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 Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-

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BeitragThema: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Mi Apr 14, 2021 11:12 am

Fünf Jahre arbeite ich jetzt schon in diesem Kombini -Supermarkt-. Nach der Mittelschule habe ich hier eine Ausbildung gemacht und arbeite seitdem hier als Verkäuferin. Die meiste Zeit räume ich Waren in die Regale. Wenn Kunden nach einem bestimmten Artikel fragen, führe ich sie an das entsprechende Regal. So auch heute.

Ein älterer Kunde kommt herein. Da ich gerade in der Nähe bin, rufe ich ihm freundlich lächelnd ein „Irasshaimaseeeeeeee -Willkommeeeeeeen-“ entgegen.

Er nimmt am Eingang einen der roten Einkaufskörbe, macht zwei Schritte in das Geschäft.

Dabei sage ich:
„Goran kudasai -Bitte sehen Sie sich um!“

Er lächelt mir zu und verschwindet zwischen den Regalen. Einige Minuten später sehe ich ihn suchend an den Regalen vorbeigehen und die Artikelschildchen lesen.

Ich nähere mich vorsichtig und flüstere:
„Nani ka o-sagashi desu ka, Okyaku-Sama -Suchen Sie etwas Bestimmtes, mein Herr-?“

Er schaut auf seinen Einkaufszettel und nennt mir das Produkt.

„Kashikomaimashita, Okyaku-Sama -Verstanden, mein Herr-!“ antworte ich, mich höflich verbeugend und beeile mich an das entsprechende Regal zu kommen. Dort nehme ich das Produkt an mich und gehe zu dem Kunden zurück. Bei ihm angekommen, verbeuge ich mich wieder und reiche ihm, was er gesucht hat, mit beiden Händen. Danach sehe ich ihn nicht mehr.

Andere Kunden, die an mir vorbeigehen, um ihren roten Korb zu füllen, bekommen von mir ebenso ein lautes „Irasshaimaseeeeee!“ mit einem Lächeln zu hören.

Nimmt ein Kunde etwas in meiner Nähe aus dem Regal, um es in seinen Korb zu legen, erhält er von mir ein „Arigatou gozaimashita, Okyaku-Sama -Vielen Dank, mein/e Herr/Dame-!“ mit einer leichten Verbeugung zu hören.

Irgendwann ist auch dieser Tag vorbei und ich hänge meinen Arbeitskittel in den Spind. Mich freundlich von den Kollegen verabschiedend, gehe ich zur Haltestelle der Hochbahn, warte geduldig bis ein Zug kommt und die Passagiere hintereinander einsteigen. Ich muss eine Viertelstunde fahren und steige an der immer gleichen Station aus.

Nun bin ich noch zehn Minuten zu Fuß unterwegs. Dabei komme ich an einem Sportplatz vorbei. Unter den Flutlichtlampen spielen einige Schüler der Oberstufe Tennis.

Endlich erreiche ich den Wohnblock, in dem die elterliche Wohnung liegt. Sicher hätte ich inzwischen schon zuhause ausziehen können, aber ein kleines Appartement von 25 Quadratmeter kostet in Japan je nach Lage 70.000 Yen bis 100.000 Yen Miete pro Monat, während ich mit 180.000 Yen Lohn auskommen muss. Also bleibe ich in meinem Kinderzimmer wohnen und helfe dafür meiner aisuru Oka-San -lieben Mutter- im Haushalt.

Ich öffne die Wohnungstür und rufe in die Wohnung:
„Konbanwa. Tadaima -Guten Abend. Ich bin zuhause!“

Aus der Küche tönt mir ein „Okaeri -Willkommen zurück-!“ entgegen. Schnell ziehe ich meine Straßenschuhe aus und stelle sie in das Regal neben der Wohnungstür. Anschließend werfe ich meine Rucksacktasche in mein Zimmer und gehe in die Küche. Im Kühlschrank finde ich eine Flasche mit Tee. Ich schenke Mama und mir je ein Glas Tee aus und frage Papa:

„Willst du auch ein Glas Tee, Papa?“

Der rippana Otou-San -ehrenwerte Vater- sitzt mit dem Rücken zu uns in einer Ecke der Küche vor seinem Laptop und bearbeitet irgendeine Präsentation.

„Yorokonde -Ja gerne-,“ antwortet er. „Ich komme rüber.“

Er erhebt sich aus dem Schneidersitz, in dem er gesessen hat, steht deshalb kurzzeitig auf dem Hocker, zum Laptop herunter gebückt und speichert seine Arbeit ab. Danach kommt er zum Küchentisch und setzt sich neben Mama.

„Ich habe morgen Dienst,“ sagt er beiläufig, während er mir lächelnd zunickt und das Glas Tee in die Hand nimmt.

„Soll ich dir etwas zu Essen machen für die Arbeit?“ fragt Mama, aber er wedelt mit der erhobenen Hand und meint:

„Ich esse auf der Arbeit.“

Mein Glas ist inzwischen leer. Ich stelle es in die Spülmaschine und sage:

„Ich gehe jetzt schlafen.“

„Hai. Oyasumi nasai -Ja. Gute Nacht-,“ wünscht mir Papa.

Nun gehe ich hinüber in mein Zimmer und lege den an der Wand lehnenden Futon in den Fußraum. Meine Tasche hebe ich vom Boden auf und lege sie auf das Regal unter dem Fenster. Anschließend wechsele ich vor dem Bad in meine Badschlappen, gehe ich ins Bad und mache mich für die Nacht fertig. Zurück in meinem Zimmer ziehe ich die gefaltete Decke aus dem Regal hervor und decke mich damit zu.

Am anderen Morgen sind Papa und Mama schon zur Arbeit aufgebrochen, als mein Wecker klingelt. Ich stehe schnell auf und gehe ins Bad. Danach räume ich mein Zimmer auf und gehe in die Küche. Wieder nehme ich mir ein Glas Tee und ziehe eine Scheibe Toastbrot aus der Verpackung. Nach dem schnellen Frühstück schlüpfe ich in meine Straßenschuhe und verlasse die Wohnung.

Eine Frau in Mamas Alter aus einer Nachbarwohnung kommt gerade die Treppe hoch. Sie grüßt mich lächelnd:

„Ohayo, Yuko-chan.“

Ich verbeuge mich leicht und antworte ihr:
„Ohayo, Amazawa-San -Guten Morgen, Frau Amazawa-!“

Kurz darauf verlasse ich den heimatlichen Wohnblock. Mein Weg führt mich zurück zur Hochbahnstation. Ich habe mir heute frei genommen, weil ich einen wichtigen Termin wahrnehmen will. Mein Weg führt mich einige Stationen weiter zu einem Park. Darin steht ein traditionelles Holzhaus, zu dem ein Torii führt. Es ist der größte Schrein in unserer Stadt.

Dort angekommen, betrete ich den Schrein und gehe direkt zum Opferkasten. Kurz konzentriere ich mich. Je genauer man sich seinen Wunschpartner vorstellt, desto höher sind die Chancen, dass man ihn findet, heißt es. Nun verbeuge ich mich zweimal ehrfurchtsvoll, klatsche viermal in die Hände, um den Kami -göttliches Geistwesen- aufmerksam zu machen und werfe Geld in den hölzernen Opferkasten. Dann spreche ich meinen Wunsch aus. So erhören einen die Kami und helfen, den richtigen Mann zu finden!

Beim Verlassen des Schreins kaufe ich noch einen Glücksbringer, um noch ein bisschen mehr nachzuhelfen als nur mit Stoßgebeten. In wenigen Jahren bin ich 24 und bisher ist es mir versagt geblieben, einen jungen Mann zu finden, der mich respektiert und achtet, den ich lieben kann. Man sagt, bis 24 soll man einen Mann gefunden haben, sonst gilt man als Nokorimono no Kurisumasukeki -liegengebliebener Weihnachtskuchen-. Wie dieser bis zum 24. Dezember gegessen werden soll, sollte eine junge Frau bis dahin einen Mann gefunden haben.

Zuversichtlicher gehe ich zur Bahnstation zurück. In unserem Stadtviertel angekommen verlasse ich die Bahn eine Station früher, um Spazieren zu gehen und dabei meine Gedanken zu sortieren. Plötzlich sehe ich meine Freundin Shoko auf der anderen Straßenseite gehen. Ich winke ihr und rufe:

„Saikin dou, Shoko-chan -Was geht, Shoko-?“

Ich schaue rechts und links und laufe schnell über die Fahrbahn.

„Yoo, Yuko-chan -Hi, Yuko!“ antwortet sie lächelnd. „Bist du heute nicht arbeiten?“

„Ich habe mir frei genommen,“ erzähle ich ihr. „Ich war heute Morgen im Schrein, um für einen guten Ehemann zu beten.“

Shoko nickt. Sie ist auch noch nicht verheiratet, obwohl sie schon einige Jahre älter ist. Auch sie lebt noch bei ihren Eltern, denn sie hat leider nur einen Teilzeitjob im Büro ergattern können.

„Hast du denn schon einen Kareshi -Freund-?“ frage ich daher.

Sie wedelt mit der erhobenen Hand und erklärt mir:

„Ich habe lange gespart, um einmal zu einem Machikon -Speeddating-Event- zu gehen. Nächste Woche ist es soweit. Möchtest du es nicht auch dort versuchen?“
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Fr Apr 16, 2021 9:05 am

Diese Veranstaltungen kosten um die 10.000 Yen pro Teilnehmer, weil sie in einem teuren Hotel stattfinden. Ein Friseurtermin, Stilberatung und der Besuch eines Modegeschäftes gehören auch zu den Leistungen der Veranstalter. Durchschnittlich 75 junge Männer und Frauen treffen dort in gelöster Atmosphäre aufeinander.

„Vielleicht später einmal,“ antworte ich. „Momentan habe ich nicht das Geld dafür.“

„Okay, aber du könntest dich schon einmal vorbereiten. Denn Geld ist nicht alles.“

Ich schaue sie interessiert an.

„Nun ja,“ meint sie. „Männer sind ja so einfach gestrickt! Sie wollen zwar eine Frau. Aber gleichzeitig wollen sie viele verschiedene Frauen. Also musst du ihnen in den verschiedensten Rollen gegenübertreten: Manchmal sind sie wie kleine Jungs und wollen Bemuttert werden. Dann wieder brauchen sie eine Frau, die ihnen zuhört und mit der sie auf intellektuell der gleichen Ebene diskutieren können. Dann wiederum muss es eine Frau sein, die sie beschützen können… Und vieles dazwischen.“

„Hm, du meinst, sie möchten einmal bedient werden, ein andermal hätten sie gern jemand, die bei ihnen Halt sucht, und schließlich eine Frau, die ihre Aufmerksamkeit fesselt, die sie unterhält?“

„Ja, so kann man es auch ausdrücken… Und das ist das Schwierige daran!“

Wir sind inzwischen bei dem Wohnblock angekommen, in dem ich wohne. Ich hebe die Hand und sage lächelnd:

„Bai, Bai! Wir texten miteinander. Auf jeden Fall bin ich neugierig, wie das Machikon ausgegangen ist und welchen Eindruck du von der Veranstaltung bekommen hast!“

Dann laufe ich über die Straße und winke ihr vom Hauseingang noch einmal zu.

*

In meinem Zimmer gebe ich die Informationen von Takeda Shoko, meiner Freundin, in die Suchmaschine meines Tablets ein und rufe die angezeigten Internetseiten nacheinander auf.

