Kritiker sein zu wollen, geht es nicht. Du musst den Kerlen schon etwas zeigen können.“

Der Shikshak -Lehrer-, der die Neulinge im Club über Diplomatie anleitet, führt uns oft nach draußen. Hinter dem weitläufigen Gebäude der Akademie, in dem etwa 4000 Menschen lernen und arbeiten, liegt ein Park. Er ist auf der einen Seite von der Akademie und auf der anderen Seite von einem kleinen Fluss begrenzt. Im Park selbst gibt es noch mehrere Seen. Dorthin führt er uns wieder einmal und weist auf einen See. Dazu sagt er:

„Schaut! Im Teich stehen schon einige Lotusblüten, über dem Wasserspiegel. So wie ihre Wurzeln Wasser trinken, wächst und blüht auch die Lotusblüte. Manche haben den Wasserspiegel gerade durchbrochen und blühen auf. Aber viele stehen noch unter Wasser.“

Eine Tiddee -Schülerin- fragt ihn:
„Sollen wir danach streben, diese Unterschiede zu messen, ehrenwerter Shikshak? Und sie dann entsprechend verschieden behandeln? Ob sie klein, groß, stark oder schwach sind?“

Wir umringen den weisen Mann. Er beugt sich vor und pflückt eine Lotusblume, die er ihr reicht und sagt dazu:

„Sieh dir diese Blume an. Sie bleibt immer eine Blume! Warum willst du jede einzelne verschieden behandeln?“

„Heißt das, man soll auch die Menschen gleichbehandeln?“ fragt ein anderer Tiddee forsch dazwischen.

Der Shikshak nickt lächelnd und antwortet:
„Ja, soweit es möglich ist. Man sollte es zumindest versuchen. Das Wichtigste ist, Verständnis für den anderen zu zeigen.“

Der Tiddee, der sich zuletzt gemeldet hat, zieht seine Stirn kraus und entgegnet dem Shikshak:

„Aber, die Blume unter der Wasseroberfläche kennt die anderen nicht. – Also Menschen, die mich nicht kennen, werden – glaube ich – mich nur sehr schwer verstehen können.“

„Akzeptiere die Gewohnheiten anderer, aber werde dir selbst dabei nicht untreu,“ postuliert der Shikshak nun. „Dann hast du einen wesentlichen Grundsatz der Diplomatie erlernt!“

Ich schaue gedankenverloren über die Lotusblumen auf den Teich hinaus.

*

An einem anderen Tag komme ich in Begleitung von Oorja aus dem Park, wo wir etwas Entspannung gesucht haben. Der Shikshak in Diplomatie sitzt vor der Tür auf einer Mauer und spricht uns an:

„Kommt, wir spielen!“

Höflich bleiben wir stehen und schauen erwartungsvoll auf den Shikshak. Er fordert uns auf ‚Schere-Stein-Papier‘ mit ihm zu spielen, das Spiel, mit dem wir früher als Heimschläfer herausgefunden haben, wer beim Reinigen des Schulgebäudes was machen muss.

Der Shikshak sagt:
„Die Schere schneidet das Papier. Das Papier umschließt den Stein. Der Stein zerstört die Schere.“

Ich frage ihn nach dem tieferen Sinn des Spiels:
„Macht es Sinn, sich die Zeit mit solchen Kinderspielen zu verschwenden?“

Er antwortet mir lächelnd:
„Durch Spiele lernen Kinder manchmal mehr als durch Bücher. Komm! Spiele mit dem alten Mann. Vielleicht lernst du etwas.“

Beim letzten Satz hebt der Lehrer den rechten Zeigefinger.

Wir machen eine Bewegung. Ich lächele und sage:
„Der Stein zerstört die Schere.“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Mi März 20, 2024 9:57 am

Unser Shikshak lacht kurz auf und erklärt:
„Du hast verloren! Wenn du ein bisschen nachdenkst, wirst du den tieferen Sinn des Spiels erkennen, Tiddee Dil.“

„Jeder kann siegen. Jeder kann verlieren. Es gibt keinen Stärkeren und keinen Schwächeren,“ versuche ich in dem Spiel einen tieferen Sinn zu sehen.

Unser Lehrer antwortet mir:
„Ja, richtig! Das ist die Harmonie der Natur. Ihr seht, unser Spiel war keine Zeitverschwendung.“

„Wir werden diese Lektion nicht vergessen, ehrenwerter Shikshak,“ antworte ich für Oorja mit und verbeuge mich ehrfürchtig.

Der Shikshak erklärt weiter:
„Drei Schätze gibt es im Leben, die man in Ehren halten muss. Der Erste ist die Bescheidenheit. Der Zweite ist die Gnade. Mit der Gnade kommt Erleuchtung. Und der dritte Schatz ist die Mäßigung. Wer sich mäßigt ist großzügig anderen gegenüber.“

„Drei Schätze,“ wiederhole ich. „Wie kann ich sie in Ehren halten, ehrwürdiger Shikshak? Indem ich immer an sie denke?“

Der Lehrer lacht und entgegnet mir:
„Nein, Tiddee Dil. Dadurch bestimmt nicht! Aber durch deine Taten!“

Als wir nun das Gebäude des Internats betreten bin ich sehr nachdenklich. Auch mein Kamerad Oorja neben mir sagt lange kein Wort. Ich mag den alten weisen Lehrer. Seine Art, uns etwas beizubringen, ist so anders als die Lehrer in Mathematik und Physik.

Ein andermal hat Oorja ihn gefragt, als unsere ganze Jahrgangsgruppe des Clubs mit ihm im Park spazieren gegangen ist:

„Ehrenwerter Shikshak, wie kann ich einen friedlichen Weg gehen, wenn die Welt nicht friedlich ist?“

„Merke dir, Tiddee Shaanti: Es liegt nicht an der Welt. Sondern an dem Mann, der den Weg geht,“ antwortet der Lehrer.

„Wenn mir aber auf meinem Weg Männer begegnen, die den Frieden nicht wollen?“ fragt er weiter nach.

„Dann suche dir einen anderen Weg!“ rät der Shikshak ihm.

„Wenn sie mich aber verfolgen und immer wieder von neuem versuchen mich zu stellen. Was dann?“ lässt Oorja nicht locker.

Sicher denkt er an seine anfänglichen Probleme mit Mitschülern in der Akademie, die nicht akzeptieren wollten, dass er kein geborener Gyaan ist.

„Versuche dich in deine Gegner hinein zu denken,“ gibt der ehrenwerte Shikshak ihm den Rat. „Vielleicht findest du einen Weg, dich mit ihnen friedlich auseinanderzusetzen.“

„Aber, ehrenwerter Shikshak!“ gibt sich Oorja nicht zufrieden. „Wenn das nun alles nichts nützt? Wenn der Gegner unbedingt mit mir kämpfen will. Wie soll ich mich dann verhalten?“

Unser Shikshak sieht keinesfalls genervt aus. Mit unendlicher Geduld entgegnet er Oorja:
„In einem Geist, der eins ist mit der Natur, ist keine Gewalttätigkeit, auch wenn der Körper sie will. In einem Geist, der aber nicht eins ist mit der Natur, kann Gewalttätigkeit sein, auch wenn der Körper sie nicht wünscht. Du musst… Du musst sein wie die Brust eines Schwimmers. Der Schwimmer bahnt sich seinen Weg durch das Wasser und hinterlässt hinter sich das Wasser ungeteilt.“

„Also muss ich zur Selbstverteidigung greifen und den Gegner besiegen,“ resümiert Oorja nun.

„Ja,“ antwortet der Lehrer. „Wenn alle diplomatische Kunst versagt, bleibt das als letzter Ausweg!“

„Das heißt also: Immer erst den Verhandlungsweg beschreiten,“ werfe ich ein.

„Ja, natürlich!“ erklärt der ehrwürdige Shikshak. „Ein guter Wagenlenker stürmt doch nicht drauflos und ein guter Kämpfer lässt sich nie zum Zorn reizen. Denn von zwei Gegnern ist derjenige der Klügere, der ohne Kampf gewinnt.“

„Aber ist da nicht ein Widerspruch, ehrenwerter Shikshak?“ fragt Oorja daraufhin erstaunt. „Wir trainieren unseren Körper für den Kampf und sollen dem Kampf aus dem Wege gehen?“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Do März 21, 2024 10:26 am

„Die Stärke liegt im Nachgeben, junger Tiddee! So kann der Schwache den Stärkeren überwinden!“ antwortet dieser ihm.

*

Ein halbes Jahr ist die Hohe Dame Yaalay vom Planeten Hathor schon bei uns. Inzwischen kann sie sich schon ganz gut auf Meroiti unterhalten und kommt mit dem höheren Lebensstandard auf Sona gut klar. Meine Maan und die Dame Lyaar sind Freundinnen geworden. Wenn Maan ihr vom Leben auf Aitha berichtet hört sie interessiert zu. Einmal hat die Hohe Dame meine liebe Maan -Mama- gefragt:

„Ist Aitha auch im Galaktischen Rat vertreten?“

Mama hat lächelnd verneint und ihr erklärt:
„Aitha hat eine Stufe-6-Zivilisation. Raumschiffe und Raketen sind dort noch unbekannt. Die Menschen dort müssen erst noch in das Raumfahrtzeitalter eintreten und Kontakt zu Intelligenzen bekommen, die aus der Galaxis stammen.“

„Aber,“ meint sie. „Letzteres ist doch schon geschehen! Raumfahrer von Sona haben den Planeten entdeckt und sind dort gelandet – genau wie auf Hathor.“

„Jaaa,“ dehnt meine liebe Mama. „Aber während sie sich auf Hathor schnell zu erkennen gegeben haben, weil Hathor schon die interplanetare Raumfahrt beherrscht und Handelsraumschiffe für eigene Forschungen aufgebracht hat, geben sich unsere Forscher auf Aitha nicht zu erkennen. Der Kulturschock wäre zu groß!“

„Ah, thîkhe -okay-,“ antwortet sie und nickt verstehend.

Kurz darauf ist mein aktueller Jahrgang auf der Akademie zu Ende gegangen und ich stelle mich darauf ein, wieder für die Dauer eines Umlaufes von Pakschi um Sona nachhause zu fahren und auf der Couch im Wohnraum zu übernachten.