Bei einer Seite bleibe ich länger hängen und markiere sie mir als Favourit, um sie später wiederzufinden. Schließlich rufe ich die markierte Seite wieder auf. Es ist die Seite einer selbständigen Geisha, die dort schreibt:

‚Eine Geisha ist ein lebendes Kunstwerk. Rollen und Masken ersetzen das wahre Ich. Sie überlagern wie die Häute einer Zwiebel das, was man im tiefsten Inneren seiner Seele ist. Ihre Augen sind so tief wie der Ozean. Eine Geisha will nichts, fühlt nichts. Sie ist eine Künstlerin der dahinströmenden Welt. Sie tanzt und singt, sie unterhält die Männer, wie sie es mögen. Der Rest ist Schatten, ist Geheimnis. Was sie nicht ist: Sie ist keine Prostituierte! Sie verkauft kein Fleisch, sondern nur eine Illusion.
Manchmal kann es geschehen, dass sie nicht nur eine Veranstaltung verschönern soll, sondern auch einem besonderen Gast Gesellschaft leisten und so Gastgeber und Gast einen unvergesslichen Abend bereiten soll. Hierzu ist es notwendig, dass sie die Sado -Teezeremonie- formvollendet beherrscht, eine interessante Konversation zu führen versteht, dezent und zurückhaltend zu flirten versteht, den besonderen Gast durch abwechslungsreiche Ideen zerstreuen kann. Sie muss auf ihr Tun achten, denn sie hat einen Ruf zu verlieren. Dazu braucht sie viel Takt und Einsicht in den menschlichen Charakter. Geduldiges Zuhören und Verschwiegenheit sind wichtige Tugenden.‘

Ich fühle, dass ich diese Frau unbedingt kontaktieren muss. Entweder kann sie mir wertvolle Informationen für einen eventuell späteren Besuch einer Machikon geben oder ich erhalte Unterricht von ihr.

Ich sende ihr also eine E-Mail, in der ich ihr meine jetzige Situation schildere und mein Anliegen benenne. Zuerst kommt tagelang keine Antwort. Dann schickt sie mir einen Termin für ein Gespräch in einem Ochaya -Teehaus-. Beigefügt ist ein Foto von ihr in einem Kimono. Oberhalb des Obi -Gürtel- ist der Kimono cremeweiß. Der Obi ist braun mit Mustern. Ärmelenden und der Rock des Kimonos haben ein Muster, dass an ein japanisches Gemälde erinnert. Das Kleidungsstück muss bestimmt sehr wertvoll sein. Ob ich jemals ein ähnliches Kleidungsstück tragen darf?

An dem angegebenen Tag fahre ich mit der Bahn in die Innenstadt. Ich muss einmal umsteigen und bin pünktlich an der angegebenen Adresse. Kurz nach mir trifft die Okyaku-Sama -hohe Dame- mit einem Taxi vor dem Teehaus ein. Ich habe heute einen Festtags-Kimono angezogen und laufe in kleinen Trippelschritten, weil der Kimono mich in der Bewegung doch etwas behindert, auf das Taxi zu. Ich will ihr die Tür aufhalten, doch bis ich den Bürgersteig überquert habe, ist sie schon ausgestiegen. So verbeuge ich mich vor ihr und sage:

„Konnichiwa, Sakamoto-Sama. Hajimemashite. Dozo yoroshiku onegaishimasu. Noguchi Yuko to moshimasu. -Guten Tag, Dame Sakamoto. Schön, Sie zu treffen. Ich bitte um Ihre Freundlichkeit. Mein Name ist Noguchi Yuko.“

Sie nickt mir lächelnd zu und antwortet:
„Kochira koso yoroshiku onegaishimasu. Wir wollen das Teehaus nicht warten lassen, Noguchi-San.“

Sie trägt den Kimono von ihrem Foto und strebt auf den Eingang des Ochaya -Teehauses- zu, mir mit einer Geste zu verstehen gebend, ihr zu folgen.

Ich beeile mich, die Dame zu überholen und ihr die Eingangstür zu öffnen. Dabei kann ich feststellen, dass einige alleinstehende Herren den Blick nicht von der Dame wenden können und andere von ihren Ehefrauen weitergezogen werden.

Als wir das Teehaus betreten, flötet uns eine Kellnerin ein „Irasshaimaseeeeeee -Willkommen-“ entgegen und verbeugt sich. Gleich darauf fragt sie:

„Nan mei sama desu ka –Wie viele Personen-?“

Sakamoto-Sama antwortet nun:
„Futari desu –Zwei Personen.“

Nun fragt sie:
„Kitsuen seki desu ka –Möchten Sie einen Raucherbereich-Platz-?“

Die Dame wedelt mit der rechten Hand und sagt kurz:
„Kinen seki desu –Nicht-Raucherbereich-.“


Zuletzt von hermann-jpmt am Di Apr 20, 2021 9:44 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1So Apr 18, 2021 9:53 am

Nun führt die Angestellte uns an einen niedrigen kleinen Tisch und deutet mit einer Handbewegung an:

„Kochira e douzo. – Bitte setzen Sie sich hier hin.“

Die Dame geht mit einer fließenden Bewegung in den Seiza -Kniesitz-. Bei mir sieht das nicht so elegant aus. Als wir nun sitzen, werden wir gefragt:

„Sudeni menyu o sentaku shimashita ka, Okyaku-Sama? Haben Sie schon ein Menü gewählt, meine Damen?“

„Min’na no tame no ocha no potto to ikutsu ka no bisuketto, onegaishimasu -Ein Kännchen Tee für jeden und etwas Gebäck, bitte-,“ gibt Sakamoto-Sama an.

Die Kellnerin verbeugt sich und antwortet:
„Kashikomaimashita, Okyaku-Sama -Verstanden, meine Dame-!“

Sie verschwindet hinter der nächsten Tür. Nach kurzer Zeit bringt sie uns die Bestellung. Ich versuche nun Sakamoto-Sama zu bedienen und schenke ihr aus einem Kännchen, das den Inhalt von zwei Tassen fasst, ihre Tasse voll. Dann fülle ich meine Tasse und stelle das Kännchen ab.

Sakamoto-Sama schaut mir lächelnd zu und sagt danach:
„Noguchi-San, um eine wirkliche Geisha zu werden und all das zu beherrschen, was eine Geisha ausmacht, braucht es Jahre der Übung. Früher haben junge Mädchen, die gerade das Schulalter erreicht haben, damit angefangen. Wie stellen Sie sich das in Ihrem Alter vor?“

Ich senke den Blick und neige meinen Oberkörper leicht vor. Anschließend erzähle ich ihr meine Geschichte:

„Rippana Sakamoto-Sama -Ehrenwerte Dame Sakamoto-, in wenigen Jahren überschreite ich das Alter von 24 Jahren. Sie wissen, was man sich dazu in der Gesellschaft erzählt. Ich bin wohl zu unscheinbar, als dass ich einem Mann auffalle, der seinerseits auf der Suche nach einer Partnerin ist.
Meine ältere Freundin hat das gleiche Problem. Sie will ein Machikon besuchen. Aber was passiert, wenn sie später feststellt, dass der Mann doch nicht der Richtige war?“

„Nun, man sollte sich die Männer schon gründlich anschauen vorher und sie prüfen,“ resümiert die Dame. „Dass du ein Speeddating-Event dafür ungeeignet hältst, spricht für dich. Aber man muss ja nicht gleich heiraten. Man kann den Mann, den man dort kennengelernt hat, ausgiebig prüfen. Dabei ist zu beachten, dass man nicht gleich zu Beginn prüft, wie gut der Mann auf dem Futon ist. Das ist KEIN Gütesiegel für eine Beziehung!“

„Aber welches sind dann die Prüfkriterien, Okyaku-Sama?“

„Ich will Ihnen einmal etwas Grundsätzliches sagen:
Wenn Sie ‚verliebt sein‘ nicht mit ‚Sex haben‘ gleichsetzen, sondern den Mann darin vertrösten, bis Sie heiraten werden, teilt sich alsbald der Spreu vom Weizen.
Wer behauptet, Frauen hätten sich allein aufgrund ihres Geschlechts den Männern unterzuordnen, ist nichts weiter als ein dummer Macho. Würde man eine beliebige Gruppe von Männern unter Wahrheitsdrogen setzen und sie fragen, ob es ihnen gefallen würde, eine gehorsame, dienende Frau zu haben, dann wären die Antworten weitaus überwiegend wohl sehr ähnlich. Wenn Sie sich diese Männer dann näher betrachten, gibt es nur eine Konsequenz:
Ganz schnell, ganz weit weglaufen! Warum? Weil die Verantwortung, die einem Mann bei einer Yamato Nadeshiko zuwächst, etwas ist, was nur eine winzige Minderheit von Männern bewältigen kann.
Diese winzige Minderheit müssen Sie gezielt suchen! Dabei hilft Ihnen die Kenntnis der Tugenden der Samurai, verehrte Noguchi-San. Sie können die Richtschnur sein, nach der sich ein Mann beweisen muss, der Ihrer würdig ist.“

„Sie meinen…?“ frage ich nachdenklich.

„Demo hai -Aber ja-!“ antwortet sie in überzeugendem Ton. „Entweder trifft die Frau auf einen ganz und gar verhaltensgestörten, total unsicheren, ungewaschenen und stinkenden Widerling - dann heißt es, schnell weglaufen - oder sie trifft irgendwann auf den Märchenprinzen mit angenehmen Manieren. So wie es mir geschehen ist! Bis dahin muss man allerdings auch einige Enttäuschungen verarbeiten können!“

„Ich habe im Schrein für solch einen Mann, der mich achtet und respektiert, geopfert und gebetet. Wäre es möglich, dass Sie mich unterrichten, wie man Männer über die Kunst fesselt? Damit könnte ich die Männer prüfen, wie Sie es mir gerade erklärt haben.“

„Ich könnte es versuchen. Dazu muss ich aber Ihr unbedingtes Engagement spüren und ich brauche einen gewissen Unkostenbeitrag, denn mir werden zusätzliche Kosten dabei entstehen. Sagen wir monatlich 30.000 Yen.“

Ich schlucke bei der Zahl, bin aber wild entschlossen diesen Weg zu gehen.

*

Infolge habe ich um eine Reduzierung meiner Arbeitszeit gebeten. Nun habe ich täglich von 9 Uhr bis 15 Uhr Dienst, erhalte aber nur noch 135.000 Yen an Lohn und muss monatlich 30.000 Yen Lehrgangsgebühren an Sakamoto-Sama abgeben. Das kann ich nun wirklich nur, weil ich bei Papa und Mama wohne.


Zuletzt von hermann-jpmt am Di Apr 20, 2021 9:43 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Di Apr 20, 2021 9:36 am

Täglich um 17 Uhr muss ich bei der ehemaligen Geisha sein und bin bis 21 Uhr dort. Meine Freundin Shoko hat das Speeddating-Event genutzt und erzählt, welch ein Stress das gewesen ist.

„Hast du einen jungen Mann kennengelernt?“ habe ich sie neugierig gefragt.

„Na jaaa,“ dehnt sie die Antwort.

„Sieht er gut aus? Was macht er?“ habe ich sie gelöchert.

„Er studiert noch. Er ist ganz süß,“ beschreibt sie ihn vage.