Als ich die elterliche Wohnung betrete und die Schuhe gegen Pantoffel austausche, der Aatma mein Kommen angezeigt habe, rufe ich wie üblich in die Wohnung:

„Egh koghar hoon -Ich bin Zuhause-!“

Leider erhalte ich keine Antwort. Ich sehe einen Kommunikator auf dem Couchtisch liegen, stelle meinen Koffer an die Couch und schalte das Gerät ein. Es ist Mamas Kameitetaar. Eine Datei startet und zeigt mir Mamas 3D-Abbild. Sie spricht:

„Gorêiya, bitte sei so lieb und richte dich schon einmal in deinem Zimmer ein. Die Dame Yaalay zieht in das Appartementhaus der Delegierten um. Wir begleiten sie und helfen ihr, sich zurecht zu finden. Sollten wir noch nicht zuhause sein, geh gerne zum Essen zu Daadima -Oma-, oder versorge dich selbst, wenn du magst.“

‚Oh, die Dame Yaalay tritt in eine weitere Stufe ihres Aufenthaltes auf Sona ein! Okay, dann richte ich mich wieder in meinem Zimmer ein,‘ denke ich, trage meinen Dibba -Koffer- in mein Zimmer und räume ihn dort aus.

Anschließend eröffne ich in Mamas Kommunikator eine weitere 3D-Datei und bespreche sie mit der Nachricht, dass ich zu Daada aur Daadima -Opa und Oma- gehe. Danach verlasse ich die Wohnung wieder und klingele kurz darauf bei meinen ehrenwerten Großeltern. Sie sind hocherfreut mich zu sehen, bitten mich zu Tisch und wollen alles über meine Zeit auf der Akademie erfahren.

*

Ich denke, dass die Hohe Dame inzwischen soweit ist, dass wir mit ihr einen Besuch im Galaktischen Rat wagen können. Also spreche ich das Thema beim Frühstück an diesem Tag an, bei dem ich mit meiner lieben Frau Petno und der Hohen Dame zusammensitze.

Petno gibt zu bedenken, dass wir Gorêiya heute zu einem Monat Ferien von der Akademie zuhause erwarten. Ich nicke ihr lächelnd zu und meine:

„Ich weiß, Liebes. Aber Gorêiya ist schon groß genug, kurze Zeit alleine zu bleiben. Lass einfach deinen Kameitetaar -Kommunikator- auf dem Couchtisch liegen, nachdem du ihr eine Nachricht darauf gesprochen hast. Ich denke, sie wird wissen wollen, warum dein Kommunikator dort liegt und die Nachricht abhören. Dann weiß sie Bescheid. Mache ihr doch den Vorschlag zu deinen ehrenwerten Eltern zu gehen, wenn dir das besser gefällt.“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Fr März 22, 2024 11:06 am

So bespricht Petno nach dem Frühstück eine 3D-Datei auf ihrem Kameitetaar und schaltet sie so, dass sie sich nach dem Einschalten des Gerätes von selbst öffnet und abspielt. Anschließend verlassen wir das Appartementhaus an der Akademie und fahren mit der Agmos sheré -Einschienenbahn- zum Galaktischen Rat.

Dort betreten wir den tonnenförmigen Bau mit einem durchsichtigen Kuppeldach und schauen uns um. Außer uns befinden sich in der großen Eingangshalle noch viele andere Besucher, die von Hostessen der Verwaltung des Rates in Gruppen unterteilt und durch das Gebäude geführt werden. Wir schließen uns einer dieser Gruppen an.

Als wir den großen Saal des Rates betreten, schaue ich mir meine Begleitung genau an. Petno und auch die Hohe Dame machen große Augen. Der Raum ist trichterförmig angelegt und besitzt 3000 Logen, in der die Delegierten und deren Mitarbeiter und Besucher Platz finden. Im Augenblick findet keine Ratssitzung statt und der Raum sieht in seiner Größe verwaist aus. Die Hostess erklärt, dass zurzeit Ausschusssitzungen stattfinden, für die wir als Besucher aber keinen Zutritt haben.

Nach zwei Stunden erreichen wir mit unserer Gruppe wieder den weitläufigen Eingangsbereich. Ich rege an, dass wir in einem Besucherrestaurant zu Mittag essen. Nach dem Essen lasse ich uns durch eine Hostess in die Verwaltung des Rates führen. Die Dame Yaalay zeigt ihr Akkretionsschreiben vor und sie erhält einen Ausweis als Delegierte des Galaktischen Rates, sowie eine Kleuil-Naksha -Key-Card-, mit der sie ihr Büro und ihre Loge öffnen kann. Eine Bhugtaan-Naksha -Bezahl-Karte- der Bank von Sona habe ich ihr schon vermittelt. Auf das dazugehörende Konto wird sie ab jetzt ihr eigenes Geld erhalten.

Auch habe ich ihr einen Kameitetaar -Kommunikator- besorgt, dessen Kennung sie in der Verwaltung angeben muss, damit man sie in Zukunft mit den Terminen des Rates versorgen kann. Sie erhält die Nummer ihres Büros und einen Lageplan für den Navi im Kameitetaar. Mit diesem erreichen wir wenig später über Aufzüge und durch endlose Gänge ihr Büro.

Die Hohe Dame hält ihre Karte an das Lesegerät neben der Tür, die sofort zur Seite fährt. Wir erkennen, dass ihr Büro einen Arbeitsbereich hat, an dem sie Texte kreieren kann, und einen Besprechungsbereich mit Sesseln, die im Dreiviertelkreis angeordnet sind. Es gibt aber auch einen Ruhebereich und die üblichen Sanitäranlagen.

Für das leibliche Wohl sorgen viele kleine Restaurants. Dorthin lade ich Petno und die Hohe Dame nun ein, denn inzwischen haben wir Tee-Zeit und ich möchte den Frauen in meiner Begleitung nicht zu viel zumuten.

Während wir uns bei Tee und Gebäck ein wenig ausruhen, fragt die Hohe Dame:
„Sehen alle Delegiertenbüros gleich aus? Ich meine, um ein wenig Heimat hierher zu bringen, wären Bilder an den Wänden sicher hilfreich.“

Ich nicke ihr zu und bestätige ihr mit einem Lächeln:
„Das kann ich sehr gut verstehen. Hilft es Ihnen fürs Erste, wenn Sie sich einige Bilder aus meinem Kommunikator aussuchen, vergrößern lassen und an ihren Wänden anbringen?“

Meinen Kameitetaar -Kommunikator- in die Hand nehmend, öffne ich die Bildergalerie im 2D-Format und zeige ihr, welche Landschaften und Gebäude mir auf Hathor so interessant erschienen, dass ich davon Fotos gemacht habe. Sie sucht sich fast ein Dutzend davon aus und lässt sie sich auf ihren Kommunikator überspielen. Dann erkläre ich ihr, wie sie davon Wandbilder herstellen lassen kann. Nun ersucht sie mich, ihr dabei zu helfen.

„Gerne,“ antworte ich.

Danach erhebe ich mich und fordere die beiden Frauen auf, mir zu folgen.
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Sa März 23, 2024 9:54 am

„Yaalay Gûen, ich möchte Ihnen jetzt auch gerne ihr eigenes Appartement als Delegierte des Galaktischen Rates zeigen.“

Petno und die Hohe Dame stehen ebenfalls vom Tisch auf und folgen mir aus dem kleinen Restaurant zu den Aufzügen. Kurz darauf treten wir aus einem Nebeneingang und stehen im Park, der das Gebäude des galaktischen Rates umgibt. In einiger Entfernung, vielleicht ein Kilometer, sehen wir einen Hochhausblock, der leicht geschwungen ist und damit das Rund des Bauwerks des Galaktischen Rates architektonisch am Rand des Parkes fortsetzt. Ich führe nun die Frauen darauf zu.

Etwa eine Viertelstunde später erreichen wir das Gebäude und betreten es durch eine gläserne zweiflügelige Tür, deren Türflügel bei unserer Annäherung zur Seite fahren. Wieder stehen wir in einer Eingangshalle mit einem seitlichen Tresen, hinter dem mehrere junge Damen Dienst tun. Sie tragen die gleiche Kleidung, wie die Hostessen im Ratsgebäude. Auf sie steuere ich nun zu.

Bei ihnen angekommen, weise ich auf Frau Yaalay und erkläre:
„Darf ich Ihnen die ehrenwerte Yaalay Guen vorstellen, die Botschafterin vom Planeten Hathor. Sie möchte in diesen Tagen ihre Arbeit als Delegierte des Galaktischen Rates aufnehmen und braucht dafür natürlich einen Platz, wo sie ihr Haupt niederlegen kann. Würden Sie bitte einmal schauen, welches Appartement für sie reserviert ist?“

Die uns am nächsten sitzende Hostess tippt den Namen in die Automatik und erfragt noch einmal die Schreibweise. Danach erhellt sich ihre Miene und sie greift unter den Tresen um alsdann eine Key-Card auf den Tresen zu legen.

Ich schaue Frau Yaalay aufmunternd an. Sie nimmt die Chipkarte an sich und ich bedanke mich bei den Damen. Frau Yaalay beschaut sich die Karte neugierig und erkennt ihren Namen, die Etage und die Appartement-Nummer darauf. Nun verabschiede ich mich von den Hostessen. Petno und Frau Yaalay nicken ihnen lächelnd zu. Anschließend wenden wir uns zu den Aufzügen und fahren in die bezeichnete Etage.

Dort angekommen haben wir bald die Tür zu ihrem Appartement gefunden und sie hält, ganz professionell, die Karte an das Lesegerät gleich neben der Tür. Nach einem ‚Klack‘ springt die Tür ein paar Millimeter aus dem Schloss. Ich schiebe sie ganz auf. Auch hier stehen wir zuerst in der obligatorischen Garderobe mit dem wandhohen Schuhschrank. Wir wechseln unser Schuhwerk und gehen in den anschließenden Gang. Eine Tür linker Hand führt in eine Gästetoilette.