„Gib ihm eine Chance!“ meine ich. „Du kannst die Verbindung ja immer noch lösen.“

„Okay,“ antwortet sie, „und was hast du in der Sache unternommen?“

„Haiiii -Jaaa-, weißt du, ich habe mit einer älteren Geisha gesprochen, die inzwischen einen vermögenden Gönner hat. Sie sagt, ich solle die Männer prüfen. Viele wollen doch nur das Eine. Diese disqualifizieren sich damit von selbst. Den Anderen soll ich Aufgaben geben, die mir zeigen wieviel Respekt und Achtung sie mir entgegenbringen. Ich soll sie fragen, ob sie etwas für mich tun wollen, ob sie bereit wären, mir bei etwas zur Seite zu stehen und mir zeigen, wie es ihrer Meinung nach am besten klappt.
Wer dabei gerne Verantwortung übernimmt, der wäre jemand für die engere Wahl.“

„Das ist aber eine große Aufgabe, die viel Zeit in Anspruch nimmt,“ resümiert Shoko nachdenklich. „Ich weiß nicht, ob mir noch soviel Lebenszeit bleibt.“

„Das stimmt wohl,“ gebe ich zu. „Die Geisha hat sich bereit erklärt, mich zu unterrichten. Das bedeutet ein hartes Training in Tanzperformance, traditionell und modern, ein Instrument erlernen. Singen traue ich mir nicht zu, aber Gedichte und Fabeln zur selbstgemachten Musik vortragen, das geht! Ich lerne die Feinheiten einer traditionellen Teezeremonie und der Konversation auf vielen Ebenen.
Die Geisha kann ihre Verbindungen spielen lassen und so treffe ich mit vielen Männern zusammen, die ich in Ruhe prüfen kann bis ich ‚den Richtigen‘ finde.“

„Wer ist denn in deinen Augen der Richtige?“ fragt sie mit gerunzelter Stirn.

„Das habe ich dir doch eben erst skizziert,“ meine ich. „Dessen Yamato Nadeshiko -japanische Prachtnelke (Symbol für das japanische Frauenideal)- zu sein, ihm gleichzeitig Hausfrau, Gesellschafterin, Tänzerin, Unterhalterin, und wenn es sein muss auch Samurai zu sein, würde mich stolz machen!“

Shoko nickt. Man sieht ihr an, dass sie mich einerseits bewundert, meinen Weg für sich aber wohl ausschließt.

*

„Geishas verkaufen nicht ihren Körper, sondern ihre Gesellschaft, ihre Konversation, ihren Tanz. Sie schaffen eine andere, eine geheime Welt, einen Ort reiner Schönheit. Das Wort ‚Geisha‘ bedeutet ‚Künstlerin‘ und eine Geisha ist ein lebendes Kunstwerk.
Du darfst dich erst als Geisha bezeichnen, wenn du einen Mann mit einem einzigen Blick aus dem Gleichgewicht bringen kannst. Aber das ist fast unmöglich bei den Machos da draußen,“ sagt Sakamoto-Sama einmal zu mir, während meines Trainings in ihren Räumen.

Zuerst üben wir das Schminken und legen der kunstvollen Frisur. Ich als Maiko -Geisha in Ausbildung- bin nicht so stark geschminkt wie sie.

Sie macht mir alles vor und ich muss es nachmachen bis sie zufrieden ist. Sie übt mit mir den Gang einer Geisha, die Bewegungen beim Setzen und Aufstehen. Sie zeigt mir, wie man elegant bedient und dem Mann subtile Botschaften sendet, wie das Entblößen des normalerweise bedeckten Handgelenkes, und andere.

Das virtuose Bewegen des Kamoku -Fächers-, genauso wie das des Kasa -Schirms und anderer Gegenstände beim Tanz lerne ich von ihr. Es ihr recht zu machen ist eine schweißtreibende Angelegenheit.

Wir üben viele alte Instrumente in den kommenden Jahren während ihres Trainings. Ich muss dafür eine Menge Gedichte lernen und Fabeln aus unserer Shinto-Mythologie. Das ist etwas, das mir viel Spaß macht! Schon in der Schule früher habe ich viel gelesen und oft versucht, eigene Gedichte zu schreiben.
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Do Apr 22, 2021 9:33 am

Zur Konversation meint Sakamoto-Sama, dass man dazu einzig diplomatisches Geschick und einen wachen Verstand braucht. Eine geschickte Geisha versucht nun, Angemessenes zu einer Diskussion beizusteuern, ohne dabei durch eine kontroverse Meinung aufzufallen. Auch dies übt sie mit mir, während wir teetrinkend am Tisch sitzen und meinen Trainingsstand besprechen.

Eines Tages fordert sie mich auf, ihre Wohnung zu verlassen und mit ihr im Kimono auf die Straße zu gehen. Langsam und bedächtig folge ich ihr, immer darauf bedacht, alles so zu machen, wie sie es mir beigebracht hat. Draußen auf dem belebten Bürgersteig gibt sie mir plötzlich den Auftrag:

„Suche jemanden für mich.“

Ich schaue mich suchend um und meine schulterzuckend:
„Der Herr dort in dem grauen Mantel.“

Sakamoto-Sama schwebt in kurzen Trippelschritten auf den älteren Herrn zu und nahe an ihm vorbei. Dieser dreht sich nach ihr um und übersieht dabei einen anderen Passanten, mit dem er zusammenstößt. Wortreich entschuldigt sich der Herr vor dem Anderen. Man könnte Mitleid mit ihm haben.

Sakamoto-Sama bleibt an der nächsten Einmündung einer kleinen Nebenstraße stehen und wartet dort auf mich.

„Und nun du!“ sagt sie. „Siehst du den jungen Mann, der uns auf dem Fahrrad entgegenkommt?“

Ich schaue mich schüchtern lächelnd um und nicke. Sie geht näher an die Mauer eines Hauses heran, während mir das Herz wild von innen gegen die Rippen klopft. Endlich fasse ich all meinen Mut zusammen und schwebe in der gleichen Weise an dem jungen Mann vorbei. Er sieht mich und folgt mir mit seinem Blick. Dabei verreißt er die Lenkstange und stürzt auf den Gehweg.

Als Sakamoto-Sama zu mir aufgeschlossen hat, meint sie lächelnd:
„Siehst du! Du bist soweit.“

Zurück in ihrer Wohnung sagt sie zu mir:
„Das verbindet uns für immer! Nun sind wir Schwestern. Ab heute lässt du deine Jugend zurück und legst deinen Namen ab. Von heute an, wird man dich als Emi -Mit Schönheit gesegnet- kennen!“

Die Yuko verschwindet nun zeitweise hinter einer weißen Nebelwand. Sakamoto-Sama vermittelt mir Termine für die sie von den Auftraggebern 30.000 Yen pro Abend verlangt. Das Geld wird in meine Garderobe und Kosmetik investiert. Ich werde tanzen, musizieren, meine Kunden mit Konversation unterhalten, sie bedienen bis ich meinen Traumprinzen finde. Bis ich sein bin!

Tagsüber bin ich die wohlerzogene Tochter meiner Eltern und die kleine Angestellte eines Einzelhandelsgeschäftes. Abends gehe ich zu Sakamoto-Sama in die Ausbildung und mindestens einmal wöchentlich verwandelt sich dieses unscheinbare Geschöpf in ein lebendes Kunstwerk, das auf Festen und Veranstaltungen auftritt.

*

„Konnichiwa, One-San,“ grüße ich beim Eintreten, beuge dabei die Knie und verbeuge mich tief vor meiner ‚Aneko -älteren Schwester-‘.

Sie wendet sich halb zu mir um und sagt:
„Komm näher, Emi-San!“

Ich trippele auf sie zu und lasse mich neben Sakamoto-Sama in der anerzogenen fließenden Bewegung in den Seiza nieder.

„Ich werde dir heute ein paar einflußreiche Männer aus der Stadt vorstellen,“ erklärt sie mir. „Wir müssen uns dafür beeilen.“

Anschließend korrigiert sie meine Frisur und den Sitz meines Kimono. Danach ruft sie ein Taxi und wir fahren zu einer Sportarena. Während der Fahrt sagt sie:

„Nakamura-Sama ist seit Jahren mein Kunde. Wir werden ihn und seinen Partner Inoue-San treffen. Inoue-San ist eine ziemliche Herausforderung für uns, denn er mag keine Geishas. Sei nur höflich. Ich übernehme alles weitere.“

Unten auf dem Spielfeld läuft gerade ein Handball-Match. Ich folge meiner One-San -Mentorin- dichtauf, die eine VIP-Loge ansteuert. Dort sitzen zwei Männer und verfolgen angeregt das Spiel. Wir lassen uns hinter den Männern im Seiza -Kniesitz- nieder und verbeugen uns tief. Dabei sagen wir im Chor:

„Konbanwa -Guten Abend-.“

Einer der Männer dreht sich zu uns um, während der Andere aufgesprungen ist. Seine Aufmerksamkeit wird ganz vom Geschehen auf dem Spielfeld gefesselt. Der Mann, der unser Kommen bemerkt und zurückgegrüßt hat, wendet sich nun seinem Begleiter zu. Er spricht ihn an und da dieser nicht sofort reagiert, stößt er ihn an. Nun dreht sich der Andere zu uns um.

„Inoue-San! – Inoue-San!“

Wir verbeugen uns ein zweites Mal tief und sagen:
„Hajimemashite -Schön, Sie kennenzulernen-!“

One-San weist auf mich und erklärt:
„Das ist Emi-San -die Schöne-, meine Imoto -jüngere Schwester-.“

Ich verbeuge mich tief.
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Sa Apr 24, 2021 9:28 am

Inoue-San setzt sich auf seinen Platz und wendet seine Aufmerksamkeit wieder dem Spielfeld zu. Die One-San schaut mich an. Also frage ich Inoue-San:

„Sumimasen, Inoue-San -Entschuldigung, Inoue-San-, kono torunitaranai hito ni anata no kaisha ga nani o shite iru no ka setsumei dekimasu ka- können Sie dieser unbedeutenden Person erklären, was ihre Firma macht?“

Inoue-San dreht sich halb zu mir um und meint:
„Wir bauen und erneuern Staudämme, um die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung sicherzustellen und nebenbei Strom zu gewinnen. So nutzen wir die Kraft des Wassers.“

Inoue-San dreht sich wieder dem Spiel zu. Noch einmal fange ich einen Blick meiner One-San auf.
„Auf welche Weise kann man die Kraft des Wasser nutzen?“ frage ich also weiter.

Nun schaltet sich Nakamura-San ein. Er dreht sich lächelnd zu mir um und sagt:
„Du solltest niemals einen Ingenieur bitten, dir etwas zu erklären. Wenn er einmal beginnt, verstehst du bald nichts mehr. Sein Vortrag ist nur so gespickt von Fachbegriffen!“

Inoue-San will zu einer Entgegnung ansetzen. In diesem Augenblick sagt die One-San:
„Es tut mir leid, Die Herren. Aber wir müssen leider wieder gehen.“

Sie erhebt sich und verbeugt sich tief. Ich mache es ihr gleich. Inoue-San nickt und ruft ihr durch den Trubel der Zuschauer zu:

„Kameko -Kind der Schildkröte (Symbol für langes Leben)-! Du darfst sie mal wieder mitbringen!“

Alsdann strebt sie langsam wieder dem Ausgang der Arena zu und ich folge ihr.

*

Wieder einmal begleite ich die One-San zu einem Termin mit ihrem langjährigen Kunden und Gönner Nakamura-San. Diesmal treffen wir den Herrn in einem Ryotei -Restaurant-. Auch heute Abend ist sein Partner Inoue-San anwesend, den ich unterhalten soll.

Uns tief verbeugend, sagen wir im Chor am Tisch:
„Konbanwa -Guten Abend-!“

Wir gehen elegant in den Seiza. Nakamura-San lächelt uns an.

„Ihr habt uns warten lassen!“ äußert sich der Ingenieur Inoue-San. „Nakamura-San denkt, ich brauche mehr Zerstreuung in meinem Alltag. Zum Beispiel Musik und Theater.“

Ich lächele den Mann höflich an und entgegne ihm:
„Es ist vergeblich, ein Auto seitwärts bewegen zu wollen! Niemand wünscht sich, dass Inoue-San ein anderer Mensch wäre, als derjenige der Inoue-San ist!“

Inoue-San schaut überrascht und verlegen aus. Er ist einen Moment sprachlos. Nakamura-San nickt und ergänzt:

„Oh ja! Da stimme ich zu. Ich verdanke Ihnen nun wirklich alles, Inoue-San!“

Der Ingenieur hat sich wieder gefangen und erklärt uns lächelnd:
„Nakamura-San übertreibt! Wie zumeist.“

Nakamura-San hebt sein Glas und ruft:
„Kanpai -Prost-!“

Inoue-San macht es ihm nach. Beide trinken einen Schluck ihres Getränks. Nun zieht der Ingenieur eine dunkle Lackdose mit einiger Mühe aus seiner Jackentasche und stellt sie vor mich. Dazu sagt er, mich anlächelnd:

„Schau mal, das hier habe ich vor ein paar Tagen gefunden.“

Nakamura-San kommentiert es mit den Worten:
„Inoue-San, Sie werden sentimental!“

Der Ingenieur lacht und meint:
„Vielleicht ist es eine neue Phase.“

Er hebt den Deckel ab und präsentiert einen mit Edelsteinen besetzen Haarschmuck. Ich bin es nun, die geschockt da sitzt, mit großen Augen auf das teure Teil schaut und sich nicht rühren kann.

Inoue-San holt mich aus der Schockstarre, indem er mich anspricht:
„Was ist mit dir, Emi-San? Gefällt es dir nicht?“

Ich verneige mich leicht und antworte ihm:
„Sukoshi yurushite -Verzeihen Sie bitte-! Ich habe noch nie zuvor solch ein Geschenk erhalten.“

Er nimmt es aus der Schachtel und steckt es mir ins Haar. Ich beuge meinen Kopf dafür tief herunter.

Als das Essen der Herren beendet ist und sie aufbrechen wollen, erheben wir uns ebenfalls und verabschieden uns herzlich von ihnen. Dabei begegne ich Inoue-San immer noch schüchtern zurückhaltend. Unterwegs im Taxi zu One-Sans Wohnung erklärt sie mir, dass sie sich gemeinsam mit mir eine Choreographie überlegen will. Wenn sie perfekt sitzt, will sie einen Saal mieten und Plakate drucken lassen. Ich soll dann eine Bühnenshow geben, die mich bis in die hintersten Winkel der Stadt bekannt machen wird.

Während dieser Vorstellung, deren Eintritt für die Zuschauer schon nicht billig sein wird, weil Saal, Musik und Lichtshow bezahlt werden müssen, wird eine amerikanische Versteigerung stattfinden. Derjenige, der mich dort ersteigert, darf einen ganzen Tag mit mir verbringen. Ich muss den Mann so unterhalten, dass er keinen Gedanken daran verschwendet, mich zum Sex aufzufordern. Dazu sei all mein Können gefordert, profezeit die One-San mir.

In den kommenden Wochen arbeiten wir also eine Choreographie heraus und wählen die Musik und das Licht dafür aus.

In dieser Zeit fragt mich Papa während des Mittagessens zuhause:

„Sag mal, Yuko-chan, du verbringst seit langer Zeit deine Nachmittage, Abende und die freien Tage außer Haus und bist oft abgekämpft und müde. Daneben hast du deine Arbeitszeit reduziert, was natürlich weniger Lohn bedeutet und gibst für diese Nebentätigkeit Geld aus. Wie lange soll das noch so weitergehen? Solltest du uns nicht bald einen jungen Mann vorstellen, den du heiraten möchtest?“

„Rippana Chichi -verehrter Papa-, ich habe mich für einen alternativen Lebensweg entschieden. Ich bin eine Maiko. In drei Wochen startet abends eine Show. Ich bin die Attraktion des Abends. Wenn ich Glück habe spricht die ganze Stadt bald von der Geisha Emi-San und ich verdiene genug, um euch nicht mehr auf der Tasche zu liegen.“

Nachdem ich das Wort ‚Geisha‘ ausgesprochen habe, verfinstert sich das Gesicht meines Otou-San -Vaters. Er ballt die Hand zur Faust und schlägt damit auf den Tisch.

„Eine Geisha bist du? Du weißt, dass du damit die Familie entehrst? Geh mir sofort aus den Augen und packe deine Sachen! Ich will dich hier nicht mehr sehen!“

Mit traurigem Gesicht und tränenerfüllten Augen erhebe ich mich vom Tisch und mache, was mein Vater sagt. Wenig später verlasse ich den Wohnblock, in dem die elterliche Wohnung liegt, und ziehe meinen Koffer zur Bahnstation. Ich fahre zu One-San und werfe mich ihr zu Füßen. Sie tröstet mich und lenkt mich mit Tanzübungen zur Vorbereitung der Bühnenshow ab. Ich darf bei ihr in einem Nebenzimmer schlafen.

*

Am Abend der Bühnenshow schalte ich alle Gedanken an Alltägliches ab. Ich fokussiere mich voll auf meinen Auftritt. Nachdem die Tänzerinnen der Vorgruppe, die One-San engagiert hat, ihr Programm beendet haben, kommt sie zu mir und sagt:

„Auf, Emi-San! Du bist dran! Gib jetzt alles! Du schaffst das.“

Ich erhebe mich und konzentriere mich auf dem Weg zur Bühne. Man hat den Vorhang nach dem Abgang der Vorgruppe zugezogen. Während ich mich auf meine Startposition stelle, hebt One-San die Hand. Die Scheinwerfer gehen an und die Musik startet. Ich stehe auf schwarzen hohen Geta -Holzsandalen- und trage ein weites weißes Kostüm. In der Hand habe ich einen transparenten Schirm mit der aufgedruckten Sonne und dem heiligen Berg.

Kleine Papierschnipsel regnen auf mich herab, während ich zur Mitte der Bühne gehe. Dabei schwinge ich den Schirm, als befände ich mich in einem Sturm. In der Bühnenmitte schlüpfe ich aus den Geta und laufe einen Kreis. Schließlich falle ich auf die Knie, hebe die Arme zum Himmel und beuge mich hintenüber.
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Mo Apr 26, 2021 9:24 am

Die Scheinwerfer verfolgen mich und wechseln ihre Farbe bei der letzten Tanzfigur hin zu Rot.
Anschließend erhebe ich mich wieder und verbeuge mich tief vor dem Publikum, das aufgestanden ist und klatscht. Immer wieder mich verbeugend, gehe ich gemessenen Schrittes zu den Geta, schlüpfe hinein und verlasse die Bühne. Die Musik, die mich in ihrer Dramaturgie begleitet hat, klingt aus.

In meiner Garderobe angekommen wird es auf einmal draußen laut. Dann wird die Tür aufgestoßen. Herein tritt mein lieber Papa -aisuru chichi-. Zuerst bin ich erschrocken. Dann sehe ich, wie er an der Tür auf die Knie geht und sich vorbeugt bis seine Nase fast den Boden berührt.

„Yurushite saiai no musume,“ sagt er. „Ich habe Falsches von dir gedacht!“

Ich erhebe mich, gehe die zwei Schritte auf ihn zu und vor ihm in die Hocke.

„Ach, Papa,“ sage ich. „Ich kenne das Vorurteil vieler Leute. Es ist alles wieder gut, mein liebster Papa!“

Die One-San tritt hinzu und fragt, ob wir nicht gemeinsam im Restaurant des Theaters auf das Ende der Versteigerung warten sollen. Papa erhebt sich und entschuldigt sich bei der One-San. Ich nicke und meine:

„Ich möchte mich vorher gerne umziehen und die Frisur richten.“

One-San ist einverstanden und ruft zwei Stylisten herbei.

Sie lädt Papa nun ebenfalls in das Restaurant ein. Auf dem Weg dorthin gesellt sich auch Mama hinzu. Im Restaurant treffe ich auf die Drei, die sich im angeregten Gespräch miteinander befinden. Ich habe neben der korrekten Frisur auch einen mehrlagigen Seidenkimono aus der Kollektion der One-San angelegt und gehe zwischen ihr und meinen ehrenwerten Eltern -rippana Oya-San- in den Seiza.

Die Szene überblickend greife ich sofort zur Teekanne und will meinen Eltern nachschenken. Leider kommen aus ihr nur noch wenige Tropfen. Die One-San lächelt und meint:

„Wenn es möglich wäre, würde Emi-San die Kanne für ihre lieben Eltern auswringen.“

Sie hebt die Hand und ruft einen Kellner herbei.
„Sumimasen -Entschuldigung-!“

„Hoka no mono o chumon shimasu ka -Sie möchten noch etwas bestellen-?“ fragt er.

„Hai, ureshidesu. Watashitchi hitorihitori no tame no ocha no betsu no potto -Ja, gerne. Noch ein Kännchen Tee für jeden von uns,“ sagt die One-San.

„Kashikomaimashita, Okyaku-Sama -Verstanden, meine Dame,“ antwortet er und holt das bestellte.

Ich weiß, dass nach mir die Vorgruppe wieder ihre Tänze aufführt, gewissermaßen als Rahmenprogramm zu meinem Auftritt. Wir warten auf das Ergebnis der amerikanischen Versteigerung, die auch von der örtlichen Presse beobachtet wird. Irgendwann beendet der Moderator der Veranstaltung die Versteigerung, weil kein Angebot mehr hereinkommt. Ein Junge kommt ins Restaurant und verbeugt sich mehrmals vor der One-San, um ihr dann mit vorgestreckten Armen einen Zettel zu überreichen.

Die One-San liest und lächelt. Sie übergibt mir den Zettel. Nun lese ich die Zahl darauf und kann es nicht fassen.

„Na,“ meint die One-San. „Lies laut! Deine ehrenwerten Eltern möchten sicher auch wissen, wie hoch du in der Gunst des Publikums stehst.“

Mit dünner zittriger Stimme lese ich.
„Fünfundzwanzig Millionen Yen…“

One-San neigt ihren Kopf und antwortet:
„Ich habe mich vor vielen Jahren mit 17 Millionen aus meinem Okiya -Geisha-Haus- freigekauft. Du kannst diese Summe für eigene Kosmetika und Kimonos ausgeben. Nun darfst du 50.000 Yen pro Stunde für einen Auftritt verlangen! Damit kannst du eine vergleichbare Wohnung wie die meine anmieten, ausstatten und weitere Kimonos für viele Gelegenheiten kaufen.“

„Wer wird wohl der Ersteigerer sein?“ frage ich.

„Das wirst du gleich erfahren!“ meint sie. „Sicher hat das ganze Publikum mitgesteigert. Derjenige, der zum Schluss der Glückliche gewesen ist, wird sicher schon auf der Bühne warten.“

Nach diesen Worten erhebt sich die One-San und fordert mich mit einem feinen Lächeln auf:
„Na los, Emi-San! Du wirst ihn doch nicht warten lassen wollen?“

Ich nicke und erhebe mich ebenfalls, bereit mein Schicksal anzunehmen. Hoffentlich ist es nicht einer von der Sorte Männer, vor denen man am besten Reißaus nimmt.

Trippelnd verlassen wir das Restaurant und gehen zur Bühne, gefolgt von meinen Eltern. Als ich die Bühne betrete, ist der Zuschauerraum noch gut gefüllt. Die Zuschauer sind unruhig. Der Moderator sieht mich kommen und kündigt mich lautstark an, den letzten Vokal in die Länge ziehend.