Geradeaus endet der Gang nach wenigen Metern an einer gerafften Gardine aus schwerem Stoff. Wir gehen unter ihr hindurch und stehen in einem Wohnraum mit Sesseln um einen Esstisch und zwei halbrunden Couches um einen elliptischen Couchtisch. Von dort zurückschauend erkennen wir zwei weitere Raffgardinen, die Durchgänge umrahmen. Seitwärts gibt es die übliche automatische Essensausgabe und einige schulterhohe Schränke. Zwei Kübelpflanzen rahmen eine Glaswand ein und zwei Skulpturen stehen auf Sockeln im Raum.

Die Glaswand, die sicher per Fernbedienung beweglich ist, trennt diesen Teil des Appartements von einer Veranda ab. Dort kann man hingehen und seinen Blick über die Hauptstadt schweifen lassen. Noch etwas fällt mir draußen auf: Ein Teil des Geländers ist absenkbar und dort kann ein kleiner Vierpersonen-Shuttle halten und abfliegen.

Wir wenden uns einem der weiteren Gänge zu und gehen unter der gerafften Gardine hindurch. Wieder gibt es eine seitliche Tür und eine am Ende des Ganges. Hinter der seitlichen Tür befindet sich eine Art Badetempel und voraus, hinter der Tür am Ende des Ganges ein luxuriöses Schlafzimmer mit einer seitlichen Fensterfront und einem Ankleidezimmer. Interessiert schauen wir auch in den anderen Gang und finden dort annähernd das Gleiche. Das Badezimmer ist nur eine Nuance einfacher gehalten und zwei Gästezimmer mit den bekannten automatischen Kleiderschränken befinden sich dort.

Ich schmunzele und meine dazu:
„Frau Yaalay, wenn die Gesellschaft auf Hathor irgendwann die interstellare Raumfahrt beherrscht, können Sie hier bis zu zwei Gästepaare beherbergen.“

Sie lächelt zurück und fragt:
„Heißt das, dass ich schon diese Nacht ohne Familienanschluss – wie in den vergangenen Monaten – schlafen muss?“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1So März 24, 2024 10:21 am

Ich zucke die Schultern und antworte:
„Dies ist Ihre Wohnung, die Sie als Delegierte des Galaktischen Rates zu Verfügung haben. Warum sollten Sie sie nicht auch nutzen? Im Übrigen: Sie und meine Aigûen -Ehefrau- sind inzwischen Freundinnen geworden. Natürlich können Sie sich gegenseitig besuchen!“

„Wie ist das eigentlich bei den anderen Delegierten geregelt? Als wir im großen Saal des Rates die Logen bewundert haben, sprachen Sie von Mitarbeitern der Delegierten.“

„Ja,“ bestätige ich ihr. „Die Delegierten kommen oft mit mehreren Mitarbeitern angereist, die ihnen die Arbeit abnehmen. So können sie sich ganz auf die Politik konzentrieren.“

„Okay,“ antwortet sie. „Dann könnte ich sie doch auch als meine Mitarbeiter bezeichnen. Ihre Frau erklärt mir viel zu der Lebensart auf Sona und berät mich bei Einkäufen und dergleichen. Und Sie bringen mir die Arbeit im Rat näher. Sie bringen mich mit den richtigen Leuten zusammen, und so weiter.“

„Sie möchten also, dass wir hier bei Ihnen einziehen und Ihnen helfen, das Tagesgeschäft im Galaktischen Rat zu bewältigen?“ frage ich zurück.

Sie lächelt uns gewinnend an. Ich lächele ebenso zurück und bitte um ein paar Tage Bedenkzeit. Zuerst einmal möchten wir uns dazu unter vier Augen aussprechen. Dann muss ich den Gyaata ka Salaah -Rat der Wissenden- informieren und um deren Erlaubnis bitten. Zu guter Letzt muss ich meine Wohnung kündigen und unsere Sachen hierherbringen lassen.

Sie erklärt sich damit einverstanden. Also verabschieden wir uns am Abend freundschaftlich voneinander. Dabei zeige ich ihr auch, wozu ihre Veranda in solch luftiger Höhe genutzt werden kann. Ich hole unsere Straßenschuhe vom Eingang her und erkläre ihr die Fernbedienung, mit der sie die Fensterwand im Boden verschwinden lassen kann. Danach treten wir auf die Veranda hinaus und ziehen unsere Straßenschuhe wieder an. Die Pantoffel bleiben zurück.

Nun fordere ich über meinen Kameitetaar -Kommunikator- ein kleines Shuttle an, das wenige Minuten später am gegenüberliegenden Ende der Veranda hält. Ich habe ihr gezeigt, mit welchem Knopf der Fernbedienung sie ein Teil des Geländers versenkt und ihr eingeschärft, durch einen weiteren Knopfdruck alles wieder in seine ursprüngliche Position zu bringen sobald wir abgeflogen sind, damit sie nicht abstürzt.

Auf unserem Heimflug frage ich Petno, was sie von der Sache hält. Sie antwortet mir:
„Ich kann Frau Yaalay gut verstehen! Ich möchte auch ungern allein in einer Wohnung auf einem fremden Planeten leben. Ich würde mich einsam fühlen.“

„Aber bald wird sie mehr und mehr Delegierte kennen. Sie muss dann nicht einsam bleiben. Wir können Sie gerne bis dahin begleiten.“

„Der Kontakt zu anderen Delegierten ist sicher wichtig – für die Arbeit, Liebster! Das ist aber nicht das Gleiche wie Privatkontakte. Auch hat sie keine familiären Bindungen hier.“

„Die hat kaum ein Delegierter,“ gebe ich zu bedenken. „Aber gut, ich gehe zum Param Gyaata -Obersten Wissenden- und trage ihm eure Argumente vor.“

Petno gibt mir einen Kuss. Da landet das kleine Shuttle schon vor unserem Appartementhaus. Es ist spät geworden. Petno hat kurz mit Gorêiya bei ihren Eltern gesprochen und erlaubt, dass sie dort übernachtet. Wir gehen wenig später ebenfalls schlafen.

*
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Mo März 25, 2024 9:32 am

Wir sind in das Delegiertengebäude umgezogen, nachdem der Param Gyaata seine Zustimmung gegeben hat. Für Pragati Raaj muss nun wohl ein anderer Shikshak gefunden werden oder der Oberste Wissende ernennt ihn zum Shikshak und beauftragt ihn, sich auf der Akademie einen eigenen Pragati zu suchen.

In Frau Yaalays Appartement haben wir eines der Gästezimmer bezogen und Gorêiya schläft in dem anderen. Unsere Tochter ist ganz aufgeregt. Sie hofft, eines Tages auch einmal den galaktischen Rat von innen sehen zu können.

Auf Frau Yaalays Kommunikator sind in der Zwischenzeit einige Termine für Ratssitzungen aufgelaufen. Die vergangenen Termine löschen sich automatisch wieder, wenn sie keinen davon festpinnt. Nachdem sie ihre privaten Angelegenheiten nun geregelt hat, fragt sie mich:

„Es ist sicher an der Zeit, sich einmal eine Ratssitzung anzuschauen. Meinen Sie nicht auch, Dil Kêi?“

Wir haben ihr mittlerweile gesagt, dass unser Familienname Dil ist und Gyaan die Bezeichnung unserer Gesellschaftsschicht auf Sona. Damals auf ihrem Planeten haben wir uns ihr aus Geheimhaltungsgründen anders vorgestellt. Ich pflichte ihr bei. Wir möchten sie begleiten, schlägt sie vor. Alleine traut sie sich noch nicht in die ‚Höhle des Löwen‘. Also spazieren wir eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn durch den Park auf das Gebäude des galaktischen Rates zu.

Am Eingang weisen wir uns aus. Frau Yaalay erklärt uns gegenüber dem Personal als ihre Mitarbeiter. Danach fahren wir auf die Ebene, in der wir ihre Loge finden, betreten sie und gehen an das Geländer vor. Dort stehend, hören wir bald einen Gong und erleben die Sitzungseröffnung durch den ‚Sprecher‘ mit. Er verliest den ersten Tagesordnungspunkt und übergibt das Wort an den Delegierten, der der Sprecher der Delegiertengruppe ist, die den Antrag eingebracht hat.

Wir setzen uns in unsere Sessel und Frau Yaalay liest auf ihrem Kameitetaar -Kommunikator- den Antrag mit. Es geht um Güterverkehr mit Transportraumschiffen zwischen den Planeten. Nachdem der Delegierte geendet hat, setzt er sich wieder. Der Sprecher erhebt sich und eröffnet die Abstimmung. An der Armlehne von Frau Yaalays Sessel befindet sich das Abstimmgerät. Sie schaut es an, überlegend, welche Taste sie drücken soll. Im Luftraum vor uns erscheint eine Grafik, die anzeigt, wieviel Delegierte dem Antrag zustimmen, ablehnen oder sich ihrer Stimme enthalten.

Schließlich verkündet der Sprecher das Ergebnis der Abstimmung. Über den ganzen Sitzungstag geht es so weiter. Anträge werden vorgetragen und zur Abstimmung gestellt. Bei klarer Zustimmung wird der Antrag zur Ratifizierung an die Delegierten weitergeleitet, die nun die Regierungen ihrer Planeten darüber informieren müssen. Die Parlamente der Mitgliedsplaneten müssen daraus Gesetze erstellen, die die Regierungen wiederum durchsetzen müssen.

Bei knapper Zustimmung oder Ablehnung wird eine Aussprache angesetzt. Hier kann jeder Delegierte, seine Für- oder Wider-Argumente vortragen. Anschließend geht der Antrag an den federführenden Ausschuss zurück, wo er neu beraten wird. Bei klarer Ablehnung ist der Antrag gescheitert.

So verfliegt die Zeit. Irgendwann ertönt wieder ein Gong und der Sprecher erklärt den Sitzungstag für beendet. Zwischendurch haben wir immer wieder gesehen, wie Delegierte aufgestanden sind und sich aus der Sitzung entfernt haben. Andere sind hinzugekommen, um ihre Logen zu besetzen und an der Sitzung des galaktischen Rates teilzunehmen. Der Sprecher hat während des Tages ebenfalls gewechselt. Auch ich habe Frau Yaalay um die Mittagszeit aufgefordert die Loge zu verlassen und ein Restaurant aufzusuchen.

Zehn Minuten später betreten wir ein Restaurant auf der Ebene ihrer Loge. Wir gehen zur Essensausgabe, warten bis wir an der Reihe sind und wählen etwas aus. Das Tablett mit den drei Menüs trage ich zu einem freien Tisch, der Frau Yaalay angenehm ist. Dort setzen wir uns und beginnen zu speisen.

„Es ist schwierig, sich zu all den Anträgen eine eigene Meinung zu bilden, um dann angemessen abstimmen zu können,“ seufzt die Hohe Dame. „Es sind effektiv zu viele und alles ist straff durchorganisiert – folgt einem zu schnellen Takt… Jedenfalls aus der Sicht eines Anfängers, wie mir!“

Ich nicke ihr zustimmend zu.
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Di März 26, 2024 10:30 am

„Und dann ist der Inhalt all der Anträge so trocken, wenig emotionsgeladen,“ ergänze ich lächelnd.

Sie nickt und erklärt:
„Politiker dürfen sich nicht von Emotionen leiten lassen! Die Fakten müssen sprechen.“

‚Ah,‘ denke ich. ‚Sie hat inzwischen einen wichtigen Schritt von der Rebellenkommandantin zur Politikerin gemacht!‘

Nach ein paar Bissen fragt sie mich:
„Gesetzt der Fall der Präsident des Hathor übermittelt mir ein Problem, das ich im galaktischen Rat zur Sprache bringen soll. Wie gehe ich am effektivsten vor, damit solch ein Antrag zur Abstimmung kommt?“

„Ein Antrag muss formuliert werden und der Verwaltung des Rates zur Abstimmung vorgelegt werden. Je mehr Delegierte hinter dem Antrag stehen, desto größer ist seine Chance, dass der Sprecher ihn in einer Sitzung zur Sprache bringt. Einzelanträge haben bei 3000 Delegierten nur geringe Chancen!“

„Und wie bringe ich viele Delegierte dazu, mit mir gemeinsam einen Antrag einzubringen?“

„Sie müssen sich zeigen. Die Delegierten müssen Sie kennenlernen, Frau Yaalay. Das geht am besten, indem Sie an Empfängen teilnehmen und Smalltalk betreiben. Daneben schauen Sie gerne die Liste der Ausschüsse durch und suchen sich welche, die Ihnen zusagen. Nun müssen Sie nur noch jemanden kontaktieren, der Sie in einen solchen Ausschuss einlädt. Also, sie müssen Koalitionen schmieden, von denen alle Partner etwas mitnehmen können.“

Nachdem wir unser Mittagessen beendet haben, gehen wir wieder in den Ratssaal zurück. Dort verfolgen wir den weiteren Tagesablauf, bis der Sprecher den Sitzungstag schließt.

Frau Yaalay lässt sich in ihren Sessel zurücksinken. Sie schaut geschafft und erledigt aus. Um uns herum erheben sich die Delegierten und verlassen ihre Logen. Wir erheben uns ebenfalls und gehen auf den umlaufenden Gang hinaus zu den Aufzügen.

Eine ältere Delegierte, die sich schon im Aufzug befunden hat, steigt mit uns aus und spricht Frau Yaalay dabei an:

„Sie haben heute eine gute Figur gemacht, verehrte Kollegin.“

„Was macht Sie da so sicher, Hohe Dame?“ fragt Frau Yaalay zurück und kräuselt ihre Stirn.

„Sie sind neu im Rat. Dabei zeigen Sie weder Enttäuschung noch Entmutigung angesichts der Realität der Arbeit eines Delegierten. Viele kommen mit großem Enthusiasmus hierher, wollen viel erreichen und hangeln sich enttäuscht von Hürde zu Hürde.“

Frau Yaalay antwortet augenzwinkernd:
„Ah, wenn das die einzige Voraussetzung ist, dann muss ich wohl für das Leben als Delegierte geboren worden sein. Trotzdem ist es nicht einfach, seine Heimat hinter sich zu lassen, um einem größeren Ziel zu dienen.“

„Und Zähne zeigen können Sie auch!“ lacht die ältere Delegierte. „Mein Name ist Vurdo -Rose- Âtmán -Atem- vom Planeten Aard.“

„Nun, ich habe eine distanzierte Herangehensweise an entstehende Probleme gelernt, obwohl natürlich Emotionen immer mitschwingen. Ich denke aber, ich sollte mich auch gegenüber anderen Methoden aufgeschlossen zeigen.“

„Ich denke, Sie werden hier gut zurechtkommen, ehrenwerte Kollegin. Ich will Ihnen ein Geheimnis verraten: Sie können so viel lesen wie sie wollen. Seine eigentliche Arbeit erledigt der Delegierte bei Empfängen. Eine Abstimmung aus Überzeugung ist nicht falsch, aber Verbündete sind besser.“

Wir gehen inzwischen gemeinsam durch den Park auf das Appartementhaus der Delegierten zu. Frau Yaalay hebt entschuldigend die Hand und sagt:

„Entschuldigen Sie, Frau Âtmán. Ich habe mich Ihnen noch gar nicht vorgestellt! Mein Name ist Lyaan Yaalay und mein Heimatplanet ist Hathor. Meine Begleitung sind meine Mitarbeiter. Sie gehören zu den Gyaan auf diesem Planeten und helfen mir ein wenig, mich zurecht zu finden.“

Die ältere Delegierte wendet sich uns zu und schenkt uns ein Lächeln. Sie sagt:
„Die Gyaan sind sehr angesehene Leute. Da haben Sie eine gute Führung, Frau Yaalay. Aber sagen Sie, von Hathor habe ich noch nie etwas gehört.“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Mi März 27, 2024 9:32 am

Frau Yaalay neigt den Kopf lächelnd und erklärt:
„Mir ergeht es bei der Nennung ihres Heimatplaneten ähnlich. Mein Heimatplanet liegt etwa 8400 Lichtjahre von Sona entfernt und wir haben erst seit etwa 200 Jahren die Raumfahrt entwickelt.“

„Oh,“ macht Frau Âtmán. „Dann sind Sie ja noch eine ganz junge Kultur. Da verstehe ich, dass die Gyaan Sie unter ihre Fittiche genommen haben.“

Wir haben das Appartementhaus erreicht. Nun verabschiedet sich die ältere Delegierte von uns und wünscht Frau Yaalay:

„Khoob yijo -Lebe lang-, und alles Gute für ihre Arbeit!“

Frau Yaalay neigt ihren Kopf und gibt den Gruß höflich zurück. Wir gehen auf einen anderen Aufzug zu und befinden uns kurz darauf in ihrer Wohnung. Sie macht auf mein Anraten zuerst ihren Tagesabschluss. Dabei vermerkt sie alle Leute, die wir kennengelernt haben. Heute ist dies Frau Âtmán vom Planeten Aard gewesen. Ich rege an, alles in Erfahrung zu bringen, was das Internet über den Planeten Aard weiß, und diese Informationen mit dem Namen der Delegierten zu verbinden. Nebenbei meine ich:

„Sie haben ein eigenes Büro im Gebäude des galaktischen Rates. Da wäre es gut, den Tagesabschluss dort zu machen und erst danach hierher in ihr Appartement zu wechseln. So trennen Sie Beruf und Privates.“

„Keine schlechte Idee, Dil Kêi!“ gibt sie mir Recht.

*

Beim Frühstück am folgenden Tag piept Frau Yaalays Kameitetaar -Kommunikator-. Sie schaltet ihn ein und das Display zeigt an, dass der Terminplan der Verwaltung des Rates aktualisiert wurde. Die gestrigen Anträge sind mit dem Abstimmungsergebnis versehen worden. Heute zur Abstimmung stehende Anträge wurden übertragen.

Nach dem Frühstück verbringen wir die nächsten zwei Stunden damit, das Abstimmungsergebnis zu beraten und Indizien zu sammeln, welche Delegierte untereinander verbündet sein könnten. Dabei meint die Hohe Dame frustriert:

„Ich muss in einen der Ausschüsse!“

„Die ehrenwerte Delegierte Vurdo Âtmán leitet einen Ausschuss, der sich mit Bildung der jungen Kulturen beschäftigt,“ werfe ich ein. „Wahrscheinlich war unser Zusammentreffen mit der Hohen Dame gestern doch nicht so ganz zufällig.“

Ich habe die Liste der Ausschüsse durchgesehen und dabei ihren Namen dort gefunden. Heute begleitet uns Gorêiya, auf den Wunsch von Frau Yaalay hin. So kann Petno zuhause etwas Ordnung schaffen und die Vorräte der Küchenautomatik auffüllen lassen.

Wir betreten das Gebäude des galaktischen Rates durch den Nebeneingang und fahren mit dem Aufzug zu ihrem Büro hoch. Dort überspielen wir unsere Arbeit von gestern Abend auf den Bürorechner. Kurze Zeit später klingelt es an der Tür. Ich öffne und sehe einen Mann von der Verwaltung, der ein großes Paket auf einem Wagen hereinfährt.

„Khoob yijo aur shaanti -Lebe lang und in Frieden-,“ grüßt er. „Ihre angeforderten Wandbilder!“

„Ach ja,“ meine ich lächelnd. „Lebe lang… Und vielen Dank!“

Beim Hinausgehen nimmt er den leeren Wagen wieder mit. Frau Yaalay kommt hinzu, als ich das Paket öffne. Drinnen befinden sich eine Sammlung schwarzer Rahmen mit kleinen Bildern in einer oberen Ecke. Ich zeige der Hohen Dame das erste Bild und frage:

„Wo möchten Sie das Bild aufhängen?“

Sie schaut sich um und zeigt danach auf eine Stelle an der Wand. Ich halte den schwarzen Rahmen in Position und sie korrigiert mich ein wenig. Nachdem die Position feststeht, drücke ich einen Knopf und der Rahmen klebt magnetisch an der Wand. Ein weiterer Druck auf einen anderen Knopf und das Innere des Rahmens leuchtet auf. Sekunden später hebt sich das Bild aus dem Rahmen. Es wird zu einer 3D-Ansicht des Motivs. Frau Yaalay staunt. Ich lasse ihr jetzt nur wenig Zeit für die Betrachtung, sondern frage sie sogleich nach der Wandposition des zweiten Motivs. Bald haben wir die Erinnerungen an ihre Heimat in ihrem Büro verteilt.
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Do März 28, 2024 9:41 am

Nun dränge ich darauf, dass wir zu unserer Loge gehen und bis zum Mittagessen wenigstens noch ein paar Abstimmungen zu Anträgen miterleben. Wir fahren also in eine andere Etage und gehen den umlaufenden Gang entlang bis wir ihre Loge erreichen. Frau Yaalay öffnet die Tür mit ihrer Key-Card und wir treten hinaus auf den Balkon ihrer Loge. Gorêiya entfährt ein „Oh!“ Sie schaut mit großen Augen in die Runde, nachdem sie an das Geländer getreten ist.