Neben ihm steht… Inoue-San, der Partner des Gönners der ehrenwerten One-San! Augenblicklich habe ich weiche Knie. Ich schaffe es mit großer Willensanstrengung zu den beiden Männern zu gehen und verbeuge mich tief vor dem Ingenieur. Nach einigen abschließenden Worten seitens des Moderators ist die Veranstaltung beendet. Das Publikum strebt den Ausgängen zu. Immer wieder bemerke ich das Blitzlicht von Fotografen.
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Mi Apr 28, 2021 10:13 am

Schließlich verbeugt sich Inoue-San vor dem Moderator und mir und sagt:
„Dann wollen wir ebenfalls gehen.“

Wieder geht es in das Restaurant zurück. Nach dem Tee heute gibt es jetzt richtiges Essen. Die One-San hält sich im Hintergrund, während ich zu ergründen versuche, was den Ingenieur in seiner Freizeit interessiert. Er möchte, dass ich ihn durch eine Ausstellung der Handwerkskunst begleite, eine Theatervorführung, ähnlich der heutigen, ein Sport-Event mit ihm besuche, und das Ganze in einem Ryotei -Restaurant- ausklingen lassen. Ich rege noch den Besuch eines Zen-Parks an und verspreche ihm anregende Gespräche, nachdem wir damals das Gespräch über die Wasserkraft abrupt beenden mussten.

Danach fahre ich mit meinen Eltern zu unserer Wohnung zurück und schlafe fest wie ein Stein, kaum dass ich auf meinem Futon liege.

*

Am Tag, der für die Begleitung und Unterhaltung Inoue-Sans festgemacht worden ist, darf ich zum ersten Mal eine Katsura -Geisha-Perücke- tragen. Die One-San hat sie für mich anfertigen lassen. Als ich gehört habe, dass sie 450.000 Yen gekostet hat, bin ich erschrocken. Ich werde sie gut pflegen müssen.

Den Abend des Tages möchte Inoue-San in einem Ochaya -Teehaus- ausklingen lassen. Wir lassen uns zu einem Tisch führen und nachdem seine Bestellung vor uns steht, wendet er sich an mich:

„Ich zweifle nach diesem Tag nicht mehr daran, Emi-San,“ beginnt er, „dass du jedem Mann das Herz zum Schmelzen bringen könntest. Auch wenn er sich dagegen wehren wollen würde!“

Ich schaue den ronen Dansei -älteren Mann- aufmerksam an und warte ab, was er sagen will.

„Ich will dich für mich haben!“ ergänzt er. „Verstehst du nicht? Du hast mich verdorben! Bevor ich dich kannte, bin ich ein disziplinierter Mann gewesen. Ich träume inzwischen von dir, Emi-San!“

Nun schaue ich ihn mit offenem Mund an. Schließlich finde ich meine Worte wieder:
„Ich stehe jetzt schon zu tief in Ihrer Schuld, Inoue-San! Sie haben sich als vertrauensvoller Gönner erwiesen.“

Er schlägt mit der geballten Faust auf den Tisch, dass das Geschirr klirrt und antwortet:
„Ich lasse mich nicht zurückweisen! Wir gehören zueinander. Ich weiß, du fühlst das auch!“

Nun lege ich beschwichtigend meine Hand auf sein Handgelenk und sage:
„Doitashimashite -Bitte-. Viele Danna -Gönner- pflegen eine romantische Beziehung zu ihrer Geisha. Sie sind deren Kareshi -Freund-. Auf dieser Ebene wünschte ich mir meinen Danna ebenso, Inoue-San.“

Inoue-Sans Gesicht entspannt sich. Das Lächeln kehrt darin zurück.

„Damit kann ich mich arrangieren, Emi-San. Ich werde dein Kareshi -Freund-, der dir in romantischer Liebe zugeneigt ist und dich unterstützt!“

Ich nicke lächelnd und streiche mit dem Handrücken über seine Wange. Er nimmt meine Hand und drückt einen sanften Kuss auf den Handrücken.

„Meine One-San lässt ihre Termine als selbständige Geisha von der Agentur koordinieren, die Nakamura-San extra dafür gegründet hat. Ich denke, ich trete auch dieser Agentur bei. Was denken Sie darüber, Inoue-San?“

Zum ersten Mal prüfe ich den Mann mir gegenüber auf seine Führungsqualitäten. Kann ich mich seiner Führung anvertrauen? Nakamura-San ist sein unmittelbarer Vorgesetzter.

Inoue-San nickt und antwortet:
„Ja, das halte ich für eine gute Idee, Emi-San.“

Kurz darauf bezahlt Inoue-San die Rechnung des Teehauses und bringt mich mit einem Taxi nachhause. Am nächsten Tag beginne ich, das Internet nach Wohnungen zu durchforsten, die in etwa den Zuschnitt haben, wie diejenige von Sakamoto-San. Ich finde einige und rufe danach Inoue-San an. Wir vereinbaren einen Tag, an dem wir gemeinsam die Wohnungen anschauen wollen.

Anschließend gehe ich auf die Straße, um bei einem Spaziergang den gestrigen Tag mit Inoue-San Revue passieren zu lassen und darüber nachzudenken. Ich erinnere mich an den Besuch im Schrein, an mein Opfer und mein Gebet. Ist das der Weg, den der Kami -göttliches Wesen- mir aufzeigt? Hat er Inoue-San für mich bestimmt?

Die Beziehung einer Geisha zu ihrem Gönner ist zumeist rein platonisch. Es kann zum Austausch von Zärtlichkeiten kommen, mehr auch nicht. Der Danna -Gönner- macht ihr dafür Geschenke und sorgt für einen Teil des Lebensunterhaltes der Geisha. Das ist die perfekte Konstellation, den Mann ausgiebig zu prüfen, denke ich mir. Ob er für mich einmal mehr wird als mein Kareshi -Freund- und Danna -Gönner-? Wer kann schon in die Zukunft blicken?

„Yoo, Yuko-chan -Hi, Yuko-!“ höre ich plötzlich eine mir bekannte Stimme rufen.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen und schaue auf. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht meine Freundin Shoko-chan. Ihr winkend, rufe ich über die Straße:

„Saikin dou, Shoko-chan -Was geht, Shoko-?“

Sie überquert die Straße und fragt mich:
„Wie geht es dir? Warst du im Ausland? Ich habe dich ja ewig nicht mehr gesehen!“

Ich lächele höflich und sage:
„Ich habe dir doch damals erzählt, dass ich eine Ausbildung zur Geisha neben der Arbeit mache. Nun habe ich einen Kareshi -Freund- und meine Arbeit in dem Kombini -Supermarkt- ist gekündigt. Hast du inzwischen auch einen Mann gefunden?“

„Ja,“ meint sie lächelnd. „Ich habe auch einen Kareshi. Er wartet allerdings mit der Hochzeit bis er einen gutbezahlten Posten in der Firma ergattert hat. -
Du hast das tatsächlich gemacht, Yuko-chan?“

„Ja,“ bestätige ich ihr. „Ich bin nun eine vollwertige Geisha, die zur Begleitung und für Feste gemietet werden kann. Meine One-San hat mich vor längerer Zeit ihrem Danna -Gönner- vorgestellt, als dieser mit einem wichtigen Mitarbeiter ein Handballspiel geschaut hat. Diesen Mann muss ich damals sehr beeindruckt haben! Inzwischen ist er mein Kareshi und Danna.“

„Da freue ich mich für dich, Yuko-chan! Ich weiß nicht, ob ich an der Seite eines älteren Mannes glücklich werden könnte…“

Ich halte meinen Kopf schräg. Dann antworte ich:

„Niemand ist gezwungen, sich fest an den erstbesten Mann zu binden, Shoko-chan. Weder du noch ich! Treten in der Freundschaft zu einem Danna Differenzen auf, dann trennt man sich eben wieder. Wenn es nicht passt, dann passt es eben nicht.
Als Geisha triffst du die unterschiedlichsten Männer. Natürlich sind es meist Männer, die mein Vater sein könnten und sich einmal wieder jung fühlen möchten. Wir entführen sie in eine Traumwelt, in der sie dieses Gefühl erleben können. Viele haben beruflich eine hohe Position erreicht. Für sie ist es ein Statussymbol, eine Geisha unterhalten zu können. Sie werden von Ihresgleichen dafür bewundert.
Manche Väter bringen auch ihre Söhne mit, um sie mit der geheimnisvollen Welt der Geishas vertraut zu machen. Dort triffst du dann altersgemäße Männer, deren Charakter du prüfen kannst.“
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Fr Apr 30, 2021 9:52 am

Shoko-chan hat mir erst höflich zugehört. Im Verlauf meiner Ausführungen ändert sich ihre Miene in Überraschung. An diesen Aspekt hat sie sicher bisher nicht gedacht. Natürlich, für Außenseiter ist vieles in Bezug zu Geishas unklar.

*

Eine Woche später unterschreibe ich den Mietvertrag für die große Wohnung. Neben einer kleinen Küche und dem großem Wohnzimmer, beherbergt sie ein Schminkzimmer und einen Ankleideraum. Natürlich gehört auch ein großes Bad und eine separate Toilette dazu, wie ich es in One-Sans Wohnung kennengelernt habe. Inoue-San lässt es sich nicht nehmen, dem Vermieter sein Konto anzugeben, damit die Miete von dort abgebucht werden kann.

Die Einrichtung suchen wir ebenfalls gemeinsam aus. Inoue-San besteht auch hier darauf, die Rechnungen zu begleichen. In den folgenden Wochen streife ich darum alleine durch die Läden, auf der Suche nach Dekoration für die Zimmer.

Ich gehe auch zu der Agentur von Nakamura-San und unterschreibe dort einen Vertrag, der mich an deren Terminvergabe bindet. Dafür behält sie einen Prozentsatz aus den Aufträgen ein. Den Rest überweist die Agentur regelmäßig auf mein Konto.

Nur kurze Zeit nach der Anmeldung erhalte ich meinen ersten Auftrag. Dazu soll ich mich mit einer jungen Angestellten kurzschließen, die von ihrem Shachou -Chef/CEO- den Auftrag erhalten hat, anlässlich seines Geburtstages eine Feier zu organisieren, zu der auch die wichtigsten Kunden der Firma eingeladen werden.

Man will sich bei den Kunden in Erinnerung bringen und gleichzeitig für die Kundentreue bedanken. Sato-San, die Organisatorin, erklärt mir den Ablauf. Sie möchte eine kleine Bühnenshow in der Art zeigen, wie die zum Anlass meiner Aufstufung zur Geisha. Während sie der Show beiwohnen, würden die Zuschauer an Tischen sitzen und essen. Später wird Tee gereicht. Dazu soll ich vor dem Shachou und seinen Ehrengästen eine Sado-Teezeremonie vorführen. Danach soll ich diesen Tisch mit meiner Konversation unterhalten.

Das Ganze wird etwa von 17 Uhr bis 21 Uhr stattfinden und mir winken 250.000 Yen für den Abend.

Ich frage Sato-San sogleich, ob in Bühnennähe ein Umkleideraum vorhanden ist. Gern würde ich das Programm in dem Kostüm vorführen, das den Leuten sicher aus der Presse bekannt ist. Dann muss ich allerdings vor der Teezeremonie meinen Kimono und die Katsura anziehen. Sato-San beruhigt mich:

„Ich habe an alles gedacht, Emi-San!“

Nun denn. Ich ziehe meinen schönsten Kimono in seiner flachen Schachtel aus dem Regal und nehme die Katsura in ihrer Box in die Hand. In einer zweiten Schachtel habe ich das gewünschte Kostüm und die Geta -Holzsandalen- zum Kostüm baumeln an meinen Fingern.

So bepackt balanciere ich die Treppe hinunter, als das gerufene Taxi klingelt. Unten hilft mir der Fahrer, mein Gepäck zu verstauen. Danach geht es zu der Adresse der Veranstaltung.

Ich werde vor der Tür abgefangen und zu einem Hinterausgang geleitet. Dabei hilft man mir beim Tragen. Im Umkleideraum habe ich ein kurzes freundliches Gespräch mit der Organisatorin des Abends. Musik, Lichteffekte und Aluplättchen, die von der Decke rieseln, hat sie besorgt. Sato-San, kaum älter als ich, hat wirklich an alles gedacht!

Ich schminke mich also, ziehe mich um und gehe auf die Bühne. Sato-San steht nun dort und schlüpft bei meinem Erscheinen durch den Vorhang. Sie kündigt mich an und macht ein Zeichen für den Mitarbeiter, der den Bühnenvorhang bewegt.

Während er den Vorhang per Kopfdruck auffahren lässt, startet ein anderer Mitarbeiter die Musik. Nun komme ich langsam von links ins Bild und die Aluplättchen beginnen zu rieseln. Ein Strahler des Bühnenlichtes ist auf mich gerichtet.

Die Musik wird wilder. Entsprechend schwenke ich meinen transparenten Schirm, um Sturm zu simulieren. Nachdem ich die Bühnenmitte erreicht habe, steige ich aus den Geta und beginne meine Choreografie abzuspulen, genauso wie auf dem Fest, bei dem die Presse anwesend gewesen ist. Schließlich sinke ich auf die Knie und beuge mich mit gestreckten Armen hintenüber, um mich sogleich auf dem Bühnenboden zu drehen und in gebückter Haltung auf dem Boden sitzend aufzurichten. Nun lässt einer der Mitarbeiter einen Strahler in Weiß ins Publikum scheinen, dass er ausschaut wie ein Vollmond. Anschließend fährt die Vorhang zu und ich richte mich auf. Schnell nehme ich meine hohen schwarzen Geta auf, meinen Schirm, und laufe in den Umkleideraum zurück.

Dort streife ich das Kostüm ab, überprüfe mein Make up und ziehe den Kimono an. Zum Schluß setze ich mir die Katsura -Geisha-Perücke- auf und nähere mich mit schnellen Trippelschritten dem Tisch mit den Ehrengästen. Davor ist schon alles für die Teezeremonie vorbereitet. Ich gehe daneben in den Seiza und verbeuge mich tief.

Dann schaue ich mir Sato-Sans Arrangement an. Sie hat eine Gestell mit einer Feuerschale aufbauen lassen. Darin glimmt ein Holzkohlefeuer und darüber ruht der eiserne Wasserkessel -Kama-. Ich prüfe die Temperatur und gieße das heiße Wasser über den Tee. Zuerst bereite ich den Koicha zu, den dicken Tee. Dieser muss ‚gegessen‘ werden. Eine Schale mit diesem Koicha überreiche ich nun mit einer Verbeugung dem Shachou.

Dieser reicht die Schale reihum. Jeder der Ehrengäste an seinem Tisch trinkt drei Schlucke, dreht die Schale und gibt sie an seinen Nebenmann weiter. Der Shacho fordert seine Gäste mit einem „Dozo okashi-o“ auf, von den auf dem Tisch angebotenen Süßigkeiten zu nehmen, um den bitteren Geschmack im Mund zu überdecken. Währenddessen kommt die Schale zu mir zurück. Ich reinige sie.

Anschließend wiederholt sich alles mit dem Usucha, dem dünnen Tee. Während der Teezeremonie reden die Anwesenden kein Wort. Danach erst erkundigen sich die Gäste bei dem Gastgeber höflich nach der verwendeten Teesorte und sie bestaunen und loben das teure Teegeschirr. Die leichte Konversation, die sich nun entwickelt, spart alle Themen aus, die sich nicht um Tee drehen.

Nach etwas mehr als einer Stunde klingt die Teezeremonie aus. Nach der Darbietung, schon während der leichten Konversation bin ich zum Tisch gewechselt und habe mich seitlich hinter dem Shachou niedergelassen. Anschließend regt der Shachou an, dass die Gesellschaft zum Park hinaus wechselt. Dort hinter der Halle können gerne Fotos mit mir gemacht werden. Ich neige lächelnd meinen Kopf als Einverständniserklärung. Sein Vorschlag wird begeistert angenommen.

*

In der Agentur sagt man mir, dass ein gewisser Inoue-San mich im Park des großen Schreins erwartet. Außerdem hat sich eine junge Frau nach Abschluß der Mittelschule in der Agentur gemeldet, höre ich. Sie hat den Wunsch geäußert, Geisha zu werden. Sakamoto-San hat mich bei den Herren als Aneko -große Schwester- der jungen zukünftigen Maiko empfohlen, sie zu prüfen und im Falle, dass ich mich dazu bereit finde, sie auszubilden.

Ich nicke und sage:
„Hai -Ja-, ich treffe mich dann morgen nachmittag mit ihr hier in der Agentur und nehme sie mit zu mir nachhause.“

Heute muss ich mich erst einmal beeilen, zu unserem Schrein zu kommen und dort im Park meinen Danna zu treffen.
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1So Mai 02, 2021 10:07 am

Ich nehme wieder ein Taxi, um durch den Verkehr der Stadt zu kommen. Am Park angekommen, gehe ich gemessenen Schrittes durch den Park über die Wege zwischen den Pflanzen. Ich umrunde einen See zur Hälfte und betrete eine Brücke, an deren Ende ein Pavillon mitten im See steht. Langsam gehe ich darauf zu, betrete den Pavillon und schaue auf das Wasser hinaus.

Plötzlich fühle ich eine Hand, die sich auf meine Schulter legt. Ich wende mich um und schaue in die verlangenden Augen Inoue-Sans.

Wortlos drücke ich mich an seine Brust und grabe mein Gesicht in seine Schulter. Er umfasst mit einer Hand meine Hüfte und legt die andere Hand in meinen Nacken.

„Emi-San,“ flüstert er mit rauher Stimme. „Endlich darf ich dich wiedersehen!“

Für uns ist es tatsächlich schwer. Er arbeitet als Ingenieur in leitender Position beinahe täglich 14 bis 16 Stunden. An den Abenden bis spät in die Nacht liegen meine Termine. Auch jetzt hat er nicht viel Zeit. Hinzu kommt, dass Körperkontakt in der japanischen Öffentlichkeit verpönt ist. Doch dieser kurze Moment mit meinem Kareshi und Danna -Freund und Gönner- hat einfach sein müssen.

Wir gehen plaudernd nebeneinander her zum Ausgang des Parks. Ich strahle ihn an, als ich erzähle, dass ich bald eine kleine Schwester -Imoto- haben werde, wenn sich das Mädel nicht zu dumm anstellt. Er nickt anerkennend.

Das Wetter am nächsten Tag ist nicht schön. Es regnet in Strömen. Ich ziehe also über meinen Kimono einen Haori -Jacke- an. Mein Danna hat mir vor Monaten einen Haori mit weichem weiten Kragen geschenkt. Dazu nehme ich einen Schirm mit nach draußen und rufe mir ein Taxi.

An der Agentur angekommen, entlohne ich den Taxifahrer und gehe auf das Haus zu, in dem die Agentur liegt. Im Eingang schließe ich den nassen Schirm und fahre mit dem Aufzug zu der Etage hoch. Dort klingele ich an der Glastür. Die Dame an der Rezeption drückt auf den Öffner und verbeugt sich leicht.

Ich frage sie, ob Ohgo-San anwesend ist.

„Ja, Emi-San, sie wartet im Büro von Ichiyama-San.“

Ich wende mich zum Büro des Agenturleiters und klopfe an. Kurz darauf öffnet mir die Sekretärin. Sie lächelt mich an und macht den Weg frei.

„Ah,“ höre ich von drinnen. „Konnichiwa, Emi-San. Schön, dass sie gekommen sind.“

Der Agenturleiter hat sich hinter dem Schreibtisch erhoben, lächelt mir entgegen und schaut dann die junge Frau an, die nun ebenfalls aufgestanden ist. Sie dürfte gerade 16 oder 17 Jahre alt sein und trägt eine Schuluniform. Ich nähere mich dem Schreibtisch. Die junge Frau verbeugt sich tief vor mir. Mich ihr zuwendend, übergebe ich ihr meinen nassen Schirm.

„Das ist Ohgo-San,“ stellt er mir die junge Frau vor, die sich nun wieder leicht verbeugt.

Die Sekretärin kommt hinzu und serviert Tee. Also setze ich mich auf den freien Stuhl am Schreibtisch. Ich bedanke mich bei der Sekretärin und hebe meine Tasse grazil an. Über den Rand der Tasse schaue ich nun Ohgo-San an und sage:

„Konnichiwa, Ohgo-San. Was hat dich dazu bewogen, eine so lange und harte Ausbildung anzustreben?“

„Konnichiwa, rippana Emi-Sama -Guten Tag, ehrenwerte Dame Emi-. Ich denke, ich brauche etwas mehr Selbstvertrauen. Meine Zeugnisse sind gut, aber nicht überragend. Dadurch habe ich leider Probleme bei der Berufswahl. Eine Geisha ist so etwas wie ein Model. Sie erntet Bewunderung. Das wieder lässt mein Selbstvertrauen sicher mit der Zeit aufblühen.“

„Hm,“ sage ich nun und lächele dem Agenturleiter und der jungen Frau zu. „Auf den Mund gefallen bist du sicherlich nicht! Was tust du aber, wenn du aufgrund der Anforderungen der Ausbildung feststellst, dass die angestrebte Berufung doch nichts für dich ist?“

„Das wird nicht geschehen, rippana Emi-Sama. Ein Kami -göttliches Geistwesen- wacht über mich!“

Ich ziehe die Augenbrauen hoch und nicke bedächtig.

„Okay,“ antworte ich. „Dann wollen wir es einmal mit dir versuchen!“

Ich erhebe mich und verabschiede mich vom Leiter der Agentur. Danach gehe ich zur Bürotür, öffne sie und warte auf die junge Frau. Sie hat sich ebenfalls erhoben und ist mir gefolgt, mit meinem Schirm in ihrer Hand.

Als wir auf die Straße treten, regnet es immer noch sehr stark. Die junge Frau öffnet den Schirm und hält ihn so, dass wir beide vor dem Regen geschützt sind. Vorbeifahrende Autos spritzen Wasser aus den Pfützen auf den Bürgersteig, also bleibe ich mit ihr in der Nähe der Hauswand. Wieder rufe ich ein Taxi mit meinem Handy und lasse uns zu meiner Wohnung fahren.

Dort zeige ich ihr die Zimmer und die Kleidung. Sie wird zum Training einen einfachen Nibushiki tragen, einfarbig in hellbraun gehalten. Er ist halbtransparent und führt auch den Schweiß sehr gut ab, beziehungsweise lässt Luft an den Körper. Darunter wird sie leichte Unterkleidung in Form eines Trainingsanzuges anziehen.