Ich habe mich schon auf meinen Sessel gesetzt und meinen Kameitetaar -Kommunikator- aus der Kleidung gezogen. Während die beiden Frauen der Arbeit des Sprechers lauschen und bei den angesetzten Abstimmungen die sich verändernde Grafik im Luftraum beobachten, recherchiere ich im Archiv des galaktischen Rates die Aufzeichnungen über vergangene Sitzungen des Ausschusses, den die ehrenwerte Vurdo Âtmán leitet.

Gegen Mittag verlassen wir den großen Saal des Rates und suchen ein Restaurant auf. Als wir Sitzplätze suchen, sehen wir die ältere Delegierte im Gespräch mit einem grauhaarigen Mann. Frau Yaalay nähert sich dem Tisch gemessenen Schrittes, an dem die Beiden sitzen. Wir folgen ihr, während ich unser Tablett trage.

„Khoob yijo aur shaanti -Lebe lang und in Frieden-,“ grüßt sie die Beiden.

Die ältere Delegierte und ihr Gesprächspartner schauen auf. Sie grüßt lächelnd zurück, nennt sie beim Namen und fragt:

„Darf ich Ihnen den ehrenwerten Delegierten Vilo Raat vorstellen?“

Frau Yaalay verneigt sich höflich und lächelt freundlich.

„Der Kollege Raat ist als Handelsexperte Mitglied des Ausschusses für die Bildung der jungen Kulturen in der Galaxis.“

Der Mann mustert Frau Yaalay ein paar Sekunden, dann grüßt auch er.

„Ich hörte, Sie vertreten eine junge raumfahrende Kultur im Rat,“ meint er lächelnd.

Frau Yaalay verbeugt sich noch einmal und bestätigt es ihm:
„Ja, das ist richtig.“

„Hätten Sie Lust, einmal an der Sitzung eines Ausschusses teilzunehmen, der sich mit dieser Thematik beschäftigt?“

„Sehr gerne!“ bestätigt sie.

„Dann treffen wir uns morgen nach der Sitzung, würde ich sagen. Ich schicke Ihnen einen Mitarbeiter, der Sie führt. Aber jetzt entschuldigen Sie uns bitte, wir brechen auf.“

Die beiden älteren Kollegen verabschieden sich höflich und entfernen sich, sich angeregt unterhaltend. Wir nutzen den gerade frei gewordenen Tisch und essen zu Mittag.

Anschließend gehen wir zurück zu Frau Yaalays Loge und hören uns den Rest des Sitzungstages an. Mit meinen Gedanken bin ich bei Frau Âtmáns Ausschuss. Die Arbeit dort scheint interessant zu werden. Vielleicht kann die Bevölkerung von Hathor davon wirklich profitieren.

Am darauffolgenden Tag soll Gorêiya zuhause bleiben und Petno uns wieder begleiten. Aber unser Mädchen möchte unbedingt dabei sein, wenn wir das erste Mal einen Ausschuss besuchen. Ich rate ihr, abends nach dem Abendessen in ihrem Zimmer die Eindrücke des Tages in ihren Kameitetaar zu sprechen.

Auch ihren ersten Eindruck von dem großen Saal des Rates und dem miterlebten ersten Sitzungstag heute soll sie dabei nicht vergessen. Aus ihren gesammelten Eindrücken im Galaktischen Rat solle sie ein Referat zusammenstellen, dass sie im Diplomatie-Club auf der Akademie halten könne.

Danach gehen wir wieder in das Gebäude des galaktischen Rates und setzen uns in Frau Yaalays Loge.

Als auch dieser Sitzungstag beendet ist und wir auf den umlaufenden Gang hinaustreten, werden wir von einem jungen Mann angesprochen.
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Fr März 29, 2024 10:09 am

Er wendet sich an Frau Yaalay, die man an ihrer Robe erkennen kann und fragt:
„Ehrenwerte Delegierte Lyaar Yaalay?“

Sie wendet sich ihm zu, lächelt ihn an und nickt.

„Ja?“

„Khoob yijo aur shaanti -Lebe lang und in Frieden-, mein Name ist Roshan -erhellend- Drav -Fluidum-. Der ehrenwerte Vilo Raat schickt mich, sie zu führen.“

„Das ist sehr freundlich! Dies ist Gorêiya Dil, die Tochter meines Mitarbeiters Hamad Dil. Sie studiert noch auf der Akademie und braucht aktuell Material für ein Referat. Der Mann neben ihr ist mein Mitarbeiter und Berater Hamad Dil.“

Der junge Mann lässt seine Augen etwas länger auf Gorêiya ruhen. Dann wendet er sich zum Gehen und wir lassen uns auf eine andere Ebene führen. Als wir den Raum betreten, sitzen dort etwa ein Dutzend Delegierte. Frau Âtmán begrüßt uns, stellt uns den Ausschussmitgliedern vor und weist uns drei Plätze am Rand zu, von wo wir den Verlauf der Ausschuss-Sitzung verfolgen können.

Die Delegierten haben ihre Kameitetaar -Kommunikatoren- vor sich auf den Tisch gelegt und nehmen auf, was besprochen wird. Später werden sie in ihren Büros eine Zusammenfassung der Diskussion erstellen, erklärt uns Frau Âtmán. Daraus nehmen sie dann ihre Argumente für ein nächstes Treffen. Nach zwei Stunden des Geplänkels schließt die ältere Delegierte die Ausschuss-Sitzung.

Alle erheben sich und streben dem Ausgang zu. Wir folgen den Leuten, aber der Delegierte Vilo Raat hält uns auf. Er fragt Frau Yaalay:

„Nun, ehrenwerte Kollegin, war unsere Besprechung interessant und informativ für Sie?“

„Allerdings!“ antwortet sie ihm lächelnd. „Wir könnten so viel mehr tun, wenn die Verantwortlichen nur zuhören würden.“

„Oh, sie hören zu,“ antwortet er. „Sie nehmen es nur nicht besonders ernst!“

Im Verlauf der beiden Stunden konnte man lernen, wie man Vorschläge einbringt und dass Diskussion und Verhandeln nicht zwei verschiedene Künste sind, sondern sich gelegentlich überschneiden. Ich denke, das ist für Beide, Gorêiya und auch für Frau Yaalay aufschlussreich gewesen. Wir haben den Raum inzwischen ebenfalls verlassen und streben den Aufzügen zu. Der Delegierte Raat erklärt, bevor sich unsere Wege trennen:

„Ich informiere Sie, sobald wir uns das nächste Mal treffen, und ob es wieder in diesem Raum stattfinden kann. Hoffentlich haben wir den Antrag rechtzeitig fertig, damit ihn die Verwaltung zur Abstimmung auf die Tagesordnung setzen kann.“

Frau Yaalay nickt freundlich und verabschiedet sich von ihm. Danach fahren wir auf die Ebene ihres Büros, wo sie den Tagesabschluss macht. Wieder helfe ich ihr mit meinen Recherchen dabei. Anschließend gehen wir hinüber in ihr Appartement, um erst einmal bei einem Essen zu entspannen, das Petno vorbereitet hat.

*

Die vier Wochen Semesterferien sind wie im Flug vergangen. Zuerst hat Pita -Papa- der Hohen Dame den galaktischen Rat gezeigt. Sie haben eine touristische Führung mitgemacht. Dann hat er ihr ihr Büro in dem Gebäude gezeigt und verschiedene Restaurants. Er hat ihr auch ihre Loge gezeigt, von wo sie den Sitzungen des Rates im großen Saal folgen kann. Zum Schluss hat er sie zu ihrem Appartement im Delegierten-Hochhaus gebracht und sie gegenüber der Verwaltung des galaktischen Rates angemeldet.

Danach hat die Hohe Dame angeregt, dass wir zu ihr in ihr Appartement umziehen. Sie hat argumentiert, dass sie sich in der großen Wohnung einsam vorkommt, so weit von zuhause weg. In Pita -Papa- und Maan -Mama- hat sie in den vergangenen Monaten vertrauensvolle Freunde gewonnen. So käme das Gefühl von Einsamkeit nicht auf.

Außerdem könne Pita im galaktischen Rat ihr Berater sein und auch Maan könne den einen oder anderen Rat beisteuern, besonders, da sie ebenso wie sie von einer fernen Welt nach Sona gekommen ist.
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Sa März 30, 2024 10:20 am

Das Appartement der Hohen Dame hat luxuriöse Privaträume und zwei Gästezimmer, die sie uns zur Verfügung stellt. Pita ist ins Kloster Kathor Parishram gefahren und hat mit Param Gyaata darüber gesprochen. Dieser hat nach einiger Überlegung zugestimmt. Daraufhin hat Pita unsere bisherige Wohnung in der Nähe der Akademie gekündigt und unsere Sachen in das Appartement der Hohen Dame bringen lassen.

Nun muss ich zwar einige Stationen mit der Agmos Sheré -Einschienenbahn- weiterfahren, aber dafür konnte ich mir den Betrieb im galaktischen Rat aus ‚erster Hand‘ anschauen und miterleben, wie dort gearbeitet und Beschlüsse gefasst werden. Pita hat mir in weiser Voraussicht geraten, dort Daten zu sammeln und sie in ein Referat einfließen zu lassen.

Zurück im Internat auf der Akademie habe ich mein Referat dem Shikshak -Lehrer-, der den Diplomatie-Club leitet zur Durchsicht gegeben. Er hat sich begeistert gezeigt und den galaktischen Rat auf die Tagesordnung gesetzt. In einer der nächsten Club-Abende soll ich das Referat vortragen. Bis dahin hätte er es ermöglicht, dass wir einen ganzen Tag lang eine Exkursion zum galaktischen Rat machen können. Dort dürfte ich neben den Hostessen meine Mitschüler gerne führen und erklären, was ich weiß.