Sie schaut sich alles interessiert an und danach trinken wir miteinander Tee. Dabei sitzen wir uns im Seiza gegenüber. Ich frage nun:

„Na, Ohgo-San, wie ist bis jetzt dein Eindruck? Immer noch entschlossen?“

Sie nickt heftig und bestätigt „Hai! Hai! Hai!“

„Gut,“ antworte ich. „Dann nimm deine Kleidung mit zu deinen Eltern und sei morgen pünktlich gegen 12 Uhr mit deinen persönlichen Sachen zurück. Du wirst die nächsten fünf Jahre bei mir wohnen! Tagsüber erfolgt der Unterricht. Abends begleitest du mich zu meinen Terminen. Wenn du gut zuhörst und dir abschaust was und wie ich handele, lernst du! Nenn mich ab sofort One-San! Ich bin nun deine Lehrerin und Mentorin.“

Sie verbeugt sich tief und verlässt meine Wohnung mit dem Nibushiki, sorgfältig zusammengelegt in ihrer Schultasche. Sie wird zuhause ihren Eltern von dem Ergebnis ihres Vorsprechens berichten und kann eine letzte Nacht noch bei ihren Eltern schlafen.

*

Am nächsten Tag stehe ich, Ohgo Kiko, erst um 10 Uhr auf. Meine Eltern sind beide schon arbeiten gegangen. Ich gehe in die Küche und trinke einen Schluck Tee aus der Flasche im Kühlschrank. Schnell mache ich mir eine Schale Cornflakes mit Milch. Nachdem ich die Cornflakes mit den Stäbchen heraus geangelt habe, schlürfe ich lautstark die Milch aus dem Teller.

Anschließend gehe ich ins Bad, mache mich frisch und sammele mein Zahnputzzeug und meine Kosmetika zusammen. Ich lasse alles in einer Kosmetiktasche verschwinden und lege sie in meine Rucksacktasche. Dabei bekomme ich den Nibushiki in die Hände. Sofort kleide ich mich um und ziehe ihn an.

Vor dem Spiegel drehe ich mich ein wenig nach rechts und links und begutachte mich. Ich glaube, für den Weg zu meiner One-San brauche ich noch einen Mantel darüber. Also gehe ich an den Schrank und nehme meinen Mantel heraus. Auf dem Rücken hängt daran eine lange Kapuze gegen Wind und Wetter. So zurecht gemacht und mit der Tasche über einer Schulter verlasse ich nun auch die Wohnung und gehe zur Bahnstation. Unterwegs ziehe ich mir doch die Kapuze über den Kopf.

Vor dem Haus angekommen, in dem die Wohnung der großen Geisha Emi-San liegt, klingele ich wenige Minuten vor 12 Uhr. Mit einem Summen springt die Tür auf und ich fahre mit dem Aufzug in die richtige Etage. Die Wohnungstür ist nur angelehnt.

Nun betrete ich die Wohnung und schließe die Tür leise hinter mir. Ich sage laut „Tadaima -Ich bin da-!“, ziehe die Straßenschuhe aus und gehe in Hausschuhen in den Wohnraum. Die One-San sitzt im Seiza vor einem niedrigen Tisch voller Speisen. An der Zimmertür verbeuge ich mich tief und sage:

„Konnichiwa, One-San!“

„Komm näher und setze dich zu mir!“ fordert sie mich lächelnd auf.
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Di Mai 04, 2021 9:32 am

Ich gehe nun auch am Tisch in den Seiza -Kniesitz-, während sie mir ein Glas Tee ausschenkt.

„Das Training ist anstrengend!“ erklärt sie mir. „Nimm ruhig reichlich.“

Also fülle ich meinen Teller aus den Schüsseln vor mir und beginne erst einmal mit dem Essen. Nachdem ich fertig bin, räumt sie alles zusammen und trägt drei Schüsseln in die Küche. Ich erhebe mich und helfe beim Abräumen.

Anschließend erhalte ich von ihr zwei einfache Fächer und soll ihr zuerst einmal zusehen. Sie öffnet ihre beiden Fächer und hebt sie vor die untere Gesichtshälfte. Mich über den Rand des einen Fächers anschauend, bewegt sie ihn seitwärts, um das freiwerdende Gesicht sogleich mit dem anderen Fächer zu bedecken.

Den einen Fächer hält sie nun am langen Arm vom Körper weg, während sie sich von mir wegdreht. Nun hebt sie den anderen Fächer über den Kopf und lässt ihn im erhobenen Zeigefinger rotieren. So tanzt sie mir einige Figuren vor und fordert mich anschließend auf, meine Fächer ähnlich vor das Gesicht zu halten und zu bewegen und dabei möglichst verführerisch zu lächeln.

Es dauert mehrere Stunden bis ich die Tanzfigur, die sie mir nach dem Mittagessen gezeigt hat in all ihren Einzelschritten leidlich nachahmen kann. Nun kocht sie Tee und lässt mich Gebäck dazu auf den Tisch stellen. Bei diesem Nachmittagstee werde ich langsam etwas ruhiger.

Sie erklärt mir währenddessen:
„Geishas sind keine Ehefrauen. Sie verkaufen nicht ihren Körper, sondern ihre Gesellschaft, ihre Konversation, ihren Tanz. Sie schaffen eine andere, eine geheime Welt, einen Ort reiner Schönheit. Das Wort ‚Geisha‘ bedeutet ‚Künstlerin‘ und eine Geisha ist ein lebendes Kunstwerk.“

Nach dem Nachmittagstee führt sie mich ins Schminkzimmer und zeigt mir, wie man sich als Maiko -Geisha in Ausbildung- dezent schminkt. Dazu setzt sie mich vor einen dreiteiligen Spiegel, die mir gleichzeitig meine Front und meine Seiten zeigt. Danach bindet sie ihr Haar zu einem Dutt. Dabei lässt sie mich wieder zusehen, um anschließend von mir zu verlangen, es ebenso zu tun. Natürlich muss sie mir dabei noch helfen.

Anschließend zeigt sie mir ihr Ankleidezimmer und sucht dort für mich einen einfachen Kimono heraus. Sie selbst zieht sich ein wunderschönes Exemplar an. Ein Kunststoffkopf auf einer Kommode in der Ecke trägt eine prächtig zurecht gemachte Perücke. Die One-San zieht sie dem Dummy ab und sich selbst auf. Dann stellt sie sich vor einen Spiegel und zupft sie zurecht, um sie danach festzustecken. Dabei erklärt sie:

„Früher hat ein Stylist jedesmal die Frisur gelegt. Sie wurde dann mit einer Paste fixiert. Das war eine schmerzhafte Angelegenheit, so dass die Geishas die Prozedur nur alle acht Tage über sich ergehen ließen, oder wenn ein besonderes Ereignis anstand. Sie mussten lernen, auf einem Nacken-Höckerchen zu schlafen, um die Frisur nicht zu zerstören.“

Nun sind wir soweit und verlassen die Wohnung. Wieder hat die One-San ihren Schirm dabei. Ich halte ihn über uns beide. Wir lassen uns zu einem Ochaya -Teehaus- bringen, wo sie heute einen Termin hat. Sie trägt dort ein jahrhundertealtes Gedicht vor und spielt dabei auf einer Shamisen. Es ist eine dreisaitige Laute, die man mit einem Plektrum zupft, das wie ein Ginkoblatt aussieht. Ich werde wohl auch noch lernen müssen, das Instrument zu beherrschen.

Getreu meinem Auftrag, Augen und Ohren offen zu halten, nehme ich alle neuen Eindrücke auf und achte besonders darauf, was und wie die One-San agiert. Nach einer Stunde brechen wir wieder auf und lassen uns zu ihrer Wohnung zurückbringen. Dort schminken wir uns ab und hängen die Kimonos wieder auf ihre Bügel. Die Perücke kommt auf ihren künstlichen Kopf zurück und wir nehmen noch einen leichten Imbiss.

Dabei frage ich die One-San:
„Wann lerne ich die Shamisen zum ersten Mal spielen?“

„Das dauert nicht mehr lange, Kiko-chan,“ antwortet sie lächelnd. „Bald ist dein Tag gefüllt mit den unterschiedlichsten Fächern, die sich wie in der Schule einander abwechseln!“

„Gehört dazu auch das Auswendiglernen von Gedichten und Liedern?“

Sie nickt und meint:
„Aber wenn sich herausstellt, dass du keine Singstimme hast, brauchst du nicht singen! Neben dem Lernen von Gedichten, wirst du Fabeln kennenlernen und – besonders wichtig: Aphorismen! Das sind Sinnsprüche, die du in Konversationen einfließen lassen solltest, immer wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt.“

Wie die One-San es mir prophezeit hat, geschieht es dann auch. Vom frühen Vormittag bis zum frühen Abend habe ich Unterricht. Danach muss ich One-san bei ihren Terminen begleiten und zuschauen, sowie zuhören. Darüber vergehen drei Jahre.

Eines Tages schminken wir uns schon an einem Nachmittag und kleiden uns an. Heute lässt die One-San die Katsura auf dem Kunststoffkopf stecken und führt mich zu einem kleinen Spaziergang auf die Straße. Es ist warm. Die Sonne scheint wunderschön. Plötzlich sagt die One-San:

„Suche einen Mann für mich!“

Ich schaue sie mit großen Augen an. Sie wiederholt lächelnd:
„Na los, Kiko-chan! Welcher soll es sein?“

Nachdem ich um mich geblickt habe, meine ich:
„Der Herr dort im Anzug.“

Gespannt, was jetzt geschieht, schaue ich was die One-San macht. Sie schwebt in kurzen Trippelschritten auf den älteren Herrn zu und nahe an ihm vorbei. Der Mann dreht sich nach Emi-San um und übersieht dabei einen anderen Passanten, mit dem er zusammenstößt. Wortreich entschuldigt sich der Mann bei dem Anderen. Die One-San bleibt an der nächsten Einmündung einer kleinen Nebenstraße stehen und wartet dort auf mich.

Als ich sie erreicht habe, meint sie mit einem feinen Lächeln:
„Und nun du! Siehst du den jungen Mann, dort auf dem Fahrrad?“

Ein junger Mann mit einem Lastenfahrrad, sicher ein Bote eines Fastfood-Restaurants, kommt näher. Mein Herz klopft wie wild in meiner Brust. Endlich fasse ich all meinen Mut zusammen und schwebe in der gleichen Weise an dem jungen Mann vorbei. Er sieht mich und folgt mir mit seinem Blick. Dabei verreißt er die Lenkstange und stürzt um. Die Schachteln mit dem bestellten Essen landen auf den Gehweg.
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Do Mai 06, 2021 10:03 am

Der junge Mann erhebt sich und sammelt die Schachteln ein. Dann hebt er sein Rad auf und belädt es neu. Ich bin erschrocken auf der Stelle stehen geblieben bis die One-San mich aus der Erstarrung geweckt hat. Sie zieht mich weiter. Es geht in die Nebenstraße hinein.

Nachdem wir den Blicken der Passanten entschwunden sind, sagt sie zu mir:
„Siehst du, Kiko-chan! Du bist soweit.“

Zurück in ihrer Wohnung, nachdem wir den Häuserblock umrundet haben, stellt sie fest:
„Nun sind wir Schwestern, Kiko-chan. Das verbindet uns für immer. Ab heute lässt du deine Kindheit zurück und legst deinen Namen ab. Von heute an, wird man dich als Hanako -Blumenkind- kennen!“

Nun bin ich eine vollwertige Maiko, die gemeinsam mit der One-San auftreten darf. Die Kiko gibt es nicht mehr. Ich werde tanzen, musizieren, die Kunden der One-San, und später meine eigenen, mit Konversation unterhalten und sie bedienen!

An diesem Abend erklärt sie mir:
„Du darfst dich erst als Geisha bezeichnen, wenn du einen Mann mit einem einzigen Blick aus dem Gleichgewicht bringen kannst. Aber das ist fast unmöglich bei den Machos da draußen.“

*

Irgendwann frage ich sie einmal:
„Rippana One-San -Ehrenwerte Mentorin-, wie verhält es sich eigentlich, wenn sich eine Geisha verliebt?“

„Eine romantische Liebe ist einer Geisha nicht unbekannt, Hanako-chan. Wie in jedem Menschen, kann auch in einer Geisha die Flamme der Liebe entfacht werden. Eine Geisha ist jedoch ein lebendes Kunstwerk. Rollen und Masken ersetzen das wahre Ich. Sie überlagern wie die Häute einer Zwiebel das, was man im tiefsten Inneren seiner Seele ist. Ihre Augen sind so tief wie der Ozean. Eine Geisha will nichts, fühlt nichts. Sie ist eine Künstlerin der dahinströmenden Welt. Sie tanzt und singt, sie unterhält die Männer, wie sie es mögen. Der Rest ist Schatten, ist Geheimnis. Was sie nicht ist: Sie ist keine Prostituierte! Sie verkauft kein Fleisch, sondern eine Illusion.
Einer der Herren kann irgendwann den Wunsch äußern, ihr Danna -Gönner- zu werden. Geht die Geisha darauf ein, hat sie von diesem Moment einen Freund, der sie unterstützt. Die fleischliche Liebe, der Sex, bleibt außenvor. Vielleicht bleibt aus Zeitgründen auch gar keine andere Möglichkeit.
Nun vergehen Jahr um Jahr, in denen sie ihren Danna prüfen kann. Würde er auch im normalen Alltag einen guten Ehemann abgeben? Wenn die Geisha beschließt, ihre Berufung gegen die einer Hausfrau zu tauschen und ihren Gönner heiratet, gibt es kein Zurück mehr!“

Einige Zeit später sagt die One-San zu mir:
„Ich werde dir heute ein paar der einflußreichen Männer der Stadt vorstellen.“

Wir machen uns zurecht und sie korrigiert noch einmal meine Frisur und den Sitz meines Kimono. Danach ruft sie ein Taxi und wir fahren spätabends zu einem Teehaus in einem anderen Stadtteil. Während der Fahrt sagt sie:

„Inoue-San ist seit Jahren mein Kunde. Wir werden ihn und ein paar seiner Freunde aus Studienzeiten treffen, die zurzeit in der Stadt weilen. Einer der Herren, Ito-San, dürfte eine ziemliche Herausforderung darstellen, denn er mag anscheinend keine Geishas. Die Anderen sind einfach nur Saufkumpane, die Spaß haben wollen. Nimm dich vor ihnen in Acht! Sei nur höflich. Ich übernehme alles weitere.“

„Sie haben einmal erzählt, dass Inoue-San anfangs auch keine Geishas gemocht hat?“ erinnere ich sie. „Wie haben Sie es geschafft, den ehrenwerten Herrn vom Gegenteil zu überzeugen?“

„Ich habe ihm gezeigt, das Geishas keine Dummchen sind,“ sagt sie mit einem feinen Lächeln und schaut mich dabei an.

Wir erreichen das Ochaya -Teehaus- und die One-San entlohnt den Fahrer. Danach öffne ich ihr die Tür und verbeuge mich, während sie hocherhobenen Hauptes eintritt.

Eine Kellnerin kommt auf uns zu und sagt:
„Irasshaimaseeeeeeee -Willkommen-.“

Danach fragt sie uns:
„Nan mei sama desu ka –Wie viele Personen-?“

Nun lächelt die One-San und sagt:
„Wir werden erwartet. Führen Sie uns bitte zu dem ehrenwerten Inoue-San.“

Die Kellnerin verbeugt sich leicht und wendet sich zum Gehen. Meine Mentorin lässt ihre Blicke schweifen. Plötzlich beschleunigen sich ihre Schritte. Ich beeile mich, den Anschluss nicht zu verlieren. Wir überholen die Kellnerin, die uns nun folgt.

An einem Tisch, an dem vier Männer sitzen, geht die One-San in die Knie und verbeugt sich tief. Ich mache die Bewegung möglichst synchron mit. Die Männer sind auf uns aufmerksam geworden und wenden sich uns zu. Wir grüßen im Chor:

„Konbanwa, Sama -Guten Abend, die Herren-. Hajimemashite -Schön, Sie kennenzulernen-!“

Jetzt weist die One-San auf mich und stellt mich den Herren vor:
„Das ist Hanako -Blumenkind-, meine Imoto -jüngere Schwester-.“

Wieder verbeuge ich mich vor den Herren. Die Herren nehmen nun ihre unterbrochene Unterhaltung wieder auf. Ich beobachte, dass der Herr neben der One-San ihr öfter liebevolle Blicke zuwirft. Die One-San schaut mich an.

Aufmerksam verfolge ich ein Gespräch der Herren, während die anderen beiden Herren die Erzählung öfter lachend unterbrechen und „Kanpai -Prost-“ rufen. Alle Herren heben dann aus Höflichkeit ihr Glas. Aber One-Sans Danna und der Erzähler nippen nur an ihren Gläsern.

Gerade erzählt der andere Herr von einer vergangenen Bergtour. Er hat eine Tour ohne Begleitung nur anhand einer Wanderkarte gemacht. Bei einer Unachtsamkeit ist er gestrauchelt und einen baumbestandenen Abhang hinunter gerollt.

Irgendwann hat ein Baum seinen Sturz gestoppt. Er sagt, er dachte „Aufstehen, hinaufklettern und dem Weg achtsamer folgen,“ dann würde er sein Ziel, eine Berghütte schon noch vor der Dunkelheit erreichen. Aber er ist wieder abgerutscht und erst bei Mondschein mit einer schmerzenden Beule am Kopf wieder erwacht. Plötzlich sei ein japanischer Wolf in seiner Nähe aufgetaucht.
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BeitragThema: Re: Aino sasayaki -Flüstern der Liebe-   Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- Icon_minitime1Sa Mai 08, 2021 9:53 am

Er hätte sich abgewandt, um das Tier nicht zu reizen und versucht, sich zu entfernen. Glücklicherweise hätte er einen seiner beiden Wanderstöcke ertastet und sich daran aufgerichtet. Nun hätte sich der Wolf aber merkwürdig benommen: Das Tier ist ein paar Schritte vorgelaufen, dann stehengeblieben und hätte sich zu ihm umgedreht. Schließlich sei er zu ihm zurückgekommen, hätte ihn mit der Schnauze in die Kniekehle gestupst und sei wieder vorgelaufen. Dies hätte er mehrmals gemacht, bis er dem Wolf gefolgt sei. Nach kurzer Zeit hätte er auf diese Weise einen Weg erreicht, auf dem Steinplatten wie Treppenstufen angeordnet sind. So hätte er den Weg wiedergefunden, auf dem er sich spät abends befunden hat, und gegen Morgen hat er die Berghütte endlich erreicht, wo man sich um seine Blessuren gekümmert hat. Bis kurz vor der Hütte sei der Wolf an seiner Seite geblieben und dann sei er verschwunden.

Ich fasse mir ein Herz, verbeuge mich höflich und frage den Herrn:
„Sumimasen sama -Entschuldigung, hoher Herr-, diese unbedeutende Person kennt eine Sage von einem Wanderer, der in den Bergen die Irre gelaufen ist und einem Bettler, der ihn zurück in die Nähe einer menschlichen Ansiedlung gebracht und dann verschwunden ist, bevor sich der Wanderer bedanken konnte. Stattdessen hat er einen Wolf in der Nähe heulen hören. Ich denke, ihre Geschichte ist der Sage nicht unähnlich! Der ehrenwerte Herr ist sicher vom Kami -Seele- des Wolfes gerettet worden.“

Der Herr dreht sich halb zu mir um und schaut mich mit großen Augen an.

„Du meinst, der Kami des Wolfes und mein Kami hätten Verbindung zueinander aufgenommen und infolgedessen hätte der Wolf mir den rechten Weg gezeigt?“

Ich nicke, freundlich lächelnd, und antworte:
„So könnte man das Erlebnis in der Sprache der heutigen Zeit erklären!“

Der Herr will zu einer Entgegnung ansetzen. In diesem Augenblick lässt sich die One-San vernehmen:
„Es tut mir leid, die Herren, aber wir müssen leider wieder gehen.“

Sie erhebt sich und verbeugt sich tief. Ich mache es ihr gleich. Der Begleiter von Inoue-San nickt der One-San zu und sagt zum Abschied zu ihr:

„Emi-San -die Schöne-! Du darfst deine Imoto -jüngere Schwester- wieder einmal mitbringen, wenn ich in der Stadt bin!“

Die One-San verbeugt sich noch einmal und strebt dann dem Ausgang des Teehauses zu. Ich folge ihr dichtauf. Sie ruft ein Taxi und lässt uns nachhause fahren. Unterwegs meine ich:

„Der Begleiter des Inoue-San scheint einen guten Charakter zu haben, wenn die Geschichte stimmt.“

„Hat er auf dich einen sympatischen Eindruck gemacht?“ fragt die One-San.

Ich nicke lächelnd. Sie meint daraufhin:
„Nun kommt es nur auf den Lebenswandel der Person an, ob sich der Eindruck verfestigt. Warten wir einmal ab, was Inoue-San über den Eindruck sagt, den du auf den Herrn gemacht hast.“

Wir fahren die restliche Strecke stumm und hängen unseren Gedanken nach. Ich horche in mich hinein, welche Gefühle ich habe.

Zuhause angekommen, frage ich sie:
„Rippana One-San -Ehrenwerte Mentorin-, wie war das eigentlich früher, als eine junge, noch unerfahrene Geisha das erste Mal an der Konversation von Herren teilgenommen hat?“

„Jede Zeit hat ihre Konventionen, Hanako-chan,“ antwortet sie. „Zu Zeiten meiner One-San brauchte eine junge Geisha ein ärztliches Attest, das ihre Jungfräulichkeit bescheinigt hat. Dann wurde ihre Jungfräulichkeit versteigert…“

„Und wie war das bei Ihnen, One-San?“ frage ich. Mein Herz klopft.

„Ich habe mit meiner One-San eine Choreographie für eine Bühnenshow einstudiert,“ erzählt sie. „Viele Leute aus der Stadt sind schauen gekommen. Ein Moderator hat nun eine amerikanische Versteigerung organisiert. Ich musste den Mann, der mich ersteigert hat, einen Tag lang unterhalten. Der Mann musste von mir so beschäftigt werden, dass er gar keine Zeit hatte, mit mir Sex zu haben.“

„Und das hat funktioniert?“ frage ich erstaunt.

Die One-San nickt lächelnd. Dabei zeigt sie einen sehnsuchtsvollen Blick.

„Der Mann wurde mein bester Freund und Gönner. Ich mag ihn sehr, aber Sex ist nicht vorgesehen in unserer Beziehung. Es ist eine rein romantische Beziehung.“

„Wenn aber die Sehnsucht nach Nähe und fremder Haut stärker wird?“ frage ich mit gekräuselter Stirn.

„Eine romantische Beziehung kann Umarmungen, Streicheln, Küsse beinhalten, Hanako-chan. Nur der intime sexuelle Kontakt, die Vereinigung von Mann und Frau ist verpönt,“ erklärt sie mir. „Du weißt, ich habe es dir ja schon einmal erklärt, die Geisha ist ein lebendes Kunstwerk. Der intime sexuelle Kontakt würde das Geheimnis, das sie umgibt zerstören. Eine Geisha verkauft kein Fleisch, sondern eine Illussion. Sie ist keine Oiran -Kurtisane-! Sie hat einen Ruf zu verlieren. Dazu braucht sie viel Takt und Einsicht in den menschlichen Charakter. Geduldiges Zuhören und Verschwiegenheit sind wichtige Tugenden.“
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