Aitha Forschungen

Ich gehe zu den Shikshak -Lehrern- der Akademie von Sona und erkläre ihnen, dass wir seit wenigen Monaten den Planeten einer Stufe-6-Zivilisation verdeckt erforschen. Nun hat der Gyaata ka Salaah -Rat der Gyaan- meinen bisherigen Pragati -Fortgeschrittenen- zum Shikshak hochgestuft. Also frage ich die Shikshak, welchen jungen Pragati sie für geeignet halten, mich bei meinen Forschungen zu begleiten.

Man nickt mir freundlich zu und bietet mir einen Sitzplatz und Tee für eine kurze Wartezeit an. Kurze Zeit darauf nehme ich das rhythmische Geräusch sich leise nähernder Schritte wahr. Ich bleibe ruhig sitzen und lächele. In meinem Kopf werden Erinnerungen an meine Zeit als Tiddee -Schüler- wach. Wir sind darauf trainiert worden, dass man uns weder hört noch sieht, wenn wir das nicht wollen.

Die sich nähernde Person nähert sich mir zwar leise, aber aus Höflichkeit nicht unhörbar. Sie will damit auch zeigen, dass ich ihr vertrauen kann. Als die Person neben mir steht, erkenne ich, dass es sich um einen jungen Mann handelt. Ich schaue zu ihm auf und biete ihm an:

„Setz dich zu mir. Wie ist dein Name?“

Er nimmt mir gegenüber Platz und stellt sich vor:
„Mein Name ist Vilo -Weide- Ter -Dorn-.“

„Und was war deine bevorzugte Studienrichtung?“ frage ich weiter.

Er schaut mich unsicher an und antwortet:
„Kosmoethnologie und Diplomatie.“

Ich antworte lächelnd:
„Oh, gut. Ich habe die Shikshak der Akademie nach jemandem mit diesem Fachgebiet gefragt. Es ist ja nicht gerade überlaufen. Dich interessieren also fremde Völker und galaktische Intelligenzen.“

Der junge Mann nickt lächelnd. Ich erkläre ihm:
„Mein Auftrag lautet, eine Stufe-6-Intelligenz verdeckt zu erforschen. Die Spezies ist menschlich, aber sie haben die Raumfahrt noch nicht entdeckt.“

Der Tiddee, mir gegenüber, hat interessiert zugehört. Nun frage ich ihn:

„Wärst du bereit, mich als mein Pragati dorthin zu begleiten?“

Er bestätigt mir erwartungsvoll:
„Das bin ich, Shikshak Gung!“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1So März 31, 2024 11:03 am

„Gut,“ meine ich. „Also werde ich die Details klären und dich anschließend abholen für einen Trip nach Pakshi -Mond des Planeten Sona-.“

Wir erheben uns. Er verbeugt sich höflich und entfernt sich ebenso leise, wie er gekommen ist. Es hat den Anschein, als ob ihm diese Art zu Gehen ‚in Fleisch und Blut übergegangen‘ wäre. Ich führe die abschließenden Gespräche mit den Shikshak der Akademie. Danach treffe ich mich wieder mit Ter Kêi -Herr Dorn-.

Ein Shuttle landet auf dem Rasen vor der Akademie und fliegt uns zum Raumhafen auf dem Mond unseres Planeten. Wir haben viel Industrie im Zusammenhang mit der Raumfahrt und den Raumhafen schon vor langer Zeit dorthin verlagert. Im Raumhafen angekommen, führe ich meinen Pragati zu meinem Forschungsschiff Aro-23.

Nachdem die künstliche Intelligenz meines Raumschiffes die Startfreigabe erhalten und sich von der Oberfläche gelöst hat, fragt sie:

„Wohin darf ich Sie fliegen, Kommandant?“

Ich gebe als Ziel „Aitha“ an.

Mein Pragati reißt Augen und Mund auf, aber kein Laut kommt über seine Lippen. Also erkläre ich ihm lächelnd:

„Durch Zufall habe ich mit Shikshak Dil, als er noch mein Pragati war, das Sonnensystem einer gelben Sonne entdeckt. Dessen dritter Planet war physikalisch als Träger von Leben geeignet. Wir haben ihn aus der Umlaufbahn erforscht, bis Aro-23 bemerkte, dass er in seinem Speicher eine uralte Datei gefunden hat. Dort wurde dieser Planet beschrieben. Die Daten, die wir in der Umlaufbahn gewannen, stimmten zu 99,95 Prozent mit Aitha überein. Also habe ich die Landung befohlen.“

„Das muss ein Schock gewesen sein,“ lässt sich Pragati Ter vernehmen. „Und mögliche radioaktive Strahlung muss man dort beachten.“

„Ungefähr 200.000 Jahre sind seitdem auf Aitha vergangen. Die Strahlung ist auf der Oberfläche dort geringer als die umgebende Weltraumstrahlung. Aitha hat ein starkes Magnetfeld. Wir sind also gelandet und haben mit den vorgefundenen Menschen gesprochen. Sie haben natürlich keine Erinnerung an die damalige Katastrophe, sondern sind mit ihrem alltäglichen Leben beschäftigt.“

Pragati Ter nickt und resümiert:
„In so langer Zeit kann die Menschheit viel erlebt haben. Staatliche Gebilde werden sich gegründet haben und wieder zerfallen sein.“

Ich meine nun:
„Ich habe vor, auf der anderen Seite des großen Ozeans zu landen und dort meine Studien weiterzuführen. Es gibt hunderte Sprachen auf Aitha. Aber Aro-23 hat eine Sprache, die dort sehr verbreitet ist, in seinem Speicher. Bis wir Aitha erreichen, sollten wir versuchen, sie zu sprechen.“

*

Nach fünf Tagen Flug schwenkt unser Forschungsschiff, die Aro-23, in die bekannte Umlaufbahn um Aitha ein. Mein Pragati -Fortgeschrittener- Ter -Dorn- schaut sich die blau-grüne Kugel an. Er resümiert:

„So ein wunderschöner Planet! Warum haben die frühen Menschen die Natur so geringgeachtet, dass sie diese apokalyptischen Bomben gezündet haben?“

„Egoismus und Machtstreben, Ter Kêi. Das sind schlechte Charaktereigenschaften des Menschen, die auch heute noch hier und da zum Vorschein kommen! Aber wie du siehst, haben sie den Planeten nicht zerstören können.“

„Wie gehen wir am besten vor, Gung Kêi -Herr Gung-?“ fragt er mich.

„Wir haben unsere Forschungen nach dem Zufallsprinzip begonnen und uns doch danach orientiert, wohin die ozeanüberquerenden Schiffe fahren. Für weitere Forschungen habe ich mir vorgenommen, der gegenüberliegenden Seite des Planeten einen Besuch abzustatten. Allerdings möchte ich mich zuerst in einer Zivilisation umschauen.
Aitha beherbergt heute eine Unzahl Kulturen von Steinwerkzeug bearbeitenden Jägern und Sammlern bis zu städtebauenden Ackerbauern und Viehzüchtern. Ich hoffe einfach, dass wir bei Letzteren etwas über die Entwicklung seit der Palaayan -Flucht- nach dem Vish-Yudh -planetenumspannenden Krieg- entdecken können.“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Mo Apr 01, 2024 9:44 am

Pragati Ter hat gerade erst die Akademie der Gyaan -Wissenden- auf Sona, unserem Heimatplaneten, absolviert und wurde mir zugeteilt, um mir längere Zeit über die Schultern zu schauen, Augen und Ohren offen zu halten und dabei die schulische Theorie mit der alltäglichen Praxis zu verbinden. Er nickt und antwortet:

„Thîkhe -Okay-.“

„Außerdem gibt es neben den vielen unterschiedlichen Kulturen auch die unterschiedlichsten Sprachen. Die Menschen haben den gemeinsamen Blick verloren und jede Gruppe hat ihr eigenes Idiom entwickelt. Eine große Kultur auf der anderen Seite des Planeten, haben wir durch den Kontakt mit einem Mitglied dieser vorab kennengelernt und Aro-23 hat deren Sprache in eine Übersetzer-Datei übernommen.“

„Ah,“ meint Ter Kêi, „deshalb lernen wir diese Sprache.“

„Richtig,“ stimme ich ihm zu. „Bis wir diese Sprache beherrschen umrundet Aro-23 den Planeten mit kleinen Winkelveränderungen. Die künstliche Intelligenz versucht dabei, durch die vielerorts dichte Vegetation zu blicken und ein Bodenprofil zu erstellen. Dabei lassen sich ‚versunkene Kulturen‘ entdecken, deren Gebäude über die Jahrhunderte überwuchert wurden.“

„Thîkhe,“ antwortet Ter Kêi. „So haben wir die Zeit optimal genutzt. Aber, wo liegt denn nun die Zivilisation, deren Sprache wir lernen?“

„Sie liegt auf der gegenüberliegenden Seite des großen Ozeans. Wo es ein großes Gebirge in Nord-Süd-Richtung gibt, waren wir schon. Aro-23 wird die gewünschte Zivilisation bald gefunden haben.“

Damit gibt sich mein Pragati erst einmal zufrieden. Irgendwann in den folgenden Wochen meldet sich Aro-23:

„Kommandant, im fraglichen Zielgebiet liegen einige hochentwickelte Zivilisationen an der Küste des größten Ozeans. Eine Zivilisation beansprucht den kompletten Norden dieses Kontinents. Südlich davon liegt eine Zivilisation mit der größten Bevölkerungszahl nördlich des großen Ost-West-Gebirges. Südlich dieses Gebirges liegt eine ähnlich bevölkerungsstarke Zivilisation, die aber unter der Herrschaft eines kleinen Staates am westlichen Rand des Kontinents steht.“

„Gibt es Funksprüche, aus denen du die Sprache analysieren kannst, Aro-23?“

„Hauptsächlich zwischen Gruppen der Menschen, die die Zivilisation südlich des großen Ost-West-Gebirges beherrschen, Kommandant.“

„Ah, also orientieren wir uns direkt nördlich des Gebirges und an der Küste des großen Ozeans,“ murmele ich.

Etwas lauter spreche ich in die Luft:
„Aro-23, setze uns am Ufer des Ozeans ab und gehe danach wieder auf Warteposition in diese Umlaufbahn.“

Aus einem verborgenen Lautsprecher ertönt die Antwort:
„Okay, Kommandant. Wird sofort erledigt.“

Ich erhebe mich aus meinem Sessel. Auf den Bildschirmen hier in der Zentrale kann ich erkennen, dass Aro-23 sich dem Planeten nähert und in die Atmosphäre eintaucht. Pragati Ter erhebt sich ebenfalls. Zusammen verlassen wir die Zentrale und gehen zum Raum oberhalb der Rampe. Wenig später öffnet sie sich und gibt den Blick auf einen sandigen Untergrund frei. Wir verlassen unser Raumschiff und wenden uns um.

Aro-23 schließt gerade die Rampe und zieht sich langsam von unserem Standort zurück. Dabei gewinnt unser Forschungsschiff beständig an Höhe. Nachdem Aro-23 kaum noch sichtbar ist, beschleunigt es und bezieht in der Umlaufbahn Station. Wir haben uns inzwischen umgewandt und verlassen den Strand. In den Dünen gehen wir parallel zur Wasserlinie des großen Meeres weiter.

*
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Di Apr 02, 2024 9:59 am

Als wir Menschen hören, ducken wir uns und beobachten. Da ich Informationen über die hier gebräuchliche Kleidung brauche, mache ich Bilder mit meinem Kommunikator. Anschließend rufe ich Aro-23 an. Die künstliche Intelligenz meldet sich sofort. Ich sende ihr die Bilder und beauftrage sie, zwei auf unsere Größe abgestimmte Garnituren dieser fremden Kleidung herzustellen.

Die Menschen ziehen ein primitives Boot mit flachem Boden zum Wasser und zünden anschließend ein Feuer neben dem Boot an. Sie kochen sich ein Essen und scheinen derweil auf etwas zu warten. Mit der Zeit kann ich erkennen, dass die Menschen auf die Flut warten. Das Wasser des großen Ozeans steigt und nachdem es Nacht geworden ist, schwimmt das Boot. Die Menschen sind eingestiegen und rudern aus der Brandungszone heraus. Danach setzen sie ein Segel und sind bald aus unserem Blickfeld verschwunden.

Bald darauf meldet sich Aro-23 und erklärt, dass die angeforderten Kleidungsstücke angefertigt worden sind. Ich lasse sie uns an unseren jetzigen Standort bringen. Wenig später landet Aro-23 und öffnet die Rampe. In der Dünenlandschaft entsteht nun ein heller, sich nach unten erweiternder, Schlitz in der Dunkelheit.

Wir gehen die Rampe hoch und betreten die Kleiderkammer. Dort öffnen wir eine Schiebetür. Wir legen die Kleidung an, die wir dort an Bügeln hängend und in Körben liegend vorfinden. Daneben finden wir in einem Korb zwei ‚Dreigliederstäbe‘. Es sind Rundhölzer, die mit je einer Kette verbunden sind. Dabei scheint es sich um Waffen zu handeln, die nicht scharf sind, wie Dolch und Schwert.

‚Das ist etwas, womit wir umgehen können,‘ denke ich mir und lächele.

Wir stecken die Hölzer ein. Die Männer haben die vordere Hälfte ihres Kopfhaares abrasiert gehabt. Die hintere Hälfte haben sie im Laufe ihres Lebens langwachsen lassen und zu einem Zopf geflochten. In einem der Körbe finden wir zwei dieser Zöpfe. Damit gehen wir in den Hygieneraum meiner Kabine. Dort rasieren wir uns gegenseitig den vorderen Kopf und arbeiten die Zöpfe in unser Resthaar am Hinterkopf ein. Nun brauchen wir auch einen Rasierer für unterwegs, um uns der Bevölkerung anzupassen.

Nachdem wir ausgerüstet sind, verlassen wir Aro-23, die wieder zurück in die Umlaufbahn fliegt. Zurück auf dem Strand setzen wir uns in den Sand und warten auf die Rückkehr der Leute.

In der Morgendämmerung wird es laut. Die Leute sind zurück und ziehen ihr Boot an Land. Andere Leute kommen mit langohrigen Huftieren herbei und übernehmen die Ladung. Sie wird in Säcken den Huftieren auf den Rücken geladen und festgezurrt. Danach trennen sich beide Gruppen. Die eine Gruppe zieht das Boot zwischen die Dünen. Die andere Gruppe treibt die Huftiere an. Dieser Gruppe folgen wir in gebührendem Abstand.

Plötzlich treten von der Seite zwei Männer an uns heran, die eine safrangelbe Jacke tragen, von einem Gürtel gehalten. Sie tragen außerdem graue Hosen, weiße Strümpfe und gehen in einfachen Zehen-Sandalen. Über ihre Schultern haben sie ein Tuch gelegt, das von einer Spange in Höhe des Brustbeins gehalten wird.  Der ältere der Beiden verbeugt sich und spricht uns an:

„Â mítuó fó -Mögen alle Wesen erleuchtet sein-.“

Ich nehme an, dass es sich dabei um einen Gruß handelt und wiederhole ihn respektvoll. Nun fragt er:
„Wohin des Weges, ehrenwerter Herr?“

Ich weise auf meinen Pragati und erkläre dem Mann, in dem ich einen Priester zu erkennen glaube:
„Mein Bruder und ich irren seit Wochen durch die Gegend. Unsere Familie ist Opfer eines Überfalls geworden, als wir im Auftrag des Zunching de zûfu -ehrenwerten Großvaters- unterwegs waren. Nach unserer Rückkehr haben wir nur verkohlte Trümmer vorgefunden. Sehen Sie eine Möglichkeit, dass wir in einem Tempel als Diener arbeiten dürfen?“

„Hm,“ brummt mein Gegenüber, während er mich anlächelt. Dann nickt er und fordert uns auf: „Folgt uns!“

Wir wandern bis in den Nachmittag hinein. Dann erreichen wir ein größeres Gebäude, das dem Betrachter einen ähnlichen Eindruck vermittelt wie das Kathor Parishram auf Sona. Unsere beiden Führer steuern darauf zu. Drinnen führen sie uns in einen Speiseraum. Wir erhalten jeder eine Schale mit der hier gebräuchlichen Nahrung.
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Mi Apr 03, 2024 9:54 am

Nach dem Essen führen sie uns zu dem Bú mèn -Abt- dieses Klosters. Ihm erzähle ich die gleiche Geschichte wie den beiden Mönchen am Morgen. Er entscheidet dann, dass wir die schwarze Novizen-Kleidung erhalten, der Zopf abgeschnitten und unser Kopfhaar komplett rasiert wird. Danach erhalten wir Reinigungsmaterial und werden beauftragt, das Kloster sauber zu halten. Wir akzeptieren unsere Aufgabe. Nun werden uns unsere Schlafstätten gezeigt. Danach beginnen wir mit unserer Reinigungsaufgabe vom Dachgeschoss herab bis zum Eingang, um anschließend wieder von vorne zu beginnen.

Den Mönchen des Klosters begegnen wir mit der gebotenen Ehrerbietung. Dies dauert einige Zeit, die hier in Zhôngguo -China- im Jahreslauf in zwanzig Perioden geteilt wird, nicht in zwölf Mondumläufen. Dann werden wir von einem älteren Mönch angesprochen mit nur wenigen langen weißen Haaren von den Mundwinkeln und vom Kinn bis auf die Brust.

„Kommt mit!“ fordert er uns auf.

Wir nehmen unser Reinigungsmaterial auf und folgen ihm in die Kellergewölbe des Klosters. Er nimmt eine Kerze auf und zündet sie an. Danach öffnet er ein zweiflügeliges Tor und lässt uns an sich vorbei eintreten. Hinter uns schließt er das Tor wieder und leuchtet uns das Kellergewölbe aus. Ich fühle einen leichten Luftzug, der sicher verhindert, dass sich hier ein modriges Klima breitmacht. Im Licht der Kerze sehen wir viele Rollen auf Regalen gestapelt.

„Dies hier sind unschätzbar wertvolle Schriftrollen,“ erklärt uns der alte Mann und ergänzt: „Ihr habt in der nächsten Zeit die Aufgabe, diesen Keller zu säubern! Darin eingeschlossen ist nicht nur der Boden und die freien Wände, sondern auch das Regalgestell und die Fächer. Räumt dafür Fach für Fach leer, säubert es und räumt das Fach wieder sorgfältig ein!“

Nun sind wir in der nächsten Zeit in diesem Keller beschäftigt. Wir erhalten jeden Tag fünf Kerzen, um Licht bei der Arbeit zu haben. Sind die Kerzen niedergebrannt, dürfen wir in unseren Schlafraum gehen und ausruhen. Am Morgen vor der Arbeit und am Abend vor dem Schlafengehen essen wir im Speiseraum.

Nach einer Weile kommt der alte Mönch zu uns, begutachtet unsere Arbeit, zeigt sich beeindruckt und ermuntert uns, genauso weiter zu machen. Er nimmt eine Schriftrolle in ihrer Hülle aus dem Regal und entfernt sich damit. Zwei Tage später bringt er sie zurück und schiebt sie an ihren Platz ins Regal.

Ich frage ihn:
„Stehen alte Fójîng -Lehrsätze des Buddhismus- und deren Erläuterung in diesen Schriften?“

Der Héshàng -ehrwürdige Mönch- fragt lächelnd zurück:
„Kannst du die Schrift lesen?“

Ich verbeuge mich leicht und erkläre:
„Mein Bruder und ich haben leider nie schreiben und lesen gelernt.“

„Möchtet ihr schreiben und lesen können?“

Ich lächele und mein Pragati antwortet ihm nach kurzem Blickkontakt mit mir:
„Ja, das wäre ein seit langer Zeit gehegter Wunsch, der sich bisher leider nicht erfüllt hat.“

„Ich werde schauen, ob ich etwas für euch tun kann,“ gibt uns der Mönch zur Antwort. „Diese Schriften sind nicht wertvoll. Sie enthalten die Aufstellungen der Einnahmen und Ausgaben. Religiöse Schriften müssen von Zeit zu Zeit abgeschrieben werden, um sie der Nachwelt zu erhalten. Ich könnte wirklich jemanden gebrauchen, der mir dabei hilft und die Arbeit nach meinem Heimgang weiterführt.“

Er öffnet uns einen weiteren Kellerraum, angefüllt mit Schriftrollen, und beauftragt uns, auch diesen Raum zu reinigen. Nach zwei Wochen holt er uns zu sich und lehrt uns das Schreiben mit Pinsel und Tusche auf Reispapier. Hierbei erfahren wir, dass die chinesische Schrift Wortzeichen kennt. Begriffe werden mit einem oder mehreren Wortzeichen geschrieben, von denen es etwa zweitausend gibt.

Unser Lehrmeister ist erfreut über unsere schnelle Auffassungsgabe, so dass er sehr bald von den Schreibübungen zu der Niederschrift von Wörtern aus einem Zeichen kommt. Er erklärt, dass es sich um Bilder handelt, die sich aus mehreren Piktogrammen zusammensetzen. Bald können wir auf diese Weise auch neue Wortzeichen lesen. Schließlich erkennen wir, dass wir tatsächlich Lehrsätze und deren Erläuterung für Klosterschüler reproduzieren.

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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1Fr Apr 05, 2024 10:40 am

Wir erkennen bald, dass es einer Lebensaufgabe gleichkommt, alle Schriftrollen auf frisches Reispapier zu übertragen. Unser Lehrer hier im Kloster hat sich bisher auch nur der Schriftrollen angenommen, die zu verrotten beginnen. Nun sind wir zu Dritt und können mit dieser Methode einen größeren Umfang von Schriften bearbeiten. Das freut besonders unseren alten Lehrer.

Leider sind es bisher nur Schriften religiöser Art. Natürlich findet man in einem religiösen Gebäude hauptsächlich solche Schriften. Aber wenn ich dieses Archiv hier mit dem Archiv des Klosters Kathor Parishram auf unserer Heimatwelt vergleiche, fehlt mir irgendetwas.

Wir nennen uns Gyaan -Wissende- und entsprechend umfangreich sind die Dateien unseres Archivs. Hinzu kommt, dass wir unser Wissen als Stückwerk betrachten, das immer noch erweitert werden kann. Der naturwissenschaftliche Teil des Archivs wird von den Forschungsgruppen immer noch erweitert. Daneben haben wir auch ein historisches und politisches Archiv im Kathor Parishram.

Daher frage ich unseren Mentor nach über einem Jahr Arbeit an den Schriften:
„Interessieren sich die Mönche eigentlich nur für die Aussagen des Erleuchteten? Gibt es keine Texte über die Natur, über die Tiere und Pflanzen um uns herum, und wie man sie gegen Krankheiten nutzen kann?“

Der alte Mönch nickt und erklärt:
„Wir Mönche wissen, wie man sich gesund ernährt und welche Pflanzenstoffe uns helfen Krankheiten zu überwinden.“

„Gibt es nicht auch Aufzeichnungen der Mönche, die solches zuerst erkannt haben, um das Wissen für ihre Brüder aufzubewahren?“

Unser Lehrer lächelt und fordert uns auf mitzukommen. Wir verlassen den Kellerraum und betreten gemeinsam einen weiteren, der genauso aussieht wie der, in dem wir bisher gearbeitet haben. Wir hören von unserem Mentor:

„Hier lagern die Schriften zu wissenschaftlichen Entdeckungen der Mönche. Die Schriften werden sehr oft abgeschrieben und immer wieder an andere Klöster weitergegeben, damit unsere Brüder überall in Zhôngguo -China- das gleiche Wissen erlangen. Dies geschieht stets im Austausch mit anderen Schriften.“

Auch diesen Kellerraum reinigen wir gründlich. Zwischendrin kommen Brüder und fragen nach Abschriften bestimmter Schriftrollen. Wir suchen sie gemeinsam heraus und anschließend nehmen wir eine weitere Rolle zu dem gleichen Thema zur Hand, um sie abzuschreiben. So haben wir wieder die gleiche Anzahl Schriftrollen in Verwahrung.

Wir arbeiten schon mehrere Jahre im Archiv des Klosters, als unser Mentor kommt und uns folgenden Auftrag gibt:

„Ich habe hier eine wichtige Schriftrolle über ein Land, viele Li -chinesische Meilen- von Zhôngguo entfernt. Sie wird im Zijìnchéng  -purpurne verbotene Stadt- in Beijing gebraucht. Ich möchte sie nicht aus der Hand geben. Deshalb vertraue ich sie Euch an, verehrte Brüder.“

Ein Bote aus Beijing weilt gerade im Kloster, der im Auftrag eines hohen Beamten nach der Schriftrolle gefragt hat. Wir fahren daher auf einem offiziellen Wagen zur Hauptstadt. Unterwegs frage ich den in Seide gekleideten Höfling:

„Gibt es außer dem Huángdi -Kaiser- noch andere Herrscher -in anderen Ländern-, die für sich diesen Titel in Anspruch nehmen? Oder sich gar Tàiyáng zhîzi -Sohn der Sonne- nennen?“

„Ich weiß nicht, werte Herren,“ beginnt er höflich zurückhaltend. „Unser Herrscher ist in jedem Fall der wahre Tàiyáng zhîzi -Sohn der Sonne-! Ich habe von zwei Reichen im Nordosten gehört, deren Herrscher sich ebenfalls ‚Sohn der Sonne‘ nennen.“
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BeitragThema: Re: Wiege der Menschheit   Wiege der Menschheit - Seite 4 Icon_minitime1So Apr 07, 2024 10:14 am

Ihm zunickend, bestätige ich ihm, dass dies auch unsere Meinung ist. Wir übernachten auf der Reise in ausgesuchten Herbergen. Von dort nehme ich Verbindung zu Aro-23 auf und frage ihn nach den anderen Reichen im Nordosten Zhôngguos -Chinas-. Die künstliche Intelligenz unseres Raumschiffes hat nun lange Zeit gehabt, sich um Zhôngguo, Go-Joseon und Nippon zu kümmern. In Nippon herrscht zurzeit ein Shogun. Der Kaiser, oder 'Sohn der Sonne‘, sitzt in Kyoto und hat die Funktion eines Oberpriesters des Shintô-Kultes. Die Ursprünge des Shintôkultes liegen im Dunkel der Geschichte, heißt es.

Letzteres macht mich neugierig. Wir erfüllen unseren Auftrag zur Hälfte, das heißt, wir bringen die Schriftrolle zur ‚Verbotenen Stadt‘ nach Beijing. Dort lassen wir uns in der Nacht von Aro-23 abholen und 4000 Li -etwa 2000km- nach Nordosten versetzen. Aro-23 setzt uns am Strand der japanischen Südinsel ab, auf der die Kaiserstadt Kyoto liegt. Anschließend gehen wir los. Unser Ziel ist ein Jinja -Schrein-, wo ein Shinshoku -Schreinpriester- uns Auskunft über das Shintô geben kann.

Wir entdecken einen Schrein mit einem mehrstöckigen Turm auf einer Anhöhe und nähern uns ihm. Um den Schrein erreichen zu können, müssen wir unter einem roten Torbogen hindurch und eine endlos erscheinende Treppe hinaufsteigen. Danach können wir das Gebäude betreten. Wir befinden uns in einem großen Raum. Eine junge Frau in einem faltigen roten Rock und weißem Oberteil tritt auf uns zu und fragt nach unserem Wunsch. Mein Kommunikator muss wieder als Übersetzer herhalten.

Ich erkläre ihr, dass wir buddhistische Mönche seien und einen Shintô-Priester suchen, der Zeit hat, uns den ‚Weg der Götter‘ darzulegen. Sie heißt uns, ihr zu folgen, und bringt uns zu einem jungen Mann in einer weißen Robe mit einem schwarzen Hut ohne Krempe. Wir befinden uns hier in einem kleinen Raum. Der junge Mann bedankt sich bei der jungen Frau, die sich nach einer Verbeugung zurückzieht. Anschließend sollen wir uns auf die Reisstrohmatten setzen. Nun fragt er lächelnd:

„Die Jinja miko -Schreinmagd- sagte, sie kommen von weit her und möchten etwas über den Shintô -Weg der Götter- erfahren?“

Ich nicke, freundlich lächelnd und beginne:
„Können Sie mir erklären, was ein Kannushi -Shintopriester- im Shinto -Weg der Götter- genau macht?“

„Wir Kannushi werden auch ‚Shinshoku‘ -für die Kami arbeiten- genannt. Wir befinden uns in einer Position zwischen den betenden Menschen und den Kami. Im Grunde genommen besteht unsere Rolle also darin, die Gefühle der Menschen, die sich etwas wünschen, an die Kami zu übermitteln. Das ist unsere Hauptaufgabe.“

„Bedeutet das, dass die Menschen nicht direkt zu den Kami beten sollten?“ frage ich nach.

„Viele Menschen gehen zum Schrein, um zu beten oder sich etwas zu wünschen. Ursprünglich sollten Einzelpersonen den Kami jedoch nur Dankbarkeit zeigen. Die Kami kümmern sich jeden Tag um die Menschen und beschützen sie, also sind die Schreine Orte, an denen man ihnen danken kann. Wenn die Leute ihre Gebete zum Kami bringen wollen, geht das am besten durch einen Kannushi. Natürlich können Sie zu den Kami beten und sie direkt um einen Gefallen bitten, aber wenn Sie uns verwenden, wird Ihre Nachricht sie leichter erreichen. Das liegt daran, dass wir als Vermittler arbeiten und eine bestimmte Art des Sprechens mit den Kami verwenden können, die Norito -shintoistische rituelle Gebete- genannt wird.“

„Aber die Menschen können auch selbst zu den Kami gehen, sagen Sie. Wohin müssen sie dann gehen?“

„Wir haben in jedem Schrein ein Shinza -Kami-Sitz-. Dort befinden sich in einem Behälter die Shintai -Reliquien-, die die Kami beherbergen. Dorthin gehen die Leute, äußern ihren Wunsch oder sprechen Gebete, läuten eine Glocke und klatschen in ihre Hände, um den Kami auf sich aufmerksam zu machen. Bevor sie das Shinza verlassen, geben sie eine Spende.“
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